Spruch:
das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt A 5 b und A 11 d des Urteilssatzes, ferner im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung und der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB) sowie der mit dem Strafausspruch in untrennbarem Zusammenhang stehende Widerrufsbeschluß
aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. III.Mit seiner Berufung und der gegen den Widerrufsbeschluß erhobenen Beschwerde wird der Angeklagte auf die Entscheidung zu Punkt I verwiesen.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der Elektrotechniker Friedrich H***** wurde des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er vom Februar 1986 bis Herbst 1989 in wiederholten Angriffen sowie in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Vortäuschen seiner Zahlungswilligkeit und -fähigkeit zahlreichen im Urteil namentlich angeführten Personen und Firmen Geldbeträge, Dienstleistungen und Waren zur eigenen unrechtmäßigen Bereicherung herausgelockt und dadurch andere um insgesamt weit mehr als 700.000 S geschädigt hat.
Der Angeklagte, der hiefür zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 2 StGB eingewiesen wurde, bekämpft den Schuldspruch und den Ausspruch der Einweisung mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen des § 281 Abs. 1 Z 1, Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a, 10 und 11 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt er, daß der in der Urteilsausfertigung ausgewiesene Beisitzer nicht jener war, der an der zur Entscheidung führenden Hauptverhandlung teilgenommen habe. Sein diesbezügliches Vorbringen war zwar zutreffend, ihm ist jedoch durch die mittlerweilige Urteilsangleichung (SSt. 47/50) der Boden entzogen (ON 65).
In der letzten Hauptverhandlung (ON 57: S 19) hat der Verteidiger seine ursprünglichen fast drei Jahre vorher gestellten Beweisanträge (ON 29: S 10 ff) auf Vernehmung der Gattin des Mag. G*****, des N. G***** (ohne genaue Adresse) und eines informierten Vertreters der Spedition P***** ausdrücklich aufrecht erhalten und zusätzlich die Vernehmung der zur Hauptverhandlung nicht erschienenen (vom Gericht jedoch vorgeladenen) Zeugen begehrt.
Bezüglich der letztgenannten Zeugengruppe hat der Angeklagte jedoch keine Umstände angegeben, die durch die beantragten Beweismittel erwiesen werden sollten. Schon aus diesem Grund ist die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes ausgeschlossen (Mayerhofer/Rieder3, StPO, ENr. 16 und 18 zu § 281 Z 4). Daß ihre Vernehmung von der Staatsanwaltschaft beantragt und die Zeugen vom Gericht vorgeladen worden sind, ersetzt keinesfalls die Notwendigkeit der Angabe des Beweisthemas.
Zum Betrugsfaktum M***** (A 12 i) wiederum stellte das Erstgericht unter anderem fest, daß der Angeklagte in der Tischlerei M***** Aufträge zur Herstellung eines Stiegengeländers und von Deckenelementen für das Einfamilienhaus seines Kunden Mag. Walter G***** in Auftrag gegeben hat, daß ferner M***** und G***** in keiner Vertragsbeziehung zueinander waren und daß schließlich G***** an den Angeklagten 100.000 S a conto bezahlt, während der Angeklagte davon nur einen Teilbetrag an M***** weitergegeben hat und den Rest schuldig geblieben ist (US 17 f).
Der Verantwortung des Angeklagten, er sei lediglich Vermittler zwischen M***** und Mag. G***** gewesen, versagte das Erstgericht, insbesondere auf Grund der Aussagen dieser beiden Zeugen und des Sachverständigengutachtens Dkfm. B*****, der sich auf Geschäftsunterlagen stützen konnte, den Glauben (US 35 f).
Die Verfahrensrüge (Z 4) macht nun geltend, daß der Angeklagte den Betrag nicht betrügerisch herausgelockt, sondern veruntreut habe, was die (als Zeugin beantragte) Gattin des Mag. G***** hätte bestätigen können, weil - als sie dem Angeklagten einen Geldbetrag von 100.000 S übergeben habe - dieser die Richtigkeit der von ihm gefertigten schriftlichen Widmungserklärung ausdrücklich bestritten habe.
Das Schöffengericht ging aber ohnehin davon aus, daß die Zeugin (nur) bestätigen könne, da sie der Angeklagte anläßlich der Geldübergabe auf die Unrichtigkeit der vorgelegenen schriftlichen Widmung hingewiesen habe (US 36). Es erachtete dennoch eine solche von der Zeugin zu erwartende Bestätigung der Verantwortung des Angeklagten insgesamt für nicht zielführend, weil die beantragte Zeugin nicht Vertragspartnerin, sondern bloße Geldüberbringerin war.
Durch die Weigerung des Erstgerichts, die Gattin des Mag. G***** als Zeugin zu vernehmen, wurden daher Verteidigungsrechte ebensowenig verletzt, wie durch die unterlassene Befragung des Zeugen N. G***** zum genauen Fertigstellungstermin der durch M***** vorgenommenen Arbeiten, weil dies keine entscheidende Tatsache betroffen hat.
Zum Faktum A 5 b legte das Schöffengericht dem Angeklagten einen Betrug zum Nachteil des Franz K***** zur Last, weil er diesen zur Leistung einer Anzahlung von 30.000 S für Natursteinplatten betrügerisch verleitet habe. In den Gründen stellte das Gericht fest, daß K***** am 11.August 1988 beim Angeklagten Natursteinplatten bestellt und der Angeklagte erklärt habe, die italienische Lieferfirma verlange eine Anzahlung von 30.000 S, die ihm daraufhin von K***** auch ausgehändigt worden sei (US 20).
Der Verantwortung des Angeklagten, er habe die Bestellung tatsächlich weitergeleitet, die Lieferung sei jedoch an der Abwesenheit des Zeugen K***** im Lieferzeitpunkt gescheitert, schenkte das Erstgericht keinen Glauben, weil diese Behauptung durch keinerlei Zeugen oder sonstige Unterlagen objektiviert werden konnte (US 39).
Gerade dazu hatte aber der Verteidiger die Einvernahme eines informierten Vertreters der Spedition P***** zum Beweis dafür beantragt, daß die für den Zeugen K***** zu liefernden Granitplatten tatsächlich in Italien bestellt und durch die genannte Spedition geliefert werden sollten (Antrag ON 29: S 12).
Da sich Direktor Horst B***** von der Firma P***** auf Geschäftsreise befand, ist er, obwohl zur folgenden Hauptverhandlung (ON 57) geladen, zu dieser unter Angabe der Gründe nicht erschienen (ON 56). Das Erstgericht hat nun nicht dargetan, warum es auf diesen konkret zur Stützung der Verantwortung des Angeklagten beantragten und auch geladenen Zeugen verzichtet und die Feststellung getroffen hat, daß keinerlei Zeugen vorhanden seien, welche bestätigen könnten, daß der Angeklagte eine Lieferung der Terrassenplatten tatsächlich erwirkt hätte (US 39).
Durch die auch sonst unbegründet gebliebene Abweisung dieses Beweisantrags war der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Das diesbezügliche Schuldspruchfaktum (A 5 b) mußte daher aufgehoben und Verfahrenserneuerung angeordnet werden, zumal auch der Besteller Franz K***** selbst wiederholt bekundet hat, daß ihm der Angeklagte erklärt hätte, daß mit der Lieferung "alles geklappt" hätte, daß die Platten bereits geliefert worden seien, und daß nur K***** bei der Übernahme nicht anwesend gewesen sei (ON 29: S 19). Wenn K***** schließlich meinte, er könne nicht glauben, daß der Angeklagte wirklich in Italien war und die Platten bestellt hätte, weil bis heute diese Platten bei ihm noch nicht eingelangt seien (ON 29: S 21), so wäre es bei dieser Sachlage Aufgabe des Gerichtes gewesen, den vom Angeklagten dazu beantragten Zeugen zu vernehmen. Dies wird daher im erneuerten Verfahren nachzuholen sein.
Kein formeller Begründungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) kann in dem Umstand liegen, daß das Erstgericht seine Feststellungen insbesondere auf die polizeilichen Erhebungen und die dort teilweise geständigen Angaben des Angeklagten stützte, während es seiner Darstellung in der Hauptverhandlung nicht gefolgt ist. Wenn die Mängelrüge ferner einzelne Fakten herausgreift und meint, daß die dazu vorhandenen Unterlagen wie Mahnungen, Urteile und Exekutionen sowie offene Forderungen Dritter für einen Schuldspruch wegen Betruges nicht ausreichen würden, so bekämpft sie im wesentlichen nur den Beweiswert dieser Verfahrensergebnisse und damit unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter. Diesen standen im übrigen zur Beurteilung der gesamten finanziellen Situation des Angeklagten nicht nur polizeiliche Erhebungen zur Verfügung, sondern auch das Sachverständigengutachten des Dkfm. B***** sowie die Insolvenzakten.
Der Beschwerde ist allerdings in diesem Zusammenhang einzuräumen, daß nach den Urteilsfeststellungen die finanziell ausweglose Situation des Angeklagten im vorliegenden Fall erst mit dem Jahr 1985 angesetzt wird (US 11). In der Tat fehlt nun eine Begründung dafür, daß der Angeklagte die Anwaltsleistung des Dr. G***** in den Jahren 1988/1989 erschlichen habe (Faktum A 11 d), wo doch nach den diesbezüglichen Unterlagen, insbesondere einer Mitteilung Dris. G*****, datiert mit 2. Februar 1989, sein Einschreiten für den Angeklagten schon "viele Jahre" zurückliegt (S 331 II. Bd.). Der Hinweis des Erstgerichts (US 21), Dr. G***** habe den Angeklagten in einem "bereits zitierten" Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien vertreten, bringt gleichfalls bezüglich der angenommenen Tatzeit keine Klarstellung, weil, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, schon im Jahre 1980 das diesbezüglich gegen den Angeklagten beim Landesgericht für Strafsachen Wien anhängige Verfahren (AZ 2 a E Vr 3381/78) abgeschlossen worden war (siehe Strafregisterauskunft S 15, II. Bd. und US 10 betreffend die erste und auch einzige Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien). Die Urteilsannahme eines betrügerischen Vorgehens des Angeklagten in den Jahren 1988/89 (jedenfalls aber nach dem Jahr 1985) gegen Rechtsanwalt Dr. G***** hätte daher angesichts der vorliegenden Beweisergebnisse einer tragfähigen Begründung bedurft, zumal auch Dr. G***** vor dem erkennenden Gericht nicht als Zeuge erschienen ist. Zur nötigen Klarstellung und Beseitigung der aufgezeigten Mängel war daher auch zu diesem Schuldspruchfaktum (A 11 d) auf Urteilsaufhebung und Verfahrenserneuerung zu erkennen.
Kein Widerspruch liegt jedoch in der Zeugenaussage Norbert R***** (Faktum A 12 g) vor, wonach er durch Übergabe eines ungedeckten Schecks von 500 S in diesem Ausmaß vom Angeklagten betrogen worden sei (US 22). Die Urteilsfeststellung, daß dieser Betrag von 500 S noch unberichtigt aushaftet, widerspricht keineswegs der Aussage des Zeugen R***** (ON 57: S 15), wonach er persönlich keine Forderung an den Angeklagten mehr habe, weil seine Versicherung sich mit dem den Scheck honorierenden Bankinstitut geeinigt hat.
Nicht zutreffend ist die Beschwerdebehauptung, daß vom Erstgericht das Sachverständigengutachten in seinem für den Angeklagten günstigen Teil übergangen worden wäre. Im Gegenteil, die Erstrichter gingen von der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens aus, folgten aber auch den Angaben des Sachverständigen, daß der Angeklagte keine ordnungsgemäße Buchführung hatte und auch keine entsprechenden Steuererklärungen abgab, sodaß dem Sachverständigen bei der Ermittlung des Einkommens nicht alle gebotenen Unterlagen zur Verfügung standen. Der Beschwerdevorwurf aber, das Sachverständigengutachten sei unbrauchbar, weil es ohne den Angeklagten zu befragen, erstellt worden sei, ist unberechtigt, weil der Sachverständige den Angeklagten ohnehin um Auskünfte und Nachweise ersucht hat, die dieser allerdings nur in eingeschränktem Umfang erteilt hat (S 103, III. Bd.). Ein Antrag auf Ergänzung des Gutachtens oder auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen wurde nicht gestellt, sodaß auch der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO ausscheidet.
Es bestehen aber auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Im genannten Gutachten finden sich dafür keine Anhaltspunkte. Die bloße Behauptung des Angeklagten, seine Einkommenssituation wäre besser gewesen als vom Gericht angenommen, steht im Widerspruch zum Inhalt des Konkursaktes. Unverständlich aber ist sein diesbezüglicher Einwand, Mag. G***** habe ihm nichts bezahlt, zumal er doch selbst behauptet, daß er das tatsächlich erhaltene Geld anderweitig verbraucht habe.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) geht von der - vom Erstgericht mit mängelfreier Begründung abgelehnten - Verantwortung des Angeklagten über seine Vermögenswerte aus; sie negiert die im Urteil festgestellte Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsunwilligkeit und ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Dies gilt auch für die Subsumtionsrüge (Z 10), die sich mit der Behauptung, es liege bloß fahrlässige Krida vor, über das im Urteil festgestellte vorsätzliche betrügerische Verhalten des Angeklagten hinwegsetzt.
Der weitere Einwand, die Schuldform des "dolus eventualis" zu den angenommenen Betrugsfakten reiche für die Absicht, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht aus, übergeht die ausdrücklichen Feststellungen, wonach auch die mit bedingtem Vorsatz gesetzten Betrugstaten vom Angeklagten in der Absicht begangen wurden, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Soweit der Angeklagte sich unter der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die ausgesprochene Anstaltseinweisung wendet, ist er damit sowie mit seiner diesbezüglichen Strafberufung und Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß auf die Aufhebung des Strafausspruchs einschließlich der Anordnung der Unterbringung und des Widerrufsbeschlusses zu verweisen. Die Kassierung eines Teiles des Schuldspruches hatte auch die Aufhebung sämtlicher ausgesprochener Unrechtsfolgen (Strafe, Unterbringungsanordnung und Widerrufsbeschluß) zur Folge. Die Qualifikation der aufrecht gebliebenen Schuldsprüche als schwerer gewerbsmäßiger Betrug nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 erster Fall StGB konnte hingegen unberührt bleiben, weil selbst nach Wegfall der beiden genannten Fakten (A 5 b und A 11 d) die Schadensgrenze den Betrag von 500.000 S weiterhin übersteigt und sich hiedurch auch bezüglich der aufrecht gebliebenen Schuldspruchfakten an der festgestellten gewerbsmäßigen Absicht nichts ändert.
Es war demnach spruchgemäß zu erkennen.
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