Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Liegenschaft EZ ***** der KG K***** steht je zur Hälfte im Eigentum des Michael und der Marianne *****. Die beiden waren miteinander verheiratet und haben im Zuge des zu 22 Cg 75/86 beim Landesgericht für ZRS Wien anhängigen Scheidungsverfahrens "für den Fall der rechtskräftigen Scheidung ihrer Ehe" einen Vergleich geschlossen, der ua die Einräumung eines wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf den jeweiligen Liegenschaftsanteilen enthält.
Unter Vorlage einer Ausfertigung dieses Vergleiches, die mit der Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit versehen ist, hat der Antragsteller am 17.10.1991 um die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf dem Liegenschaftsanteil der Marianne L***** ersucht. Das Grundbuchsgericht wies jedoch diesen Antrag ab, weil das in § 364 c ABGB geforderte Naheverhältnis zwischen dem Verbotsberechtigten und dem belasteten Liegenschaftseigentümer auf Grund der vorgelegten Urkunde nicht mehr bestehen könne. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen dieser Voraussetzung sei gemäß § 93 GBG der Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuches.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit dem Beisatz, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus:
Gemäß § 364 c ABGB wirke ein vertragsmäßiges Veräußerungs- und Belastungsverbot dann gegen Dritte, wenn es zwischen Ehegatten begründet und im öffentlichen Buch eingetragen wurde. Die Judikatur anerkenne zwar, daß ein bereits vor der Scheidung der Ehe zwischen den Ehegatten wirksam vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot durch die Scheidung der Ehe die Rechtswirkung gegen Dritte behalte, sei jedoch - zumindest bisher - nicht so weit gegangen, einem Veräußerungs- und Belastungsverbot auch dann dingliche Wirkung zu verleihen, wenn es in einem Scheidungsvergleich für den Fall der Rechtskraft der Scheidung vereinbart und bei (noch) aufrechter Ehe nicht intabuliert wurde. In einem solchen Fall fehle die gesetzliche Voraussetzung, daß die Vertragspartner miteinander verheiratet sind, sowohl bei Eintritt der Rechtswirksamkeit des Titels als auch im Zeitpunkt der begehrten Grundbuchseintragung. Auch nach der hier zu beurteilenden Urkunde könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller und die Eigentümerin jenes Liegenschaftsanteils, auf dem das Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen werden soll, Ehegatten sind.
Der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses wurde damit begründet, daß zur entschiedenen Rechtsfrage - soweit ersichtlich - eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.
Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs vertritt der Antragsteller den Standpunkt, daß es nur darauf ankommen könne, ob er im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch mit Marianne L***** verheiratet war. Daß die Vereinbarung für den Fall der rechtskräftigen Scheidung geschlossen wurde, bedeute nicht, daß die Rechtswirksamkeit des Veräußerungs- und Belastungsverbotes erst nach Scheidung der Ehe eintreten sollte. Ein wirksames wechselseitiges Veräußerungs- und Belastungsverbot sei sogar Voraussetzung für das Zustandekommen des Scheidungsvergleiches gewesen. Im übrigen habe es sich um eine Scheidung im Einvernehmen gemäß § 55 a EheG gehandelt, die ohne wirksame Einigung in vermögensrechtlicher Hinsicht gar nicht möglich sei. Der Wegfall einer Bedingung des Scheidungsvergleiches müßte daher die Unwirksamkeit des Scheidungsbeschlusses zur Folge haben. Schließlich sei zu bedenken, daß die Erhaltung des Familienbesitzes wesentliches Motiv der Vereinbarung gewesen sei. Man habe - durchaus im Sinn der Regelung des § 364 c ABGB - die Interessen der ehelichen Kinder im Auge gehabt. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Bewilligung des Grundbuchsgesuches abzuändern.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof war mit der hier aufgeworfenen Rechtsfrage - ohne daß dies den Vorinstanzen oder dem Rechtsmittelwerber hätte bekannt sein können - schon einmal befaßt. In der diesbezüglichen Entscheidung vom 17.12.1991 (5 Ob 128/91 = Jus Extra 1005) wurde die Verbücherung eines ebenfalls in einem Scheidungsvergleich vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes nach Rechtskraft des gemäß §§ 220 ff AußStrG iVm § 55 a EheG ergangenen Scheidungsbeschlusses mit folgender Begründung abgelehnt:
§ 364 c zweiter Satz ABGB macht die dingliche Wirkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes davon abhängig, daß es zwischen den dort angeführten nahen Angehörigen (darunter Ehegatten) begründet und im Grundbuch eingetragen wird. Da das Grundbuchsgericht die Berechtigung eines Eintragungsgesuches nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen hat, die bei Einlangen des Ansuchens besteht (§ 93 GBG), muß also das besondere Naheverhältnis zwischen Liegenschaftseigentümer und Verbotsberechtigtem in diesem Zeitpunkt aufrecht sein (vgl ZBl 1932/114). Zu diesem Schluß führt auch eine teleologische Interpretation des § 364 c ABGB. Diese Ausnahme von der prinzipiellen Verfügungsfreiheit des Liegenschaftseigentümers wurde geschaffen, um die Erhaltung des Familienbesitzes zu ermöglichen (vgl Hofmeister, Veräußerungs- und Belastungsverbote, Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungstendenzen, Vortragsbericht, ÖJZ 1986, 752 ff; NotZ 1970, 172), was gerade nicht der Zweckbestimmung eines zwischen Ehegatten vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes anläßlich der Ehescheidung entspricht. Die Lehre, die schon unterschiedliche Standpunkte zur Frage vertritt, ob ein zwischen Ehegatten wirksam vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot durch die Scheidung der Ehe seine Rechtswirkung verliert (siehe dazu die Meinungen von Gschnitzer, JBl 1958, 121, und Hofmeister aaO zu SZ 30/71), ist sich denn auch gewiß, daß mit Aufhebung des Naheverhältnisses die Aufhebung der Bindung geboten ist (Gschnitzer aaO). Diese Rechtslage hat das Grundbuchsgericht zu beachten und daher die Eintragung eines nicht mehr zwischen Ehegatten bestehenden Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu verweigern.
Alle diese Argumente treffen auch auf den gegenständlichen Fall zu. Sie wurden überhaupt nur wiederholt, weil der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen der erst kurz zuvor ergangenen und bis zur Erhebung der Rechtsmittel noch nicht veröffentlichten einschlägigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes als zulässig zu behandeln war. Demnach kann die Frage, ob die Parteien des Scheidungsvergleiches eine sofortige Wirkung des wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes beabsichtigten, auf sich beruhen, weil es gemäß § 93 GBG nur auf die Sach- und Rechtslage bei Überreichung des Eintragungsgesuches ankommt. Das Anliegen, die verfahrensgegenständliche Liegenschaft einmal den Kindern des Antragstellers zukommen zu lassen, wäre dadurch zu verwirklichen gewesen, daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der Kinder begründet wird. Schließlich ist die Rechtswirksamkeit der Scheidung nicht davon abhängig, ob die vermögensrechtliche Einigung der scheidungswilligen Ehegatten Bestand hat (vgl SZ 58/43). Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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