OGH 8Ob536/92

OGH8Ob536/9226.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Dr. Adolf ***** K*****, Realitätenverwalter, ***** vertreten durch Dr. Klaus Braunegg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Zbigniew S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 30. Oktober 1991, GZ 48 R 622/91-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 15. Juli 1991, GZ 5 C 69/91k-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

In ihrer auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG gestützten Aufkündigung brachte die kündigende Partei vor, der Gekündigte habe die ihm mit den aufgekündigten Räumlichkeiten in Bestand gegebenen Einrichtungsgegenstände, nämlich einen Hochschrank, einen Tisch, zwei Stühle, ein Sofa, zwei Sessel, einen Waschtisch mit Unterspeicher, einen Spiegelschrank, einen Elektroherd, einen großen Einbauschrank im Vorraum, eine Garnitur Bettwäsche (Bezug und Kopfkissen), einen Schreibtisch, einen Tisch sowie eine Lampe weggeworfen und solcherart einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Bestandgegenstand gemacht.

Der Gekündigte beantragte in seinen Einwendungen die Aufhebung der Aufkündigung, weil der behauptete Aufkündigungsgrund nicht vorliege. Er habe zwar einige in der Wohnung vorgefundene Möbel, die noch von der früheren Nutzung der Wohnung als Flüchtlingsquartier gestammt hätten und abgewohnt und wertlos gewesen seien, aus der Wohnung entfernt und in den Dachboden gebracht, von wo sie die kündigende Partei selbst sodann aus feuerpolizeilichen Gründen habe entfernen lassen. Das Wegräumen dieser Möbel aus der Wohnung stelle keine Gefahr für die Substanz des Hauses dar.

Das Erstgericht hob die Kündigung auf und wies die Klage ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab. Es vertrat die Rechtsansicht, der geltendgemachte Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauches des Mietgegenstandes setze eine längerwährende, vertragswidrige Benützung des Bestandobjektes oder eine durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen gegebene Verletzung wichtiger Interessen des Vermieters oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstandes oder zumindest voraus, daß eine solche Substanzverletzung drohe. Die vom Kläger behauptete bloße Entfernung von Möbeln stelle keine solche Bedrohung der Substanz des Mietgegenstandes dar, der Mieter sei vielmehr verpflichtet, allenfalls entfernte Möbel zu ersetzen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. In seiner Entscheidungsbegründung verwies es auf die Rechtsprechung, wonach die Substanzverletzung einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssphäre des Vermieters oder Mitmieters darstellen müsse, wie Brandgefahr, Gefahr der Ungezieferbildung, sanitäre Übelstände, Wasserschäden usw. Die Zerstörung von mit in Bestand gegebenen Möbeln könne einer erheblichen Verletzung der Substanz des Mietgegenstandes nicht gleichgehalten werden, das Haus und der eigentliche Mietgegenstand seien völlig unversehrt geblieben, aus der Vernichtung der Möbel könnten nur Schadenersatzansprüche abgeleitet werden.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Stattgebung der Kündigung. Der Revisionswerber bringt vor, Schutzobjekt des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG sei nicht nur die Bausubstanz, wie sich dies aus einem Vergleich mit der Parallelbestimmung des § 1118 erster Fall ABGB ergebe. Diese Bestimmung sei auf alle Bestandverträge, also auch auf solche über bewegliche Sachen, anzuwenden. Erheblich nachteiliger Gebrauch liege daher auch bei beweglichen Sachen vor. Er sei z.B. auch gegeben, wenn durch die Verletzung einer Betriebspflicht eine ungünstige Entwicklung des Kundenstockes zu befürchten sei, wenn dem Vermieter aus dem Verhalten des Mieters Verwaltungsstrafen drohten, insbesondere aber auch stets, wenn wichtige wirtschaftliche Interessen des Bestandgebers verletzt würden. Die Vernichtung des Eigentums des Vermieters an den ihm gehörigen Möbeln im Bestandobjekt lasse ihm die Zuhaltung des Vertrages nicht mehr zumutbar erscheinen. Das Argument, in diesem Falle stehe ihm ein Schadenersatzanspruch zu, erscheine nicht stichhältig, denn Schadenersatzleistungen seien auch bei Substanzverletzungen möglich. Die Schädlichkeit eines Eingriffes in das Eigentum des Vermieters sei dem Mieter auf jeden Fall erkennbar.

Die Revision ist im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zulässig, aber nicht gerechtfertigt.

Beide Parteien legen übereinstimmend die Anwendbarkeit des MRG auf das gegenständliche Bestandverhältnis und die Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG durch die klagende Partei zugrunde.

Nach der ausdrücklichen Anordnung des § 1 Abs 1 MRG gilt dieses Bundesgesetz "für die Miete von Wohnungen und einzelnen

Wohnungsteilen oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art .... samt

den etwa mitgemieteten .... Haus- oder Grundflächen .... und für

die genossenschaftlichen Nutzungsverträge über derartige Objekte (im folgenden Mietgegenstände genannt);". Hinsichtlich dieser Mietgegenstände gewährt das MRG im folgenden einen besonderen Kündigungsschutz.

Die Anordnung des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG, es liege ein wichtiger Kündigungsgrund vor, wenn "der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt", bezieht sich somit bei der Wohnungsmiete jedenfalls auf die gemietete Räumlichkeit. Einrichtungsgegenstände können zwar gemäß § 25 MRG vom "Vermieter dem Hauptmieter eines Mietgegenstandes (= also einer Räumlichkeit oder Fläche) beigestellt" werden. Auch § 31 Abs 5 MRG handelt vom "Vermieter, der den Mietgegenstand mit Einrichtungsgegenständen vermietet hat". Diese Einrichtungsgegenstände werden damit aber ausdrücklich neben den Begriff des Mietgegenstandes im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs 1 MRG gestellt, in deren Aufzählung der Mietgegenstände (Räumlichkeiten oder Flächen) sie eben nicht vorkommen. Damit verbietet es sich, sie selbst als Mietgegenstand im Sinne des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG zu behandeln, vielmehr setzt dieser einen nachteiligen Gebrauch von einem in § 1 Abs 1 MRG aufgezählten Mietgegenstand voraus, wozu allerdings auch feste Einbauten udgl. zählen. Daß es sich hier um derartige Bestandteile der Räumlichkeit selbst handelt, geht aus dem Vorbringen der kündigenden Partei nicht hervor.

Der ungerechtfertigten Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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