Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.175,36 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 362,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 10. Juli 1990 bei der beklagten Partei, die als Personalbereitstellungsunternehmen tätig ist, als Hilfsarbeiter beschäftigt. Unter anderem haben die Parteien im Dienstzettel schriftlich eine Probezeit von der Dauer eines Monats vereinbart, innerhalb der das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragspartner jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gelöst werden kann. Nach Ablauf dieser Probezeit sollte das Arbeitsverhältnis unbefristet sein und unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gelöst werden können. Am 25. Juli 1990 löste die beklagte Partei das Dienstverhältnis schriftlich unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Erprobungsvereinbarung auf.
Der Kläger begehrt S 7.100,-- brutto sA an Kündigungsentschädigung und anteiliger Urlaubsabfindung; er behauptet, entgegen § 10 Abs 5 AÜG zeitwidrig gekündigt worden zu sein.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil die sofortige Auflösung des Dienstverhältnisses der Erprobungsvereinbarung entsprochen habe; in solchen Fällen komme die Bestimmung des AÜG über die 14-tägige Kündigungsmindestfrist nicht zur Anwendung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision mangels höchstgerichtlicher Judikatur zu dieser Frage zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zwar aus dem vom Berufungsgericht angegebenen Grund zulässig, aber sachlich nicht gerechtfertigt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO); wie der Revisionswerber selbst erkennt, handelt es sich bei der behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens um einen angeblichen Feststellungsmangel, der der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen ist und auf den im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge eingegangen werden wird.
Rechtliche Beurteilung
Die Bestimmung des § 10 Abs 5 AÜG sieht für den Fall der Kündigung des Dienstverhältnisses zugunsten des Arbeitnehmers eine - insbesondere gegenüber manchen Kollektivverträgen - verlängerte Mindestkündigungsfrist von 14 Tagen vor. § 11 Abs 2 Z 4 AÜG verbietet Bedingungen, die das Arbeitsverhältnis ohne sachliche Rechtfertigung befristen. Eine ausdrückliche Bestimmung, ob die Vereinbarung eines Probearbeitsverhältnisses (vgl § 1158 Abs 2 ABGB und § 19 Abs 2 AngG) zulässig ist, enthält das AÜG nicht.
Zu Recht verweist das Berufungsgericht darauf, daß im AÜG die arbeitsrechtlichen Beziehungen nur rudimentär geregelt werden und der Gesetzgeber bewußt nur normiert habe, was er als unbedingt notwendig ansah (Geppert, MKK AÜG 9 f; Schwarz, DRdA 1988, 428). Die mindestens 14-tägige Kündigungsfrist sollte eines der Mittel sein, die Abwälzung des Beschäftigungsrisikos auf den Arbeitnehmer zu verhindern (450 BlgNR 17. GP, 19). Demselben Zweck dient das in § 11 Abs 2 Z 4 AÜG normierte Verbot der - auch erstmaligen - Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne sachliche Rechtfertigung (dazu Geppert aaO 143 f; Leutner-Schwarz-Ziniel, Komm AÜG 119 f).
Das nur für die kurze Dauer von höchstens einem Monat zulässige Probearbeitsverhältnis soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob der Arbeitnehmer sich für die ihm zugedachte Stellung eignet, bevor er ihn endgültig in den Dienst nimmt; andererseits soll auch der Arbeitnehmer Gelegenheit haben, die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen (Martinek-Schwarz-Schwarz, Komm AngG 365 f). Deshalb kann während dieser kurzen Zeit jede der beiden Parteien das Arbeitsverhältnis ohne Angabe eines Grundes mit sofortiger Wirkung lösen. Diese Auflösung ist keine Kündigung. Die Zielsetzungen des AÜG verlangen nicht die Einschränkung dieser allgemein gesetzlich zulässigen Erprobungsmöglichkeit. Mit Mazal, Arbeitskräfteüberlassung 51, muß daher die Vereinbarung einer kurzfristigen Probezeit nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln - und somit mit einer jederzeitigen fristlosen Auflösung - als zulässig angesehen werden.
Dafür spricht auch, daß selbst mit einer Schwangeren trotz ihres besonders ausgeprägten Kündigungs- und Entlassungsschutzes ein Probediestverhältnis wirksam vereinbart werden kann. Der Oberste Gerichtshof hat dies in seiner Grundsatzentscheidung vom 8. März 1983, Arb 10224, ausdrücklich bejaht. Zweck des Probedienstverhältnisses ist es, während dieser Probezeit die Eignung der Arbeitnehmerin für die betreffende Arbeit festzustellen und für diese die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen. Diese Zwecksetzung läßt es geboten erscheinen, daß während dieser kurzen Zeit jede der beiden Parteien das Probearbeitsverhältnis ohne Angabe eines Grundes mit sofortiger Wirkung auflösen kann. Eine Einschränkung dieser Auflösungsmöglichkeit durch den besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz des Mutterschutzgesetzes wäre mit dieser Zwecksetzung des Probearbeitsverhältnisses nicht zu vereinbaren und stünde zu den Notwendigkeiten des Arbeitslebens, die zur Herausbildung der Rechtsinstitution des Probearbeitsverhältnisses geführt haben, in schroffem Gegensatz.
Da der Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer, der zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden soll, ein Probearbeitsverhältnis das ohne Angabe eines Grundes mit sofortiger Wirkung gelöst werden kann, gültig vereinbaren kann, muß dieses logischerweise auch dann mit sofortiger Wirkung - und ohne daß ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 5 EFZG entstehen kann - gelöst werden können, wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist (so ausdrücklich Cerny, EFZG 89). Der Frage der Erkrankung kommt daher in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, so daß in der Nichterhebung dieses Umstandes kein rechtlich relevanter Feststellungsmangel liegen, eine allfällige Nicht- oder Falschberatung in dieser Hinsicht nicht gegen § 182 ZPO verstoßen kann und der Frage, ob der Kläger diesen Rechtsgrund fallen ließ, keine entscheidende Bedeutung zukommt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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