OGH 8Ob544/91

OGH8Ob544/9110.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kommerzialrat G***** L*****, vertreten durch Dr.H.Peter Nickl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H***** T*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 169.032 sA, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Jänner 1991, GZ 14 R 256/90-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 12.Oktober 1990, GZ 26 Cg 186/86-21, aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen wurde, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Beide Teile haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Miteigentümer eines Hauses und begehrt vom Beklagten, der Verwalter dieses Hauses war, S 169.032 sA Schadenersatz, hilfsweise die Feststellung, daß ihm der Beklagte für jenen Schaden hafte, der ihm, dem Kläger, entstehe, weil bei der Bewilligung der Anhebung der Hauptmietzinse für die Mietgegenstände in dem genannten Haus ein Teil des Zinsenaufwandes für das aufgenommene Darlehen infolge verspäteter Antragstellung nach § 7 MG nicht berücksichtigt wurde und er als Miteigentümer den auf ihn entfallenden Teil in Höhe des Klagsbetrages aus eigenem zu tragen habe.

Das Erstgericht sprach dem Kläger den begehrten Betrag zu.

Das Berufungsgericht hielt die Sache nicht für spruchreif, weil das Erstgericht aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung den Kläger (aber auch den Beklagten) nicht dazu angehalten hatte, ihr in Ansätzen erkennbares, in der vorliegenden Form aber nicht nachvollziehbares Vorbringen zu konkretisieren, und es unterlassen hatte, die für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentlichen Feststellungen zu treffen. Das Erstgericht habe nicht einmal festgestellt, welche Beträge ("Zwischenzinsen") bei Berechnung des Gesamterfordernisses unberücksichtigt geblieben seien. Insbesondere sei der behauptete Schaden nicht durch den Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling im Verfahren 5 Msch 30/85, sondern erst dadurch entstanden, daß bei einem Sachbeschluß, bei dem das Gesamterfordernis größer sei, höhere Mietzinse verlangt werden könnten als bei einem anderen, bei dem das Gesamterfordernis niedriger sei. Zur Feststellung des Schadens sei es daher erforderlich, die Zinseinnahmen, die bei "rechtzeitiger" Antragstellung durch den Beklagten entstanden wären, denjenigen gegenüberzustellen, die nunmehr tatsächlich erzielt worden seien. Es sei auch die wahrscheinliche Entwicklung in der Zukunft mitzuberücksichtigen. Es sei darzulegen und festzustellen, wie sich unter Zugrundelegung eines konkreten Gesamterfordernisses in dem Zeitpunkt, in dem ein Antrag nach § 7 MG oder §§ 18, 19 MRG hätte gestellt werden können, die Mietzinseinnahmen bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung entwickelt hätten; dies unter allfälliger Berücksichtigung auch der dann veränderten Ausgaben (Änderung des Gesamterfordernisses durch verschieden hohe Zwischenzinsen), wobei diese fiktiven Einnahmen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für Annuitäten in diesem Zeitraum gegenüberzustellen seien. Überdies müßten auch die bis jetzt unklar gebliebenen Miteigentumsverhältnisse in den Zeitpunkten der Verwaltungsübernahme durch den Beklagten, des Auftrages zur Einleitung eines Verfahrens nach § 7 MG und der möglichen Antragstellung sowie die Fragen geklärt werden, wer die Aufträge erteilte und welche Vollmachten dem Beklagten zur Verfügung gestanden seien. Erst dann werde beurteilt werden können, ob dem Beklagten ein gültiger Auftrag erteilt worden sei und damit die Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens zur Mietzinserhöhung vorgelegen seien.

Die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof hielt das Berufungsgericht für gerechtfertigt und zweckmäßig, weil die von ihm "angeregte" Art der Schadensberechnung mit einem erheblichen Prozeßaufwand verbunden sei und dazu nur eine differenzierte, auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbare Einzelfalljudikatur bestehe.

Beide Teile erheben gegen diese Entscheidung Rekurs; sie halten die Sache für spruchreif, der Kläger im Sinn der Klagestattgebung, der Beklagte im Sinn der Klageabweisung, und beantragen in ihren Rekursbeantwortungen jeweils dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Beide Rekurse sind unzulässig, weil der vom Berufungsgericht angegebene Zulassungsgrund nicht vorliegt und es auch den Parteien nicht gelungen ist, eine erhebliche Rechtsfrage iS des § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zwar zu, daß die vom Berufungsgericht für zutreffend erachtete Art der Schadensberechnung mit einem gewissen Prozeßaufwand verbunden ist; dies allein rechtfertigt es aber noch nicht, den Obersten Gerichtshof mit der Sache zu befassen. Die Art der Schadensberechnung hält sich im Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Berechnung eines Vermögensschadens. Ein solcher ist durch Vergleichung des Geldwertunterschiedes zweier Zustände, nämlich des tatsächlichen Zustandes vor und nach der Beschädigung, durch die sogenannte Differenzmethode zu ermitteln: Es ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heute tatsächliche Vermögenswert abzuziehen; hiebei ist auch die zu erwartende künftige Entwicklung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mitzuberücksichtigen (SZ 48/89; 50/50; 51/7; 53/107; 56/126; JBl 1990, 721 uva). Diese Grundsätze wendet das Berufungsgericht zutreffend auf die Berechnung des Schadens an, der dem Kläger indirekt durch die verspätete Antragstellung zur Anhebung der Hauptmietzinse entstanden sein soll.

Soweit der Kläger Feststellungen darüber für entbehrlich hält, ob dem Beklagten ein bindender Auftrag zur Einleitung eines Verfahrens nach § 7 MG erteilt wurde, beruht diese Ansicht offenbar auf der Annahme, es hätten nicht alle Miteigentümer befaßt werden müssen; diese Meinung ist aber unrichtig (SZ 54/27; JBl 1985, 102; 1986, 106 uva; wN bei Gamerith in Rummel I2 Rz 10 zu § 833 ABGB).

Dem Einwand des Beklagten, der Kläger hätte kein konkretisierungsfähiges Vorbringen erstattet und deshalb wäre das Klagebegehren mangels Schlüssigkeit abzuweisen gewesen, ist entgegenzuhalten, daß es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die der Überprüfung des Obersten Gerichtshofes entzogen ist.

Der Beklagte behauptet weiters, der auf MietSlg 27.287 (mwN) gestützte Beschluß des BG Döbling, wonach durch verspätete Antragstellung aufgelaufene Zwischenzinsen nicht auf die Mieter überwälzt werden könnten, sei unrichtig und der ständigen Rechtsprechung widersprechend gewesen, er hätte daher erfolgreich mit Rekurs bekämpft werden können. Er bleibt aber jeden Nachweis für die behauptete Rechtsprechung schuldig; von einer solchen Rechtsprechung kann, da sie dem erkennenden Senat auch nicht bekannt ist und nicht ausfindig gemacht werden konnte, nicht ausgegangen werden, weshalb auch hierin kein Rekursgrund iS des § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO liegt.

Bei der Verjährungsfrage handelt es sich gleichfalls um keine erhebliche Rechtsfrage iS der zitierten Gesetzesstelle; denn nach den getroffenen Feststellungen (Ersturteil S 4) wurde dem Kläger der Umstand, daß er die Zwischenzinsen nicht auf die Mieter überwälzen könne, erst durch den genannten Sachbeschluß des BG Döbling vom Februar 1986 bekannt, sodaß bis zur Klageeinbringung die dreijährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Kosten der Rekursbeantwortungen waren nicht zuzusprechen, da auf die Unzulässigkeit der Rekurse nicht hingewiesen wurde.

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