OGH 11Os150/91

OGH11Os150/9111.2.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Februar 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer, in der Strafsache gegen Radu B***** und Mircea C***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Radu B***** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 16. Oktober 1991, GZ 11 a Vr 400/91-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Radu B***** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der ***** 1972 geborene rumänische Staatsbürger Radu B***** (A/I) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB, (A/II) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 StGB und (B/) des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs 1 und 145 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er A/ am 27.Mai 1991 in Stockerau im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Horea V***** als Mittäter I/ Mag.Johann W***** durch Gewalt gegen seine Person, nämlich durch Betäubung mit Rohypnol und Valium, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung fremde bewegliche Sachen (einen Videorecorder, eine Kamera, ein Tastentelefon, ein Transistorradio, 1.500 S Bargeld, sowie Schlüssel) weggenommen; II/ den PKW der Marke Renault 9, amtliches Kennzeichen K*****, ohne Einwilligung des Berechtigten Mag. W***** in Gebrauch genommen, wobei sich die Täter die Gewalt über das Fahrzeug durch einen bei dem Raub zu A/I erbeuteten, sohin widerrechtlich erlangten Schlüssel verschafften; B/ am 12.Juni und 14.Juni 1991 in Wien, im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit (dem rechtskräftig verurteilten) Mircea C***** als Mittäter Mag. Johann W***** durch gefährliche Drohung mit Vernichtung seiner gesellschaftlichen Stellung als katholischer Priester und Pfarrer von Stockerau, nämlich durch die Ankündigung, sie würden Fotographien seiner gleichgeschlechtlichen Unzuchtsakte mit Radu B***** in Kirchen verteilen, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zur Übergabe von 50.000 S Bargeld zu nötigen versucht, wobei die Tatvollendung an der Anzeigeerstattung des Opfers bei der Gendarmerie scheiterte.

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Der aus einer vermeintlich zwiespältigen tatrichterlichen Beurteilung der Persönlichkeit des Angeklagten abgeleitete Einwand, der (behauptete) Widerspruch zwischen den Annahmen einer eine gewisse Hilflosigkeit indizierenden anfänglichen Geständnisbereitschaft des Angeklagten vor der Gendarmerie und seiner Fähigkeit zu weitblickender Tatplanung, sei einer Aktenwidrigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO gleichzusetzen (S 365), verkennt das Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes. Aktenwidrigkeit liegt nämlich nur vor, wenn das Urteil den Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergibt (Mayerhofer-Rieder StPO3 Nr 185 ff zu § 281 Z 5).

Dieses Vorbringen bleibt aber auch aus der Sicht der Tatsachenrüge (Z 5 a) ebenso unerheblich, wie die dort weiters relevierten Fragen einer die Tat überdauernden "Liebesbeziehung" zwischen Täter und Opfer bzw einer angeblichen Zustimmung des Tatopfers zur Einnahme einer "Reizsubstanz", denen nach Lage des Falles jede entscheidungswesentliche Bedeutung fehlt. Weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit vermögen sie (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten (durch die Angaben des Tatopfers und die mit der Fallklärung befaßt gewesenen Sicherheitsorgane gestützten) entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Rechtsrüge (Z 10) erweist sich mangels Orientierung am Urteilsinhalt in keinem Punkt als prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Steht doch der von der Beschwerde angestrebten Tatbeurteilung des Raubes als bloße Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 286 Abs 1 StGB) die ausdrückliche Feststellung entgegen, daß der (auch) dem Angeklagten als Mittäter angelastete Raubvorsatz nicht nur die (arglistige) Betäubung des Opfers, sondern auch die weiteren Tatphasen mitumfaßte. Der Rechtsmittelhinweis auf eine Freiwilligkeit der tatfördernden Konsumation von Schlafmitteln durch Mag. W***** findet in den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen keine Deckung.

Die vom Beschwerdeführer zum Faktum A/II - erneut urteilsfremd - vermißte Tatsachengrundlage der Qualifikation nach § 136 Abs. 2 StGB hinwieder besteht im Einsatz eines widerrechtlich erlangten Schlüssels (§ 129 Z 1 StGB) bei dem unbefugten Fahrzeuggebrauch.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

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