Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:
"Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 30.Oktober 1990 zu E 2639/90 und E 2640/90 bewilligten Exekutionsverfahren sind unzulässig.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 71.091,12 (darin S 11.773,52 an Umsatzsteuer und S 450 an Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die mit S 16.108,34 (darin S 2.601,39 an Umsatzsteuer und S 500 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufdungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist weiter schuldig, den klagenden Parteien die mit S 20.524,86 (darin S 3.120,81 an Umsatzsteuer und S 1.800 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschlüssen vom 30.Oktober 1990 zu E 2639/90 und E 2640/90 bewilligte das Erstgericht dem Beklagten als betreibendem Gläubiger gegen die beiden klagenden Parteien als Verpflichtete auf Grund der Auszüge aus den Anmeldungsverzeichnissen des Landesgerichtes Salzburg vom 14.September 1990, Sa 5/89 und Sa 6/89, die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Forderung von S 423.169,55 bzw S 424.169,55.
Die klagenden Parteien begehren m it den gemäß § 36 EO erhobenen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung die Unzulässigerklärung dieser Exekutionsverfahren. Im Ausgleichsverfahren der klagenden Parteien habe der Beklagte eine Forderung von S 423.169,55 aus dem Titel der Bürgschaft für einen von der Raiffeisenkasse K***** gewährten Kredit angemeldet. Es sei ungewiß, ob und in welcher Höhe die Bürgschaft in Anspruch genommen werde. Die Forderung sei deshalb vom Ausgleichsverwalter und von den Ausgleichsschuldnern nur als Eventualforderung anerkannt worden. Die aufschiebende Bedingung der Eventualforderung des Beklagten sei noch nicht eingetreten.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er habe die Forderung nicht nur aus dem Titel der Bürgschaft, sondern auch auf Grund einer mit den klagenden Parteien am 30.August 1984 abgeschlossenen Vereinbarung angemeldet. Die klagenden Parteien hätten die Forderung auch anerkannt, nach Annahme des Ausgleichsvorschlages durch die Gläubiger die vorgeschriebenen Quoten jedoch nach ordnungsgemäßer Mahnung durch den Beklagten nicht bezahlt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen:
Die Raiffeisenbank K***** gewährte dem Erstkläger im Jahre 1977 einen Kredit in der Höhe von S 500.000, für den der Beklagte die Bürgschaft übernahm und auch einen Wechsel als Bürge unterfertigte. In der Folge leistete der Erstkläger hierauf Rückzahlungen in nicht mehr feststellbarer Höhe; der Beklagte zahlte zwischen Juli 1981 und März 1983 einen Betrag von S 210.000.
Im März 1983 brachte die Raiffeisenbank K***** gegen den Beklagten eine Wechselklage über einen Betrag von S 647.218 ein. In einem i diesem Verfahren am 30.August 1984 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, S 550.000 in monatlichen Raten zu S 5.000, beginnend mit 10.September 1984, an die Raiffeisenbank zu zahlen.
Nach Abschluß dieses Vergleiches (jedoch gleichfalls am 30.August 1984) verpflichtete sich der Erstkläger, auch als alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei, dem Beklagten gegenüber für den Betrag von S 550.000 samt Zinsen und Kosten die Haftung zu übernehmen und einem Regreß des Beklagten keine Einwendungen, aus welchem Titel immer, entgegenzuhalten und dem Beklagten den genannten Betrag auf dessen Verlangen hin zu bezahlen. Er verpflichtete sich ferner, dem Beklagten monatlich S 10.000 zu leisten, sodaß die Verpflichtungen, die der Beklagte übernommen habe, von diesem abgedeckt werden könnten. Festgehalten wurde, daß durch dieses Zugeständnis keine Stundung gewährt werde, sondern daß die zu leistenden S 10.000 monatlich nur eine Zahlungserleichterung darstellten, die der Beklagte jederzeit widerrufen und hiedurch die Forderung in der jeweils aushaftenden Höhe sofort fälligstellen könne.
Am 27.Juli 1989 wurde das Ausgleichsverfahren über beide klagenden Parteien eröffnet. Der Kredit des Erstklägers bei der Raiffeisenbank K***** haftete zu diesem Zeitpunkt mit S 423.169,55 unberichtigt aus. Der Beklagte hatte ab September 1984 bis zur Ausgleichseröffnung monatlich Raten von S 5.000 gezahlt und er zahlte diese auch weiterhin, sohin seit Ausgleichseröffnung bis zum 1.August 1991 (Schluß der Verhandlung) insgesamt S 115.000. Der Kredit der Raiffeisenbank K***** haftete am 11.Juli 1991 mit S 361.096 aus. Nach der Ausgleichseröffnung hatte auch der Erstkläger Zahlungen auf das Kreditkonto geleistet, und zwar S 2.256,70, S 3.629,93 und ein- oder zweimal S 5.000.
Grund dafür, daß der Erstkläger keine weiteren Zahlungen die Raiffeisenbank K***** leistete, war das Verlangen des Beklagten, der Erstkläger möge seine Zahlungen ihn leisten und er leiste sie an die Raiffeisenbank.
In den beiden ausgleichsverfahren meldete der Beklagte gegen beide klagenden Parteien am 11.August 1989 eine Forderung von S 423.169,55 an, und zwar einerseits unter Hinweis auf seine Bürgschaftsverpflichtung und andererseits unter Hinweis auf die zwischen den Streitteilen am 30.August 1984 geschlossene Vereinbarung. Die Anmeldungen wurden zu ON 15 in die Anmeldungsverzeichnisse aufgenommen.
Am 1.September 1989 übermittelte der Ausgleichsverwalter dem Ausgleichsgericht die Erklärungen der Ausgleichsschuldner zu den angemeldeten und von ihnen bestrittenen Forderungen. Hinsichtlich der Forderung des Beklagten wird darin ausgeführt, sie könne nur als Eventualforderung anerkannt werden, weil eine Inanspruchnahme des Bürgen bisher nicht erfolgt sei. In der Ausgleichstagsatzung vom 20.Oktober 1989 wurde dem Beklagten das Stimmrecht hinsichtlich beider Ausgleichsschuldner aberkannt. Der Ausgleichsvorschlag, wonach sich die beiden klagenden Parteien zur Zahlung einer 40%igen Quote in zwei gleichen Raten, und zwar 7 und 12 Monate nach Annahme des Vorschlages, verpflichteten, wurde angenommen.
Im Anmeldungsverzeichnis betreffend den Erstkläger findet sich bei der vom Beklagten angemeldeten Forderung nur der Hinweis darauf, daß diese Forderung auch im Ausgleichsverfahren der zweitklagenden Partei angemeldet worden sei. Im Anmeldungsverzeichnis der zweitklagenden Partei wird bei der Forderung darauf hingewiesen, daß es sich um eine Eventualforderung handle. In beiden Anmeldungsverzeichnissen wird als Rechtsgrund der Forderung "Bürgschaft für Kredit Raiffeisenbak K*****" angeführt.
In beiden Anmeldungsverzeichnissen wurden die Forderungen des Beklagten am 14.September 1990 für vollstreckbar erklärt.
Die klagenden Parteien haben nach Annahme des Ausgleichsvorschlages keine Zahlungen an den Beklagten geleistet.
Mit Schreiben vom 11.September 1990 forderte der Beklagte die klagenden Parteien auf, binnen 8 Tagen die 20%ige Quote von S 84.633,91 zu bezahlen, widrigenfalls die gesamte Forderung wieder aufleben würde.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Rechtsgrund für die Anmeldung seiner Forderungen sei für den Beklagten nichtn ur seine Haftung als Bürge, sondern auch die Verpflichtungserklärung der klagenden Parteien vom 30.August 1984. Die klagenden Parteien hätten die vom Beklagten angemeldete Forderung nicht grundsätzlich bestritten, sondern nur deshalb, weil eine Inanspruchnahme des Beklagten als Bürge bislang nicht erfolgt sei. Der Beklagte habe jedoch auf den Kredit bereits erhebliche Zahlungen geleistet, und zwar von Juli 1981 bis März 1983 S 210.000 und ab September 1984 bis jetzt monatlich S 5.000. Diese Zahlungen überstiegen die angemeldete Forderung. Die Exekutionsführung sei daher berechtigt.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Der Beklagte habe zwischen Juli 1981 und März 1983 S 210.000, von September 1984 bis zur Ausgleichseröffnung S 290.000 und von der Ausgleichseröffnung bis zur Exekutionsbewilligung S 75.000, zusammen S 575.000, gezahlt. Die von den klagenden Parteien erklärte Bedingung einer Inanspruchnahme des Beklagten sei daher erfüllt. Das Berufungsgericht teile nicht die Auffassung der klagenden Parteien, die Inanspruchnahme hätte nach der rechtskräftigen Bestätigung des Ausgleichs erfolgen müssen. Nach § 17 AO könne der Bürge des Schuldners im Ausgleichsverfahren das Begehren auf Ersatz der vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens von ihm auf die Forderung geleisteten Zahlungen stellen, soweit ihm ein Rückgriff gegen den Schuldner zustehe. Die vom Beklagten geleisteten Zahlungen überstiegen die im Exekutionsverfahren betriebene Forderung bei weitem. Der Vorlage einer Urkunde im Sinne des § 7 Abs 2 EO über den Eintritt von Fälligkeit und Vollstreckbarkeit habe es nicht bedurft.
Die Revision der klagenden Parteien ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 17 Abs 1 AO können Bürgen des Schuldners im Ausgleichsverfahren das Begehren auf Ersatz der vor oder nach der Eröffnung des Verfahrens von ihnen auf die Forderung geleisteten Zahlungen stellen, soweit ihnen ein Rückgriff gegen den Schuldner zusteht; in Ansehung der Zahlungen, die sie infolge ihrer Haftung etwa künftig treffen können, bleibt den Bürgen nach Abs 2 der Bestimmung vorbehalten, ihren Anspruch im Ausgleichsverfahren für den Fall anzumelden, daß die Forderung vom Gläubiger im Ausgleichsverfahren nicht geltend gemacht wird.
In seiner Forderungsanmeldung im Ausgleichsverfahren hat der Beklagte unter Hinweis afu den zwischen ihm und der Raiffeisenbank K***** abgeschlossenen Vergleich vom 30.August 1984 und die Verpflichtungserklärung der beiden klagenden Parteien vom gleichen Tag vorgebracht, daß (von dem den klagenden Parteien gewährten Kredit) zum Zeitpunkt der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens S 423.169,55 aushaften. Auf Grund des Ausgleichsverfahrens werde die Raiffeisenbank den aushaftenden Betrag vom Erstkläger nicht direkt bekommen und auch aus diesem Grund den Beklagten in Anspruch nehmen.
Der Beklagte hat damit entgegen der Darstellung des Berufungsgerichtes im Ausgleich der beiden klagenden Parteien nicht eine Forderung angemeldet, die ihm auf Grund von Zahlungen zustehe, die er als Bürge bereits geleistet habe, sondern den noch aushaftenden Betrag des dem Erstkläger eingeräumten Kredites. Die vom Beklagten vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens an die Raiffeisenbank geleisteten Zahlungen können daher keinesfalls zur Begründung der mangelnden Berechtigung des Klagebegehrens herangezogen werden.
Daß der Beklagte aber den Betrag von S 423.169,55 nach der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens gezahlt hätte, behauptet er nicht und wurde auch nicht festgestellt.
Die beiden klagenden Parteien haben die Forderung lediglich, wie auch im Anmeldungsverzeichnis vermerkt wurde, als Eventualforderung, also bedingt, für den Fall der Inanspruchnahme des Beklagten als des Bürgen, anerkannt. Zur Hereinbringung einer bedingten Forderung, die als solche in das Anmeldungserzeichnis aufgenommen, vom Schuldner nicht bestritten und vom Masseverwalter anerkannt wurde, kann nur dann die Exekution bewilligt werden, wenn der Eintritt der Bedingung nach § 7 Abs 2 EO nachgewiesen wird (EvBl 1968/62). Da der Beklagte einen derartigen Nachweis nicht erbracht hat, sind die Voraussetzungen für die Exekutionsführung nicht gegeben. Beruft sich der Beklagte darauf, daß er die Forderung nicht nur als Bürge für einen dem Erstkläger gewährten Kredit, sondern auch auf Grund der mit den beiden klagenden Parteien am 30.August 1984 getroffenen Vereinbarung geltend gemacht habe, übersieht er, daß sich die klagenden Parteien darin verpflichtet haben, einem Regreß des Beklagten keine Einwendungen entgegenzusetzen und ihm den Betrag von S 550.000 samt Anhang über sein Verlangen zu bezahlen. Damit wird klar ausgedrückt, daß die von den klagenden Parteien übernommene Zahlungsverpflichtung einen Rückgriffsanspruch des Beklagten und also eine bereits geleistete Zahlung voraussetzt (§ 1358 ABGB).
Daß die Raiffeisenbank K***** jene Forderung, für die der Beklagte die Bürgschaft übernommen hat, ihrerseits im Ausgleichsverfahren nicht angemeldet hat - auf Grund eines bestehenden Absonderungsrechtes (vgl die Forderungsanmeldung der Raiffeisenbank), wohl auch auf Grund des mit dem Beklagten am 30. August 1984 abgeschlossenen Vergleiches -, ändert daran nichts. Hätte die Raiffeisenbank als Hauptgläubigerin ihren Anspruch geltend gemacht, hätte vielmehr der Beklagte nicht auch seinen - bedingten - Anspruch geltend machen können; es wäre sonst derselbe Anspruch zweimal geltend gemacht worden (Bartsch-Pollak, aaO3, 203; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechtes4 Rz 224; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 239). Es war deshalb der Revision Folge zu geben und das angefochtene Urteil spruchgemäß abzuändern.
Die Kostenentscheidung erfolgte hinsichtlich der Verfahrenskosten erster Instanz nach § 41 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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