OGH 1Ob586/92

OGH1Ob586/9225.8.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Abhandlung der Verlassenschaft nach dem am 17. Oktober 1991 verstorbenen Dipl. Ing. Georg W*****, wegen Nachlaßabsonderung, infolge Revisionsrekurses der pflichtteilsberechtigten Kinder 1. Eva-Maria W*****, 2. Michael W*****, beide vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 22. April 1992, GZ R 338/92-41, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hainfeld vom 12. März 1992, GZ A 115/91-34, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Der am 17. Oktober 1991 verstorbene Dipl. Ing. Georg W***** (im folgenden Erblasser) hinterließ aus einer ersten Ehe zwei bereits volljährige Kinder, die nunmehrigen Nachlaßseparations-Antragsteller und Revisionsrekurswerber, und aus zweiter Ehe eine Witwe und einen am 30. Juli 1984 geborenen minderjährigen Sohn. Der Erblasser verfügte mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 27. Juni 1988 über seinen Liegenschaftsbesitz (drei Liegenschaften in Kleinzell) zugunsten der Witwe, die er auch mit Testament vom gleichen Tag zur Alleinerbin seines gesamten beweglichen Nachlasses eingesetzt und seine drei Kinder auf den gesetzlichen Pflichtteil beschränkt hatte.

Am 15. November 1991 beantragten die beiden volljährigen Kinder die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses sowie die Nachlaßseparation einschließlich deren Anmerkung im Grundbuch. Ausgehend von einem angenommenen Reinnachlaß von 12,000.000 S betrage ihr - weder anerkannter noch besicherter - Pflichtteil je 1,333.000 S. Die Schenkung auf den Todesfall bestätigte die Absicht des Erblassers und auch der Witwe, die Liegenschaften so rasch als möglich aus der Verlassenschaft auszuscheiden. Ein außerbücherlicher Weiterverkauf sei rechtlich möglich. Die Witwe besitze nach dem Wissen der Antragsteller keinerlei Vermögen oder Einkommen, weshalb keine Gewähr für die Sicherstellung ihres Pflichtteilsanspruches bestehe. Außer der Inventarisierung des auf den Todesfall geschenkten Vermögens bestünden keine Sicherungsmaßnahmen (ON 11).

In der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär am 21. November 1991 (ON 13) gab die Witwe aufgrund des Testamentes zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung ab und beantragte, diese zu Gericht anzunehmen, ihr Alleinerbrecht für ausgewiesen anzusehen, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen und die Ermächtigung zur Veräußerung bestimmter Nachlaßwerte (Pkw sowie verschiedene technische Geräte) nach erfolgter Schätzung zu erteilen, wobei der Verkaufserlös unverzüglich beim Gerichtskommissär hinterlegt werde. Die Witwe sprach sich gegen die Nachlaßseparation aus und erklärte, es sei keinesfalls in ihrer Absicht und in der Absicht des Erblassers gelegen, die Pflichtteilsansprüche der Kinder zu vermeiden. Mit der Schenkung des Liegenschaftsbesitzes auf den Todesfall allein könne keine Verkürzung erfolgen. Aus den Urkunden des Vertragserrichters, eines öffentlichen Notars, werde festgestellt, daß vom Schenkungsvertrag nur eine Ausfertigung an die Witwe ausgestellt worden sei. Da eine Weiterveräußerung samt Grundbuchsdurchführung nur im Zusammenhang mit einer Ausfertigung durchgeführt werden könne, werde sie diese Ausfertigung beim Gerichtskommissär hinterlegen.

Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 29. November 1991 ON 16 die Erklärung der beiden volljährigen Kinder, nach dem Erblasser Pflichtteilsansprüche geltend zu machen, zur Kenntnis, nahm die von der Witwe abgegebene Erbserklärung zu Gericht an, sprach aus, daß ihr Erbrecht aufgrund der letztwilligen Anordnung als ausgewiesen angesehen werde und bestellte für den minderjährigen Sohn des Erblassers einen Kollisionskurator.

Mit Äußerung vom 9. Dezember 1991 ON 18 hielten die beiden volljährigen Noterben ihren Separationsantrag aufrecht und beantragten die Abweisung des Antrags der Witwe auf Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses. Dazu trugen sie im wesentlichen vor, die Witwe bewohne und benütze die drei Liegenschaften und Gebäude. Sie beantrage ua, ihr die Ermächtigung zur Veräußerung dieser Nachlaßwerte nach erfolgter Schätzung zu erteilen. Daraus sei ihr Interesse zu ersehen, ehestens eine Verfügung über Nachlaßgegenstände zu erlangen. Daß nur eine Ausfertigung des Notariatsaktes über die Schenkung auf den Todesfall erstellt worden sei, sei durch nichts bewiesen; im übrigen könne die Witwe nach Punkt 9. des Notariatsaktes jederzeit eine andere Ausfertigung erlangen. Den Antragstellern könne eine Verschlechterung der in Aussicht stehenden Bedeckungsgrundlage nicht zugemutet werden. zum Nachlaß gehöre auch das Ingenieurbüro des Erblassers, welcher erhebliche Verbindlichkeiten gehabt habe. Die Witwe sei sicher nicht befähigt, die zur ordnungsgemäßen Abwicklung notwendigen Maßnahmen zu setzen. Sie habe in keiner Weise dargestellt, wie sie eine Befriedigung der Pflichtteilsansprüche unter Veranschlagung der geschenkten Liegenschaften bewerkstelligen wolle. Die Schenkung auf den Todesfall gehe über eine Erbseinsetzung hinaus und solle offenbar der Witwe die Möglichkeit geben, die drei Liegenschaften samt Gebäuden der Pflichtteilsbemessung und Sicherstellung zu entziehen.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 27. November 1991 wurde festgestellt, daß die Zivilingenieurbefugnis des Erblassers wegen Ablebens erloschen sei und sich die Bestellung eines Substituten mangels des Erfordernisses einer Kanzleiabwicklung erübrige.

Der Kollisionskurator für das minderjährige Kind des Erblassers sprach sich (ON 22) gegen eine Nachlaßseparation aus; es entstünde nur zusätzlicher, den Pflichtteil mindernder Aufwand für die Verlassenschaft. Sollte der Antrag der Witwe rechtskräftig abgewiesen werden, so beantrage der Kollisionskurator auch für den minderjährigen Sohn die Nachlaßseparation, um dessen Schlechterstellung zu vermeiden. Die Witwe trat dem Separationsantrag ihrer beiden Stiefkinder in ihrer Äußerung ON 23 neuerlich entgegen, weil kein Separationsgrund (keine Gefahr) vorliege. Sollte das Gericht trotz Hinterlegung der einzigen Ausfertigung des grundbuchsfähigen Notariatsaktes und der Unmöglichkeit, weitere Ausfertigungen zu erlangen, die Berichtigung der Pflichtteile sicherstellen wollen, so biete die Witwe die Einverleibung einer Hypothek auf Kosten des Nachlasses auf allen drei Liegenschaften an, weil andere Vermögenswerte nicht vorhanden seien. Lediglich für den Fall der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrags auf Überlassung der Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft beantrage auch die Witwe als Beschenkte auf den Todesfall die Nachlaßseparation zu ihren Gunsten.

Das Erstgericht hat den Antrag der Alleinerbin (Witwe) auf Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses abgewiesen (Punkt 1.), über Antrag der drei Noterben die Separation des Nachlasses vom Vermögen der Alleinerbin bewilligt (Punkt 2.), den Antrag der Alleinerbin auf Nachlaßseparation zu ihren Gunsten abgewiesen (Punkt 3.), Alfred G***** zum Separationskurator bestellt (Punkt 4.), ob den drei Liegenschaften ... die grundbücherliche Anmerkung der Separation und Bestellung eines Absonderungskurators angeordnet (Punkt 5.) und den Akt dem Gerichtskommissär mit dem Auftrag übermittelt, unverzüglich die Versiegelung des Nachlasses gemäß § 45 ff AußStrG vorzunehmen und den Akt nach Errichtung des Inventars mit den Schlußanträgen wieder vorzulegen. Nach der Rechtsauffassung der ersten Instanz hätten die pflichtteilsberechtigten (volljährigen) Kinder des Erblassers in ihren Ausführungen, insbesondere durch Darstellung einer Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Erbin, deren Veräußerungsabsicht in Ansehung von Nachlaßgegenständen und des abzuwickelnden Ingenieurbüros konkrete Umstände vorgebracht, die eine hinreichend motivierte Besorgnis darstellten. Das Argument der Witwe, ein Verkauf der Liegenschaften sei erst nach Einantwortung und Erbringung des Pflichtteilsausweises ohne Zustimmung des Gerichtes möglich, übersehe, daß in Ansehung eigenberechtigter Noterben ein Pflichtteilsausweis nicht zu erbringen sei. Zudem habe die Witwe ihre Absicht zur Veräußerung von Nachlaßwerten mitgeteilt, ohne daß ein eindeutiger Schluß gezogen werden könne, auf welche Nachlaßwerte sich dieses Ansinnen konkret richte. Nach ständiger Rechtsprechung schließe die Nachlaßseparation die Verwaltung des Nachlasses durch den Erben aus, sodaß der entsprechende Antrag der Witwe abzuweisen sei. Die Nachlaßverwaltung erfordere die Bestellung eines Absonderungskurators. Die grundbücherliche Anmerkung beruhe auf § 20 lit b GBG.

Über Rekurs der erbl.Witwe gegen die Punkte 1., 2., 4., 5. und 6. des erstgerichtlichen Beschlusses änderte die zweite Instanz diesen Beschluß dahingehend ab, daß es 1. der erbl.Witwe die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB, § 145 AußStrG überließ; 2. die Anträge der drei Noterben auf Nachlaßseparation gemäß § 812 ABGB, Bestellung eines Separationskurators und Anmerkung der Separation im Grundbuch abwies; 3. den Antrag der erbl.Witwe auf Nachlaßseparation zu ihren Gunsten abwies und 4. den Akt dem Gerichtskommissär mit dem Auftrag übermittelte, den Akt nach Errichtung des Inventars mit den Schlußanträgen wieder vorzulegen. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige 50.000 S, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Nach der Auffassung des Rekursgerichtes begründe die Art der Verfügung (Schenkung auf den Todesfall) ebensowenig eine spezifische Gefahr iS des § 812 ABGB wie die Tatsache, daß die Witwe die drei Liegenschaften und Gebäude bewohne und benütze. Die Witwe habe wohl in der Tagsatzung vom 21. November 1991 die Veräußerung von Nachlaßwerten angestrebt, dies habe sich aber offensichtlich nur auf den Pkw und verschiedene technische Geräte bezogen, wobei zuvor die Schätzung erfolgen und danach unverzüglich der Verkaufserlös beim Gerichtskommissär hinterlegt werden sollte. Überdies bedürfe dieser Antrag ohnedies der gerichtlichen Genehmigung gemäß § 145 AußStrG. Der Argumentation im Zusammenhang mit der Abwicklung des Ingenieurbüros stehe der Inhalt des Bescheides ON 19 (kein Erfordernis einer Kanzleiabwicklung) entgegen. Zur Rechtfertigung der Nachlaßabsonderung wäre im übrigen nicht das Fehlen von Aktivvermögen der Alleinerbin, sondern ausschließlich das Vorhandensein von Verbindlichkeiten der Witwe gegenüber Gläubigern erheblich, die im Fall der grundbücherlichen Durchführung der Schenkung auf den Todesfall in Konkurrenz mit den im § 812 ABGB genannten Gläubigern auch auf die ehemaligen Nachlaßbestandteile greifen könnten (6 Ob 8/88). Über Schulden der Witwe fehle aber jede Antragsbehauptung und auch jeder aktenkundige Anhaltspunkt.

Der Revisionsrekurs der beiden volljährigen Noterben ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Anläßlich der Tagsatzung vor dem Gerichtskommissär wurde festgestellt, daß in den Nachlaß ua auch ein Pkw sowie verschiedene technische Geräte gehören. Hierauf beantragte die Witwe, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen und ihr die Ermächtigung zur Veräußerung dieser Nachlaßwerte nach erfolgter Schätzung zu erteilen. Der Verkaufserlös werde unverzüglich beim Gerichtskommissär hinterlegt werden (ON 13 AS 38 f). Die Feststellung der zweiten Instanz, die Witwe habe den Antrag gestellt, ihr die Ermächtigung zur Veräußerung „bestimmter“ Nachlaßwerte zu erteilen, ist somit entgegen dem Rechtsmittelvorwurf nicht aktenwidrig.

Besorgt ein ... Noterbe, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne, so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem Kurator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtigt werde. In einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als Erbe erklärt hätte, aus eigenem Vermögen nicht mehr zu haften (§ 812 ABGB). Das Wesen der Nachlaßabsonderung (Nachlaßseparation) liegt als Rest einer amtswegigen Fürsorge für die Nachlaßgläubiger (56/28 = JBl 1983, 483 = RPflgSlgA 6468; EvBl 1976/137 = NZ 1977, 135; Eccher in Schwimann, Rz 1 zu § 812 ABGB) darin, sicherzustellen, daß das getrennt verwaltete Sondervermögen trotz Einantwortung ausschließlich zur Befriedigung der Absonderungsgläubiger verwendet wird, somit den Antragsberechtigten vor allen Gefahren zu schützen, die aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben über den Nachlaß mit der darin liegenden Verquickung der vermögensrechtlichen Beziehungen entstehen können (SZ 61/131, SZ 56/28; EFSlg 33.688 ua). Die Nachlaßseparation kann nicht nur für die noch zu Lebzeiten des Erblassers begründeten „Erblasserschulden“, sondern auch für die mit dem Erbfall entstehenden „Erbfallschulden“ wie Pflichtteilsschulden bewilligt werden (SZ 49/149), auch in Ansehung von erbl.Liegenschaften (SZ 56/28; EFSlg 48.547 ua), wobei auch die grundbücherliche Anmerkung der Nachlaßseparation zulässig ist (JBl 1972, 621; SZ 37/117 = EvBl 1965/134 = NZ 1965, 11).

Der vorliegende Rechtsfall ist nun dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Noterben auch die Nachlaßseparation von Liegenschaften beantragen, die der Witwe nicht aufgrund eines erbrechtlichen, sondern eines vertraglichen Titels (Schenkung auf den Todesfall) zustehen sollen, an denen sie somit ein Anwartschaftsrecht hat. Der Beschenkte ist bis zur Einantwortung Gläubiger des Nachlasses (SZ 59/9, SZ 50/96; NZ 1966, 28 ua; Schubert aaO, Rz 3 zu § 956 ABGB; Binder in Schwimann, Rz 26 zu § 956 ABGB) und wird bei einer auf den Todesfall geschenkten Liegenschaft Eigentümer erst mit der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums; die Einverleibung kann auf Grund des mit einer Aufsandungserklärung versehenen Schenkungsvertrages und der Sterbeurkunde begehrt werden, ein besonderer Beschluß des Abhandlungsgerichtes ist nicht erforderlich (EvBl 1962/285; Schubert aaO, Rz 3, 9 zu § 956 ABGB; zweifelnd Grabenwarter, Schenkung auf den Todesfall und Abhandlungspflege in ÖJZ 1988, 588 ff, 559). Auf den Todesfall geschenkte Vermögenswerte sind in das Inventar als Aktivum (§ 97 AußStrG) aufzunehmen und als Schuld an den Beschenkten im Inventar als gleichwertiges Passivum auszuweisen (SZ 59/9 = EFSlg 51.454 = NZ 1986, 210 mwN und Anm von C.Czermak; NZ 1984, 63; Schubert aaO, Rz 3 zu § 956 ABGB; Welser in Rummel 2, Rz 8 zu § 785 ABGB; Eccher aaO, Rz 17 zu § 802 ABGB mwN; Stanzl in Klang 2 IV/1, 632). Weil es dem Zweck des Pflichtteilsrechtes entspricht, wenn man der Berechnung des Pflichtteils auch zwar auf den Todesfall geschenkte, in Wahrheit aber faktisch dem Erblasser verbliebene Gegenstände wie Vermächtnisse zugrundelegt, zählen Schenkungen auf den Todesfall für die Pflichtteilsberechnung zum Nachlaßvermögen (Welser, Neue Rechenaufgaben vom Gesetzgeber in NZ 1978, 161, 165 f und ihm folgend EvBl 1987/198 = NZ 1988, 42 mit Anm von Findeis; JBl 1981, 593 = NZ 1981, 36; referierend Koziol-Welser, Grundriß9 II 370, 378 mwN in FN 12 und Grabenwarter aaO; aM noch SZ 44/137; Binder aaO, Rz 25 zu § 956 ABGB mwN). Wenn aber, wie im vorliegenden Fall von allen Parteien gar nicht bezweifelt wird, die der Witwe auf den Todesfall geschenkten Liegenschaften bei der Berechnung des Pflichtteils in Anschlag zu bringen sind, muß dem Noterben unter den Voraussetzungen des § 812 ABGB auch gestattet sein, die Nachlaßseparation dann zu beantragen, wenn jedenfalls wie im vorliegenden Fall die Beschenkte zugleich Alleinerbin ist.

Die Nachlaßseparation ist nicht an strenge Bedingungen zu knüpfen (ZfRV 1988, 132 = IPrax 1988, 36 mit Anm von Schwind 45; SZ 59/210; EFSlg 51.420; NZ 1986, 263 ua). Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung genügt zur Bewilligung der Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben jede hinreichend motivierte Besorgnis des Antragstellers, daß der Erbe den Nachlaß und damit den Befriedigungsfonds für die Nachlaßforderung schmälern könnte. Besorgnis der Gefahr ist jedes hinreichend motivierte, auch bloß subjektive Bedenken (IPrax 1988, 36; EFSlg 51.423; NZ 1986, 263 ua; Welser aaO, Rz 14 zu § 812 ABGB; Eccher aaO Rz 5; Koziol-Welser aaO II 401); der Nachlaßgläubiger (Noterbe) muß dabei jene Umstände anführen, die bei vernünftiger Auslegung eine subjektive Besorgnis rechtfertigen. Ein Nachweis oder eine Bescheinigung dieser Gefahr ist nicht erforderlich (SZ 59/210, SZ 56/28; 5 Ob 533/89 ua; Welser aaO, Rz 13 und 14 zu § 812 ABGB; Kralik in Ehrenzweig 3 Erbrecht 359). Die Möglichkeit der freien Verfügung über die Liegenschaften des Erblassers durch die vermögenslose Witwe, die die Veräußerungsabsicht wegen der Notwendigkeit der Bedeckung der Pflichtteile zugestand, begründet hier eine solche Besorgnis (IPrax 1988, 36; EFSlg 51.427; Weiß in Klang 2 III 1018) und führt zur Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung.

Die Tatsache, daß die Witwe die Einräumung von Grundpfandrechten auf allen drei Liegenschaften zugunsten der Noterben, somit eine zur Abwendung der - hier gerechtfertigten - Nachlaßseparation zulässige Sicherheitsleistung (SZ 56/123, SZ 56/28 ua; Welser aaO, Rz 18 zu § 812 ABGB; Eccher aaO Rz 24 mwN; Koziol - Welser aaO 401 mwN in FN 26) angeboten hat, wird im folgenden Verfahren zu berücksichtigen sein.

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