Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Beschlußfassung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Der Revisionsrekurswerber (Vater) war auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 25. Oktober 1988 verpflichtet, ab 1. März 1988 für seine ehelichen Kinder Ursula, geboren***** 1973, S 4.000,-- monatlich und Martin, geboren***** 1974, S 3.500,-- monatlich Unterhalt zu zahlen.
Am 23. Jänner 1991 beantragte die obsorgeberechtigte Mutter der Kinder, den Vater in Änderung der bisherigen Unterhaltsbemessung ab 1. Februar 1991 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 4.500,-- pro Kind zu verpflichten. Das Erstgericht stellte eine Gleichschrift dieses Antrages dem Vater mit Außerstreitformular 69b mit Rückschein b mit dem geänderten Text:
"Falls Sie dagegen in die Zahlung des beantragten Unterhaltsbetrags nicht einwilligen, werden Sie ersucht, sich binnen 14 Tagen schriftlich zu äußern" zu. Der Revisionsrekurswerber nahm die Sendung am 30. Jänner 1991 persönlich in Empfang, äußerte sich aber (schriftlich) nicht.
Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsantrag statt. Zur Leistungsfähigkeit des Vaters bezog es sich auf die Feststellungen im Unterhaltsbeschluß vom 25. Oktober 1988 und führte dazu aus:
"Der Vater hat sich am Unterhaltsverfahren nicht beteiligt; es ist aber davon auszugehen, daß er derzeit zumindest über dasselbe Einkommen verfügt wie anläßlich der Beschlußfassung am 25. 10. 1988. Wäre dies nicht der Fall, so hätte sich der Vater - als Kaufmann ist er ja zu wirtschaftlichem Handeln gezwungen - wohl gegen den Unterhaltserhöhungsantrag ausgesprochen."
Im Rekurs an die zweite Instanz machte der Vater eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren geltend. Er habe in der zuständigen Abteilung des Erstgerichtes angerufen und zum Antrag der Mutter (im Unterhaltserhöhungsantrag), ihm die Vorlage der Einkommensteuererklärungen 1989 und 1990 aufzutragen, mitgeteilt, daß "diese Bilanzen" noch nicht fertiggestellt seien; eine Angestellte des Erstgerichtes habe darauf erwidert, daß die Nichtvorlage der entsprechenden Belege "in Ordnung gehe". Dennoch habe dann das Erstgericht entschieden, ohne die Bilanzen für diese Jahre abzuwarten.
Mit dem Rekurs machte der Vater umfangreiche Neuerungen geltend, legte ein Konvolut mit den Jahresabschlüssen 1987 und 1988 vor und beantragte die Bestellung eines Buchsachverständigen sowie die Vernehmung eines Zeugen. Er brachte insbesondere vor, daß sein Einkommen wesentlich niedriger sei als vom Erstgericht angenommen, nahm ausführlich zur Höhe seiner Privatentnahmen Stellung und kündigte an, daß die Bilanz 1989 Ende April 1991 vorliegen werde.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Eine mit Nichtigkeit bedrohte Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Selbst wenn der Rekurswerber mit einer Beamtin des Erstgerichtes das von ihm behauptete - nicht
aktenkundige - Gespräch geführt haben sollte, sei ihm dadurch die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, nicht entzogen worden. Der Rekurswerber behaupte nicht, daß ihm eine Verlängerung der Äußerungsfrist oder ein Zuwarten mit der Entscheidung bis zur Vorlage von Belegen zugesagt worden sei, ja nicht einmal, daß er dies beantragt habe. Die behauptete Äußerung, daß dies "in Ordnung gehe", habe er nur als ein Zurkenntnisnehmen auffassen dürfen.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liege gleichfalls nicht vor. Da der Vater keine Stellungnahme zum Unterhaltserhöhungsantrag abgegeben habe, sei das Erstgericht zu weiteren amtswegigen Erhebungen über sein Einkommen nicht verpflichtet gewesen; es sei daher unbedenklich, daß das Erstgericht eine Änderung der Einkommenssituation des Vaters nicht als erwiesen angenommen habe.
Auch das zulässige neue Vorbringen des Vaters führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Bei selbständig Erwerbstätigen sei von den Privatentnahmen als Unterhaltsbemessungsgrundlage auszugehen, insbesondere wenn jene den Gewinn des Unternehmens wesentlich übersteigen. Die privaten Steuern seien von diesen Privatentnahmen nicht abzuziehen. Die vom Rekurswerber geltend gemachten Kosten für die Instandsetzung einer ihm im Scheidungsvergleich zur unentgeltlichen Benützung überlassenen Wohnung bildeten keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage. Die behauptete Rückzahlung eines Firmengründungskredites von S 300.000,-- belaste das Einkommen des Vaters nach einer überschlagsmäßigen Berechnung, umgelegt auf vier Jahre, nur mit monatlich S 6.250,--, so daß dem Vater, wenn man die Privatentnahmen von S 207.427,69 im Jahr 1988 der Unterhaltsbemessung zugrunde lege, immer noch ein Einkommen von S 27.000,-- monatlich bleibe. Der Rekurswerber habe somit durch die Vorlage des Jahresabschlusses 1988 eine Verringerung seines Einkommens nicht nachgewiesen. Daß sich in den Folgejahren eine wesentliche Änderung seiner Einkommenssituation ergeben hätte, habe er nicht behauptet.
Diese Entscheidung bekämpft der Vater mit außerordentlichem Revisionsrekurs wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Unterhaltserhöhungsantrag abgewiesen werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Beide Vorinstanzen gehen davon aus, daß der Unterhaltsbemessung die aus einem früheren Unterhaltsfestsetzungsbeschluß hervorgehende Einkommenssituation des Revisionsrekurswerbers zugrunde gelegt werden dürfe, weil er zum Unterhaltserhöhungsantrag keine Äußerung abgegeben habe. Die Vorinstanzen leiten damit aus dem Verhalten des Revisionsrekurswerbers eine Präklusionswirkung ab, welche dem Außerstreitverfahren, das grundsätzlich keine Säumnisentscheidungen kennt, in dieser Allgemeinheit fremd ist, sind doch gemäß § 2 Abs 1 Z 5 AußStrG alle Umstände und Verhältnisse, welche auf die richterliche Verfügung Einfluß haben, von Amts wegen zu untersuchen, darüber die Parteien selbst oder andere von der Sache unterrichtete Personen, nötigenfalls auch Sachverständige zu vernehmen ..... und alle zur näheren Aufklärung dienlichen Urkunden abzufordern.
Das Gericht kann allerdings gemäß § 185 Abs 3 AußStrG, wenn das Wohl eines Minderjährigen die dringende Erledigung eines Antrags erfordert, einen Beteiligten unter Setzung einer angemessenen Frist zur Äußerung auffordern und im Fall der Nichtäußerung annehmen, daß der Beteiligte dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzt. Die Aufforderung hat den Hinweis auf diese Rechtsfolge zu enthalten und ist nach den Bestimmungen für die Zustellung von Klagen zuzustellen. Wird diesen Formvorschriften entsprochen, so hat bei Nichtäußerung des Beteiligten das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers, soweit es nicht durch vorliegende Beweise widerlegt wird oder sonst Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der zur Äußerung Aufgeforderte ungeachtet seines Schweigens dem Antrag entgegentritt, als zugestanden zu gelten. In diesem Fall kann der Antragsgegner das versäumte Vorbringen auch nicht in Form von Neuerungen im Rekurs nachtragen (SZ 52/155 = EvBl 1980/87 = JBl 1980, 382; ferner EFSlg 37.470; 39.895; 39.896; 47.373; 55.833 uva; RZ 1981/26).
Mit dem Argument, der Unterhaltspflichtige müsse über dasselbe Einkommen wie bei einer früheren Beschlußfassung verfügen, da er sich sonst gegen die Unterhaltserhöhung ausgesprochen hätte, haben die Vorinstanzen das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin zur Leistungsfähigkeit des Revisionsrekurswerbers als zugestanden angesehen und damit, jedenfalls in einem Teilbereich, der Sache nach § 185 Abs 3 AußStrG - ohne diese Bestimmung zu zitieren - angewendet. Das war aber unzulässig, weil die Aufforderung des Vaters zur Äußerung mit dem Außerstreitformular 69b nicht den Vorschriften des § 185 Abs 3 AußStrG entsprach: Ganz abgesehen davon nämlich, daß die Aufforderung nicht nach den Bestimmungen für die Zustellung von Klagen (§ 106 ZPO) zugestellt wurde (- dieser Mangel ist geheilt, weil der Vater die Sendung persönlich übernommen hat -), fehlte in der Aufforderung des Erstgerichtes der Hinweis darauf, daß das Gericht im Fall der Nichtäußerung annehmen werde, daß der Beteiligte dem Antrag keine Einwendungen entgegensetze.
Sollte der Revisionsrekurswerber - was von den Vorinstanzen nicht (in einem Zwischenverfahren) erhoben wurde - tatsächlich in der zuständigen Abteilung des Erstgerichtes angerufen haben, um mitzuteilen, daß er die von der Antragstellerin verlangten weiteren Einkommensteuerbescheide erst später vorlegen könne, dann wären schon damit Anhaltspunkte dafür vorgelegen, daß er die Behauptungen der Antragstellerin zu seinem Einkommen ungeachtet seines sonstigen Schweigens zum Antrag nicht zugestehe, konnte doch ein solcher Anruf nur den Sinn gehabt haben, dem Antrag durch die angekündigten, aber noch nicht zur Verfügung stehenden Beweismittel entgegenzutreten.
Damit durfte aber auch das Rekursgericht aus dem Unterlassen einer (schriftlichen) Stellungnahme des Vaters zum Unterhaltserhöhungsantrag nicht ableiten, daß die Behauptungen der Antragsteller über sein weit über dem Durchschnitt liegendes (gleichgebliebenes) Einkommen als zugestanden anzusehen seien.
Die Vorinstanzen sind damit von der ständigen Rechtsprechung zu § 185 Abs 3 AußStrG abgewichen; hiedurch ist ein zu unrichtiger rechtlichen Beurteilung führender Stoffsammlungsmangel bewirkt worden.
Das Rekursgericht hat sich zwar mit den vom Vater vorgelegten neuen Beweismitteln (§ 10 AußStrG) auseinandergesetzt und insoweit eine Präklusionswirkung nach § 185 Abs 3 AußStrG ohnehin nicht angenommen; es hat aber bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Revisionsrekurswerbers nur den Jahresabschluß 1988, nicht aber die vom Vater bereits angekündigte Bilanz 1989 berücksichtigt und seinen Antrag auf Bestellung eines Buchsachverständigen übergangen. Ob das Rekursgericht die als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogenen (wesentlich über dem Jahreseinkommen liegenden) Privatentnahmen des Jahres 1988 richtig berechnet hat, ist nicht nachvollziehbar, da es nur die privaten Steuern (in Höhe von S 32.302,--) als zusätzliche Entnahme aus dem Firmenvermögen erwähnt, der Revisionswerber aber in seinen Berechnungen Steuern in der Höhe von S 155.816,-- behauptet und seine Nettoprivatentnahmen nur mit S 231.182,69 berechnet hat. Diese Frage kann aber auf sich beruhen, weil der Revisionsrekurswerber mit Recht geltend macht, daß seine Leistungsfähigkeit auf Grund aktueller Grundlagen beurteilt werden müsse. Es geht nicht an, die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen auf Grund nahezu drei Jahren zurückliegender Daten zu beurteilen, wenn aktuellere Daten über das Einkommen und die Privatentnahmen ohne nennenswerte Verzögerung zur Verfügung stehen; das ist aber auf Grund der Erklärung des Revisionsrekurswerbers, die Bilanz 1989 werde Ende April 1991 vorliegen, bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen. Daß der Revisiionsrekurswerber gar nicht behauptet habe, seine Einkommenssituation habe sich 1989 und 1990 wesentlich geändert, ist aktenwidrig, brachte er doch ausdrücklich vor, daß sein monatliches Einkommen mit Rücksicht auf entsprechende Belastungen nur S 17.000,-- betrage (AS 263 f).
Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher zur Feststellung der (tunlichst aktuellen) Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen aufzuheben.
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