OGH 4Ob124/91

OGH4Ob124/9119.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG; 2) K***** Verlag Gesellschaft mbH & Co KG, *****; 3) M***** Zeitungsbeilagen- und Verlagsgesellschaft mbH & Co KG; 4) B*****

Zeitungs-, Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH, *****, alle vertreten durch Dr.Heinz Giger und Dr.Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei D***** Zeitschriftengesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 600.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Juni 1991, GZ 5 R 249/90-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22.November 1990, GZ 19 Cg 45/90-4, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene einstweilige Verfügung wird mit der Maßgabe bestätigt, daß sie zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Parteien auf Unterlassung nicht entsprechend gekennzeichneter entgeltlicher Veröffentlichungen in periodischen Medien wird der beklagten Partei als Medieninhaberin periodischer Medien, insbesondere der periodischen Druckschrift 'D*****', ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung des Unterlassungsbegehrens geboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Veröffentlichung entgeltlicher Einschaltungen zu unterlassen, wenn diese Ankündigungen nicht als 'Anzeige', 'entgeltliche Einschaltung' oder 'Werbung' gekennzeichnet sind oder die Kennzeichnung nur in unauffälligem Kleinstdruck und/oder an einer anderen Stelle als die Werbeeinschaltung erfolgt, es sei denn, daß in allen diesen Fällen Zweifel über die Entgeltlichkeit durch die Gestaltung oder Anordnung der Einschaltung ausgeschlossen werden können."

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens haben die klagenden Parteien vorläufig, die beklagte Partei hingegen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Erstklägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "K*****" und N***** Zeitung". Die Zweitklägerin ist Medieninhaberin der "N***** Zeitung", die Drittklägerin Medieninhaberin der den Tageszeitungen "N***** Zeitung" und K*****" beigeschlossenen Programmbeilage "F*****woche". Die Viertklägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "B*****".

Die Beklagte ist Medieninhaberin der Wochenzeitung "D*****".

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind nur noch nachstehende - entgeltliche - Ankündigungen (Empfehlungen) in der Wochenzeitung der Beklagten:

a) Ausgabe Nr 39 vom 27.9.1990, Seite 51:

Abbildung nicht darstellbar!

b) Ausgabe Nr 43 vom 24.10.1990, Seite 45:

Abbildung nicht darstellbar!

Mit der Behauptung, die Beklagte habe durch die Art der Kennzeichnung entgeltlich veröffentlichter Einschaltungen gegen § 26 MedienG und damit auch gegen § 1 UWG verstoßen, weil zur Ankündigung vom 24.10.1990 die hochgestellte Kennzeichnung als "Anzeigen" am unteren rechten Rand in verschwindend kleiner Schrift nicht ausgereicht habe und im Fall der Ankündigung vom 27.9.1990 die entsprechende Kennzeichnung in winziger Schrift entweder im Bug der Zeitschrift verschwunden oder gar auf einer anderen Seite im Zusammenhang mit einer anderen Anzeige erschienen sei, in beiden Fällen aber die Leser schon zufolge der Überschrift "Tips der Woche/Produkte, die man empfehlen kann" hätten annehmen müssen, daß es sich dabei um Empfehlungen der Redaktion handelt, begehren die am Revisionsrekursverfahren (noch) beteiligten vier (von insgesamt fünf) Klägerinnen zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, als Medieninhaberin periodischer Medien, insbesondere der periodischen Druckschrift "D*****", entgeltliche Einschaltungen zu veröffentlichen, wenn diese Ankündigungen nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sind, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können, und diese Kennzeichnung nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text und/oder nicht in unmmittelbarem Zusammenhang mit der zu kennzeichnenden entgeltlichen Veröffentlichung erfolgt.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Schon die Gestaltung und Aufmachung der unter der ständigen Rubrik "Tips der Woche" erschienenen Ankündigungen lassen deren Inhalt zweifelsfrei als bezahlte Werbeeinschaltungen erkennen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandeten Ankündigungen seien schon nach ihrer Aufmachung auch für den flüchtigen Durchschnittsleser als entgeltliche Einschaltung erkennbar, so daß eine Kennzeichnung nach § 26 MedienG nicht erforderlich gewesen sei.

Das Rekursgericht verbot der Beklagten das Veröffentlichen entgeltlicher Einschaltungen, wenn diese Ankündigungen nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sind, es sei denn, das Zweifel über die Entgeltlichkeit durch die Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können, und diese Kennzeichnung nur in unauffälligem Kleinstdruck und/oder an einer anderen Stelle als die Werbeeinschaltung erfolgt; das Mehrbegehren, der Beklagten zu gebieten, die Kennzeichnung entgeltlicher Einschaltungen mindestens in der Größe des Druckes vorzunehmen, wie er für den laufenden Text verwendet wird, blieb abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Erscheine in der Wochenzeitung "D*****" eine Rubrik mit der Überschrift "Tips der Woche", in der verschiedene Waren empfohlen werden, dann entstehe bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Leser der Eindruck, daß es sich um eine Empfehlung der Zeitschrift, also um eine redaktionelle Mitteilung (Empfehlung) handelt. Demgegenüber würden die Leser den am Ende der Rubrik aufscheinenden Hinweis auf eine Buchungsmöglichkeit entweder keine Bedeutung beimessen oder ihn nicht verstehen, scheine doch die Kennzeichnung als "Anzeigen" - senkrecht und in kleinen Buchstaben - nur neben der Ankündigung vom 24.10.1990 auf, während eine solche Kennzeichnung im Fall der Ankündigung vom 27.9.1990 überhaupt fehle. Der Durchschnittsleser könne daher nicht sogleich auf Grund der Gestaltung oder Anordnung der Rubrik zweifelsfrei erkennen, daß es sich um entgeltliche Werbeeinschaltungen handelt. Ob aber die Kennzeichnung der in § 26 MedienG genannten Einschaltungen als Werbung deutlich ist, könne immer nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Da im Gesetz das Deutlichkeitsgebot nicht näher umschrieben werde, sei es der Rechtsprechung verwehrt, eine einzige von mehreren möglichen Kennzeichnungsformen für verbindlich zu erklären; angesichts der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten könne daher der Beklagten nicht geboten werden, die Kennzeichnung nur in einer Druckgröße vorzunehmen, die zumindest jener des redaktionellen Textes entspricht.

Gegen die einstweilige Verfügung des Rekursgerichtes wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Die Klägerinnen beantragen, das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung der Klägerinnen schon deshalb gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil der Wortlaut des Verbotes der einstweiligen Verfügung in sich widersprüchlich ist; der Geltendmachung dieser Frage kommt schon wegen des Klarstellungsbedürfnisses - also aus Gründen der Rechtssicherheit - erhebliche Bedeutung zu (ÖBl 1985, 53).

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

In bezug auf die hier noch in Rede stehenden Ankündigungen (Empfehlungen) im Rahmen der Rubrik "Tips der Woche" machen die Klägerinnen der Beklagten zum Vorwurf, sie habe der in § 26 MedienG normierten Kennzeichnungspflicht deshalb nicht entsprochen, weil die Kennzeichnung einerseits nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text der Rubrik (Ankündigung vom 24.10.1990) und andererseits im Fall der Rubrik vom 27.9.1990 gänzlich fehle, da sie an anderer Stelle und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der entgeltlichen Werbung erfolgt sei. Beides hat aber das Rekursgericht entgegen der Meinung der Beklagten zutreffend und auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bejaht:

§ 26 MedienG bedarf im Hinblick auf den offenkundigen Gesetzeszweck einer teleologischen Reduktion in der Richtung, daß unter "Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten" nur solche zu verstehen sind, die ihrem Inhalt nach (auch) als redaktionelle Beiträge verstanden werden können (MR 1990, 237; EvBl 1991/79); ist aber letzteres der Fall, dann müssen diese Beiträge auch deutlich als entgeltliche Veröffentlichung gekennzeichnet werden. Dabei können beide Fragen - ob nämlich die Kennzeichnung der in § 26 MedienG genannten Einschaltungen als Werbung deutlich ist und wann durch "Gestaltung oder Anordung" einer Anzeige Zweifel über die Entgeltlichkeit ausgeschlossen werden - immer nur auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Maßgebend ist dabei, ob das angesprochene Publikum, an dessen Aufmerksamkeit, Erfahrung und Sachkunde ein Durchschnittsmaßstab anzulegen ist, den entgeltlichen Charakter einer Veröffentlichung zweifelsfrei erkennen kann. Umfaßt - wie im vorliegenden Fall - eine entgeltliche Veröffentlichung mehrere Ankündigungen, Empfehlungen, sonstige Beiträge oder Berichte, dann muß sich diese Kennzeichnung zweifelsfrei auf jeden ihrer Bestandteile beziehen (MR 1991, 75 = WBl 1991, 73).

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß ein flüchtiger Durchschnittsleser die unter der Rubrik "Tips der Woche/Produkte, die man empfehlen kann" zusammengefaßten Ankündigungen (Empfehlungen) nicht als entgeltliche Werbeeinschaltungen der als Bezugsquelle genannten gewerblichen Unternehmungen verstehen mußte, sondern als redaktionelle Beiträge (Mitteilungen über Waren, welche die Wochenzeitung der Beklagten auf Grund ihrer Prüfung den Lesern empfiehlt). Dieser Eindruck wurde dem Leserpublikum schon durch den blickfangartig herausgestellten Titel der Rubrik suggeriert, wurde doch dabei die Kurzbezeichnung aus dem Zeitungstitel der Beklagten ("Woche") zu einem Wortspiel ("Tips der Woche") verwendet und damit der Eindruck vermittelt, daß hier "die Zeitung selbst und nicht ein Inserent zum Publikum spricht" (vgl ÖBl 1964, 94; ÖBl 1991, 84), sie selbst also die folgenden Produkte "empfiehlt"; dies umso mehr, als ja die Waren jeweils in Wort und Bild sowie nach Anwendungsgebiet und Wirkung unter Angabe der Bezugsmöglichkeiten beschrieben wurden. Das im Fall der Ankündigung vom 24.10.1990 außerhalb der Rubrik am rechten unteren Rand in unauffälligem Kleindruck hochgestellte Wort "Anzeigen" war unter diesen Umständen ebensowenig geeignet, das Publikum zweifelsfrei darüber aufzuklären, daß die gesamte Rubrik ausschließlich entgeltliche Veröffentlichungen der dort als jeweilige Bezugsquelle genannten Unternehmungen enthielt, wie die untere Randleiste mit dem Vermerk "Buchungen für diese Rubrik unter Tel......"; letzteres konnte ja zwanglos auch dahin verstanden werden, daß Gewerbetreibenden unter dieser Telefonnummer die Anmeldung ihrer Produkte zur Prüfung durch die Zeitung und deren allfällige Empfehlung an die Leser offenstand. Daß im Fall der Ankündigung vom 27.9.1990 die nach den Behauptungen der Klägerinnen im Bug der Zeitung "verschwundene" oder gar zu einer Werbung auf Seite 62 "gerutschte" Kennzeichnung mit dem Wort "Anzeigen" nicht geeignet war, das Publikum über die Entgeltlichkeit der "Empfehlungen" aufzuklären, bedarf keiner näheren Begründung.

Der Beklagten fällt daher die ihr von den Klägerinnen vorgeworfene, im Sinne des § 26 MedienG entweder ganz fehlende oder aber unzureichende (weil nicht ausreichend deutliche) Kennzeichnung von entgeltlichen Werbeeinschaltungen zur Last; diese Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht des § 26 MedienG begründen aber zugleich auch eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG.

Wie die Beklagte jedoch zutreffend hervorhebt, haben die Klägerinnen - und ihnen folgend das Rekursgericht - bei der von ihnen beantragten Fassung des Spruches die fehlende Kennzeichnung und die Fälle der unzureichenden Kennzeichnung durch das Wort "und" kumuliert und dadurch in den Tenor des Verbotes einen unlösbaren Widerspruch hineingetragen, weil nach den Gesetzen der Logik nicht beides zugleich der Fall sein kann. Dennoch besteht schon nach dem Antragsvorbringen der Klägerinnen kein Zweifel, daß sie diese Kumulierung nur versehentlich vorgenommen haben, in Wahrheit aber nicht nur ein Verbot der gänzlich fehlenden Kennzeichnung, sondern auch das einer unzureichenden Kennzeichnung angestrebt haben. Diesem Umstand war daher - auch von Amts wegen und noch in höherer Instanz - durch eine klarere und deutlichere Fassung des Spruches im Sinne des Sachvorbringens der Klägerinnen Rechnung zu tragen (ÖBl 1990, 158 mwH).

Dem Revisionsrekurs mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich in Ansehung der Klägerinnen auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO.

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