Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Schreiben vom 21.6.1989 bestätigte RA Dr.Rudolf M***** als
Vertreter der nachstehend angeführten Gläubiger dem Beklagten, daß
der Beklagte nach Annahme seines Einlösungsangebotes vom 1.5.1989
durch den Kläger und Überweisung der Kaufsumme die Forderungen des
(der)
Prof.Heinrich C***** in der Höhe von S 795,60
N***** GmbH & Co KG in der Höhe von S 50.180,58
Dozent Dr.Fritz ***** in der Höhe von S 3.182,30
Dozent Dr.Lazlo T***** in der Höhe von S 8.671,90
Dr.Wilfried I***** in der Höhe von S 5.569,10
Dr.Rudolf M***** in der Höhe von S 2.785,--
Dr.Reinholad G***** in der Höhe von S 5.171,30
Prof.Dr.Hanno M***** in der Höhe von S 43.757,20,
für welche Forderungen diesen Gläubigern auf Grund unbestrittener Forderungsanmeldung im Konkurs 5 S 3/86 des Landesgerichtes Klagenfurt ein Exekutionstitel gegen den Kläger zustehe, eingelöst habe und daher die genannten Exekutionstitel auf den Beklagten übergegangen seien (§ 1422 ABGB).
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die - im Klagebegehren einzeln aufgeschlüsselten Forderungen der genannten Gläubiger gegen ihn - nicht auf den Beklagten übergegangen seien; in eventu, daß der Beklagte diese Forderungen nicht eingelöst habe und damit nicht Rechtsnachfolger der genannten Gläubiger gemäß § 1422 ABGB sei ("erstes Eventualbegehren"); in eventu, daß der Beklagte diese Forderungen nur bis zur Höhe der von ihm auf die einzelnen Forderungen gezahlten Beträgen eingelöst habe, diese nur bis zu dieser Höhe auf ihn übergegangen seien und der Beklagte schuldig sei, die Höhe der von ihm jeweils auf die Forderungen geleisteten Einlösungsbeträge binnen 14 Tagen bei Exekution bekanntzugeben ("zweites Eventualbegehren"); in eventu, daß die auf den Beklagten übergegangenen Forderungen gegenüber dem Kläger erloschen sind ("drittes Eventualbegehren").
Zum behaupteten Erlöschen verwies der Kläger auf eine ihm abgetretene Schadenersatzforderung gegen den Beklagten in der Höhe von S 3,093.707,50, mit der er gegen die Forderung des Beklagten aufgerechnet habe. Zum zweiten Eventualbegehren brachte der Kläger vor, der Beklagte habe auf die eingelösten Forderungen nur eine geringfügige Quote gezahlt.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren und alle drei Eventualbegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil hinsichtlich des Hauptbegehrens und der beiden ersten Eventualbegehren mit Teilurteil, hob es bezüglich des dritten Eventualbegehrens auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich des bestätigenden Teils der Entscheidung jeweils S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Der Kläger bekämpft nur die Abweisung des zweiten Eventualbegehrens mit außerordentlicher Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß festgestellt werde, daß der Beklagte die Forderungen der genannten Gläubiger nur bis zur Höhe der von ihm gezahlten Beträge eingelöst habe und diese Forderungen daher nur bis zu dieser Höhe auf ihn übergegangen seien. Nach dem Inhalt der Anfechtungserklärung erstreckt sich das Rechtsmittel auch auf das zum zweiten Eventualbegehren gehörende Auskunftsbegehren. Der Revisionsantrag des Klägers lautet auf Stattgebung des "zweiten Eventualbegehrens". Daraus ergibt sich im Zusammenhang mit der Anfechtungserklärung deutlich, daß der Kläger auch die Abweisung des (akzessorischen) Auskunftsbegehrens mitangefochten hat, auch wenn er im Antrag nur die über das Feststellungsbegehren angestrebte Entscheidung im einzelnen ausformuliert hat.
Der Beklagte beantragte in der Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist auch zulässig, soweit sich das zweite Feststellungsbegehren auf Forderungen bezieht, deren Betrag S 50.000 nicht übersteigt. Der Streitgegenstand besteht zwar auch dann in einem Geldbetrag, wenn das Begehren auf Feststellung des Bestehens (oder Nichtbestehens) einer Geldforderung (Fasching ErgBd 66; JBl 1967, 155; SZ 31/159 = EvBl 1959/80) oder ähnliches gerichtet ist; das müßte auch für den vorliegenden Fall gelten, in welchem die Feststellung darauf gerichtet ist, daß zahlenmäßig bestimmte Forderungen verschiedener Altgläubiger nur mit der jeweiligen Zessionsvaluta auf den Neugläubiger übergegangen seien. Der Streitwert kann in diesem Fall nicht höher sein als der Wert der Forderungen selbst; eine Zusammenrechnung der von verschiedenen Gläubigern abgetretenen Forderungen hat nicht stattzufinden (Arb 7295; 3 Ob 1037/89).
Der Kläger hat aber mit dem auf Feststellung gerichteten Begehren ein Auskunftsbegehren verbunden, das mit dem jeweiligen Feststellungsbegehren in rechtlichem Zusammenhang steht. Trotz dieser Akzessorietät ist aber dieses Auskunftsbegehren keine bei der Bemessung des Streitwerts zu vernachlässigende "Nebenforderung". Diesen Begriff kennen § 500 Abs 2 und § 502 Abs 3 ZPO idF der ZVN 1983 nicht mehr. Für ein solches Begehren gilt aber auch nicht § 54 Abs 2 JN; diese Bestimmung spricht nur von Zuwachs, Früchten, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden (vgl ÖBl 1988, 161). Der Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000 übersteigt, bindet daher den Obersten Gerichtshof.
Die Revision betrifft entgegen der Ansicht des Beklagten auch eine erhebliche Rechtsfrage, weil in der bisherigen Rsp - soweit ersichtlich - zum Verhältnis zwischen Einlösung (§§ 1358, 1422 ABGB) und Vertragszession in bezug auf die Bedeutung der Höhe der vom Neugläubiger geleisteten Zessionsvaluta nicht Stellung genommen wurde.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat die Abweisung des zweiten Eventualbegehrens damit begründet, daß mit dem Gläubiger vereinbart werden könne, zur Erfüllung der Verbindlichkeit auch etwas anderes als das Geschuldete zu geben. Eine solche Hingabe an Zahlungsstatt könne auch zwischen dem Gläubiger und einem Dritten vereinbart werden. In diesem Fall gehe die Forderung mit dem Inhalt des Geschuldeten und nicht des Hingegebenen über. Ob und wieviel der Beklagte gezahlt hat, sei aber nur für die notwendige Zession wesentlich. Anderes gelte aber für die vereinbarte Forderungseinlösung: Hier müsse es wegen der Vertragsautonomie dem Gläubiger und dem Dritten überlassen bleiben, auch ohne schon erbrachte Leistung durch den Dritten den Forderungsübergang zu vereinbaren. Daß der Beklagte die vereinbarte Summe geleistet hat, ergebe sich, so wie der Forderungsübergang selbst, aus dem Schreiben des Rechtsanwalt Dr.Rudolf M***** vom 21.6.1989.
Dieser Ansicht hält der Revisionswerber entgegen, daß der beklagte Neugläubiger die Forderung nach § 1422 ABGB nur zum Teil einlösen konnte, weil er an den Altgläubiger nur Teilleistungen erbracht habe. Teilzahlungen führten aber - wie nach § 1358 ABGB - nur zum Teilübergang der Ansprüche. Der Revisionswerber verkennt damit die Unterschiede zwischen der reinen Forderungseinlösung nach §§ 1358, 1422 ABGB und der Vertragszession.
§ 1422 ABGB hat den Zweck, (durch das Abtregungsverlangen) einen automatischen Rechtsübergang herbeizuführen und dadurch zu vermeiden, daß der Zahlungsempfänger durch Zustimmungsverweigerung den Rechtsübergang verzögern kann (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 7 und 12 zu § 1422). Der Schutz des § 1422 ABGB soll also gerade dann einsetzen, wenn es im Rahmen der Einlösung zu keiner Abtretungsvereinbarung kommt. Die sogenannte "notwendige" Zession des § 1422 ABGB setzt nur voraus, daß der Gläubiger bereit ist, die (ohne Einverständnis mit dem Schuldner angebotene (§ 1423 ABGB)) Zahlung des (für die Forderung nicht haftenden) Dritten anzunehmen und der Zahler (bei der Zahlung) ein Abtretungsbegehren stellt. Sie hat dann dieselben Wirkungen wie die Legalzession nach § 1358 ABGB, bei welcher es keines Abtretungsverlangens bedarf, die aber voraussetzt, daß der Zahler für die fremde Schuld persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet. Bei diesen Einlösungsformen kann der Zahler nur den Ersatz der gezahlten Schuld fordern (§ 1358 ABGB), also nicht mehr beanspruchen, als er selbst gezahlt hat (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1358; Ohmeyer-Klang2 VI 230 und FN 24; Ehrenzweig-Mayrhofer3 II/1, 141; EvBl 1963/309; SZ 48/101; RdW 1989, 331). Leistet der haftende Drittzahler (Bürge) nur einen Teil, dann tritt Teilübergang ein (Gamerith aaO Rz 4 zu § 1358; SZ 8/281; JBl 1988, 253; vgl SZ 48/201). Nicht anders ist die Rechtsfolge nach § 1422 ABGB, doch ist zu beachten, daß ein Teilübergang wegen § 1415 ABGB nur in Betracht kommt, wenn der Gläubiger vom Dritten eine Teilzahlung annimmt, wozu er nicht verpflichtet ist (bei der Einlösung nach § 1358 ABGB kann dies anders sein, wenn der Dritte von vornherein nur für einen Teil der Schuld einzustehen hatte). Anders als bei der Legalzession und der notwendigen Zession ist aber die Rechtslage bei der entgeltlichen (und unentgeltlichen) Vertragszession (§§ 1392 ff ABGB), bei welcher die Forderung auf Grund der Einigung zwischen Alt- und Neugläubiger über die Bedingungen des Forderungserwerbes und die darauffolgende Übertragung der Rechtszuständigkeit (vgl Koziol-Welser8 I 273) übergeht. Hier geht die Forderung unabhängig davon über, ob, wann und wieviel für die Forderung zu leisten ist. Der wirtschaftliche Grund einer solchen Vertragszession kann natürlich auch in einer "Einlösung" bestehen, doch hängt der Forderungsübergang nicht vom Zeitpunkt und der Höhe der zu leistenden Zahlung ab.
Die Vertragszession kann sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich geschehen (§ 1397 ABGB). Der Übernehmer hat hier Anspruch auf den vollen Nennwert der Forderung, und zwar auch dann, wenn er sie um einen geringeren Betrag erworben hat (Ehrenzweig-Mayrhofer3 aaO 141 FN 9 und 498; Wolff in Klang2 VI 309; Ehrenzweig2 II/1, 265; GlU 2993; RSpr 1934/176; JBl 1979, 91):
Das ABGB hat - ebensowenig wie das BGB - die Grundsätze der römischen lex Anastasiana übernommen, welche für die Fälle des Forderungskaufes bestimmt hatte, daß der Erwerber vom Schuldner nicht mehr einfordern kann, als er selbst für die Forderung gegeben hat, so daß der Schuldner von dem Überschuß frei wird. Diese Vorschrift wollte den Handel mit Forderungen verhindern; sie wendete sich gegen gewerbsmäßige Aufkäufer, die aus der schlechten wirtschaftlichen Lage des Schuldners (allenfalls durch Aufrechnung mit einer eigenen vollwertigen Schuld) Gewinn ziehen wollten (so insbesondere Windscheid-Kipp, LB des Pandektenrechts9 II (1906) 381 ff und FN 3; Kaser, Das römische Privatrecht2 II (1975) 453; derselbe, römisches Privatrecht15 (Kurzlehrbuch) 250; Hausmaninger-Selb, Römisches Privatrecht5 371; Wenger, Institutionen des römischen Privatrechts17, 214; Czyhlarz, Lehrbuch der Institutionen des römischen Rechts16, 468).
Nur der Schlußteil des § 1397 ABGB enthält noch ein im Verhältnis zur lex Anastasiana modifizierte Haftungsbeschränkung des Zedenten, welcher dem Übernehmer der Forderung (Neugläubiger) nie für mehr haftet, als er von ihm erhalten hat (vgl Gschnitzer, Schuldrecht AT2, 187).
Im vorliegenden Fall geht es um eine Vertragszession; der Kläger kann sich daher nicht darauf berufen, daß der Beklagte (möglicherweise) - Feststellungen fehlen - für die an ihn abgetretenen Forderungen weniger gezahlt hat, als diese Forderungen nominell ausmachen. Ob die Gründe, die seinerzeit für die Schaffung der lex Anastasiana maßgebend waren, allenfalls durch Berufung auf § 1295 Abs 2 ABGB oder auf Sittenwidrigkeit (§ 879 Abs 1 ABGB) geltend gemacht werden könnten, bedarf keiner Prüfung, weil der Kläger solche Sachverhalte gar nicht behauptet hat.
Das Berufungsgericht hat damit das im "zweiten Eventualbegehren" enthaltene Feststellungsbegehren im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Das vom Berufungsgericht herangezogene Argument, der Gläubiger könne anläßlich der Einlösung durch einen Dritten auch mit diesem die Hingabe einer nicht geschuldeten Leistung an Zahlungsstatt vereinbaren, ist zwar an sich richtig; ein solcher Sachverhalt führt aber regelmäßig ohnehin zu einer Vertragszession, da der Dritte dem Gläubiger die Annahme einer solchen Leistung nicht aufzwingen und daher auch nicht ohne Vereinbarung die Abtretung der Gläubigerrechte verlangen kann.
Da die Forderungen auch im Fall der Zahlung eines hinter der jweiligen Forderungshöhe zurückbleibenden Entgelts in vollem Umfang auf den Beklagten übergegangen sind, hat der Kläger auch keinen Anspruch darauf, daß ihm der Gläubiger die Höhe der auf die Forderungen gezahlten Einlösungsbeträge bekanntgibt; ein solcher Anspruch des Schuldners wird auch im Schrifttum abgelehnt (Mayrhofer-Ehrenzweig aaO 480). Nicht einmal im Aktivprozeß muß der Zessionar den Rechtsgrund für die Abtretung angeben; er muß lediglich den Rechtsgrund der abgetretenen Forderung anführen (EvBl 1966/425). Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Der Vorbehalt der Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.
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