OGH 10ObS70/92

OGH10ObS70/9212.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Stefan Seper (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Monika Fischer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag.Sonja K*****, vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung und Versehrtenrente infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Dezember 1991, GZ 33 Rs 157/91-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 1.Oktober 1991, GZ 3 Cgs 84/91-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an die

erste Instanz zurückverwiesen.

Die Revisionskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 1.3.1991 sprach die beklagte Partei aus, daß der Vorfall vom 28.11.1990 nach § 90 B-KUVG nicht als Dienstunfall anerkannt werde und Leistungen nach §§ 88 ff leg cit nicht gewährt würden. Die Versicherte habe sich anläßlich eines im Pädagogischen Institut vom 28. bis 29.11.1990 abgehaltenen Seminars in der von der Dienstbehörde bereitgestellten Unterkunft, dem Studentenheim Sporthotel Hollabrunn aufgehalten. Am 28.11.1990 sei sie um etwa 19.00 Uhr nach dem Abendessen auf dem Weg vom Speisesaal in ihr Zimmer auf der Stiege mit dem linken Fuß umgekippt, wobei sie sich einen Bruch des Knöchels und einen Bänderriß zugezogen habe. Das Aufsuchen des Zimmers sei keine unmittelbar mit den Aktivitäten während des Seminars zusammenhängende Tätigkeit, weshalb sich der Unfall bereits in der dienstfreien Zeit ereignet habe und kein Dienstunfall sei.

Die dagegen rechtzeitig erhobene Klage richtet sich 1. auf Feststellung, daß der Bruch des linken Knöchels und der Bänderriß Folge(n) des Dienstunfalles vom 28.11.1990 sei(en), 2. auf Leistung einer Versehrtenrente für die Folge dieses Dienstunfalles im Ausmaß von 20 vH der Vollrente vom 13.2.1991 an. Die Klägerin sei mit Schreiben des Pädagogischen Institutes des Bundes für NÖ vom 14.11.1990 für den 28. und 29.11.1990 als Teilnehmerin zum Seminar "Arbeitsgruppe Wahlpflichtfach Französisch" in das genannte Institut nach 2020 Hollabrunn, Dechant Pfeifer-Straße 3, einberufen worden. Es habe sich nicht um ein freiwilliges Seminar gehandelt, sondern sie sei der Aufforderung ihrer Schulbehörde gefolgt. Unterkunft und Verpflegung seien vom genannten Institut zur Verfügung gestellt, die Teilnehmer im Studentenheim/Sporthotel an der Adresse des Institutes untergebracht worden. Weil die Nachmittagsbesprechung am 28.11.1990 später als geplant geendet habe, seien die Teilnehmer wegen der vorgegebenen Essenszeiten in der Kantine gezwungen gewesen, unverzüglich den Speisesaal aufzusuchen und hätten demnach die Unterlagen und Materialien nicht schon vor, sondern erst nach dem Abendessen in ihren Zimmern ablegen können. Beim Hinaufgehen in ihr im 1.Stock gelegenes Zimmer sei die Klägerin auf der Stiege umgekippt, mehrere Stufen hinuntergefallen und habe sich dabei den linken Knöchel gebrochen und ein Band eingerissen. Nach der Erstversorgung im KH Hollabrunn sei sie im UnfallKH Wr.Neustadt operiert worden und bis 12.2.1991 im Krankenstand gewesen. Sie habe noch eine Eisenplatte im noch angeschwollenen Knöchel und sei in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt. Es habe sich um einen den Dienstunfällen gleichgestellten Unfall nach § 91 Abs 1 Z 4 B-KUVG gehandelt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß nicht alle Tätigkeiten während eines Kurses iS der genannten Gesetzesstelle dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterlägen. Alle Tätigkeiten, die nicht unmittelbar mit den Aktivitäten während des Seminars im Zusammenhang stünden, wie zB das Einnehmen des Abendessens und auch der Weg zu oder von diesem, fielen in den privaten, nicht versicherten Bereich.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Nach seinen Feststellungen wurde die Klägerin vom Pädagogischen Institut des Bundes für NÖ im Dienstweg zu dem schon erwähnten Seminar eingeladen, wobei für sie eine dienstliche Teilnahmepflicht bestand. Sie hat auch auf Aufforderung ihrer zuständigen Direktion an dem Seminar teilgenommen und in den Morgenstunden des 28.11.1990 das ihr zugewiesene Zimmer im 1.Stock des Studentenheimes/Sporthotels Hollabrunn bezogen. Die Kantine, wo die Klägerin verpflegt wurde, befand sich im Erdgeschoß, der Seminarraum im 4.Stock des genannten Gebäudes. Die am 28.11.1990 bis etwa 17.30 Uhr geplante Besprechung dauerte bis gegen 18.05 Uhr. Der Beginn des Abendessens in der Kantine war für 18.00 Uhr vorgesehen. Wegen des verspäteten Endes der Nachmittagsbesprechung und der Essensbeginnzeit entschloß sich die Klägerin, direkt mit ihren Seminarunterlagen (Bücher, Kassetten etc) vom Sitzungszimmer in die Kantine zu gehen und nahm dort das Abendessen ein. Nach dessen Beendigung um etwa 19.00 Uhr beabsichtigte sie, direkt vom Erdgeschoß in den ersten Stock in ihr Zimmer zu gehen. Auf dem Weg dorthin kippte sie auf "den" (der) Stiege"n" um und verletzte sich dabei im Bereich des linken Beines. Bei Verspätungen bis zu mehreren (10 bis 15) Minuten waren die Seminarteilnehmer vom Essen in der Kantine nicht ausgeschlossen.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei die Teilnahme der Klägerin an dem Seminar im dienstlichen Interesse gestanden. Es habe sich um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt, so daß damit zusammenhängende Unfälle grundsätzlich als Dienstunfälle gewertet werden könnten. Das Ereignis habe sich jedoch auf dem Weg vom Abendessen ins Zimmer ereignet, der nicht mit dem direkten Weg vom Arbeitsraum zum Zimmer ident gewesen sei. Deshalb liege ein im eigenwirtschaftlichen Interesse gelegener, nicht versicherter Umweg vor. Daß die Klägerin allenfalls keine Möglichkeit mehr gehabt habe, vor dem Essen in ihr Zimmer zu gehen, (um dort ihr Seminarmaterial abzulegen,) könnte daran nichts ändern, weil es nicht darauf ankommen könne, ob jemand bei einem Umweg Arbeitsmaterial mit sich trage.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge.

Ob (das Abendessen am Unfallstag) ein Arbeitsessen zur Betriebsverbundenheit bzw zum Zweck der Zusammenarbeit mit anderen Kollegen gewesen sei, könne dahingestellt bleiben, weil sich der Unfall nicht beim Essen, sondern auf dem Weg in das Zimmer (zur Schlafstätte) ereignet habe. Daher bemängle die Klägerin auch vergeblich die Unterlassung der Einholung des Protokolls über die Dauer der Nachmittagsbesprechung und der Vernehmung eines Zeugen darüber, ob die Abendessen zu einem bestimmten Zeitpunkt festgesetzt waren oder ob ein Zeitrahmen bestand. Nach dem Wortlaut der §§ 90 Abs 2 Z 1 und 91 Abs 1 Z 4 B-KUVG beschränke sich der Unfallschutz auf Ereignisse "beim Besuch" und auf den damit "zusammenhängenden Weg". Eigenwirtschaftliche Tätigkeiten seien dabei nicht umfaßt. Solche seien grundsätzlich die Einnahme von Mahlzeiten und die Nächtigung, außer es kämen besondere, wesentlich durch die betriebliche Tätigkeit bedingte Umstände hinzu. Dies sei hier nicht der Fall. Der Unfall habe sich auf dem Weg vom Abendessen zur Schlafstelle ereignet. Nicht alle Wege auf einer Dienstreise oder dem gleichgestellten Besuch beruflicher Schulungs(Fortbildungs)kurse einschließlich der Wege zwischen dem Ort der Mahlzeiten und der Unterkunft stünden unter Versicherungsschutz. Daran ändere nichts, daß der Kurs, die Mahlzeiten und die Unterkunft im selben Objekt gewesen seien.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässige Revision ist iS des Aufhebungsantrages berechtigt.

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des B-KUVG.)

Dienstunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis ... ereignen (§ 90 Abs 1). Dienstunfälle sind nach § 90 Abs 2 auch Unfälle, die sich ereignen: 1. auf einem mit dem Dienstverhältnis (...) zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte; hat der Versicherte wegen der Entfernung seines ständigen Aufenthaltsortes von der Dienststätte auf dieser oder in ihrer Nähe eine Unterkunft, so wird die Versicherung des Weges von oder nach dem ständigen Aufenthaltsort nicht ausgeschlossen; 6. auf einem Weg von der Dienststätte, den der Versicherte zurücklegt, um während der Dienstzeit, einschließlich der in der Dienstzeit liegenden gesetzlichen sowie kollektivvertraglich oder betrieblich vereinbarten Arbeitspausen, in der Nähe der Dienststätte oder in seiner Wohnung lebenswichtige persönliche Bedürfnisse zu befriedigen, anschließend auf dem Weg zurück zur Dienststätte sowie bei dieser Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse, sofern sie in der Nähe der Dienststätte, jedoch außerhalb der Wohnung des Versicherten erfolgt.

Den Dienstunfällen sind nach § 91 Abs 1 Unfälle gleichgestellt, die sich ereignen: 3. beim Besuch von Kursen, die der Vorbereitung zur Ablegung von Dienstprüfungen dienen, oder von dienstlichen Lehrveranstaltungen; 4. beim Besuch beruflicher Schulungs(Fortbildungs)kurse, soweit dieser Besuch geeignet ist, das berufliche Fortkommen des Versicherten zu fördern.

§ 90 Abs 2 Z 1 ist auf die Fälle des § 91 nach dessen Abs 3 entsprechend anzuwenden.

Die zit Bestimmungen des B-KUVG sind den entsprechenden Bestimmungen des ASVG nachgebildet und stimmen mit

ihnen - abgesehen davon, daß die Begriffe Arbeitsunfall, Beschäftigung, Arbeits- oder Ausbildungsstätte und Arbeitszeit durch die Begriffe Dienstunfall, Dienstverhältnis, Dienststätte und Dienstzeit ersetzt wurden, wörtlich überein. Es entspricht:

§ 90 Abs 1 B-KUVG § 175 Abs 1 ASVG,

§ 90 Abs 2 Z 1, 6 B-KUVG § 175 Abs 2 Z 1, 7 ASVG,

§ 91 Abs 1 Z 4 B-KUVG § 176 Abs 1 Z 5 ASVG,

§ 91 Abs 3 B-KUVG § 176 Abs 5 ASVG. Deshalb können Lehre und Rechtsprechung zu den zit Bestimmungen des ASVG auch zur Auslegung der entsprechenden Bestimmungen des B-KUVG herangezogen werden.

Nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) soll die dienstliche Ausbildung dem Beamten die für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vermitteln, sie erweitern und vertiefen (§ 23 Abs 1). Arten der dienstlichen Ausbildung sind 1. die Grundausbildung,

2. die berufsbegleitende Fortbildung und 3. die Schulung von Führungskräften (Abs 2 leg cit). Der Beamte hat, wenn es die dienstlichen Interessen erfordern, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen, in denen die für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, ergänzt und erweitert werden bzw in denen er die für seine Tätigkeit notwendige praktische Unterweisung erhält (§ 58 BDG).

Nach der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV), die gemäß § 92 Abs 1

Gehaltsgesetz 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht, haben die

Bundesbeamten (§ 1 BDG) ... nach Maßgabe dieser Verordnung Anspruch

auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen ua durch eine

Dienstreise oder eine Dienstzuteilung erwächst (§ 1 Abs 1). Eine

Dienstreise iS dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter

zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages ... an einen

außerhalb des Dienstortes ... gelegenen Ort begibt ... (§ 2 Abs 1

RGV). Eine Dienstzuteilung iS dieser Verordnung liegt vor, wenn ein

Beamter an einem anderen Ort als dem Dienstort einer Dienststelle

zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen wird und für die

Dauer dieser Verwendung entweder der Dienstaufsicht des Leiters

dieser Dienststelle unterliegt oder mit der Leitung der

zugewiesenen Dienststelle betraut wird (Abs 3 der letztzit

Bestimmung). Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten 1. die

Reisekostenverügung; 2. die Reisezulage; sie dient der Bestreitung

des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft sowie zur Deckung

der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine

besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfaßt die Tagesgebühr und

die Nächtigungsgebühr (§ 4 RGV). Die Dauer einer Dienstreise wird

vom Zeitpunkt des Verlassens bis zum Zeitpunkt des Wiederbetretens

der Dienststelle berechnet (§ 16 Abs 1 RGV). Bei einer

Dienstzuteilung erhält der Beamte eine Zuteilungsgebühr; sie umfaßt

die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr. Der Anspruch auf die

Zuteilungsgebühr beginnt mit der Ankunft im Zuteilungsort und endet

mit der Abreise vom Zuteilungsort ... (§ 22 Abs 1 RGV). Der

Anspruch auf Nächtigungsgebühr ... entfällt, wenn dem Beamten aus

Anlaß des Kursbesuches von Amts wegen unentgeltlich eine Unterkunft angewiesen wird (§ 23 Abs 5 RGV). Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz (RGV), wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienstortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, entfällt der Anspruch auf Tagesgebühr für den entsprechenden Kalendertag. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr (§ 73 RGV).

Der Unfall der Klägerin vom 28.11.1990 ereignete sich während einer Dienstreise, allenfalls einer Dienstzuteilung, - diese Unterscheidung ist hier allerdings nicht entscheidungswesentlich - wobei ihre Teilnahme an der zweitägigen Lehrveranstaltung "Arbeitsgruppe Wahlpflichtfach Französisch" zum Zwecke ihrer eigenen Fortbildung als AHS-Lehrerin ua für Französisch auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb ihres Dienstortes erfolgte.

Strittig ist, ob die Klägerin auch innerhalb des dem Pädagogischen Institut angeschlossenen Studentenheimes in dem den Seminarteilnehmern vom Dienstgeber unentgeltliche Verpflegung und Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wurden, und zwar insbesondere auf dem direkten Weg von der im Erdgeschoß gelegenen Kantine, wo die Teilnehmer das Abendessen eingenommen hatten, in ihr Zimmer im 1.Stock unfallversichert war.

Der erkennende Senat hat bereits zu SSV-NF 4/65 unter Hinweis auf Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung II 72.Nachtrag 481 v, w ausgeführt, daß auch während einer Dienstreise zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Verrichtungen zu unterscheiden ist, die der privaten Sphäre des Dienstreisenden angehören. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist nämlich auf einer Dienstreise nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen (dienstlichen) Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- bzw Wohnortes aufhalten und bewegen muß. Dieser Versicherungsschutz entfällt, wenn sich der Dienstreisende rein persönlichen, für die Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlichen und von dieser nicht mehr wesentlich beeinflußten Belangen widmet.

Allerdings wird bei Unfällen während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen (dienstlichen) Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im allgemeinen eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort.

Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall bei entsprechender Auslegung des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG entsprechenden § 90 Abs 2 Z 6 B-KUVG zu bejahen.

Vor der 32.ASVGNov BGBl 1976/704 (6.B-KUVGNov BGBl 1976/707) stand grundsätzlich weder der Weg von der Arbeitsstätte zur Einnahme einer Mahlzeit in der Nähe der Arbeitsstätte oder in der Wohnung und zurück, noch die Einnahme der Mahlzeit selbst unter Unfallversicherungsschutz. Durch die genannten Novellen wurden § 175 Abs 2 ASVG bzw § 90 Abs 2 B-KUVG die Z 7 bzw 6 mit folgendem Wortlaut angefügt: "auf einem Weg von der Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte), den der Versicherte zurücklegt, um während der Mittagspause in der Nähe der Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte) oder in seiner Wohnung eine Mahlzeit einzunehmen und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte)". Weil das OLG Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen mit Urteil vom 7.3.1979 SSV 19/28 entschieden hatte, daß die Einnahme des Mittagessens selbst nicht unter Unfallversicherungsschutz stehe, erhielten die genannten Gesetzesstellen durch die 34.ASVGNov BGBl 1979/530 bzw die 8.B-KUVGNov BGBl 1979/534 die noch heute geltende Fassung. In der RV zur 34.ASVGNov 92 BlgNR 15. GP wurde dazu ua ausgeführt, daß der Versicherungsschutz auch auf die Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse als solche (also zB die Einnahme der Mahlzeit selbst) erweitert werden solle. Ausgeschlossen vom Unfallversicherungsschutz sollten Unfälle bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse im eigenen häuslichen Bereich sein, weil dies den immanenten Grenzen einer berufs- bzw betriebsbezogenen Unfallversicherung widersprechen würde.

Dienstreisen und Dienstzuteilungen haben gemeinsam, daß sich der Beamte zur Besorgung seiner dienstlichen Aufgaben an einen anderen Ort als den Dienstort begeben und dort in der Regel auch lebenswichtige persönliche Bedürfnisse befriedigen muß. Auf Dienstreisen, aber auch während Dienstzuteilungen während Aus- und Fortbildungskursen lassen sich Dienst- und Freizeit häufig nicht so leicht trennen wie im Dienstort, wo der Beamte in der Regel nur die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten hat. Insbesondere bei Kursen beginnen oder enden manche Programmpunkte oft erst nach der üblichen Dienstzeit. Es kann zwar nicht gesagt werden, daß der Beamte während der gesamten Dauer einer Dienstreise oder Dienstzuteilung Dienst (im engeren Sinn) versehen würde. Er muß sich jedoch wegen der Dienstreise oder Dienstzuteilung, also aus dienstlichen Gründen, außerhalb seines Dienstortes aufhalten und kann daher meist auch die nicht von den eigentlichen Dienstverrichtungen beanspruchte Zeit nicht unter den sonst gewohnten Umständen, insbesondere in der Regel nicht in seinem üblichen Wohnort oder in seiner üblichen Wohnung verbringen. Der Dienstreisende oder Dienstzugeteilte ist daher in der Regel genötigt, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse unter anderen Umständen zu befriedigen als bei einer Dienstverrichtung im Dienstort. Er wird häufig nicht nur zum Mittagessen, sondern auch zu anderen Mahlzeiten Gaststätten aufsuchen und in fremden Häusern übernachten müssen. Vor allem bei der Teilnahme an auswärtigen Aus- und Fortbildungskursen werden - wie auch im vorliegenden Fall - vom Dienstgeber oft unentgeltlich Verpflegung und Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Aber auch dann, wenn Verpflegung und Nächtigung von der Tages- und Nächtigungsgebühr bezahlt werden müssen, sind gemeinsame Mahlzeiten der Kursteilnehmer häufig in das Tagesprogramm von Aus- und Fortbildungskursen eingeplant. Selbst wenn die Kursbesucher nicht zur Teilnahme an diesen gemeinsamen Mahlzeiten verpflichtet sind, wird ihre Teilnahme vom Veranstalter üblicherweise gewünscht, weil dies nicht nur den Ablauf der Veranstaltung erleichtert, sondern ua wegen der dabei gegebenen Gesprächsmöglichkeiten zwischen Vortragenden und Kursteilnehmern, aber auch zwischen den Kursteilnehmern zu einem besseren Arbeitsklima und zu einem besseren Verarbeiten der Kursinhalte führt.

Daß bei Aus- und Fortbildungsveranstaltungen eine scharfe Trennung zwischen Dienstzeit, Arbeitspausen und Freizeit, aber auch zwischen Dienststätte und Wohnstätte sowie zwischen Dienst und privatwirtschaftlichen Tätigkeiten in der Regel schwierig ist, muß auch bei der Anwendung der Bestimmungen über den Dienstunfall entsprechend berücksichtigt werden.

Deshalb ist es erforderlich, die Bestimmung des § 90 Abs 2 Z 6, die ihrem Wortlaut nach (arg: Dienststätte, Dienstzeit, Arbeitspausen, Wohnung) auf einen Dienstunfall im Dienstort abgestellt ist, insbesondere bei im Rahmen einer Dienstreise oder Dienstzuteilung durchgeführten Aus- oder Fortbildungsveranstaltungen im Hinblick auf die oben dargestellte Vermengung zwischen Dienstzeit, Arbeitspausen und Freizeit, Dienststätte und Unterkunft sowie eigentlicher Dienstleistung und Befriedigung persönlicher Bedürfnisse dahin auszulegen, daß ein Kursteilnehmer unter diesen Umständen auch auf dem Weg vom Kurslokal oder seinem Unterkunftsraum zur in der Nähe dieser Ausgangspunkte beabsichtigten Befriedigung lebenswichtiger persönlicher Bedürfnisse, insbesondere zur Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten der Kursteilnehmer, und anschließend auf dem Weg zurück unter Unfallversicherungsschutz steht.

Unter diesen Voraussetzungen ereignet sich der Unfall im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis.

Diese Voraussetzungen treffen auf den Unfall der Klägerin vom 28.11.1990 zu, der sich auf dem direkten Weg von der Einnahme des gemeinsamen Abendessens der Kursteilnehmer in der Kantine in das der Klägerin während der Fortbildungsveranstaltung zur Verfügung gestellte Zimmer ereignet hat.

Im vorliegenden Fall war der ursächliche Zusammenhang sogar besonders ausgeprägt, weil sich die Klägerin in die Kantine bzw in das Zimmer begeben mußte, um das vom Dienstgeber im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung unentgeltlich beigestellte Abendessen bzw. die unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit in Anspruch nehmen zu können.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das gemeinsame Abendessen der Kursteilnehmer am Unfalltag eine besondere, vom Dienstgeber organisierte Gemeinschaftsveranstaltung war.

Obwohl der Unfall der Klägerin vom 28.11.1990 ein Dienstunfall ist, ist die Streitsache hinsichtlich beider Begehren noch nicht vollständig erörtert und noch nicht zur Entscheidung reif (§ 193 Abs 1 ZPO).

Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens und des Leistungsbegehrens fehlen genauere Feststellungen über die Art der durch den Dienstunfall verursachten Gesundheitsstörung; hinsichtlich des Leistungsbegehrens sind überdies Feststellungen über die Dauer der Unfallfolgen und darüber erforderlich, ob und in welchem Maß die Erwerbsfähigkeit durch die Folgen dieses Dienstunfalls vermindert ist.

Daher waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben; die Sozialrechtssache war zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§§ 496, 499, 503 Z 4, 510, 511 und 513 ZPO).

Der Vorbehalt der Entscheidung über die Verpflichtung zum Ersatz der Revisionskosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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