OGH 13Os48/92-6

OGH13Os48/92-615.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Amschl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16.März 1992, GZ 7 Vr 113/91-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Alfred P***** wurde mit dem angefochtenen Urteil - im zweiten Rechtsgang abermals - des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er nachts vom 9. zum 10. November 1990 in Knittelfeld (unmittelbar nachdem er im gemeinsamen Zusammenwirken mit einem abgesondert Verfolgten als unmittelbarer Täter Hans F***** durch Würgen sowie Versetzen von Schlägen und Tritten vorsätzlich am Körper verletzt hatte, wobei die Tat neben zahlreichen Prellungen, Abschürfungen und einer Rißquetschwunde im Bereich des Kinns auch an sich schwere Verletzungen, nämlich einen Trümmerbruch des Nasenbeins mit Verschiebungen der Bruchstücke und einen Bruch der siebenten Rippe links zur Folge hatte) Hans F***** mit schwerer gegen ihn gerichteter Gewalt, nämlich durch Versetzen von (weiteren) Schlägen und gegen ihn gerichteten Drohungen mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben, nämlich durch Androhen (weiterer) schwerer Angriffe gegen die körperliche Integrität des Opfers, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich zur Durchführung des Mundverkehrs, genötigt hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die auf den § 281 Abs. 1 Z 3, 4, 5 a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; indes zu Unrecht.

Die Rüge nach Z 3 wird auf eine behauptete Verletzung der Vorschrift des § 153 StPO gegründet. Jene Vorschriften, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, sind aber in dem § 281 Abs. 1 Z 3 StPO erschöpfend aufgezählt. Der § 153 StPO fällt nicht darunter. Die Beschwerde ist deswegen schon aus diesem Grund verfehlt.

Die Verfahrensrüge (Z 4) macht geltend, durch die Abweisung des Antrages auf Ladung des Zeugen Johann G***** zur Aufklärung von Widersprüchen seien Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt worden. Damit sollte nachgewiesen werden, wie es zur Niederschrift vom 10.November 1990 mit Hans F***** (AS 11 in ON 3) gekommen ist und insbesondere auch, weswegen dieser Zeuge in der Hauptverhandlung bezüglich seiner Verletzungen gänzlich andere Angaben als seinerzeit machte und daß seine Angaben auch in bezug auf die Art der Durchführung des Geschlechtsverkehrs widersprüchlich seien (AS 204).

Hans F***** hat in seiner ersten niederschriftlichen Vernehmung vor dem Gendarmerieposten Knittelfeld am 10.November 1990 über eigene Verletzungen keine Angaben gemacht sondern deponiert, er wäre geschlagen und getreten worden. Mit Differenzen dieser Angaben zu seiner Aussage als Zeuge in der Hauptverhandlung hat sich das Schöffengericht ausführlich auseinandergesetzt (AS 213 bis 215) und sie einerseits auf Angst des Zeugen (vor dem Angeklagten), andererseits auf dessen einfaches Gemüt und den seit der Tat verstrichenen Zeitraum von eineinhalb Jahren zurückgeführt.

Soweit überhaupt Abweichungen in der Darstellung des Zeugen vorliegen (Drohung mit dem Umbringen durch den Angeklagten, zusätzliche Vornahme der Handbefriedigung an ihm) beziehen sie sich auf Details, die dem Angeklagten nicht angelastet werden und betreffen damit keine entscheidungswesentlichen Sachverhalt. Angesichts der Tatsache, daß der Zeuge Alfred H***** in der Hauptverhandlung ausführlich über die Umstände der Befragung des Tatopfers vor der Gendarmerie vernommen wurde, hätte es im Antrag näherer Ausführungen darüber bedurft, weshalb durch die Aufnahme des beantragten Beweises das vom Antragsteller angestrebte Ergebnis erzielt werden könne und inwieweit letzteres geeignet wäre, die dem Gericht durch die Gesamtheit der ihm bereits vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach- und Beweislage maßgebend zu verändern (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 19, 83 zu § 281 Z 4).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen. Mit der Behauptung, die Aussage des Tatopfers als Zeuge in der Hauptverhandlung sei keine taugliche Grundlage für die getroffenen Feststellungen, versucht sie letztlich bloß, ebenso die Beweiskraft einer Zeugenaussage herabzusetzen wie mit ihren Ausführungen zu den Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten, die den Zeugen F***** vernommen haben.

Eine für diese Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann jedoch nicht in dem (schlichten) Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht Beweise anders hätte würdigen sollen. Auch die Tatsachenrüge gestattet nämlich nicht die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. Insbesondere kann der zur Darlegung erheblicher Zweifel am Gelingen der Wahrheitsfindung gebotene Vergleich aktenkundiger Umstände mit entscheidenden Feststellungen nicht durch die Behauptung ersetzt werden, von der ersten Instanz als glaubhaft angesehene Zeugenaussagen seien zufolge innerer Unwahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung unglaubwürdig (Mayerhofer-Rieder, aaO, ENr 4 zu § 281 Z 5 a). Es versagt deshalb auch die Tatsachenrüge.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) führt lediglich aus, die Verurteilung sei auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes zu Unrecht erfolgt, von diesen Feststellungen ausgehend sei der dazu erforderliche Tatbestand nicht erfüllt worden. Sie läßt damit jede Substantiierung vermissen, welche Feststellungsmängel dem angefochtenen Urteil anhaften sollen und gelangt damit, beachtet man insbesondere die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zum Tatgeschehen, das nach seinem Ablauf nur als vom Angeklagten auch gewollt denkmöglich ist (AS 211, 212, 216), nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

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