OGH 6Ob20/92

OGH6Ob20/921.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Abhandlung des Nachlasses nach der am 9.Juli 1988 gestorbenen Maria S*****, wegen des Antrages des jüngeren Sohnes der Erblasserin S*****, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wider den älteren Sohn der Erblasserin Johann R*****, vertreten durch Dr.Herbert Hübel, Rechtsanwalt in Salzburg, und den nach der Erblasserin hinterbliebenen Witwer Rudolf S*****, auf Wiedereröffnung der Abhandlung zur Feststellung der Erbhofeigenschaft einer ländlichen Besitzung im Sinne des § 1 AnerbenG (1958) infolge Revisionsrekurses des ersten Antragsgegners gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 17.März 1992, GZ 5 Nc 36/91-5, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 27.Mai 1992, AZ 22 R 270/92 (ON 8), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben. Die angefochtene Entscheidung wird im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses auf Antragszurückweisung abgeändert.

Der Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Verfällung des Antragsstellers zum Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller und der erste Antragsgegner sind Brüder. Ihre gemeinsame Mutter ist am 9.Juli 1988 gestorben. Der zweite Antragsgegner ist der Witwer nach der Erblasserin. Ihm wurde der Nachlaß mit Einantwortungsurkunde vom 27.Februar 1989 eingeantwortet. Die vom angerufenen Gericht zum Aktenzeichen A 221/88 geführte Abhandlung ist beendet.

Die Erblasserin hatte mit einem zwei Monate vor ihrem Ableben errichteten Übergabsvertrag ihren landwirtschaftlichen Betrieb dem jüngeren Sohn übergeben. Lediglich eine Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus hatte sich die Erblasserin zurückbehalten. Diese Liegenschaft vermachte sie ihrem älteren Sohn. Im übrigen setzte sie ihren Ehegatten zum Erben ein. Bei der Durchführung der Übergabe war eine Liegenschaft irrtümlich übersehen worden, so daß diese formell in den Nachlaß gefallen war.

Der ältere Sohn der Erblasserin erhob gegen seinen jüngeren Bruder klageweise einen vor allem auf die Gutsübergabe gestützten Anspruch auf Zahlung eines Schenkungspflichtteils. In dem über dieses Begehren anhängigen Rechtsstreit stellte der dort beklagte jüngere Sohn den Antrag, durch ein Erbhoffeststellungsverfahren die Erbhofeigenschaft der ehemals der gemeinsamen Mutter der Streitteile gehörigen landwirtschaftlichen Besitzung zu klären. Das Prozeßgericht wies diesen Antrag zurück und trug dem beklagten jüngeren Bruder auf, den Nachweis über die Einleitung eines Erbhoffeststellungsverfahrens (durch das Abhandlungsgericht) zu erbringen, um danach über die Unterbrechung des Rechtsstreites entscheiden zu können. Das Rekursgericht bestätigte die Zurückweisung des Antrages, (im Rechtsstreit) durch formellen Beschluß die Erbhofeigenschaft der übergebenen Liegenschaft festzustellen, und wies den Rekurs gegen den vom Prozeßgericht erteilten Auftrag, die Einleitung eines Erbhoffeststellungsverfahrens (durch das Abhandlungsgericht) nachzuweisen, zurück. Der jüngere Bruder erhob als Beklagter gegen die Rekursentscheidung Revisionsrekurs; der Oberste Gerichtshof wies dieses Rechtsmittel als unzulässig zurück (6 Ob 20/91).

Der jüngere Bruder stellte hierauf im Sinne des ihm im Pflichtteilsprozeß erteilten Auftrages an das Abhandlungsgericht den Antrag, die Abhandlung wieder zu eröffnen und festzustellen, ob die landwirtschaftliche Besitzung der Erblasserin einen Erbhof im Sinne des § 1 AnerbenG darstelle, hilfsweise diese Feststellung außerhalb der beendeten Abhandlung (in einem gesonderten Außerstreitverfahren) zu fällen.

Das Abhandlungsgericht wies den Antrag auf Feststellung der Erbhofeigenschaft zurück.

Das Rekursgericht hob diesen Zurückweisungsbeschluß auf und trug dem Verlassenschaftsgericht die Durchführung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteigt. Überdies sprach das Rekursgericht aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei.

Der jüngere Sohn der Erblasserin ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen qualifiziert unrichtiger Lösung einer Frage des Verfahrensrechtes mit einem auf Wiederherstellung der zurückweisenden erstinstanzlichen Entscheidung zielenden Abänderungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner zum Kärntner Erbhöfegesetz 1990 ergangenen Entscheidung vom 4.Juli 1991, 6 Ob 7/91(nunmehr veröffentlicht in JBl 1992, 463), nach einer Würdigung der bisherigen Rechtsprechung zu der auch im vorliegenden Fall zu lösenden rein verfahrensrechtlichen Frage nach der Zuständigkeit zur formellen feststellenden Entscheidung über das Vorliegen der Erbhofeigenschaft einer landwirtschaftlichen Besitzung wörtlich ausgeführt:

"In Ansehung einer nicht der Abhandlungspflege zu unterziehenden Liegenschaft besteht keine Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichtes zur Feststellung der Erbhofeigenschaft (oder auch zur Ausmittlung des Übernahmspreises). Das gilt vor allem für Liegenschaften, denen sich der Erblasser noch zu Lebzeiten - sei es auch in einer beabsichtigten Vorwegnahme der Erbfolge - in Vollziehung eines Übergabsvertrages entäußert hatte". Dieser Leitsatz ist für das Anerbengesetz (1958) unverändert aufrecht zu erhalten.

Das erkannte der Oberste Gerichtshof auch bereits in seiner Entscheidung vom 26.September 1991, 6 Ob 14/91, in der er in einem nach dem Anerbengesetz (1958) zu beurteilenden Fall folgerte, daß für ein Tätigwerden des Abhandlungsgerichtes nach einer in Rechtskraft erwachsenen Einantwortung keine gesetzliche Grundlage bestünde und deshalb das Prozeßgericht die Fragen nach der Erbhofeigenschaft und der Höhe des Übernahmspreises, über die vor Abschluß der Abhandlung zwingend das Abhandlungsgericht zu entscheiden gehabt hätte, als Vorfragen selbst zu lösen habe, wenn sich herausstelle, daß auf den Streitfall materiell anerbenrechtliche Vorschriften Anwendung zu finden hätten.

Der Lösung dieser materiellrechtlichen Frage wird durch die hier einzig und allein entschiedene Frage der Zuständigkeit und des Rechtsweges in keiner Weise vorgegriffen.

Aus den dargelegten Erwägungen war aber in Stattgebung des Revisionsrekurses die antragszurückweisende Entscheidung des Gerichtes erster Instanz wieder herzustellen.

Im Verfahren außer Streitsachen findet mangels besonderer Anordnung kein Kostenersatz statt. Daher war der Antrag des Revisionsrekurswerbers auf Zuspruch eines Kostenersatzes zurückzuweisen.

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