OGH 3Ob549/92(3Ob550/92)

OGH3Ob549/92(3Ob550/92)27.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Hartwig R*****, und Arnulf R*****, infolge Revisionsrekurses dieser Kinder, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau, Tiroler Straße 16, als Sachwalter gemäß § 9 UVG, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 27.Mai 1992, GZ 3 R 242, 243/92-12, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 22.April 1992, GZ P 135/92-5 und 6, aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der mj. Hartwig und Arnulf R***** ist geschieden. Die Obsorge kommt der Mutter allein zu. Der Vater ist zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 2.100 für den mj. Hartwig und von S 1.900 für den mj.Arnulf verpflichtet.

Am 17.April 1992 beantragten die durch das Jugendamt vertretenen Kinder die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den § 3 und § 4 Z 1 UVG von S 2.100 bzw. S 1.900 monatlich. Eine Exekution auf das Arbeitseinkommen des Vaters habe, auch unter Anrechnung hereingebrachter Rückstände, den laufenden Unterhalt für die letzten 6 Monate vor Antragstellung nicht gedeckt. Die (weitere) Führung einer Exekution scheine aussichtslos, weil der Vater kein konkursfreies Vermögen besitze. Dem Antrag ist ein Bericht des Gerichtsvollziehers angeschlossen, wonach die Pfändung aus dem genannten Grund nicht vollzogen wurde.

Das Erstgericht bewilligte die Anträge für die Zeit vom 1.April 1992 bis 31.März 1995.

Das Rekursgericht hob die Entscheidungen des Erstgerichtes auf und sprach aus, daß der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Konkurseröffnung über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen rechtfertige zwar nicht eine Versagung der Unterhaltsvorschüsse wegen begründeter Bedenken im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 UVG; doch sei die Frage zu prüfen, ob eine Exekutionsführung im Sinne des § 3 Z 2 UVG aussichtslos sei. Die vorliegende Erklärung des Unterhaltssachwalters im Sinne des § 11 Abs. 2 UVG reiche zur Beurteilung dieser Frage nicht aus; denn daraus und aus dem Bericht des Gerichtsvollziehers ergebe sich noch nicht, ob dem Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 5 Abs. 1 KO während des Konkurses unentgeltlich Zugewendetes überlassen wurde oder ob der Masseverwalter nach § 5 Abs. 2 KO mit Zustimmung des Gläubigerausschusses dem Gemeinschuldner und seiner Familie das gewährt habe, was zu einer bescheidenen Lebensführung unerläßlich ist. Das Verfahren erweise sich somit in dieser Richtung ergänzungsbedürftig. Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 14 Abs 4 AußStrG zuzulassen gewesen, weil der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 636/90 ausgesprochen habe, die Konkurseröffnung über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen vermöge keine Bedenken im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 UVG zu begründen, und auch in der Entscheidung 1 Ob 639/90 die Ansicht vertreten habe, die Unterhaltsbemessungsgrundlage werde durch die Konkurseröffnung nicht geändert, konkursrechtliche Maßnahmen im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 KO hätten auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung keinen Einfluß; in der Entscheidung 7 Ob 625/90 aber auch in der Richtung als ergänzungsbedürftig bezeichnet habe, ob mit Rücksicht darauf, daß der Gemeinschuldner in seiner Dispositionsfähigkeit beschränkt und zu einer bescheidenen Lebensführung gezwungen sei, die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht noch in derselben Höhe fortbestehe.

Der Revisionsrekurs der Kinder, der sich gegen eine Ergänzung des Verfahrens wendet, da diese den Rahmen des Unterhaltsvorschußverfahrens sprenge und dem unbürokratischen Zugang von unterhaltsberechtigten Kindern zur Unterhaltsvorschußgewährung zuwiderlaufe, und geltend macht, daß eine Herabsetzung der derzeit festgesetzten Unterhaltsbeträge auch aus den Gründen der Anspannung nicht in Frage komme, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zu, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der vom Rekursgericht aufgezeigten Frage nicht einheitlich ist. Ein näheres Eingehen darauf, ob die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht des Gemeinschuldner durch den Zwang zu einer bescheidenen Lebensführung der Höhe nach eine Veränderung erfährt oder ob die Unterhaltsbemessungsgrundlage durch die Konkurseröffnung nicht berührt wird, ist aber im vorliegenden Fall nicht erforderlich, wenngleich mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 5 Abs 1 und 2 KO (".... bescheidene Lebensführung ...") Zweifel daran bestehen, daß die Konkurseröffnung grundsätzlich keine Änderung an den Unterhaltsverpflichtungen des Gemeinschuldners herbeiführt. Eine solche Änderung könnte vielmehr im Fall eines vor dem Konkurs begüterten Unterhaltspflichtigen durchaus auf der Hand liegen. Doch entsprechen die hier geschuldeten Unterhaltsbeträge von S 1.900,-- bzw. S 2.100,-- kaum zwei Drittel des Regelbedarfs von Kindern der entsprechenden Altersgruppe und sind daher einer bescheidenen Lebensführung angemessen.

Mag nun auch kein Anhaltspunkt dafür vorhanden sein, daß der Gemeinschuldner unentgeltliche Zuwendungen iS des § 5 Abs 1 KO erhält, ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß er durch eigene Tätigkeit etwas erwirbt, was ihm im Sinne dieser Gesetzesstelle überlassen wurde, oder daß ihm und seiner Familie (worunter der in § 5 Abs. 1 KO genannte Personenkreis zu verstehen ist - 5 Ob 322/87, teilweise veröffentlicht in WBl 1987, 315; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 193) die Mittel für eine bescheidene Lebensführung iS des § 5 Abs 2 KO gewährt werden.

Der Oberste Gerichtshof vermag den Aufträgen des Rekursgerichtes daher nicht entgegenzutreten. Diese Aufträge sprengen entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht nicht den Rahmen eines Unterhaltsvorschußverfahrens; sie fallen vielmehr in den Rahmen des § 11 Abs 2 UVG, zumal gegen den Vater bisher lediglich Fahrnisexekution geführt wurde.

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