OGH 13Os18/92-9

OGH13Os18/92-918.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer in der Strafsache gegen Ewald K***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. September 1991, GZ 11 Vr 1.104/91-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Wuntschek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird teilweise Folge gegeben und es wird gemäß dem § 43 a Abs. 2 StGB über den Angeklagten eine Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen sowie eine Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten verhängt.

Der Tagessatz wird mit 150 S (einhundertfünfzig Schilling) bemessen.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 (neunzig) Tagen festgesetzt. Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Schulwart Ewald K***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Nach dem Schuldspruch hat er in Graz

1. Mitte November 1990 den am 19.September 1977 geborenen Christian L*****, mithin eine unmündige Person, dadurch, daß er ihm von hinten mit der Hand zwischen die Beine griff, ihn dabei (über den Kleidern) an den Hoden und am Penis erfaßte, hochhob und ein Stück über den Gang trug, auf eine andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht und

2. am 14.Jänner 1991 dadurch, daß er dem Stefan E***** das Leibchen vom Körper riß, eine fremde Sache im Werte von ca. 300 S beschädigt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 a und 9 lit. a und lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt.

Nach Prüfung der wesentlichen Urteilsannahmen an Hand der gesamten Verfahrensergebnisse und unter Bedachtnahme auf das (nur den Schuldspruch zu Punkt 1 betreffende) Vorbringen des Beschwerdeführers in der Tatsachenrüge, mit dem er unter Außerachtlassung aller anderen vom Schöffengericht verwerteten Beweismittel (S 132) bloß die dem Zeugen Christian L***** von den Tatrichtern attestierte Glaubwürdigkeit (S 132, 133) zu erschüttern trachtet, ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

In seiner Rechtsrüge betreffend den Schuldspruch wegen Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen weicht der Beschwerdeführer vom Urteilsinhalt ab, wonach er dem Knaben von hinten mit der Hand zwischen die Beine griff, ihn dabei an den Hoden und am Penis erfaßte, hochhob und einige Meter über den Gang trug (Urteilstenor und S 130), die Geschlechtsteile des Schülers sohin in einer zielgerichteten und sexualbezogenen Weise intensiv und nicht bloß flüchtig berührte (S 133). Im Widerspruch damit behauptet der Angeklagte, daß ein direktes Erfassen der Hoden und des Penis tatsächlich nicht stattgefunden habe und aus den Feststellungen eindeutig zu ersehen sei, daß es sich lediglich um eine Berührung im Zuge des Aufhebens gehandelt haben könne. Solcherart bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der ein Festhalten an dem gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den daraus abgeleiteten Nachweis eines Rechtsirrtums des Erstgerichtes erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Gleiches gilt für die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe das Leibchen des Stefan E***** nur fahrlässig zerrissen. Denn auch insoweit setzt er sich über die Urteilsfeststellung hinweg, wonach er den Ärmel des Leibchens mit Beschädigungsvorsatz ausriß (S 133).

Es versagt aber auch der Einwand, daß in Ansehung des Schuldspruches wegen Vergehens der Sachbeschädigung die Voraussetzungen des § 42 StGB vorlägen. Nach Lage des Falles kann von einer absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen dieses Deliktes geringen Schuld des Beschwerdeführes keine Rede sein, der, von Stefan E***** wegen der "Belästigungen" zahlreicher Schüler - wenn auch in rüdem Ton - zur Rede gestellt, mit der gegenständlichen Straftat reagierte. Vielmehr zeigt das eine günstige Prognose in Frage stellende Gesamtverhalten des labilen (S 134) und zur Pädophilie neigenden (S 128) Angeklagten, daß eine Bestrafung auch wegen der Sachbeschädigung geboten ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Da die Anwendung des § 42 StGB das kumulative Vorliegen sämtlicher dort normierter Voraussetzungen erfordert, liegt der behauptete Strafausschließungsgrund nicht vor.

Die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ewald K***** war sohin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit und verhängte über den Angeklagten gemäß den §§ 28 Abs. 1, 207 Abs. 1 StGB sechs Monate Freiheitsstrafe, die es ihm gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Dieser Strafausspruch wird von beiden Seiten mit Berufung angefochten. Der Angeklagte begehrt die Verhängung einer bedingt nachzusehenden Geldstrafe (§ 37 Abs. 1 StGB), die Staatsanwaltschaft hinwieder strebt eine Erhöhung der Freiheitsstrafe unter bedingter Nachsicht eines Teiles derselben an (§ 43 a Abs. 3 StGB).

Beide Berufungen sind zum Teil begründet.

Das Schöffengericht hat bei den Erschwerungsgründen übersehen, daß der Angeklagte das ihm zur Last liegende Sittlichkeitsverbrechen als Schulwart begangen und damit eine Vertrauensstellung mißbraucht hat. Da er, wie die Staatsanwaltschaft mit Recht hervorhebt, keinerlei Schuldeinsicht zeigte, ist der Oberste Gerichtshof der Auffassung, daß die vom Erstgericht verhängte Mindeststrafe von 6 Monaten Freiheitsstrafe der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Rechtsbrechers an sich nicht gerecht wird und daß auch die Voraussetzungen für eine bedingte Nachsicht der ganzen darnach zu verhängenden Strafe nicht vorliegen. Zur Erreichung der Strafzwecke bedarf es vielmehr aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen zumindest eines teilweise sogleich fühlbaren Strafübels. Doch erscheint es mit Rücksicht auf die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten nicht notwendig, einen Teil der Freiheitsstrafe unmittelbar zu vollziehen (§ 43 a Abs. 3 StGB). Der Oberste Gerichtshof hält es vielmehr nach Lage des Falles für zweckentsprechend, an Stelle eines Teiles der an sich als schuldangemessen zu verhängenden Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu erkennen, wobei ein Tagessatz von 150 S den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten entspricht (§ 19 Abs. 2 StGB). Im Hinblick darauf konnte der verbleibende Teil der Freiheitsstrafe von 5 Monaten für eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen werden (§ 43 a Abs. 2 StGB).

Insoweit war daher beiden Berufungen ein Teilerfolg beschieden.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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