OGH 4Ob43/92

OGH4Ob43/921.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt, Wien 6, Mariahilferstraße 1 d, vertreten durch Dr.Gustav Dirnberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Harald Albert Schmidt, Rechtsanwalt, Wien 4., Rainergasse 30, vertreten durch Dr.Ruth E.Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27.Februar 1992, GZ 1 R 25/92-10, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 23.Dezember 1991, GZ 39 Cg 381/91-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094 (darin enthalten S 849 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist seit dem Jahr 1973 in die Liste der Wiener Rechtsanwälte eingetragen und übt seinen Beruf unter seinem bürgerlichen Namen "Dr.Harald Schmidt" aus. Der Beklagte ist seit 9.4.1991 in die Liste der Wiener Rechtsanwälte eingetragen. Sein voller Name lautet "Dr.Harald Albert Schmidt"; in Ausübung seines Berufes führt er diesen Namen in der Schreibweise "Dr.Harald A.Schmidt".

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt der Kläger, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, ab sofort in Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt im Bereich der Rechtsanwaltskammer Wien die Benützung seines Namens in der Schreibweise "Dr.Harald A.Schmidt" zu unterlassen und jede diesem Verbot widerstreitende Ankündigung zu beseitigen, soweit ihm noch die Verfügung darüber oder diese ermöglichender Einfluß auf den unmittelbar Verfügungsberechtigten zusteht. Durch die Verwendung einer Abkürzung für den zweiten Vornamen werde die Gefahr von Verwechslungen der Streitteile nicht beseitigt. Dem Beklagten könne ohne weiteres zugemutet werden, auch seinen zweiten Vornamen auszuschreiben; dennoch habe er die Forderung des Klägers, in Ausübung seines Berufes den zweiten Vornamen auszuschreiben, abgelehnt. Tatsächlich sei es wegen der vom Beklagten verwendeten Schreibweise schon wiederholt zu Verwechslungen der Streitteile gekommen. Der Beklagte verstoße damit gegen § 9 Abs 1 UWG; da er sich damit bewußt an den im geschäftlichen Verkehr bereits eingeführten Namen des Klägers anlehne, liege auch eine sittenwidrige Rufausbeutung vor.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Durch die beanstandete Schreibweise seines zweiten Vornamens werde der Gefahr von Verwechslungen ausreichend begegnet; das Ausschreiben des zweiten Vornamens würde nichts zur besseren Unterscheidung der Streitteile beitragen. Die stets hinzugefügte Kanzleianschrift sei vielmehr ein wesentlich deutlicheres Unterscheidungsmerkmal. Da der Beklagte seinen zweiten Vornamen bisher nicht geführt habe, komme das vom Kläger gewünschte Ausschreiben dieses Vornamens im Hinblick darauf, daß er unter diesem nicht einmal nahestehenden Freunden bekannt sei, einer Persönlichkeitsänderung gleich. Die Veränderung der Schreibweise seines Namens könnte aber auch zur Folge haben, daß sich seine Klienten an die Kanzlei des Klägers wenden.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die vom Beklagten gewählte Schreibweise seines Namens reiche nicht aus, um die Streitteile wirksam voneinander unterscheiden zu können. Das verkürzte Einfügen eines zweiten Vornamens sei wenig gebräuchlich und werde deshalb auch wenig beachtet. Der Beklagte müsse aber gar nicht seinen zweiten Vornamen verwenden, um vom Kläger ausreichend Abstand zu halten; er könne auch andere unterscheidende Zusätze - etwa "2" oder "II" - hinzufügen. Mit der beanstandeten Schreibweise seines Namens verstoße der Beklagte daher gegen § 9 UWG.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Grundsätzlich sei zwar jedermann berechtigt, seinen eigenen Namen auch im geschäftlichen Verkehr zu führen; § 9 UWG schränke aber diese Befugnis dahin ein, daß der Name nur in einer solchen Weise gebraucht werden dürfe, daß die Gefahr von Verwechslungen mit dem Namen oder der Firma, deren sich ein anderer befugterweise bedient, nach Möglichkeit vermieden wird. Auch bei lauterem Gebrauch eines Namens oder einer Firma müsse der Benützer alles Notwendige und ihm Zumutbare vorkehren, um durch die Benützung vorhandener Ausweichmöglichkeiten - etwa die Beifügung von Vornamen, die Verwendung unterscheidender Zusätze udgl - die Gefahr von Verwechslungen mit der prioritätsälteren Bezeichnung eines anderen nach Möglichkeit auszuschalten. Der abgekürzte zweite Vorname reiche aus, um die Gefahr von Verwechslungen der Streitteile im Rahmen des Zumutbaren zu vermeiden. Ob die Verwendung des voll ausgeschriebenen zweiten Vornamens gegenüber dessen Abkürzung überhaupt geeignet ist, Verwechslungen eher hintanzuhalten, brauche nicht beurteilt zu werden; dem Beklagten dürfe nicht zugemutet werden, gegen seinen Willen einen - von ihm gar nicht selbst gewählten - zweiten Vornamen zu verwenden. Durch die Verwendung eines - im Freundes- und Bekanntenkreis des Beklagten nicht geläufigen - zweiten Vornamens könnten aber auch Verwechslungen dahin entstehen, daß diese Personen irrtümlich mit dem Kläger Kontakt aufnehmen. Zu berücksichtigen sei auch, daß Rechtsanwälte in Ausübung ihres Berufes auf die Verwendung von Vornamen, Nachnamen und akademischem Grad beschränkt seien und andere unterscheidende Zusätze kaum verwenden könnten. Von Berufskreisen, in denen die Ausübenden nur unter ihrem bürgerlichen Namen auftreten können, müsse bei völliger Namensgleichheit die Verwechslungsgefahr hingenommen werden; eine "Namensänderung" dürfe deshalb nicht aufgetragen werden. Die Verwendung von Zusätzen wie "2" oder "II" könne als herabsetzend empfunden werden und sei daher dem Beklagten gleichfalls nicht zuzumuten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Kläger bekämpft in seinem Rechtsmittel die Ansicht des Rekursgerichtes, daß die Verwendung des abgekürzten zweiten Vornamens bereits ausreichend zur Unterscheidung der Streitteile beitrage; einzelne Buchstaben hätten vielmehr keine Kennzeichnungskraft. Auch bei häufig vorkommenden Namen reiche ein solcher Zusatz nicht hin, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Dem Beklagten sei die Verwendung seines ausgeschriebenen zweiten Vornamens durchaus zuzumuten, weil es ja sein eigener Name sei; daß er diesen nicht selbst gewählt habe, sei nicht erheblich. Im übrigen sähen die Richtlinien für die Berufsausübung der Rechtsanwälte vor, daß der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes seinen vollen Namen zu führen habe. Auch andere der Unterscheidung dienende Zusätze könnten dem Beklagten zugemutet werden. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, ist jedermann grundsätzlich berechtigt, seinen eigenen Namen auch im geschäftlichen Verkehr zu führen und zu verwenden. Der Name darf aber nur in einer solchen Weise gebraucht werden, daß Verwechslungen mit dem Namen oder der Firma, deren sich ein anderer befugterweise bedient, nach Möglichkeit vermieden werden. Unlauterer Namensgebrauch ist ausnahmslos unzulässig; er schließt jede Berufung auf das Recht zur Führung des eigenen Namens aus. Andererseits hat auch bei lauterem Gebrauch eines Namens oder einer Firma der Benützer alles Notwendige und ihm Zumutbare vorzukehren, um durch Benützung vorhandener Ausweichmöglichkeiten - Beifügen von Vornamen oder akademischen Graden, Verwendung unterscheidender Zusätze udgl - die Gefahr von Verwechslungen mit einer prioriätsälteren Bezeichnung nach Möglichkeit zu vermeiden (ÖBl 1985, 10 mwN; 4 Ob 326/87; 4 Ob 1/89). Wenngleich sich der Name einer Person - abgesehen von zugelassenen Namensänderungen - aus der Eintragung im Geburtenbuch ergibt, ist niemand gehalten, sämtliche eingetragene Vornamen auch zu benützen; dem Recht zum Namensgebrauch steht keine entsprechende Pflicht gegenüber (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 43). Auch Rechtsanwälte sind in Ausübung ihres Berufes nicht gehalten, sämtliche Vornamen anzuführen. Gemäß § 9 Abs 1 RL-BA 1977, welche vom VfGH als Verordnung beurteilt werden (Schuppich-Tades, RAO4 Anm 1 zu § 37), hat der Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes seinen akademischen Grad, Vor- und Zunamen und die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" zu führen. Eine Anordnung, daß sämtliche Vornamen (unabgekürzt) geführt werden müßten, enthält diese Berufsausübungsregel somit nicht. Das Weglassen einzelner Vornamen oder das Abkürzen eines von mehreren Vornamen durch einen Rechtsanwalt macht daher den Gebrauch seines Namens nicht unlauter.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß Rechtsanwälte auch in Ausübung ihres Berufes in erster Linie auf das Führen ihres Namens angewiesen sind. Wie weit andere unterscheidende Zusätze nach den Standesvorschriften zulässig sind, braucht hier nicht beurteilt zu werden, weil im vorliegenden Fall auch die Verwendung des zweiten Vornamens - wenngleich nur in Form seines Anfangsbuchstabens mit einem Abkürzungspunkt - ausreicht, Verwechslungen mit dem Kläger nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Familienname der Streitteile weist als "Allerweltsname" keine Kennzeichnungskraft auf; auch in Verbindung mit dem Vornamen "Harald" kommt ihm kein besonders hoher Kennzeichnungsgrad zu. So weist etwa das Wiener Telefonbuch eine Reihe von Personen mit dem Namen "Harald Schmidt" auf. Nach herrschender Auffassung ist der Schutz schwacher Zeichen einschränkend zu beurteilen; häufig beseitigen daher schon geringe Abweichungen die Verwechslungsgefahr (ÖBl 1984, 104 uva). Auch beim Schutz des Namens als Kennzeichen eines Unternehmens ist dieser Grundsatz heranzuziehen. Außerdem ist es - auch in Anwaltskreisen - keineswegs unüblich, sich eines abgekürzten weiteren Vornamens zu bedienen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr einer solchen Abkürzung keine Aufmerksamkeit schenken würde und solche Zusätze nichts zur Unterscheidung beitragen könnten. Daß nicht zusammenhängend lesbaren Buchstabenkombinationen im Kennzeichenrecht in der Regel keine Kennzeichnungskraft zuerkannt wird, steht dem nicht entgegen.

Insgesamt gesehen, reicht somit im vorliegenden Fall die vom Beklagten gewählte Schreibweise seines Namens aus, Verwechslungen mit dem Namen des Klägers nach Möglichkeit zu vermeiden. Damit scheidet auch ein Verstoß gegen das Gebot der Lauterkeit gemäß §1 UWG aus.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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