OGH 3Ob70/92

OGH3Ob70/9227.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Waltraud K*****, vertreten durch Dr.Dagmar Arnetzl und Dr.Maximilian Geiger, Rechtsanwälte in Graz, wider die verpflichtete Partei Johann K*****, vertreten durch Dr.Walter Dürnberger, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 36.022,-- an rückständigem und monatlich S 5.146,-- an laufendem Unterhalt (Gesamtstreitwert S 221.278,--), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Graz als Rekursgerichtes vom 6. Mai 1992, GZ 4 R 154/92-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtsachen Graz vom 18. Februar 1992, GZ 11 E 1839/92-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit bereits der Beschluß des Erstgerichtes (in seinem abweisenden Teil) mangels Anfechtung rechtskräftig wurde.

2.) Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes in seinem stattgebenden Teil wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 10.200,60 (darin S 1.700,10 Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 17.7.1986 wurde der Verpflichtete zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 5.146,-- an die betreibende Partei, seine geschiedene Gattin, verpflichtet. Diese Unterhaltsverpflichtung wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 2.6.1987 auf S 5.700,-- erhöht. Als die betreibende Partei zur Hereinbringung dieses Unterhalts Exekution führte, brachte der Verpflichtete gegen sie eine Klage auf Feststellung des Ruhens des Unterhaltsanspruches mit der Behauptung ein, sie lebe mit einem anderen Mann in Lebensgemeinschaft. Der Klage wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 8.2.1991, bestätigt mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 16.5.1991, stattgegeben. Das Exekutionsverfahren wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.11.1991 eingestellt.

Am 14.1.1992 beantragte die betreibende Partei, neuerlich, aufgrund des Urteils des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 17.7.1986, ihr zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von S 39.900,--, das sei der rückständige Unterhalt für die Zeit von Juli 1991 bis Jänner 1992, und der ab Februar 1992 am Ersten eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von je S 5.700,-- die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei als Arbeitnehmer zustehenden Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen und die Überweisung des gepfändeten Bezuges zur Einziehung zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes von S 36.022,-- für die Zeit von Juli 1991 bis Jänner 1992 sowie des laufenden Unterhalts von S 5.146,-- monatlich; das Mehrbegehren wies es (durch Verweigerung der Bewilligung der Exekution) ab.

Die zweite Instanz wies den Exekutionsantrag zur Gänze ab und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Bewilligung der Exekution hinsichtlich des Unterhaltsrückstandes für die Zeit von Juli bis November 1991 stehe der Einstellungsbeschluß vom 26.11.1991 entgegen. Im übrigen aber gelte das Urteil, mit dem festgestellt worden sei, daß der Unterhaltsanspruch der betreibenden Partei ruhe, so lange weiter, bis durch eine andere gerichtliche Entscheidung festgestellt werde, daß dieser Unterhaltsanspruch wieder aufgelebt sei. Die betreibende Partei habe weder das Vorliegen eines derartigen Urteils behauptet noch auch vorgebracht, daß ihre Lebensgemeinschaft aufgelöst sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der zu entscheidenden Rechtsfrage, sieht man von der Entscheidung JBl 1991, 589 ab, der ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde lag, fehlt. Er ist im Umfang des dem Exekutionsantrag der betreibenden Partei stattgebenden Teils des erstgerichtlichen Beschlussses auch berechtigt. Den abweisenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses hatte die betreibende Partei unangefochten gelassen, sodaß insoweit Rechtskraft eingetreten und der Revisionsrekurs unzulässig ist.

Die Bewilligung einer Exekution erfolgt nach § 3 Abs 2 EO auf Antrag der anspruchsberechtigten Partei; über den Antrag ist, soferne nichts anderes angeordnet ist (vgl. hiezu Anm. 4 zu § 3 EO in der MGA12), ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernehmung des Gegners Beschluß zu fassen. Bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag sind daher grundsätzlich nur das Vorbringen des betreibenden Gläubigers und die seinem Antrag angeschlossenen Urkunden zu berücksichtigen (§ 54 EO). Soweit die betreibende Partei rechtsaufhebende oder einschränkende Tatsachen selbst vorbringt, sind diese zu beachten; alle sonstigen, den Anspruch berührenden Tatumstände, die aus dem Exekutionstitel selbst nicht mit Sicherheit hervorgehen, können dagegen keine Berücksichtigung finden (RZ 1937, 303; 3 Ob 222/73). Es ist vielmehr Sache des Verpflichteten, zu behaupten und unter Beweis zu stellen, daß die gegen ihn geführte Exekution nicht oder doch nicht im begehrten Umfang berechtigt ist (vgl. Heller-Berger-Stix 618).

Aufgrund der oben angeführten Entscheidungen ist der geschiedene Gatte der betreibenden Partei zur Zahlung von Unterhalt an diese verpflichtet. Zwar wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 8.2.1991 festgestellt, daß der Unterhaltsanspruch der betreibenden Partei wegen des Bestehens einer Lebensgemeinschaft ruht. Doch war bei der Exekutionsbewilligung auf diesen Umstand von Amtswegen nicht Bedacht zu nehmen, und die betreibende Partei war auch nicht gehalten, bei ihrem (neuerlichen) Exekutionsantrag vorzubringen, daß sie nun nicht mehr in Lebensgemeinschaft mit einem anderen Mann lebe. Das Vorbringen des Verpflichteten im Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung verstieß ungeachtet der dort erliegenden Vorakten ebenso gegen das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot wie nun jenes der betreibenden Partei im Revisionsrekurs, sie habe bei der Einbringung ihres Exekutionsantrages zu Protokoll ohnedies erwähnt, daß die vorher festgestellte Lebensgemeinschaft im Frühsommer 1991 beendet worden sei, und sie habe dies auch dem Verpflichteten schriftlich zur Kenntnis gebracht.

Das Urteil auf Ruhen der Unterhaltsverpflichtung hat den Titel nicht vernichtet, und auch die materielle Rechtskraft dieser Entscheidung wirkt nur bis zu einer Änderung der Verhältnisse, die zum Ruhen des Anspruchs führten (EFSlg 35.565; EvBl 1970/135), also nur für die Dauer der Lebensgemeinschaft der betreibenden Partei. Die betreibende Partei muß deshalb entgegen der Ansicht der zweiten Instanz nicht zunächst eine Entscheidung erwirken, daß ihr Unterhaltsanspruch wieder aufgelebt ist. Vielmehr muß der Verpflichtete seine Einwendungen gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten der betreibenden Partei die Exekution bewilligt wurde, neuerlich - wie es auch bereits geschehen ist (ON 4 a) - im Klageweg geltend machen, wobei allerdings die betreibende Partei die Beendigung der vorher festgestellten Lebensgemeinschaft und den weiteren Umstand zu behaupten und nachzuweisen haben wird, daß sie das Wiederaufleben der ruhenden Unterhaltsverpflichtungen nach Auflösung der Lebensgemeinschaft gegenüber dem Verpflichteten eingemahnt hatte (JBl 1991, 589).

Mit Recht hat daher das Erstgericht den Exekutionsantrag bewilligt, sodaß sein Beschluß wieder herzustellen war.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 74 EO.

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