Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstinstanzliche Beschluß wiederhergestellt wird.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern wurde am 5. Juli 1990 gemäß § 55 a EheG geschieden. Im Scheidungsfolgenvergleich wurde die Obsorge für das Kind der Mutter überlassen. Der Vater verpflichtete sich zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 2.500 ab 1. Juli 1990; dieser Unterhaltsverpflichtung ist ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von rund S 30.000 zugrundegelegt. Außerdem hat der Vater zum Unterhalt der Mutter für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 30. Juni 1995 mit einem monatlichen Betrag von S 7.500 beizutragen; dabei bleibt ein künftiges Einkommen der Mutter bis zu monatlich S 6.000 unbeachtlich.
Am 6. Juni 1991 beantragte die Mutter namens des Minderjährigen die Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung ab 1. Jänner 1991 auf monatlich S 5.000, weil der Vater einen durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienst von S 40.000 bis S 50.000 erziele; außerdem erwüchsen dem Kind wegen einer Staubmilbenallergie (nicht näher bezifferte) Mehraufwendungen.
Der Vater wendete dagegen insbesondere ein, seit der vergleichsweisen Unterhaltsfestsetzung habe sich weder sein Einkommen noch der Bedarf des Kindes verändert.
Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. Juli 1991 auf monatlich S 3.200; das Mehrbegehren wies es ab.
Es stellte fest, der Vater habe im Zeitraum vom 1. Juni 1990 bis 31. Mai 1991 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von S 32.308 erzielt. Die Mutter, die das Kind in ihrem Haushalt betreue, verdiene als teilzeitbeschäftigte Angestellte eines Rechtsanwaltes im Monat durchschnittlich S 3.781 netto.
Rechtlich meinte das Erstgericht, erst ein Jahr nach der vergleichsweisen Unterhaltsfestsetzung seien die Bedürfnisse des Kindes meßbar gestiegen. Der Vater sei angesichts seines Einkommens trotz der Unterhaltsverpflichtung für die Mutter zu erhöhten Unterhaltsleistungen von S 3.200 imstande; damit könnten auch die Bedürfnisse des erst vierjährigen Kindes gedeckt werden. Der festgestellte Betrag, mit dem auch die allergiebedingten Mehraufwendungen bestritten werden könnten, liege erheblich über dem Regelbedarf.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge, änderte jedoch den erstinstanzlichen Beschluß infolge Rekurses des Kindes dahin ab, daß es die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. Juli 1991 auf S 4.000 anhob und das Mehrbegehren abwies; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der monatliche Regelbedarf eines vierjährigen Kindes betrage etwas mehr als S 2.000. Bei entsprechenden Einkommensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen könne aber ein den Regelbedarf übersteigender Unterhalt zuerkannt werden. Ziehe man die Prozentmethode als Orientierungshilfe heran, errechne sich bei Bedachtnahme auf die Unterhaltspflicht des Vaters für die Mutter ein monatlicher Unterhaltsanspruch von S 4.000; damit seien auch die Mehrkosten für die Allergie gedeckt. Nach Ablauf eines Jahres von der letzten Unterhaltsfestsetzung nehme die Rechtsprechung eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse an, weshalb einerseits die Erhöhung erst ab 1. Juli 1991 anzuordnen sei, andererseits aber auch die Frage ungeprüft bleiben könne, ob die Einkommenssteigerung des Vaters eine Neufestsetzung rechtfertige.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Als wesentliches Argument gegen die Unterhaltserhöhung führt der Vater in seinem Rechtsmittel, mit dem er nach wie vor die Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrages seines Sohnes anstrebt, ins Treffen, im vorliegenden Fall sei das im Scheidungsfolgenvergleich festgeschriebene Verhältnis zwischen seinem Einkommen und seinen dort vereinbarten Unterhaltsleistungen nicht beachtet worden.
Im Punkt 2 des am 5. Juli 1990 geschlossenen Scheidungsfolgenvergleiches hielten die Eltern fest, daß dieser Unterhaltsbemessung ein durchschnittliches monatliches Einkommen vond rund 30.000 S netto, zwölfmal jährlich, zugrundeliege. Dieser Vergleich wurde in jenen Punkten, die sich auf das Kind beziehen, pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Mit Rücksicht auf die in den Vergleich aufgenommene Bestimmung, mit der der Unterhaltsvereinbarung die für sie wesentlichen Bemessungskriterien ausdrücklich zugrundegelegt wurden, kann es nicht zweifelhaft sein, daß die Eltern weitere Unterhaltsfestsetzungen an die dort festgehaltenen Bemessungsparameter binden wollten: Der genannten Vertragsbestimmung muß diese Absicht vor allem auch deshalb unterstellt werden, weil sie sonst jedweder rechtlichen Bedeutung entbehrte. Bei Bedachtnahme auf die im § 914 ABGB verankerten Auslegungsgrundsätze kann deshalb Punkt 2 des Vergleiches vom 5. Juli 1990 nur dahin verstanden werden, daß die darin festgehaltenen Relationen auch weiteren Unterhaltsfestsetzungen zugrundegelegt werden sollten; da der Vergleich in den für das Kind maßgeblichen Punkten pflegschaftsgerichtlich genehmigt wurde, darf die Entscheidung über das Unterhaltserhöhungsbegehren somit nicht einfach von der bisherigen vergleichsweisen Regelung abgekoppelt und von der darin unter Bedachtnahme auf die damals gegebenen Verhältnisse zum Ausdruck gebrachten Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze völlig losgelöst getroffen werden (EFSlg. 59.518 f, 53.731, 48.150, 43.715, 40.623 uva; zuletzt wieder 1 Ob 566/91 und 509/91; Binder in Schwimann, ABGB § 936 Rz 40; vgl. auch Pichler und Rummel, ABGB2 § 140 Rz 15 b bzw. § 901 Rz 8 a).
Den Erwägungen über die Berechtigung des Unterhaltserhöhungsbegehrens ist vorauszuschicken, daß sich die im Vergleich festgehaltenen Sorgepflichten seither nicht geändert haben. Dagegen ist das Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters seit dem Scheidungsfolgenvergleich um etwa 7,7 % gestiegen; außerdem ist der Bedarf des Kindes nicht nur deshalb gestiegen, weil das damals dreijährige Kind inzwischen ein Jahr älter wurde (und nunmehr - vgl. Pichler aaO Rz 2 - bei der Regelbedarfsermittlung nun schon der nächsthöheren Altersstufe zuzurechnen ist), sondern auch infolge einer Staubmilbenallergie zusätzlicher Aufwendungen bedarf, die zwar an sich festgestellt sind, deren Höhe das Kind aber selbst in seinem Rekurs an die zweite Instanz noch nicht beziffert hat. Die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse haben sich demnach seit dem Scheidungsfolgenvergleich zweifellos in einem Ausmaß geändert, das die Anhebung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters rechtfertigt.
Berücksichtigt man nun einerseits den etwa um ein Viertel gestiegenen Regelbedarf und den jedoch nicht näher bezifferten krankheitsbedingten Sonderbedarf des Kindes sowie
die - allerdings geringfügige - Einkommenssteigerung des Vaters, nimmt man aber zum anderen auch auf die Relation zwischen dem bisher festgesetzten Unterhaltsbetrag und dem dieser Unterhaltsbemessung zugrunde gelegten Einkommen des Vaters sowie auf die Tatsache, daß das Kind altersbedingt an der unteren Grenze der für den Regelbedarf maßgeblichen Bemessungsstufe (drei bis sechs Jahre) steht, gebührend Bedacht, so erscheint die erstinstanzliche Unterhaltsfestsetzung angemessen: Sie trägt beiden Bemessungskriterien in ausgewogenem Verhältnis Rechnung.
Demgemäß ist der erstinstanzliche Beschluß in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses des Vaters wiederherzustellen.
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