OGH 1Ob593/91

OGH1Ob593/919.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der vom Kreisgericht Wels zu 1 Cg 73/91 geführten Rechtssache der klagenden Partei Maria H*****, vertreten durch Dr. Christoph Schwab, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagten Parteien Josef und Erna B*****, beide vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer und Dr. Stefan Hoffmann, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,-- bzw. Nach RAT S 50.000,--) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 13. August 1991, GZ Nc 20/91-2, womit der Antrag der klagenden Partei auf Übertragung dieser Rechtssache an das Kreisgericht Ried i.I. zur Verhandlung und Entscheidung abgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der beim Kreisgericht Wels zu 1 Cg 73/91 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß sich ein Teil eines näher bezeichneten Grundstückes jedenfalls im Zeitraum vom 21. Juni 1948 bis 15. März 1972 "durchgehend im ausschließlichen Hälftebesitz und von jeder außerbücherlichen Ersitzung des Eigentumsrechtes durch die Rechtsvorgänger der Beklagten als Eigentümer ..... (näher genannter Grundstücke) ..... freien Hälfteeigentum der Klägerin" befunden habe.

Mit der Klage verband die Klägerin den Antrag auf Übertragung der Rechtssache an das Kreisgericht Ried i.I. zur Verhandlung und Entscheidung. Sie verfüge über keinen PKW und sei deshalb auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Die Verkehrsverbindungen zwischen ihrem Wohnort und Ried i.I. seien ungleich günstiger als jene nach Wels. Um dorthin zu gelangen, müsse sie wiederholt umsteigen und hätte überdies eine Wegstrecke von rund 60 km zu bewältigen, wogegen die Entfernung von Ried i.I. bloß 20 km betrage. Deshalb käme auch die Zureise der Zeugen billiger. Die begehrte Delegierung sei daher im Sinne des § 31 JN zweckmäßig.

Die Beklagten sprachen sich gegen die beantragte Delegierung aus.

Das Oberlandesgericht Linz wies den Antrag ab.

Da die beklagte Partei grundsätzlich darauf Anspruch habe, bei ihrem Gerichtsstand belangt zu werden, müsse die beantragte Delegierung eindeutig zugunsten beider Parteien ausschlagen. Andernfalls müsse dem Widerspruch des Gegners Rechnung getragen werden. Im vorliegenden Fall könne nicht gesagt werden, daß sich die Delegierung eindeutig auch für die Beklagten als günstig erweise. Der Unterschied zwischen den Entfernungen von den beiden in Frage stehenden Gerichtsorten sei nicht derart gravierend, daß dies bzw. die dadurch bedingte umständlichere Erreichbarkeit von Wels mit öffentlichen Verkehrsmitteln allein schon die Delegierung des Kreisgerichtes Ried i.I. rechtfertigte. Auch mit der Zureise nach Wels seien keine augenfälligen Schwierigkeiten verbunden. Dazu komme, daß einer der Zeugen in Wels wohnhaft sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin dagegen erhobene Rekurs ist zwar zulässig (JBl. 1986, 53 ua; Fasching, LB2 Rz 209), jedoch nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 528a iVm § 510 Abs. 3 ZPO).

Gemäß § 31 Abs. 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes im Sprengel des Oberlandesgerichtes gelegenes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Gründe der Zweckmäßigkeit sind zwar im Gesetz nicht näher dargelegt, Delegierungen dürfen jedoch nur ausnahmsweise verfügt werden, weil eine allzu großzügige Anwendung der genannten Bestimmung eine nicht mehr vertretbare Lockerung der Zuständigkeitsordnung zur Folge hätte (Arb. 9589 ua). Läßt sich deshalb im Einzelfall die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten einer Partei lösen, muß es mit dem im Gesetz vorgesehenen Gerichtsstand sein Bewenden haben (vgl. Fasching Komm I 232; EvBl. 1966/380 uva). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung bzw. Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht (Fasching, LB aaO); dabei ist angesichts der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführten Bestimmung des § 36 Abs. 3 JN auch zu berücksichtigen, daß der Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gegenüber der Zuständigkeitsordnung der Vorzug gebührt (4 Ob 591/87 ua).

Die Klägerin stützt ihren Delegierungsantrag im wesentlichen auf die geringere Entfernung des angestrebten Gerichtsortes von ihrem Wohnort und - da sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei - auch darauf, daß das Kreisgericht Ried i.I. für sie zudem weit günstiger erreichbar sei. Diesen Ausführungen hält das Oberlandesgericht Linz zutreffend entgegen, daß die größere Entfernung zwischen Wels und ihrem - gleichfalls im Sprengel des Kreisgerichtes Wels gelegenen - Wohnort und die damit verbundene beschwerlichere Anreise keineswegs derart gravierend sind, daß diese Umstände allein schon die Übertragung der Zuständigkeit vom Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes beider Parteien zu einem Nachbargericht rechtfertigte; deshalb kann weder eine erhebliche Verkürzung noch eine beträchtliche Verbilligung des Verfahrens erwartet werden, zumal einer der drei bisher beantragten Zeugen seinen Wohnsitz ohnedies in Wels hat. Es darf auch nicht übersehen werden, daß namentlich Gemeinden und Ortschaften an der Sprengelgrenze vielfach dem Sitz des Nachbargerichtes näher liegen; bloß darauf gestützten Delegierungsanträgen stattzugeben, hieße die Zuständigkeitsordnung und damit auch das Gebot der gleichmäßigen Belastung der Gerichte mißachten. Mit Rücksicht auf das gut ausgebaute öffentliche Verkehrsnetz kann es den Parteien im Regelfall ohne weiteres zugemutet werden, Verfahren vor jenem Gerichtshof, in dessen Sprengel sie ihren Wohnort haben, auszutragen; das gilt umsomehr dann, wenn - wie hier - auch die Parteienvertreter ihren Sitz im Sprengel des an sich in erster Instanz zuständigen Gerichtshofes haben (4 Ob 591/87 ua).

Soweit die Beklagte Entscheidungen (zB EvBl. 1966/380) ins Treffen führt, die den Wohnort der Parteien und Zeugen für die Berechtigung der begehrten Delegierung als bedeutsam ansehen, genügt es darauf hinzuweisen, daß es dort stets um den Wohnort von Parteien und Zeugen im Sprengel jenes Gerichtes ging, dessen Delegierung angestrebt wurde.

Dem Rekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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