OGH 3Ob131/91

OGH3Ob131/9112.2.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Dr. Angst als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Susanne S*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei Robert W*****, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, wegen restl. 790.000,-- S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 7. November 1991, GZ R 969-971/91-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 23. August 1991, GZ 12 E 8/91-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 23.8.1991 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei über ihren Antrag auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Wels vom 18.3.1991, 2 Nc 276/89-28, zur Hereinbringung einer Forderung von S 2,390.000 die Exekution durch Zwangsversteigerung einer Liegenschaft.

Das Rekursgericht wies den Antrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Verpflichtete habe gegen die im außerstreitigen Titelverfahren ergangene Entscheidung der zweiten Instanz einen am 19.7.1991 beim Erstgericht eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben; die Exekution sei nach Einbringung dieses Rechtsmittels bewilligt worden. Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes, mit dem der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen wurde, sei erst am 24.10.1991 beim Erstgericht eingelangt. Für die Vollstreckung von Entscheidungen im außerstreitigen Verfahren gälten weiterhin die §§ 12 und 19 AußStrG. Auch ein ao Revisionsrekurs hemme nach seiner Einbringung die Vollstreckbarkeit außerstreitiger Verfügungen nach Maßgabe des § 12 Abs 2 AußStrG; eine Exekution nach § 19 AußStrG könne überhaupt erst nach Rechtskraft geführt werden. Zur Zeit der Bewilligung der Exekution sei der ao Revisionsrekurs bereits eingebracht, die Rekursentscheidung daher nicht vollstreckbar gewesen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung zur Frage, ob § 505 Abs 3 ZPO analog auch im Exekutionsverfahren aufgrund von im Außerstreitverfahren ergangenen Beschlüssen anzuwenden sei nicht vorliege.

Der Revisionsrekurs ist aus dem im angeführten Beschluß genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 505 Abs 3 ZPO hemmt die Erhebung einer Revision gegen ein Berufungsurteil, in dem gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen ist, daß die Revision nicht nach § 502 Abs 1 zulässig sei (ao Revision), nicht den Einritt der Vollstreckbarkeit, sondern nur den der Rechtskraft. Hat ein Rekursgericht ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist, so kann dagegen nach § 528 Abs 3 ZPO nur ein ao Revisionsrekurs erhoben werden, für den sinngemäß die Bestimmungen über die ao Revision (§ 505 Abs 3 ZPO) gelten. Die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Rechtsmittel des Rekurses und damit auch jene des § 528 ZPO haben gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren zur Anwendung zu kommen.

Für den Vollzug von Verfügungen über nichtstreitige Rechtsangelegenheiten - wie vorliegend die Bestellung eines Heiratsgutes - aber sind die Bestimmungen der §§ 12 und 19 AußStrG maßgebend. Nach § 19 Abs 3 AußStrG kann auf die in nicht streitigen Rechtssachen ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen die Exekution nach den Vorschriften der Exekutionsordnung geführt werden (Petrasch, ÖJZ 1989, 753; EvBl 1955/268). Eine rechtskräftige Entscheidung lag zur Zeit der Bewilligung der Exekution durch das Erstgericht nicht vor; die Erhebung eines ao Revisionsrekurses gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 29.5.1991 durch den Verpflichteten (den Antragsgegner im Titelverfahren) hinderte den Eintritt der Rechtskraft der genannten Entscheidung. Nach § 12 Abs 1 AußStrG können zwar Verfügungen über nicht streitige Rechtsangelegenheiten .... sogleich in Vollzug gesetzt werden; doch hat die erste Instanz nach bereits angebrachtem Rekurs bis zur Erledigung desselben dem Vollzug des Bescheides nicht mehr stattzugeben und nur im Fall dringender Gefahr die zur Sicherheit der Teilnehmenden notwendigen Vorkehrungen zu treffen.

Dringende Gefahr wurde von der betreibenden Partei nicht geltend gemacht; ein Antrag auf Exekution zur Sicherstellung nach § 370 EO liegt nicht vor. Daß aber zur Zeit der Entscheidung des Erstgerichtes über den Exekutionsbewilligungsantrag ein ao Revisionsrekurs des Verpflichteten (Antragsgegners) gegen die Entscheidung der zweiten Instanz im Titelverfahren bereits eingebracht war, wird von der Rechtsmittelwerberin nicht in Zweifel gezogen.

Da dem Außerstreitgesetz eine dem § 505 Abs 3 ZPO entsprechende Regelung fehlt und die genannte Bestimmung auch nicht durch Verweisung übernommen wurde - § 16 Abs 3 AußStrG nennt nur § 508 a ZPO und § 510 Abs 1 letzter Satz und Abs 3 ZPO -, gelten für die Vollstreckung zweitinstanzlicher Entscheidungen weiterhin (nur) die §§ 12 und 19 AußStrG. Die Anführung bestimmter gesetzlicher Bestimmungen der Zivilprozeßordnung in § 16 Abs 3 AußStrG spricht gegen das Vorliegen einer ungewollten Gesetzeslücke, und in den Materialien findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß eine dem § 505 Abs 3 ZPO entsprechende Regelung im neuen Gesetzestext übersehen worden wäre. Auch ein ao Revisionsrekurs hemmt daher nach seiner Einbringung die Vollstreckbarkeit außerstreitiger Verfügungen nach Maßgabe des § 12 Abs 2 AußStrG (Petrasch aaO).

Soweit die Rechtsmittelwerberin auf die Entscheidung EvBl 1951/91 hinweist, übersieht sie, daß bei dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt die Entscheidung der zweiten Instanz mangels Zulässigkeit eines dagegen gerichteten Rechtsmittels in Rechtskraft erwachsen war, die Einbringung einer außerordentlichen Revision bzw eines außerordentlichen Revisionsrekurses den Eintritt der Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung aber in jedem Fall hemmt, weil es sich dabei ungeachtet der gesetzlichen Bezeichnung dem Wesen nach um ein ordentliches Rechtsmittel handelt (SZ 58/204), das nicht von einer unteren Instanz zurückgewiesen werden darf (§ 16 Abs 1 AußStrG) und solange zulässig ist, bis es der Oberste Gerichtshof mangels Vorliegens einer (hier: iS des § 14 Abs 1 AußStrG) erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen hat.

Daß die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über den ao Revisionsrekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz im Titelverfahren den Parteien bereits zugestellt war, als das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß faßte, ist ohne Bedeutung, weil maßgebend die Rechtslage zur Zeit der Entscheidung durch das Erstgericht ist (Heller-Berger-Stix I 649; EvBl 1976/112 ua).

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40, 50 ZPO und § 78 EO.

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