OGH 16Os55/91

OGH16Os55/9118.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1991 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter und Hon.Prof. Dr. Steininger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Leopold B***** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 17.Juni 1991, GZ U 96/91-5, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren zum AZ U 96/91 des Bezirksgerichtes Braunau am Inn wurde durch das Urteil vom 17.Juni 1991, ON 5, das Gesetz in der Bestimmung des § 166 Abs. 1 StGB verletzt.

Dieses Urteil samt allen darauf beruhenden Beschlüssen und Verfügungen - das sind insbesondere der gemeinsam damit verkündete und ausgefertigte Beschluß gemäß § 494 a (Abs. 2) StPO und die Endverfügung vom 26.Juli 1991, ON 6 - wird aufgehoben, Leopold B***** von der Anklage, er habe im Zeitraum von 1984 bis zum November 1990 in Braunau am Inn in wiederholten Zugriffen fremde bewegliche Sachen, und zwar insgesamt 22 Münzen, der minderjährigen Marion K***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, gemäß § 259 Z 1 StPO freigesprochen sowie die genannte Minderjährige mit ihren Entschädigungsansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Einem Bestrafungsantrag des Bezirksanwalts (S 1) entsprechend wurde Leopold B***** mit dem im Spruch bezeichneten Urteil des (durch das gleichfalls im Tenor beschriebene Tatverhalten begangenen) Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht im Hinblick darauf, daß das Bezirksgericht die Begehung der Diebstähle durch den Beschuldigten aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin (Renate K*****) und zum Nachteil von deren Tochter (Marion K*****), sohin einer wie eine Angehörige zu behandelnden Person (§ 72 Abs. 2 StGB), als erwiesen annahm und keine Feststellungen darüber traf, ob er zu den Tatzeiten auch mit letzterer in Hausgemeinschaft lebte (§ 166 Abs. 1 StGB), mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Denn eine - nach der Aktenlage (S 13) indizierte - dahingehende Konstatierung hätte rechtsrichtigerweise zur Beurteilung der von ihm zu verantwortenden Sachwegnahme bloß als (geringer strafbares) Vergehen des (nach § 166 Abs. 3 StGB nur auf Verlangen des Verletzten zu verfolgenden) Diebstahls im Familienkreis nach § 166 Abs. 1 (iVm § 127) StGB sowie demgemäß mangels eines Verfolgungsantrags eines gesetzlich berechtigten Anklägers (§ 259 Z 1 StPO) zum Freispruch führen müssen.

Die dem aufgezeigten Feststellungsmangel (§ 468 Abs. 1 Z 4 iVm § 281 Abs. 1 Z 9 lit. c StPO) zugrunde liegende, mit Beziehung auf die rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens nach § 166 Abs. 1 StGB unterlaufene Gesetzesverletzung war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Spruch festzustellen und nach § 292 letzter Satz StPO zu beheben.

Dabei war nach der Urteilsaufhebung sogleich mit einem Freispruch vorzugehen, weil auch in einem zweiten Verfahrensgang die Nichtannahme einer Begehung der Diebstähle im Familienkreis mängelfrei deckende Konstatierungen nach der Aktenlage (S 13) nicht zu erwarten wären; die Privatbeteiligte war demgemäß mit ihren Entschädigungsansprüchen (nach dem Gesetz zwingend) auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (§ 366 Abs. 1 StPO).

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