OGH 15Os23/92-5

OGH15Os23/92-519.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sonntag als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter G***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 4. Oktober 1991, AZ 10 Bs 333/91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 4. Oktober 1991, AZ 10 Bs 333/91, verletzt im Ausspruch, die Berufung der Staatsanwaltschaft sei lediglich zugunsten des Angeklagten ergriffen worden, das Gesetz im § 477 Abs. 2 StPO iVm § 489 Abs. 1 StPO.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. Juni 1991, GZ 6 E Vr 1246/91-6, wurde Peter G***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe, mit welcher sie unter Geltendmachung zweier mildernder Umstände beantragt, über den Angeklagten (anstelle einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe) in Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB eine unbedingte Geldstrafe zu verhängen (S 38).

Mit Urteil vom 4.Oktober 1991 (ON 13 des Vr-Aktes) gab das Oberlandesgericht Graz dieser Berufung nicht Folge, weil aus der Begründung des Rechtsmittels, das weitere Milderungsumstände aufzeige und die Auffassung vertrete, daß trotz der Vorverurteilung wegen eines Körperverletzungsdeliktes auf Grund des sonst ordentlichen Lebenswandels des Angeklagten spezialpräventive Erwägungen die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht gebieten, zweifelsfrei hervorgehe, daß diese Berufung zugunsten des Angeklagten ergriffen worden sei (S 51); die Möglichkeit der Verhängung einer unbedingten Geldstrafe anstelle einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe sei aber, wenn die Berufung lediglich zugunsten des Angeklagten erhoben wurde, von einer zustimmenden Erklärung des Angeklagten abhängig, die dieser nicht abgegeben habe, weil er der Berufung entgegengetreten sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil des Oberlandesgerichtes Graz steht - wie der Generalprokurator zutreffend geltend macht - mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Gemäß §§ 477 Abs. 2, 489 Abs. 1 StPO darf das Berufungsgericht über den Angeklagten keine strengere Strafe verhängen, als der Einzelrichter ausgesprochen hat, wenn die Berufung lediglich zugunsten des Angeklagten ergriffen wurde. Dabei wird aber dem Berufungsgericht die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag des Angeklagten oder mit seiner Zustimmung anstelle einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe eine unbedingte Geldstrafe zu verhängen. Damit hat der Gesetzgeber eine Legalbewertung der unbedingten Geldstrafe als im Verhältnis zur bedingten Freiheitsstrafe strengere Sanktion vorgenommen (RZ 1990/67).

Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft zum Vorteil des Angeklagten die Strafart (Freiheitsstrafe statt Geldstrafe) und zu seinem Nachteil die Gewährung der bedingten Strafnachsicht bekämpft, weil sie die Verhängung einer milderen Strafart (Geldstrafe), zugleich aber (und insoweit zum Nachteil des Angeklagten) die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht begehrte. Auch wenn die Berufungswerberin weitere Milderungsumstände vorgebracht hat, richtete sich ihr Berufungsantrag somit doch auf eine in ihrer Gesamtauswirkung strengere Sanktion. Indem das Oberlandesgericht seine Entscheidung ausschließlich auf die Begründung der Berufung abstellte und nicht (auch) auf den Berufungsantrag (Verhängung einer strengeren Sanktion), hat es verkannt, daß dieses Rechtsmittel nicht lediglich zugunsten des Angeklagten ergriffen worden ist. Demnach hätte es aber zu seiner Stattgebung nicht der Zustimmung des Angeklagten bedurft.

Da die Gesetzesverletzung dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht, muß es mit ihrer bloßen Feststellung sein Bewenden haben.

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