OGH 15Os120/91

OGH15Os120/913.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans S***** wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3. Juni 1991, GZ 8 E Vr 539/91-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3. Juni 1991, GZ 8 E Vr 539/91-11 (und 12), über das Unterbleiben des Widerrufes der dem Hans S***** im Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 26.November 1987, GZ 4 U 132/87-15, gewährten bedingten Strafnachsicht und über die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre verletzt das Gesetz in dem sich aus § 498 StPO ergebenden Verbot, nach (wenn auch noch nicht rechtskräftiger) Beschlußfassung über die Endgültigkeit der Strafnachsicht (außerhalb eines diesen Beschluß betreffenden Verfahrens) in der Sache nochmals zu entscheiden.

Dieser Beschluß wird aufgehoben; der ihm zugrundeliegende Antrag der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3.Juni 1991, GZ 8 E Vr 539/91-11, wurde Hans S***** der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und § 16 Abs. 1 erster und vierter Fall SGG schuldig erkannt und über ihn eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verhängt; außerdem faßte der Einzelrichter auf Antrag des Staatsanwaltes den gemeinsam mit dem Urteil verkündeten Beschluß, vom Widerruf der über Hans S***** mit dem Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 26.November 1987, GZ 4 U 132/87-15, wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 (zu ergänzen: vierter und sechster Fall) SGG verhängten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (in der Dauer von vier Wochen) abzusehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Auch dieser - unter Mißachtung der Vorschrift des § 494 a Abs. 8 StPO dem Bezirksgericht für Strafsachen Graz keineswegs unverzüglich mitgeteilte (S 116 und ON 22 im Akt 4 U 132/87 des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz) - Beschluß erwuchs in Rechtskraft.

Der Einzelrichter übersah bei seiner Beschlußfassung - wiewohl er den bezüglichen Akt des Bezirksgerichtes beigeschafft hatte (S 2 unten) -, daß das Bezirksgericht für Strafsachen Graz bereits mit dem Beschluß vom 14.März 1991, GZ 4 U 132/87-21, diese Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen hatte. Ausfertigungen dieses Beschlusses wurden am 18.April 1991 abgefertigt (S 119 im Akt 4 U 132/87); ob der Beschluß in Rechtskraft erwuchs, kann dem Akt - mangels einliegender Zustellnachweise - nicht entnommen werden, wobei dies aber für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ohne rechtliche Bedeutung ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3.Juni 1991 verstößt gegen die vom Beschluß des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 14.März 1991 ausgehende rechtliche Sperrwirkung, die nicht nur für den Fall gegeben ist, daß der letzterwähnte Beschluß bereits rechtskräftig geworden war, sondern auch schon vor seiner Rechtskraft. Denn der einer materiellen Rechtskraft fähige (EvBl 1974/176;

ÖJZ-LSK 1979/137, EvBl 1989/127 = RZ 1989/72, JBl 1989, 400

= EvBl 1989/64) Beschluß ist, wie sich aus § 498 StPO ergibt,

einer Behebung oder Abänderung nur im Rechtsmittelweg zugänglich (SSt 56/18).

In Stattgebung der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde war daher die Gesetzesverletzung festzustellen, der - dem Verurteilten wegen der Verlängerung der Probezeit überdies zum Nachteil gereichende - Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3.Juni 1991 aufzuheben und der bezügliche Antrag der Staatsanwaltschaft (wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen.

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