OGH 3Ob57/92

OGH3Ob57/927.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Atto D*****, vertreten durch Dr.Werner Thurner ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Dipl.Ing.Reinhold K*****, und 2.) Guda Z*****, beide vertreten durch Dr.Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unzulässigkeit einer Exekution gemäß § 35 EO, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 5.März 1992, GZ 6 R 210/91-30, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10.Juni 1991, GZ 28 Cg 210/89-25, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 28.867,42 (darin S 4.811,24 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf Grund des Urteils des Erstgerichtes vom 2.7.1986, 28 Cg 285/84, mit dem die Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an einer Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung aufgehoben wurde, wurde den Beklagten am 16.3.1987 die Exekution durch gerichtliche Versteigerung der Liegenschaft bewilligt.

Mit der gemäß § 35 EO erhobenen Klage bringt der Kläger vor, es sei nach Schluß des Titelverfahrens eine Änderung des Bebauungsplanes erfolgt, die eine wesentlich bessere Verwertung der Liegenschaft durch die vorrangige Realteilung ermögliche.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Eine Änderung des Bebauungsplanes stelle keine den Anspruch auf Zivilteilung aufhebende Tatsache im Sinne des § 35 EO dar.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf folgende Feststellungen:

Der Entscheidung im Titelverfahren lag zugrunde, daß nach dem Flächenwidmungsplan die Bebauung der Liegenschaft nur mit Wohngebäuden zulässig sei, die mindestens 3 und höchstens 4 Geschoße aufweisen. Die Liegenschaft lasse zwar eine Realteilung zu. Bei einer derartigen Teilung wäre aber unter Berücksichtigung der Bauvorschriften eine Bebauung nur in Blockform möglich, die überholt sei und nur noch selten gewählt werde. Die nunmehr bevorzugte aufgelockerte Bebauung könne nur dann entsprechend geplant und errichtet werden, wenn die gesamte Fläche der Liegenschaft zur Verfügung stehe. Da in diesem Fall die planerischen Möglichkeiten kaum eingeschränkt wären, würden der Wert und die Bedeutung der Grundstücke zunehmen. Eine Realteilung der Liegenschaft sei daher zwar technisch möglich, wirtschaftlich aber untunlich.

Aufgrund neuer textlicher Bebauungspläne vom 21.2.1986 und 17.3.1989 und Aufhebung der die Einschränkung auf mindestens 3 bis höchstens 4 Geschoße festlegenden Änderung des Bebauungsplanes vom 8.10.1984 am 12.9.1986 ist eine Bebauung der Liegenschaft mit Ein- und Zweifamlienhäusern bis zu 2 Geschoßen und Mehrfamilienhäusern bis zu 4 Geschoßen bei einer Mindestgröße der Baugrundstücke von 500 m2 bei offener, von 400 m2 bei halboffener und von 250 m2 bei geschlossener Bauweise zulässig. Bei der Möglichkeit einer Teilung in kleinere Grundstücke und deren Bebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern ergebe sich ein größerer Käuferkreis und damit eine bessere Verwertbarkeit der Liegenschaft.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die geänderte Rechtslage und die damit gegebene bessere Bebauungs- und Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft sei erst nach dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Titelverfahren eingetreten. Zivilteilung komme nur in Betracht, wenn Realteilung nicht möglich oder nicht tunlich sei. Ermögliche eine Naturalteilung nunmehr eine bessere Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft, sei das gegen diese Teilungsart im Titelverfahren sprechende Argumente der Untunlichkeit weggefallen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nach § 503 Abs 1 ZPO zulässig sei. Ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes teilte es dessen rechtliche Beurteilung. Nach herrschender Auffassung könne Unzeit mittels Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden.

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Ansicht der Beklagten, die Erhebung einer Oppositionsklage gegen die Exekution auf Grund eines Teilungsurteiles sei grundsätzlich unzulässig, wird von der herrschenden Lehre (Heller-Berger-Stix 396) und Rechtsprechung (3 Ob 117/75; ImmZ 1969, 87; 8 Ob 109/67; ZBl 1921/65) nicht geteilt, worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat. Entgegen den Revisionsausführungen können Umstände, die erst nach dem im § 35 Abs 1 Satz 2 EO maßgebenden Zeitpunkt eintreten und Unzeit der Teilung bewirken, mit Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO - auch im Fall einer durch gerichtlichen Vergleich vereinbarten Liegenschaftsteilung (ZBl 1921/65; Heller-Berger-Stix aaO) - geltend gemacht werden.

Bei der weiteren Frage, ob dann, wenn durch Änderung irgendwelcher Umstände, wie etwa der Bebauungsvorschriften, sich die Tunlichkeit der Naturalteilung einer Liegenschaft ergibt, die zuvor nicht bestanden hat, diese nachträgliche Möglichkeit den Zivilteilungsanspruch vernichtet, erscheint wesentlich, daß § 843 ABGB die Zulässigkeit der Zivilteilung von der Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Naturalteilung abhängig macht und damit den Vorrang der Naturalteilung statuiert (SZ 55/90; MietSlg 36.056; Gamerith in Rummel2 Rz 1 zu § 843 ABGB). Wurde deshalb infolge neuer Tatsachen, die erst nach Entstehung des dem Exekutionsverfahren zugrundeligenden Exekutionstitels auf Zivilteilung eingetreten sind, die Realteilung der Liegenschaft tunlich, so ist der Anspruch der betreibenden Parteien auf Zivilteilung erloschen.

Ebenso wie ein nach Schluß der Verhandlung ergangener Verwaltungsbescheid (Heller-Berger-Stix 377 f mwN) vermag auch eine Änderung geltender Bauvorschriften eine Klage nach § 35 EO zu rechtfertigen.

Eine "Einschränkung" der Exekution auf Realteilung wäre ein aliud (Heller-Berger-Stix 1526).

In seiner Entscheidung im Titelverfahren vom 20.1.1987, 5 Ob 501/87, hat der Oberste Gerichtshof die Ansicht der Vorinstanzen geteilt, eine Zivilteilung der Liegenschaft sei wegen der erwiesenen Untunlichkeit der Naturalteilung zulässig. Die in der Revision wiedergegebenen Stellen dieser Entscheidung ("der Flächenwidmungsplan, der Bebauungsplan und die geltenden Bauvorschriften stehen einer Realteilung ebensowenig entgegen wie sonstige Hindernisse") finden sich zwar in dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt, aber mit einer wesentlichen Ergänzung im Sinne der Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes.

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen dem Klagebegehren stattgegeben, sodaß der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.

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