Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger ist seit 1.September 1972 Vertragsbediensteter der beklagten Partei. Er ist geprüfter Heilbademeister sowie Heilmasseur und hat im April 1989 einen zweitägigen Kurs für Elektrotherapie besucht. Er ist in der Abteilung für physikalische Therapie im Sanitätshilfsdienst des Bezirkskrankenhauses beschäftigt. Seine Entlohnung erfolgt gemäß der Entlohnungsgruppe I/d des VBG 1948, zuletzt nach der Entlohnungsstufe 19, wozu ihm noch eine Zulage von 6 % des Bezuges der Dienstklasse V/2 gewährt wird.
Nach einer Dienstanweisung der beklagten Partei vom 30.Oktober 1990 hat er Voll- und Teilmassagen, Voll- und Teilunterwassermassagen, Fango- und Moorbehandlungen, Bäder mit verschiedenen Zusätzen und allgemeine Hilfeleistungen auf Anordnung zu erbringen. Bis dahin führte der Kläger auch Tätigkeiten im Bereich der Elektrotherapie durch.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger letztlich S 230.708,30 sA als Bezugsdifferenz für die Zeit von November 1987 bis Oktober 1990. Er habe im überwiegenden Ausmaß und für den Dienstbetrieb so bedeutsame Tätigkeiten des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes verrichtet, daß ihm das Entgelt der Entlohnungsgruppe b zustehe.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Seit dem 30.Oktober 1990 führe der Kläger überhaupt keine Elektrotherapie mehr durch. Vorher sei er lediglich mit einem Anteil von etwa 25 % in der Elektrotherapie tätig gewesen. Diese höherwertige Tätigkeit sei mit der zuerkannten Mehrleistungszulage (Verwendungszulage) abgegolten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es gab im wesentlichen den Inhalt von Schriftstücken, Bestätigungen und Aufstellungen wieder und kam zu dem Ergebnis, daß der Kläger im strittigen Zeitraum keine überwiegende Elektrotherapietätigkeit erbracht habe. Zufolge der Auslastung der vier Physikotherapeutinnen sei aber diese Tätigkeit des Klägers für den reibungslosen Ablauf im Bezirkskrankenhaus notwendig gewesen. Da der Kläger sohin weder überwiegend c-wertige noch überwiegend b-wertige Tätigkeiten verrichtet habe, stehe ihm keine weitere Entlohnung zu.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es trug dem Erstgericht auf, aus den bloß wiedergegebenen Beweismitteln konkrete Feststellungen über die jeweiligen Tätigkeiten des Klägers über den gesamten klagsgegenständlichen Zeitraum zu treffen und vertrat im übrigen unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 1, 37 und 44 KrankenpflegeG die Rechtsauffassung, daß sich die Abgrenzung zwischen d-, c- und b-wertigen Tätigkeiten nicht allein aus dem Bereich ergebe, in dem der betreffende Bedienstete eingesetzt sei, sondern daraus, in welchem Umfang und in welchem Grad von Selbständigkeit diese Dienste tatsächlich von ihm ausgeübt worden seien sowie ob und inwieweit er dabei unter ärztlicher Aufsicht gestanden sei. Sollte sich ergeben, daß der Kläger trotz fehlender Befugnis und Ausbildung höherwertige Leistungen erbracht habe, habe er gemäß § 877 ABGB Anspruch auf Geldersatz. Ein solcher Ersatz sei nicht schon deshalb ausgeschlossen, soweit der Kläger die höherwertige Tätigkeit nicht überwiegend erbracht habe. Der Geldersatz könne auch anteilig erfolgen. Diesbezüglich sei von einem anteiligen fiktiven Bezug des Klägers auszugehen, den er gehabt hätte, wenn er in die höhere Verwendungsstufe eingereiht gewesen wäre.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs der beklagten Partei mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen.
Der Kläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Ansicht der beklagten Partei, dem Begehren auf Bezugsdifferenz
stehe schon die "Unredlichkeit" des Klägers bei Erbringung der
höherwertigen Dienste entgegen, widerspricht Lehre und
Rechtsprechung. Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, entsteht
durch die Heranziehung eines Dienstnehmers zu Tätigkeiten, zu denen
er nach dem Krankenpflegegesetz nicht befugt ist, zwar ein
gesetzwidriger Zustand, der jederzeit zu beseitigen ist
(vgl Arb 10.490; Arb 9.401 = ZAS 1976/11 (Stifter)), doch hat der
Dienstgeber, der die höherwertigen Dienstleistungen trotz
mangelnder Berufsausübungsberechtigung des Dienstnehmers bewußt
entgegengenommen hat, diese auch entsprechend zu entlohnen. Die
Entlohnung richtet sich diesbezüglich aber nicht nach dem
verschafften Nutzen, sondern es gebührt dem Dienstnehmer im Sinne
des § 1152 ABGB dafür ein angemessenes Entgelt (vgl Hoyer,
ZAS 1969, 217 f; F.Bydlinski in FS Wilburg I, Lohn- und
Kondiktionsansprüche aus zweckverfehlenden Arbeitsleistungen,
45 ff, 72; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 201; Krejci in Rummel2
ABGB § 1152 Rz 5; DRdA 1987/5 (Spielbüchler) = ZAS 1985/18
(P.Bydlinski) = Arb 10.374 ua), dessen Ermittlung sich im Bereich
des VBG nach Entlohnungsschema, Entlohnungsgruppe und Entlohnungsstufe richtet (vgl Stifter, ZAS 1976, 102 f; 9 Ob A 35/88). Dies gilt auch für den Fall einer Teilnichtigkeit des Arbeitsvertrages, in dem nur ein Teil der Arbeiten verbotswidrig erbracht wird.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß es für die Einstufung eines Vertragsbediensteten in eine bestimmte Entlohnungsgruppe nicht auf den Dienstvertrag, sondern auf die von ihm überwiegend ausgeübte Tätigkeit ankommt; es sei denn, daß der nicht überwiegende Teil der Tätigkeit im Rahmen der gesamten Dienstleistung von überragender Bedeutung oder Wichtigkeit ist (vgl Arb 9.233, 9.062, 8.495, 8.069, 8.046, 7.632, 7.374 uva; allgemein auch Arb 10.534, 10.374 ua). Führt daher selbst eine zulässige höherwertige Teiltätigkeit des Vertragsbediensteten, die nicht überwiegend erfolgt und auch nicht von besonderer Bedeutung ist, zu keiner höheren Einstufung und daher zu keiner besseren Entlohnung, kann auch eine solchermaßen nicht qualifizierte verbotene Teiltätigkeit keinen höheren Entlohnungsanspruch auslösen. Übte der Kläger somit nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich weitaus überwiegend nur d-wertige Tätigkeiten aus, wurde er ohnehin angemessen entlohnt. Er konnte demnach aus der Erbringung einer nicht im aufgezeigten Sinn überwiegenden verbotenen Teiltätigkeit keine gesonderte Entlohnung erwarten und die beklagte Partei mußte andererseits nicht mit einer zusätzlichen Erstattungspflicht rechnen. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, ein anteiliger Geldersatz für geleistete höherwertige Dienste stehe dem Kläger auch dann zu, wenn diese nicht überwiegend oder ohne besondere Bedeutung erbracht wurden, kann daher nicht beigepflichtet werden. Insoweit ist daher eine zusätzliche Klarstellung zu den ansonsten im wesentlichen zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes erforderlich.
Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.
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