OGH 14Os64/91

OGH14Os64/913.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.September 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Laub als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich M***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 18.Februar 1991, GZ 11 b Vr 113/89-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Kodek und des Verteidiges Dr. Eichenseder, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß der Vollzug der Zusatzfreiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Erich M***** wurde der Verbrechen (zu I) der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB und (zu II) des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in G*****

I. in der Nacht zum 3.Februar 1989 an dem im Hälfteeigentum seiner Gattin stehenden Anwesen ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst durch Anzünden des Strohlagers auf dem Dachboden des alten Schweinestalls verursacht, und

II. am 8.Februar 1989 durch die gegenüber einem Schadensreferenten der Versicherung "DIE N*****" abgegebene falsche Behauptung, der Brand sei aus unbekannter Ursache entstanden, er habe jedenfalls nichts damit zu tun, versucht, die Auszahlung der Versicherungssumme von 873.832 S zu erlisten.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. c StPO.

Das Schöffengericht folgte den Gutachten der beiden Sachverständigen. Es glaubte auch der seinerzeitigen Bekundung des Angeklagten gegenüber der zuständigen Sicherheitsdirektion, daß er im Sommer 1988 trockenes Stroh am Dachboden eingelagert hat (US 28 iVm S 296/II). Bei dieser Sachlage waren - entgegen der Mängelrüge (Z 5) - die Tatrichter nicht mehr noch zusätzlich verhalten, sich umfassend mit den Ausführungen des Zeugen Ing. G***** auseinanderzusetzen, der seine Überlegungen unter anderem auf eine ihm gegenüber vom Angeklagten abgegebene anderslautende Version stützte (S 132/III iVm S 41/I). Im übrigen hat das Schöffengericht die Ausführungen des Zeugen G***** nicht übergangen (siehe US 3, 19, 28), jedoch seine Annahme einer Selbstentzündung des Brandobjektes auf Grund der für ausreichend und schlüssig erachteten Gutachten der beiden vom Gericht beigezogenen Sachverständigen Ing.Reg.Rat Ernst B***** und Ing. Alfred G***** für widerlegt erachtet (US 28).

Die an sich unentscheidende Urteilsannahme Michael R***** habe sich mit den Ergebnissen des Beauftragten der N***** Brandverhütung (Ing. G*****) nicht zufriedengegeben, sondern weitere Erhebungen durch die Staatsanwaltschaft Korneuburg initiiert, deckt sich mit dem Inhalt des Aktenvermerkes der Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 13.Februar 1989 (ON 2 des Vr-Aktes), auf den sich das Urteil ausdrücklich bezieht und ist damit ausreichend begründet. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Ein solcher Begründungsmangel setzt die unrichtige Wiedergabe des Inhalts einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder eines Protokolls voraus. Eine auf Grund verwerteter Beweismittel getroffene Feststellung hingegen kann nicht aktenwidrig sein. Im übrigen bestand für das Schöffengericht kein Grund, auf all die weiteren in der Beschwerde angeführten Aussagen von Zeugen, die auf eine Brandstiftung hingewiesen haben, detailliert einzugehen. Ihre Angaben wurden nämlich ohnehin global den Feststellungen zugrunde gelegt (US 3) und decken sich hinsichtlich der Brandstiftung mit den diesbezüglichen Ergebnissen der Sachverständigengutachten und den darauf gegründeten Urteilsfeststellungen. Daß aber der Angeklagte weitere polizeiliche Erhebungen zu verhindern gesucht hätte, wurde im Urteil nicht festgestellt; seine innere Ablehnung dagegen aber ist nicht schuldspruchsrelevant.

Mit den Zutrittsmöglichkeiten zum Gehöft im Tatzeitraum durch eine hausfremde Person hat sich das Schöffengericht befaßt. An Hand von vorgelegten Tatortphotos und den eigenen Wahrnehmungen beim Lokalaugenschein wurde das Eindringen eines fremden Täters nicht ausgeschlossen (US 20, 22). Warum aber dennoch die Täterschaft des Angeklagten für erwiesen angesehen wurde, hat das Erstgericht ausführlich begründet. Eine eingehendere Auseinandersetzung mit der vom Gendarmeriebamten S***** erwähnten, von ihm aber nicht identifizierten und verwischten Fußspur in Tatortnähe (S 53, 130/II), war somit nicht erforderlich.

Aus den Akten aber ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a). Obwohl der Angeklagte nicht im ausschließlichen Gelegenheitsverhältnis stand, hat das Schöffengericht dennoch aufgrund der Ergebnisse unmittelbarer Beweisaufnahme, seine Täterschaft für erwiesen angenommen und die Beweiswürdigung ausführlich begründet. Die Beschwerdeausführungen, daß die verwerteten Prämissen nicht unbedingt als Indizien für die Täterschaft des Angeklagten hätten gewertet werden müssen, weil sie auch andere Möglichkeiten des Geschehensablaufes offenlassen, richten sich gegen die dem Schöffengericht obliegende Beweiswürdigung und sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne des angezogenen Nichtigkeitsgrundes gegen entscheidungswesentliche Urteilsfeststellungen zu erwecken. Soweit aber der Beschwerdeführer im Rahmen dieses Nichtigkeitsgrundes die Nichtvornahme weiterer Beweisaufnahmen und das Fehlen zusätzlich klärender Fragen an Zeugen rügt, wurden in dieser Richtung keine Anträge in der Hauptverhandlung gestellt, sodaß dem Angeklagten die Legitimation zur Geltendmachung eines Verfahrensmangels (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO) fehlt. Auch stand es ihm und seinem Vertreter frei, in der Hauptverhandlung gemäß § 249 Abs. 1 StPO entsprechende ergänzende Fragen zu stellen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. c) meint, daß die angenommene Tat rechtsrichtig dem § 125 StGB zu unterstellen wäre, wofür aber mangels eines Verfolgungsantrages der Verletzten (= Ehegattin des Angeklagten), die erforderliche Anklage fehle (§ 166 Abs. 3 StGB). Die Beschwerde geht dabei davon aus, daß das Tatbildmerkmal einer vom Angeklagten beabsichtigten Feuersbrunst nur "substanzlos" im Urteil erwähnt werde, jedoch feststellungsmäßig nicht ausreichend umschrieben sei, zumal das Urteil dem Angeklagten zubillige, durch die Brandlegung eine Vernichtung auch seines Wohnhauses nicht "beabsichtigt" zu haben (US 27).

Richtig ist, daß das Wohnhaus, welches vom Brand nicht betroffen war, im Urteil nirgends ausdrücklich als jene fremde Sache bezeichnet wird, an der eine Feuersbrunst vom Angeklagten verursacht wurde. Die gemäß seiner festgestellten "Absicht" verursachte Feuersbrunst wurde im Urteil ausführlich umschrieben, nämlich, daß der Angeklagte durch das Anzünden von Preßstroh auf dem Dachboden des alten Schweinestalles (nicht: im Schweinestall) ein ausgedehntes Feuer mit erheblichem Schaden herbeigeführt hat, welches letztlich nur durch den Einsatz zahlreicher Feuerwehren mit im Urteil detailliert beschriebenen Löschgeräten unter Kontrolle gebracht werden konnte (US 17 f). Die Ausführungen der Rechtsrüge gehen jedoch nicht von diesem festgestellten Sachverhalt aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 169 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 31 StGB (Urteil des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 24.Februar 1989, AZ: U 139/88, Schuldspruch nach § 88 Abs. 1 StGB, Geldstrafe:

30 Tagessätze) zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren. Gemäß § 38 StGB wurde die erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.

Bei der Strafzumessung wurde als mildernd die "anzunehmende" Unbescholtenheit des Angeklagten, als erschwerend jedoch das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen gewertet.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht. Er ist nur mit dem letztgenannten Begehren im Recht.

Die Unbescholtenheit wurde als mildernd gewertet. Die vom Berufungswerber kritisierte Einschränkung ihrer bloßen "Annahme" ändert daran nichts.

Daß dem Angeklagten der (nicht strafbestimmend herangezogene) schwere Betrug nicht gelungen ist, wurde zwar im Urteil ausdrücklich festgehalten, in den Strafzumessungsgründen allerdings nicht angeführt. Der Milderungsgrund, daß es beim Betrug beim Versuch geblieben ist (§ 34 Z 13 StGB), war somit zu berücksichtigen. Als erschwerend kommt noch das Zusammentreffen mit einer weiteren strafbaren Handlung (§ 88 Abs. 1 StGB; auf diesen Schuldspruch wurde Bedacht genommen) hinzu, fällt aber nicht ins Gewicht. Mit Rücksicht auf den großen Unrechtsgehalt der sorgsam geplanten und vorbereiteten Tat ist die verhängte Freiheitsstrafe nicht zu hoch.

Hingegen bedarf es nicht des unmittelbaren Vollzuges dieser Strafe, weil der bisher unbescholtene Angeklagte die finanziell bedeutsamen Folgen seiner Brandstiftung selbst (gemeinsam mit seiner Gattin) zu tragen hat. Bei dem finanziellen Mißerfolg der Tat des Angeklagten sprechen auch generalpräventive Gründe nicht gegen eine bloße Strafandrohung. Die Strafe war daher unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit nachzusehen (§ 43 Abs. 1 StGB).

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