Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Ehe der Mutter der Minderjährigen wurde am 29. Oktober 1987 geschieden. Mit Beschluß vom 8. September 1988 verpflichtete das Erstgericht den geschiedenen Ehemann der Mutter - als vermuteten Vater - zu monatlichen Unterhaltsleistungen für das Kind in Höhe von S 1.000,-- vom 1. August 1988 an; mit Beschluß vom 11. Juli 1990 gewährte es der Minderjährigen für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 30. Juni 1993 Unterhaltsvorschüsse von monatlich S 1.000,-- gemäß den §§ 3 und 4 Z 1 UVG. Mit Urteil vom 24. Juli 1991 sprach das Erstgericht aus, die Minderjährige sei kein eheliches Kind des geschiedenen Ehemannes ihrer Mutter; dieses Urteil erwuchs am 23. September 1991 in Rechtskraft. Darauf stellte das Erstgericht am 11. Oktober 1991 die Unterhaltsvorschüsse mit Wirkung vom 1. Juli 1990 ein.
Am 7. November 1991 stellte der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz beim Erstgericht den Antrag, das Kind, dessen gesetzlichen Vertreter, die Pflegeperson und den Unterhaltsschuldner nach den §§ 22 und 23 UVG zum Rückersatz der im Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 31. Mai 1991 zu Unrecht bezogenen Unterhaltsvorschüsse von insgesamt S 11.000,-- zu verpflichten.
Das Erstgericht verhielt die Mutter antragsgemäß zur Zurückzahlung der Vorschüsse von S 11.000,--. Sie hätte Zweifel an der Vaterschaft ihres früheren Ehemannes haben müssen, weil sie während "des kritischen Zeitraumes" noch mit zwei anderen Männern geschlechtlich verkehrt, dennoch aber den geschiedenen Ehemann als Vater angegeben habe. Sie habe daher die Bevorschussung durch Verletzung von Mitteilungspflichten grob fahrlässig veranlaßt.
Das Gericht zweiter Instanz wies den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Von einer grob fahrlässsigen Veranlassung der Bevorschussung durch unrichtige Angaben im Sinne des § 11 Abs 2 UVG könne nicht gesprochen werden. Die gesetzliche Vermutung der ehelichen Geburt gemäß § 138 Abs 1 ABGB könne nur durch gerichtliche Entscheidung widerlegt werden. Der Einwand, der geschiedene Ehemann der Mutter sei nicht der Vater des Kindes, sei für die Frage der Unterhaltsbevorschussung solange ohne Bedeutung gewesen, als die Vermutung der Ehelichkeit aufrecht bestanden habe. Es hieße die Mutter überfordern, müßte sie im Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen angeben, daß theoretisch ein anderer als der geschiedene Ehemann Vater des Kindes sei. Das folge schon daraus, daß die Mutter selbst die Ehelichkeit ihres Kindes gar nicht gerichtlich bestreiten könne. Überdies sei der geschiedene Ehemann im Antrag nicht als Vater, sondern als Unterhaltsschuldner bezeichnet worden; das sei er damals schon aufgrund des Beschlusses vom 8. September 1988 auch in der Tat gewesen. Außerdem bestehe die Ersatzpflicht gemäß § 22 Abs 2 UVG insoweit nicht, als dadurch der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet werde. Die Mutter verdiene - wie ergänzend festgestellt werde - monatlich ca. S 9.000,--, bezahle monatlich für ihre beiden älteren Kinder S 1.750,-- Pflegegeld und S 1.000,-- dafür, daß eine andere Person ihre beiden von ihr betreuten Kinder - darunter die Minderjährige - vom Kindergarten abhole. Weiters müsse sie monatlich S 500,-- für eine Kreditrückzahlung und S 2.200,-- für die Miete aufbringen; dazu kämen noch Strom-, Heizungs- und Warmwasserkosten sowie das Kindergarten- und Kinderkrippengeld. Ersparnisse seien nicht vorhanden. Da der Vater der Minderjährigen derzeit (noch) nicht festgestellt sei, müsse in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Mutter davon ausgegangen werden, daß der laufende Unterhalt des Kindes durch die Verpflichtung der Mutter zum Rückersatz der zu Unrecht gewährten Vorschüsse gefährdet wäre, zumal solche Vorschüsse nicht mit aller Strenge einzutreiben seien.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz ist zwar zulässig, weil zur Frage, ob der Antrag auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse gemäß § 40 a JN in eine Bereicherungs- bzw. Schadenersatzklage umzudeuten sei, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, er ist aber nicht berechtigt.
Gegen die Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz, die Mutter sei nicht verpflichtet, im Antrag auf Unterhaltsbevorschussung anzugeben, daß sie während der gesetzlichen Vermutungsfrist (§ 138 Abs 1 ABGB) Mehrverkehr gehabt habe, führt der Revisionsrekurswerber nichts ins Treffen. Er kommt aber zu dem Schluß, es bestünden neben der im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgenden Rückersatzverpflichtung der im § 22 Abs 1 UVG genannten Personen auch im streitigen Verfahren durchzusetzende Bereicherungs- bzw. Schadenersatzansprüche (insbesondere gegen die Mutter), so daß der Pflegschaftsrichter gemäß § 40 a JN von sich aus den Antrag in das streitige Verfahren hätte verweisen müssen. Dem kann nicht beigepflichtet werden:
Der gegen das Kind gerichtete Rückforderungsanspruch (§ 22 Abs 1 erster Satz UVG) ist seinem Wesen nach Bereicherungsanspruch, die Ansprüche gegen den gesetzlichen Vertreter des Kindes bzw. die Pflegeperson auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse (§ 23 zweiter Satz UVG) sind dagegen ihrem Wesen nach Schadenersatzansprüche (SZ 57/24; JBl. 1991, 591 ua). Der ausdrücklich auf die §§ 22 und 23 UVG gestützte Antrag des Revisionsrekurswerbers auf Verpflichtung der Mutter (und anderer Personen) zum Ersatz der zu Unrecht gewährten Vorschüsse könnte demnach - wenn überhaupt - nur in ein auf Schadenersatz gerichtetes Klagebegehren umgedeutet werden. Gemäß § 40 a JN richtet sich die Frage, in welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln und zu erledigen ist, nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Vorbringen der Partei. Hiedurch sollte bewirkt werden, daß ein derart falsch bezeichnetes Rechtsschutzgesuch nicht einfach zurückgewiesen werden darf, sondern in dem dafür vorgesehenen Verfahren zu erledigen ist (EB, 669 BlgNR 15. GP, 30 f; vgl. hiezu EvBl. 1991/85). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein: Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz hat seinen Antrag ausdrücklich auf die Bestimmungen über den Rückersatz zu Unrecht bezogener Vorschüsse - wie §§ 22 und 23 UVG - gestützt; dort ist eine solche Verpflichtung der im Antrag bezeichneten Personen auch vorgesehen, der jedoch im Verfahren außer Streitsachen zu erledigen ist (§ 23 zweiter Satz UVG; vgl. auch ÖA 1985, 78). Ob daher auch die Voraussetzungen für im streitigen Verfahren zu verfolgende Schadenersatzansprüche vorliegen, hatte das Erstgericht nicht zu prüfen; es bestand aber für die Vorinstanzen auch keine Veranlassung, den an sich im Gesetz vorgesehenen, vom Gericht zweiter Instanz nur nicht als begründet angesehenen Anspruch in ein Schadenersatzbegehren umzudeuten und die Rechtssache in das streitige Verfahren zu verweisen.
Dem Revisionsrekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
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