OGH 8Ob575/92

OGH8Ob575/9225.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr. Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Pflegschaftssache der ***** mj.Karin S***** infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 17.März 1992, GZ 44 R 160/92-78, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 23.Jänner 1992, GZ 6 P 332/88-73 , teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

Die Höhe des der mj.Karin S***** vom Erstgericht gewährten Unterhaltsvorschusses wird ab 1.1.1992 auf monatlich S 2.233,-

herabgesetzt.

Text

Begründung

Mit Beschluß ON 73 setzte das Pflegschaftsgericht die Höhe des der ********** mj.Karin S***** bisher gewährten Unterhaltsvorschusses von monatlich S 3.000,- im Hinblick auf ihr Eigeneinkommen (Lehrlingsentschädigung) von monatlich netto S 4.000,- ab 1.1.1992 auf monatlich S 2.500,- herab.

Dagegen erhoben die Minderjährige und der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien Rekurs; dieser beantragte die Herabsetzung der Höhe der Vorschüsse auf monatlich S 1.800,-.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien nicht, dagegen jenem der Minderjährigen Folge und hob den pflegschaftsgerichtlichen Beschluß ersatzlos auf. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig und begründete seine Entscheidung damit, daß entgegen der Rechtsprechung nicht alle Bedürfnisse eines heranwachsenden Jugendlichen mit einem Geldbetrag im Ausmaß einer Richtsatzpension befriedigt werden könnten, da Jugendliche bisher noch mit keinem Fundus an Bekleidung, Hausratsgegenständen usw. ausgerüstet seien und durch Betreuungsleistungen der Geldbedarf nicht herabgesetzt werde. Im vorliegenden Falle sei der Pensionsrichtsatz von monatlich S 7.350,-

als Maßstab für die Höhe des Unterhaltsbedarfes anzuwenden, da die Summe von Eigeneinkommen der Minderjährigen und bisherigem Unterhaltsvorschuß diesen Betrag nicht erreiche, sei der Unterhaltsvorschuß nicht herabzusetzen.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß der der Minderjährigen gewährte Unterhaltsvorschuß ab 1.1.1992 auf monatlich S 2.000,- herabgesetzt werde. Der Rekurswerber verweist darauf, daß nach der ständigen Rechtsprechung der Unterhaltsbedarf bei durchschnittlichen Lebensverhältnissen einschließlich des Geldwertes der Betreuungsleistungen rund S 7.000,- betrage und im vorliegenden Falle daher ein nicht durch Eigeneinkommen gedeckter Unterhaltsbedarf von S 3.000,- verbleibe, der nach der neueren Rechtsprechung bei einem 16-jährigen Minderjährigen zu zwei Drittel auf Geldunterhalt und zu einem Drittel auf Betreuungsleistungen entfalle. Somit ergebe sich hier lediglich ein offener Geldunterhaltsbedarf von S 2.000,-, der Unterhaltsvorschuß sei daher lediglich in dieser Höhe zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise gerechtfertigt.

Der erkennende Senat hat in seinen am 20.2.1992 zu 8 Ob 521/92 und

am 28.4.1992 zu 8 Ob 557/92 ergangenen Beschlüssen die Entwicklung

der oberstgerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Art und der

Höhe der Anrechnung von Eigeneinkünften des Kindes auf dessen

Unterhalt bei der Berechnung der Höhe von Unterhaltsvorschüssen

ausführlich dargestellt und ausgeführt, daß bei durchschnittlichen

Lebensverhältnissen eines 16- oder 17-jährigen Lehrlings einerseits

der Gesamtunterhaltsbedarf in der Höhe der Richtsatzpension nach dem

ASVG von nunmehr S 7.350,- und andererseits ein Geldunterhaltsanteil

von zwei Dritteln zugrundezulegen sei. Es besteht keine Veranlassung

von dieser Rechtsprechung abzugehen, weil den Betreuungsleistungen

grundsätzlich Unterhaltscharakter zukommt (§ 140 Abs.2 ABGB) und der

Minderjährigen im vorliegenden Fall zur Befriedigung ihrer übrigen,

in Geld abzudeckenden Bedürfnisse ein nach der Rechtsprechung

hinreichender Gesamtgeldbetrag von S 6.233,- (Richtsatzpension S

7.350,- minus Eigeneinkommen S 4.000,- = S 3.350,-, davon zwei

Drittel Geldunterhalt = S 2.233,- zuzüglich Eigeneinkommen S 4.000,-

= S 6.233,-) zur Verfügung steht.

In diesem Sinne war daher dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben und der Unterhaltsvorschuß mit S 2.233,- festzusetzen.

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