OGH 8Ob598/90

OGH8Ob598/9012.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria ST*****, vertreten durch Dr. Ulrich Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Peter PI*****, vertreten durch Dr. Josef Faulend-Klauser, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen S 180.000,- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10. Jänner 1990, GZ 2 R 230/89-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Juli 1989, GZ 10 Cg 76/87-35, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Beklagten auf Zuspruch der Kosten seiner Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin schloß im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer Mutter am 8. 6. 1982 mit dem Beklagten, ihrem Vater, ein Erbübereinkommen, in dem sich der Beklagte verpflichtete, ihr zur Erb- und Pflichtteilsentfertigung "jederzeit über ihr Verlangen einen Bauplatz von ca 800 bis 1.000 m2 nach ihrer Wahl und nach den behördlichen Möglichkeiten" zu übergeben. Im Jahre 1984 erkundigte sie sich beim Beklagten, ob und in welcher Höhe er ihren Anspruch in Geld ablösen würde oder welchen Bauplatz er zur Verfügung stellen könne. Er antwortete, daß er derzeit über keinen gewidmeten Bauplatz verfüge und zu einer Ablösezahlung von S 70.000,- bereit sei. Die Klägerin forderte hierauf eine Ablösezahlung von S 250.000,- und erklärte, mangels Annahme dieses Anbotes würde sie anhand eines Lageplanes den von ihr beanspruchten Bauplatz bekanntgeben und durch einen Geometer vermessen lassen. Der Beklagte lehnte die Zahlung des ihm vorgeschlagenen, überhöht erscheinenden Betrages ab und verwies die Klägerin darauf, daß sie nicht einen beliebigen Bauplatz bekommen könne, vielmehr müsse erst einer "gewidmet" werden, ihre Wahl sei jedenfalls "nach den behördlichen Gegebenheiten begrenzt".

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin (nach Klageeinschränkung) mit ihrem Hauptbegehren die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 180.000,- und stellt im weiteren die im erstgerichtlichen Urteil auf Seite 4 angeführten Eventualbegehren. Zur Begründung brachte sie vor, die Erfüllung des Erbübereinkommens durch den Beklagten sei auf Grund der Flächenwidmung "unmöglich, zumindest derzeit nicht ausführbar"; der Beklagte habe es schuldhaft unterlassen, alles in seinen Kräften stehende zu tun, um ihren Anspruch zu befriedigen, insbesondere eine entsprechende Flächenwidmung herbeizuführen. Somit sei er ihr gegenüber schadenersatzpflichtig geworden und habe ihr "den Wert des Grundstückes im Ausmaß von 1.000 m2 im Baugebiet" zu vergüten.

Der Beklagte erklärte in seiner Klagebeantwortung folgendes Anerkenntnis: "Der Beklagte anerkennt das Urteilsbegehren Nr. 5 unter der Maßgabe, daß er nicht schuldig ist, der Klägerin Eigentum an dem begehrten Grundstück zu verschaffen in dem Sinne, daß er verpflichtet wäre, die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sondern dergestalt, daß er schuldig ist, der klagenden Partei eine Fläche von 1.000 m2 nach entsprechender Vermessung durch einen Geometer, deren Kosten auf Grund der Bestimmungen des Erbübereinkommens vom 8. 6. 1982 von der Klägerin zu tragen sind, nach Lage und Form des der vorliegenden Klage beigeschlossenen Lageplanes und der dort eingezeichneten rotschraffierten Fläche zu übergeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an einem auf Grund dieses Lageplanes neu zu bildenden Grundstück einzuwilligen." Im übrigen beantragte der Beklagte die Abweisung der (weiteren) Klagebegehren, denn er schulde keine Geldleistung und die gestellten Eventualbegehren seien unbestimmt. Erst mit der Klage habe die Klägerin ihr Wahlrecht ausgeübt. Da ihm vor dieser Wahl die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht möglich gewesen sei, habe er zur Klage keine Veranlassung gegeben.

Das Erstgericht gab dem (eingeschränkten) Klagehauptbegehren der Klägerin statt. Es stellte fest: Bei Abschluß des Erbübereinkommens sei eine Diskussion über die Bedeutung des Wortes "Bauplatz" unterblieben. Nach den Vorstellungen der Klägerin hätte es sich beim Bauplatz um ein Areal handeln sollen, hinsichtlich dessen bereits eine generelle Ermächtigung zur Bebauung (Widmung) gegeben ist, sodaß der Bauwerber bloß noch das Ersuchen für ein konkretes Bauvorhaben einbringen müsse. Die Vorstellungen der Klägerin hätten sich auf einen Teil der beiden Grundstücke Nr. ***** bezogen, wie dies aus der Anlage in schraffierter Darstellung ersichtlich sei. Die technischen Voraussetzungen für die Abtrennung einer Bauparzelle in dieser Größe von den Grundstücken Nr. ***** seien gegeben und der Beklagte sei auch bereit, die zur Abtrennung einer Bauparzelle von 1.000 m2 von seinem Grundbesitz sowie zur Intabulierung des Eigentumsrechtes der Klägerin an diesem Objekt erforderlichen Rechtshandlungen zu setzen. Eine Geldablöse wolle er der Klägerin aber nicht mehr bezahlen. Allerdings sei nach dem derzeit geltenden Flächenwidmungsplan das Grundstück Nr. ***** als Aufschließungsgebiet und das Grundstück Nr. ***** als Freiland ausgewiesen. Der Beklagte habe im Juni 1986 beim Gemeindeamt G***** das Ansuchen gestellt, die Grundstücke Nr. ***** und ***** im Rahmen der Revision des Flächenwidmungsplanes in das Bauland aufzunehmen, doch werde der zu beschließende revidierte Flächenwidmungsplan aller Voraussicht nach nicht vor Sommer 1990 in Rechtskraft erwachsen und es sei derzeit eine exakte Prognose nicht möglich. Erst danach könnten Widmungs- und Baubescheide erlassen werden.

Rechtlich folgerte das Erstgericht hieraus, dem Beklagten sei es bis auf weiteres nicht möglich, die übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen. Es könne nicht gesagt werden, bis wann die öffentlich-rechtlichen Hindernisse wegfallen würden, zumal der neue Flächenwidmungsplan voraussichtlich nicht vor Sommer 1990 in Rechtskraft erwachsen werde. Ein Zuwarten sei der Klägerin aber nicht zumutbar und sie habe daher Anspruch auf Abfindung in Geld.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es wies unter Punkt 1. seines Urteiles das Urteilshauptbegehren und folgende Eventualbegehren ab:

Der Beklagte sei schuldig, "a) der Klägerin einen Bauplatz in der KG *****, im Ausmaß von 1.000 m2 zu übergeben und ihr daran Eigentum zu verschaffen" (= Punkt 2. des Klagebegehrens)," und zwar allenfalls aus den Grundstücken Nr. ***** und ***** eine Fläche von 1.000 m2 entlang des öffentlichen Weges in der Flächenform, das eine einwandfreie Verbauung gewährleistet ist" (= Punkt 4. der Klage), "wobei der Beklagte sich von dieser Leistung durch Bezahlung eines Betrages von S 300.000,- samt 4 % Zinsen ab dem Tag der Klagezustellung an die Klägerin befreien könne" (= Punkt 6.); oder "b) alles in seinen Kräften stehende zu unternehmen, daß Liegenschaften in seinem Eigentum, so z.B. das Grundstück Nr. *****, als Baugebiet (Dorfgebiet) gewidmet werden, entsprechende Anträge zu stellen und alles vorzukehren, daß er seiner Verpflichtung auf Übergabe eines Bauplatzes im Ausmaß bis zu 1.000 m2 in Erfüllung des Erbübereinkommens an die Klägerin nachkommen kann" (= Punkt 3. des Klagebegehrens).

Dagegen gab das Berufungsgericht unter Punkt 2. seines Urteiles dem folgenden Eventualbegehren (siehe Punkt 5. der Klage) statt:

"Der Beklagte ist schuldig

a) gegenüber der Klägerin die Vermessung des aus der Anlage zum Urteil (= Lageplan zur Klage im Maßstab 1 : 1000) ersichtlichen, dort rot umrandeten Trennstückes aus den Grundstücken ***** in einem Ausmaß von nicht mehr als 1.000 m2 und die Errichtung eines Teilungsplanes hierüber durch einen hiezu befugten Ziviltechniker zu dulden und binnen 14 Tagen nach Vorlage desselben

b) das bezeichnete Trennstück der Klägerin in den physischen Besitz zu übergeben und in die lastenfreie Abschreibung dieses Trennstückes von der EZ ***** sowie Einverleibung des Eigentumsanteils an der hiefür neu zu eröffnenden Einlage zugunsten der Klägerin Maria ST***** einzuwilligen."

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und die Revision zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:

Nach dem Inhalt des Erbübereinkommens liege eine Alternativobligation (Wahlschuld) mit Wahlrecht der Gläubigerin (Klägerin) vor. Bei einer solchen Wahlschuld müsse der Gläubiger sein Wahlrecht schon in der Klage ausüben, weil andernfalls sein Klagebegehren im Sinne des § 226 ZPO unbestimmt wäre. Durch die Klagebehändigung an den Beklagten sei der Wahlentscheid der Klägerin in rechtsverbindlicher und unwiderruflicher Form bekanntgegeben worden. Einen Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme - des vom Erstgericht ermittelten Wertes eines 1.000 m2 großen Baugrundes in der KG ***** - habe die Klägerin aber nicht. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes hätte die vom Beklagten geschuldete Naturalleistung nur bei Erfüllungsunmöglichkeit durch Geldersatz abgelöst werden können. Von einer Erfüllungsunmöglichkeit könne aber unter Zugrundelegung der unbekämpft gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes nicht die Rede sein, da die Widmungs- und Baubewilligung bezüglich des von der Klägerin gewählten Trennstückes in naher Zukunft wahrscheinlich sei. Deshalb könne es auch dahingestellt bleiben, ob die vom Berufungswerber bekämpften Feststellungen betreffend die Auslegung des Erbübereinkommens richtig seien. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Beklagte ihr gegenüber auch nicht schadenersatzpflichtig geworden, denn er sei nach dem Inhalt des Erbübereinkommens gewiß nicht verpflichtet, mehrere Bauplätze bereit zu halten (allenfalls erst zu schaffen) und der Klägerin anzubieten. Dies selbst dann nicht, wenn derartiges den Vorstellungen der Klägerin entsprochen hätte. Einen zur Bebauung geeigneten Grund auszuwählen und diesbezüglich "die baubehördlichen Möglichkeiten" zu wahren, sei ausschließlich Sache der Klägerin; dem dürfe sich der Beklagte nur nicht widersetzen. Nach der mit der Klage vollzogenen Wahl habe der Beklagte seine aus dem Erbübereinkommen resultierenden Verpflichtungen gegenüber der Klägerin ohnehin - auch prozessual wirksam im Sinne des § 395 ZPO - anerkannt, nämlich, daß er

1.) die Vermessung des von der Klägerin gewählten Trennstückes zu dulden habe, dies ergebe sich sinngemäß aus dem bereits wiedergegebenen Wortlaut des Anerkenntnisses ("nach entsprechender Vermessung ....."), 2.) dieses Trennstück der Klägerin in den physischen Besitz zu übergeben (und zwar, wie üblich, durch gemeinsame Grenzbegehung in der Natur) und 3.) in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an diesem Trennstück einzuwilligen. Daraus ergebe sich die aus dem Spruch ersichtliche Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles. Das Berufungsgericht mache hiebei von der durch § 405 ZPO nicht ausgeschlossenen Möglichkeit Gebrauch, dem Urteilsspruch, der sinngemäß dem Eventualbegehren Nr. 5 der Klägerin entspreche, eine vom Begehren abweichende deutlichere und exekutierbare Fassung zu geben.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und dem Abänderungsantrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen, und den Eventualbegehren im Sinne der Punkte 2.) bis 4.) und zu 6.) zu entsprechen. Hilfsweise wird auch noch ein Aufhebungsantrag gestellt. Hiezu bringt die Klägerin vor, der Beklagte sei durch seine Erklärung, keinen Baugrund sondern nur S 70.000,- Ablöse anbieten zu können, mit der Erfüllung der Wahlschuld in Verzug gekommen, denn er habe damit erklärt, keines der geschuldeten Objekte zu haben. In diesem Falle könne aber sofort gemäß § 918 ABGB auf das Interesse geklagt werden, die Ausübung einer Wahl sei nicht mehr nötig. Bei Einbringung der Klage habe der geltend gemachte Geldanspruch deswegen bestanden, weil der Beklagte einerseits der Klägerin die Herausmessung eines Baugrundstückes verweigert gehabt habe und es andererseits auch objektiv unmöglich gewesen sei, aus den Liegenschaften des Beklagten ein Baugrundstück zu bilden, zumal dem widmungsrechtliche Bestimmungen entgegengestanden seien. Die Klägerin habe also mangels für den Beklagten gegebener Erfüllungsmöglichkeit nur auf das Interesse klagen können. Um statt der primär geschuldeten Leistung das Interesse in Geld fordern zu können, bedürfe es lediglich des Schuldnerverzuges. Nach dem Inhalt des Erbübereinkommens sei es der Klägerin freigestanden, den Zeitpunkt der Fälligkeit ihres Anspruches zu bestimmen, der Beklagte habe bei Schluß der Verhandlung noch immer kein Baugrundstück zur Verfügung gehabt. Daß dies in naher Zukunft der Fall sein könne, erscheine unerheblich, da die Klägerin ihren Anspruch sofort geltend machen könne, ein baureifes Grundstück aber nicht zur Verfügung stehe. Mangels Erfüllbarkeit des Leistungshauptbegehrens sei im umgekehrten Falle ein solches Begehren abzuweisen und dem Eventualbegehren auf Leistung des Interesses stattzugeben. Das Berufungsgericht hätte auch begründen müssen, warum es erst dem Eventualbegehren zu 5. und nicht einem der zu 2. bis 4. gestellten Eventualbegehren stattgegeben habe. Nach dem berufungsgerichtlichen Zuspruch erhalte die Klägerin nur ein "Grundstück", tatsächlich habe sie Anspruch auf ein "Baugrundstück". Da die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung unterblieben sei, habe die Klägerin den Anspruch auf Leistung des Interesses, jedenfalls aber auf Zuspruch eines Bauplatzes. Im Sinne der Entscheidung JBl 1953, 209 hätte sich der Beklagte nach seiner Wahl durch Übereignung eines Baugrundstückes oder Bezahlung des Interesses befreien können. Mangels jeglicher Erfüllung durch ihn sei der Klägerin das Interesse zuzusprechen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes stellt sich hier mangels dazu erforderlichen Schuldnerverzuges in der Leistung der Naturalwahlschuld von vornherein gar nicht die von ihm zur Begründung der Revisionszulässigkeit angeführte Frage, unter welchen Voraussetzungen der wahlberechtigte Gläubiger vom Schuldner anstatt der Naturalwahlschuld Geldersatz verlangen kann. Die Revision ist deshalb mangels Vorliegens einer für die Entscheidung des Falles erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.

Die im Erbübereinkommen vom Beklagten abgegebene Verpflichtungserklärung, aus seinem - aus mehreren Liegenschaften bestehenden - Liegenschaftsbesitz der Klägerin nach ihrer Wahl eine Liegenschaft als "Bauplatz" zu übereignen, wurde vom Berufungsgericht zutreffend als Vereinbarung einer Alternativobligation (= Wahlschuld) mit Wahlrecht der Klägerin als Gläubigerin gewertet (vgl Binder in Schwimann ABGB Rz 7 zu § 906 mit Hinweis auf ZBl 1919/51; EvBl 1977/15 S 41; 5 Ob 688-690/82; SZ 15/119; 8 Ob 527/87; Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 3 zu § 906). Sie hatte dieses Wahlrecht grundsätzlich durch Angabe eines konkret bezeichneten Grundstückes auszuüben.

Nach den auch auf ihre Angaben gegründeten erstgerichtlichen Feststellungen haben die Streitteile bei Abschluß des Erbübereinkommens die Bedeutung des hierin gebrauchten Ausdruckes "Bauplatz" nicht erörtert. Da eine vom Vertragstext abweichende übereinstimmende Parteienabsicht im Verfahren erster Instanz nicht behauptet wurde, ist der Sinn ihrer schriftlichen Willenserklärung im Wege der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung gemäß § 914 ABGB zu ermitteln. Dabei ist nach Lehre und Rechtsprechung zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, die Willenserklärung aber letztlich so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht; hiezu sind die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen (Koziol-Welser9 I 87 mwN).

Der auszulegende Text des Erbübereinkommens lautet wie folgt:

"Der Erbteil des Verlassübernehmers ist durch Vereinigung berichtigt. Er verpflichtet sich, an die erbl. Tochter Maria ST***** zur vollen Erb- und Pflichtteilsentfertigung derselben nach der Mutter jederzeit über deren Verlangen einen Bauplatz im Ausmaß von ca. 800-1000 m2 nach Wahl dieser Tochter und nach den baubehördlichen Möglichkeiten zu übergeben. Eine allfällige Vermessung und die hiebei entstehenden Kosten hat jedoch die Tochter Maria ST***** zu tragen. Sollte die Tochter bei Lebzeiten diesen Bauplatz nicht bekommen haben, ist derselbe spätestens mit dem Ableben des erbl. Witwers an die Tochter zu übergeben."

Unter dem in diesem Vertragstext enthaltenen Ausdruck "Bauplatz" ist in Zusammenhang mit dem weiteren Ausdruck: "und nach den baubehördlichen Möglichkeiten", nach der gewöhnlichen Bedeutung der Worte sowohl ein bereits für Bauzwecke gewidmetes als auch ein die grundsätzliche Eignung für einen Bauplatz aufweisendes Grundstück zu verstehen. Auch nach der Übung des redlichen Verkehrs ist der Beklagte nicht verpflichtet, mangels früherer Wahl durch die Klägerin allenfalls auch bis zu seinem Ableben - siehe den diesbezüglichen Inhalt des Erbübereinkommens - für sie jederzeit mehrere als Bauplatz bereits gewidmete Grundstücke auf Abruf bereitzuhalten. Vielmehr ist die Vereinbarung in dem Sinne auszulegen, daß die Klägerin aus vorhandenen und bereits dazu gewidmeten oder aus für einen Bauplatz grundsätzlich geeigneten Liegenschaftsteilen - daß solche vorhanden sind, steht fest - zu wählen hat. In letzteren Falle obliegt es dem Beklagten, nach der von der Klägerin getroffenen Wahl an den für eine Widmung des ausgewählten Grundstückes als "Bauplatzes" nötigen behördlichen Anträgen in der erforderlichen Weise mitzuwirken. Selbst im Falle einer behördlichen Ablehnung der Widmung des gewählten Grundstückes als "Bauplatz" wäre dennoch nicht Unmöglichkeit der Leistung gegeben; vielmehr hätte dann die Klägerin ein anderes widmungsfähig erscheinendes Grundstück auszuwählen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Klägerin die konkrete Wahl eines "Bauplatzes" erstmals in der am 21. 4. 1986 eingebrachten Klage im Rahmen des Eventualbegehrens getroffen, und zwar im Sinne ihrer bereits bei Abschluß des Erbübereinkommens vorhandenen auf die beiden Grundstücke ***** bezogenen Vorstellung. Hinsichtlich dieses konkret bezeichneten Bauplatzes gab der Beklagte hierauf in der Klagebeantwortung ein Anerkenntnis seiner Übereignungspflicht ab und erklärte sich zur Stellung der für die förmliche Widmung erforderlichen Anträge bereit. Tatsächlich hat er auch bereits einige Wochen später im Juni 1986 bei der Baubehörde den entsprechenden Widmungsantrag gestellt.

Damit ist der Beklagte seiner in der Erbserklärung übernommenen Wahlschuldverpflichtung ohne Verzug nachgekommen. Ein Schuldnerverzug seinerseits wäre aber - wie die Revisionswerberin schließlich selbst ausdrücklich zugesteht - im Sinne der Rechtsprechung und Lehre zu den §§ 918, 920 ABGB Voraussetzung für den erhobenen Anspruch auf Interesse- und Schadenersatz (siehe die in Exekutionsordnung MGA12 zu § 368 unter E 8 ff abgedruckten E; SZ 30/17; SZ 24/344; JBl 1983, 604; 6 Ob 739/83; Binder in Schwimann aaO Rz 66 zu § 918).

Da die Entscheidung über das Hauptbegehren demnach aber nicht von der Lösung der vom Berufungsgericht angeführten Rechtsfrage abhängt, liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO - für die Eventualbegehren wurden sie in der Revision auch gar nicht behauptet - nicht vor.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Der Revisionsgegner hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodaß seine Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente und daher kein Kostenersatz gebührt (2 Ob 41/84; 9 Ob A 242, 243/90 ua.).

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