OGH 5Ob15/92

OGH5Ob15/9210.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1. Josef Q***** KG, *****

2. Monika L*****, 3. Gertraud S*****, 4. Anton E*****, sämtliche vertreten durch Dr.Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Dr.Karl K*****, 2. Stefanie H*****, 3. Waltraud B*****, 4. Elfriede B*****, 5. Christiane St*****, 6. Barbara B*****, 7. Friedrich H*****, alle vertreten durch Dr.Herbert Hochegger und Dr.Johannes Leon, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß und Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17.Oktober 1991, GZ 41 R 437/91-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 24.Mai 1991, GZ 8 Msch 11/91-2, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, zurückgewiesen. Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind Mieter des den Antragsgegnern gehörenden Hauses Wien *****.

Die Antragsteller begehrten - nach vorausgegangenem Verfahren bei der Schlichtungsstelle - die Feststellung, daß die von den Antragsgegnern beabsichtigte Errichtung einer Gegensprechanlage am Haustor des genannten Hauses

a) keine nützliche Verbesserung des Hauses darstelle und

b) daher aus der Hauptmietzinsreserve nicht finanziert werden dürfe.

Das Erstgericht wies diese Anträge wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurück.

Da die Hauptmietzinsreserve grundsätzlich im Eigentum der Hauseigentümer stehe und von diesen nur für einen Verrechnungszeitraum von 10 Jahre als präsenter Deckungsfonds für Erhaltungsarbeiten und im Falle, daß sie damit nicht ausgeschöpft sei, für allenfalls anstehende nützliche Verbesserungsarbeiten zur Verfügung gehalten werden müsse, ergebe sich die Frage, ob bestimmte Verbesserungsarbeiten aus dieser Reserve finanziert werden dürften, erst dann, wenn Erhaltungsarbeiten - allenfalls auch über Antrag von Mietern - durchzuführen seien und dafür die Reserve nicht ausreiche. Erst in diesem Zeitpunkt werde als Vorfrage zu prüfen sein, ob die Ausschöpfung der Reserve durch andere Arbeiten seitens der Vermieter rechtmäßig erfolgt sei. Die Vermieter riskierten, den angeblichen Verbesserungsaufwand in der Folge allenfalls selbst tragen zu müssen.

Sofern die beabsichtigte Installation einer Gegensprechanlage in vertragliche Mietrechte, zB das Recht auf ungehinderten Zugang zum Mietobjekt, eingreife, sei dieser Umstand grundsätzlich nur im streitigen Rechtsweg zu prüfen.

Das Rekursgericht bestätigte mit seinem Beschluß die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung, daß die beabsichtigte Errichtung der Gegensprechanlage nicht aus der Hauptmietzinsreserve finanziert werden dürfe, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt und daß daher der weitere Rekurs jedenfalls unzulässig sei.

Mit Sachbeschluß änderte es die erstgerichtliche Entscheidung bezüglich der Zurückweisung des Antrages auf Feststellung, daß die beabsichtigte Errichtung dieser Gegensprechanlage keine nützliche Verbesserung des Hauses darstelle, nach Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses dahin ab, daß dieser Antrag abgewiesen werde, und sprach die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses gegen diesen Sachbeschluß aus.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidungen wie folgt:

a) Bestätigung des Zurückweisungsbeschlusses:

Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes verweise § 37 Abs 1 Z 2 MRG auch Feststellungsanträge, die im Zusammenhang mit Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten denkbar seien, so etwa Anträge auf Feststellung des Vorliegens oder Fehlens der Eigenschaft als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit und ihre Finanzierung, in das außerstreitige Verfahren (WoBl 1990, 46/25 iVm Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 14).

Damit sei aber noch nichts darüber ausgesagt, ob die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Feststellungsantrag erfüllt seien. Die Verweisung der Entscheidung in den genannten Angelegenheiten ins Verfahren Außerstreitsachen schließe nicht aus, daß der Antrag wegen Fehlens der für ein Feststellungsbegehren gegebenen Voraussetzungen (feststellbares Recht oder Rechtsverhältnis) unzulässig und deshalb, allerdings in außerstreitigen Verfahren, zurückzuweisen sei.

Ein derart feststellbares Rechtsverhältnis liege bei der Frage, ob einst die Vermieter die geplanten Arbeiten als Ausgabenpost in die Hauptmietzinsabrechnung einstellen dürfen, nicht vor. So seien Feststellungsanträge darüber, ob einzelne Positionen der Hauptmietzinsabrechnung Erhaltungsarbeiten seien, unzulässig. Es handle sich dabei für sich genommen um kein Recht oder Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, sondern bloß um eine bestimmte rechtliche Eigenschaft von Tatsachen, die nur Teil eines Rechtsverhältnisses seien (WoBl 1990, 46/25 bezüglich einzelner Positionen der Hauptmietzinsabrechnung). Sei aber die Berechtigung einer in die Hauptmietzinsabrechnung eines Kalenderjahres eingestellten Ausgabenposition nicht feststellungsfähig, so sei sie es auch dann nicht, wenn nicht einmal noch eine entsprechende Abrechnung vorliege oder gar die Arbeit selbst erst bevorstehe.

b) Abweisung des Antrages auf Feststellung der rechtlichen Qualifikation der beabsichtigten Errichtung einer Gegensprechanlage:

Diesbezüglich fehle es den Antragstellern am rechtlichen Interesse an der gewünschten Feststellung. Wie sich dem Antrag entnehmen lasse, fürchteten die Antragsteller bloß eine sie benachteiligende Finanzierung. Demgegenüber müsse festgehalten werden, daß der Liegenschaftseigentümer kraft seines Vollrechtes an der Vornahme derartiger Arbeiten am Haus nicht gehindert werden könne. Über Mietzinseinnahmen könne der Vermieter jederzeit frei verfügen. Die rechnerische Größe "Mietzinsreserve" sei als "Reserve" eine Fiktion und besage bloß, in welchem Umfang der Vermieter, wenn Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten heranstünden, diese aus freiem Vermögen zu finanzieren habe, während er den Restbetrag unter bestimmten Umständen auf die Mieter überwälzen könne. Da die Mieter weder ein Mitspracherecht hinsichtlich der vom Vermieter an seinem Haus geplanten Veränderungen hätten, es sei denn, es würde in ihr Mietrecht eingegriffen, noch darauf, auf welche Weise der Vermieter die Finanzierung vornimmt, müsse der Feststellungsantrag über die Qualifikation der geplanten Maßnahme mangels rechtlichen Interesses nach dem sinngemäß anzuwendenden § 228 ZPO abgewiesen werden.

Der ordentliche Redvisionsrekurs gegen diesen Sachbeschluß sei zulässig, weil eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Feststellbarkeit der Qualifikation als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit einerseits und zum Erfordernis des rechtlichen Interesses an einer solchen Feststellung andererseits nicht vorliege.

Sowohl gegen den Beschluß (Bestätigung der Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Finanzierung der Kosten der Gegensprechanlage aus der Hauptmietzinsreserve) als auch gegen den Sachbeschluß (Abweisung des Antrages auf Feststellung, daß es sich bei der Errichtung der Gegensprechanlage um keine nützliche Verbesserung handle) des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Begehren, die Entscheidungen der zweiten instanz (und wohl auch der ersten Instanz) aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufzutragen.

Die Antragsgegner beantragen, den Revisionsrekurs, sofern er sich gegen den rekursgerichtlichen verfahrensrechtlichen Beschluß richtet, als unzulässig zurückzuweisen, und ihm im übrigen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs gegen den (verfahrensrechtlichen) Beschluß des Rekursgerichtes ist unzulässig, derjenige gegen den (antragsabweisenden) Sachbeschluß des Rekursgerichtes jedoch berechtigt.

a) Zum Revisionsrekurs gegen den (verfahrensrechtlichen) Beschluß des Rekursgerichtes:

Der die Zurückweisung des Antrages der Antragsteller bestätigende Beschluß des Rekursgerichtes ist kein Sachbeschluß, sondern eine verfahrensrechtliche Entscheidung. Für den Revisionsrekurs dagegen gelten daher nicht die für den Revisionsrekurs gegen Sachbeschlüsse bestehenden besonderen Vorschriften des § 37 Abs 3 Z 18 MRG, sondern gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG die Vorschriften des Dritten Abschnittes des Vierten Teiles der Zivilprozeßordnung, insbesondere daher auch die Bestimmung des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO, wonach der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 50.000 nicht übersteigt.

Die von den Antragstellern vertretene Meinung, es liege in Wahrheit keine Zurückweisung ihres Antrages vor, sondern eine Abweisung desselben, ist nicht richtig. Sowohl die Formulierung des Spruches als auch die mit der herrschenden Lehre (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1095) und Rechtsprechung (jüngst WoBl 1990, 46/25 betreffend die Qualifikation einzelner Posten der Hauptmietzinsabrechnung als Erhaltungsarbeiten) übereinstimmende Begründung gehen unzweifelhaft davon aus, daß der Antrag mangels Geltendmachung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist daher, wie das Rekursgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausführte, gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) jedenfalls unzulässig und daher vom Obersten Gerichtshof zurückzuweisen.

b) Zum Revisionsrekurs gegen den abweisenden Sachbeschluß des Rekursgerichtes:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Ausführungen im Revisionsrekurs betreffend einen Eingriff in die Mietrechte der Antragsteller durch die Errichtung der Gegensprechanlage Umstände betreffen, die nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG die Duldung von Eingriffen in das Mietrecht zur Durchführung von

Erhaltungs-, Verbesserungs- und Änderungsarbeiten zum Gegenstand haben. Ein derartiger Antrag wurde von den Antragstellern bei der Schlichtungsstelle nicht gestellt. Sie wiesen zwar in ihrem Antrag auf die Erschwerung des Kundenverkehres der Erstantragstellerin durch die Installation der Gegensprechanlage hin, leiteten aber daraus keinen Antrag im Sinne der letztgenannten Gesetzesstelle ab. Gegenstand des Verfahrens ist daher nur das an sich im Verfahren außer Streitsachen zu behandelnde Begehren der Antragsteller auf Feststellung, daß es sich bei der beabsichtigten Errichtung einer Gegensprechanlage um keine nützliche Verbesserung handle. Ein solches Feststellungsbegehren kann aber nur dann - wie jedes andere Feststellungsbegehren - erfolgreich sein, wenn die Antragsteller ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines dadurch umschriebenen Rechtes oder Rechtsverhältnisses haben; handelt es sich nicht um ein Recht oder Rechtsverhältnis, so wäre der Antrag zurückzuweisen; fehlt das rechtliche Interesse an der Feststellung, so wäre er abzuweisen.

Hiezu ist folgendes zu erwägen:

Eine Verbesserungsarbeit strebt an, aus dem bestehenden Zustand einen besseren, vorteilhafteren, aus verschiedenen Gründen positiver bewerteten zu machen, auch wenn der gegenwärtige Zustand nicht mangelhaft erscheint (Krejci in: Korinek-Krejci, HBzMRG, 238 f). § 4 Abs 2 MRG definiert demgemäß den Begriff "nützliche Verbesserung" unter Einbeziehung des in § 4 Abs 1 MRG angeführten Merkmales der Zweckmäßigkeit. In § 8 Abs 2 Z 1 MRG wird die Duldungspflicht des Hauptmieters davon abhängig gemacht, daß der Eingriff in sein Mietrecht zur Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten (schlechthin, also nicht eingeschränkt durch das Erfordernis der Nützlichkeit: vgl hiezu Krejci, aaO 235) an allgemeinen Teilen des Miethauses notwendig oder zweckmäßig ist. Durch die Verwendung des Ausdruckes "zweckmäßig" wird also nur das wiederholt, was in dem Begriff "Verbesserungsarbeiten" ohnedies schon enthalten ist. Nützliche Verbesserungsarbeiten, auf die der Antrag der Antragsteller abstellt, sind daher immer jedenfalls auch solche in § 8 Abs 2 Z 1 MRG genannte zweckmäßige Verbesserungsarbeiten schlechthin. Dies hat zur Folge, daß mit der beabsichtigten Durchführung konkret bestimmter Verbesserungsarbeiten durch den Vermieter die in § 8 Abs 2 Z 1 MRG genannten Rechtsfolgen für den Mieter verbunden sind. In der hier gegebenen Fallkonstellation ist daher unter "Verbesserungsarbeit" nicht bloß eine Tatsache zu verstehen, die nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein könnte, sondern ein in Kurzform zum Ausdruck gebrachtes Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter.

Das rechtliche Interesse der Antragsteller an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Rechtsverhältnisses wurde durch die von ihnen behauptete Beeinträchtigung jedenfalls des Mietrechtes des Erstantragstellers hinlänglich dargetan.

Die Rechtssache ist demnach nicht spruchreif. Es bedarf Sachverhaltsfeststellungen darüber, ob es sich bei der von den Antragsgegnern beabsichtigten Errichtung einer Torsprechanlage um eine - nach dem derzeitigen Antragswortlaut:

nützliche - Verbesserungsarbeit handelt. Dies erfordert eine Ergänzung des Verfahrens und eine neue Entscheidung in erster Instanz. Demgemäß war der rekursgerichtliche Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht, dessen Zurückweisungsbeschluß insoweit bereits vom Rekursgericht aufgehoben wurde, zurückzuverweisen.

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