Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Nach dem Klagsvorbringen geriet der Kläger am 4.8.1990 mit seinem PKW ***** auf der Westautobahn in der Nähe von Seewalchen ins Schleudern, weil sich die Lauffläche des rechten hinteren Reifens gelöst hatte, wodurch der PKW schwer beschädigt wurde. Der PKW war mit den Originalreifen des Herstellers, der beklagten Partei, die ihren Sitz in T***** hat, versehen. Der Kläger behauptet als Ursache des Unfalls einen schweren Montagefehler der beklagten Partei und begehrt den Ersatz seines Schadens. Zur Begründung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes beruft er sich auf den Unfallsort bzw den Ort der Schadenszufügung. Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück, weil der Gerichtsstand der Schadenszufügung nach § 92 a JN auf Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz nicht anwendbar sei.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.
Nach der Auffassung des Rekursgerichtes sei für den Gerichtsstand der Schadenszufügung nach § 92 a JN jener Ort maßgebend, an dem das schadensverursachende Verhalten stattgefunden habe; der Ort des Eintrittes der Schadensfolgen bzw der schädigenden Wirkung habe außer Betracht zu bleiben. Im vorliegenden Fall habe nach den Klagsangaben das schädigende Verhalten, die fehlerhafte Montage, im Herstellerwerk der beklagten Partei und somit in Japan stattgefunden. Daß die Unfallsfolgen im Sprengel des angerufenen Gerichtes eingetreten seien, könne dessen Zuständigkeit nicht begründen.
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 92 a JN können Streitigkeiten über den Ersatz des Schadens, der aus der Tötung oder Verletzung einer oder mehrerer Personen, aus einer Freiheitsberaubung oder aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden ist, auch bei dem Gericht angebracht werden, in dessen Sprengel das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Fasching (ZRP2 Rz 308) vertritt hiezu den Standpunkt, daß bei Distanzhandlungen sowohl der Ort der Einleitung der Handlung als auch der Ort, in welchem die Handlung den Schaden verursachte, zuständigkeitsbegründend ist, und führt als Beispiel den Schuß über die Grenze eines Gerichtssprengels an. Dies gilt nach Meinung des Oberlandesgerichtes Innsbruck aber nur dann, wenn die Verursachung des Schadens am entfernten Ort beabsichtigt war, also nicht bei Fernwirkung unbeabsichtigter technischer Pannen ausländischer Kernkraftwerke (EvBl 1987/67). Der Fall einer solchen Distanzhandlung liegt hier jedoch nicht vor. Das schädigende Verhalten war mit der Montage der Reifen abgeschlossen. In einem anderen, mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall (Schaden durch ein mit einem Konstruktions- und Materialfehler behaftetes, im Ausland hergestelltes Panzerabwehrrohr) hat das Oberlandesgerichtes Innbruck unter anderem unter Berufung auf Schwimann (in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 48 IPRG) und auf Koziol (Haftpflichtrecht2 I 366) ausgesprochen, daß allein der Ort maßgeblich ist, an dem der Schädiger das schädigende Verhalten gesetzt hat (EvBl 1987/188). Die in dieser Entscheidung zitierten, obgenannten Belegstellen betreffen jedoch die Frage des anzuwendenden Rechtes bei Distanzdelikten. Gerade im kollisionsrechtlichen Bereichen gilt aber das Recht des Handlungsortes nach einhelliger Auffassung nicht uneingeschränkt. Bei Verschuldenshaftung soll der Erfolgsort dann maßgeblich sein, wenn der Täter typischerweise mit der Schädigung jenseits der Grenzen des Handlungsortes (des Handlungsstaates) rechnen mußte (Koziol aaO 366 f und ZVR 1980, 4; vgl auch JBl 1983, 380 und Schwimann aaO, insbesondere zu diesen Fragen bei der Produkthaftung). Hiezu ist jedoch festzuhalten, daß § 48 Abs 1 Satz 2 IPRG eine Ausnahmsanknüpfung vorsieht, wenn für die Beteiligten eine stärkere Beziehung zum Recht jenes anderen Staates besteht als zu dem des Handlungsortes. Lehre und Rechtsprechung zum Deliktsstatut können daher für die Auslegung des Gerichtsstandes nach § 92 a JN nicht herangezogen werden. Nach den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung (669 BlgNR 15.GP 39) hat sich der Gesetzgeber von den verschiedenen Möglichkeiten der näheren Umschreibung des Schadensortes - entweder des Ortes, an dem das schädigende Verhalten gesetzt worden ist, an dem es seine schadensauslösende Wirkung zeigte oder an dem der Schaden eingetreten ist - für die erste Möglichkeit entschieden. Bei Auseinanderfallen von Handlungs- und Erfolgsort ist daher allein der Ort maßgeblich, an dem das schädigende Verhalten, hier der Montagefehler, gesetzt wurde. Der Ort, an dem das schädigende Verhalten seine schadensauslösende Wirkung zeigte oder an dem der Schaden eingetreten ist, hat außer Betracht zu bleiben. Daß dies der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich auch aus dem Produkthaftungsgesetz, mag dies auch auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar sein. Der Gesetzgeber ging bei Schaffung dieses Gesetzes ganz offensichtlich davon aus, daß § 92 a JN auf den im Ausland sitzenden Hersteller nicht anwendbar ist (Fitz-Purtscheller-Reindl, Produkthaftung, Vorbemerkungen Rz 14, § 1 Rz 38, Anh I S 147 - Haftung des Importeurs neben dem Hersteller, um dem Geschädigten die Prozeß- und Exekutionsführung im Ausland zu ersparen).
Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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