OGH 10ObS198/91

OGH10ObS198/919.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Richard Bauer (Arbeitgeber) und Reinhold Ludwig (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei P***** V*****, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ARBEITER (Landesstelle Salzburg), Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. April 1991, GZ 13 Rs 21/91-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Oktober 1990, GZ 18 Cgs 227/89-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das gegen den abweislichen Bescheid der beklagten Partei vom 25.10.1989 erhobene Begehren des Klägers auf Gewährung der Invaliditätspension ab 1.8.1989 ab, wobei es seiner Entscheidung im wesentlichen nachstehenden Sachverhalt zugrundelegte:

Der Kläger war ab 1976 in Österreich beschäftigt, wobei er bis zum Stichtag 57 Beitragsmonate nach dem ASVG erwarb; hievon liegen 48 Monate vor Juli 1982. Bis 1981 war der Kläger überwiegend bei der Firma M***** als Maschineneinsteller beschäftigt, wobei er auch Reaparaturarbeiten - diese allerdings nicht überwiegend - durchführte. Am 7. Juli 1982 legte er die Lehrabschlußprüfung als Schlosser ab und war in den Jahre 1983 und 1984 bei einem Unternehmen beschäftigt, wo er zwar qualifizierte Arbeiten, jedoch keine Schlossertätigkeiten durchführte. In den Jahren 1988 und 1989 war der Kläger als Selbständiger pflichtversichert. Zufolge gesundheitsbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ist der Kläger nur mehr in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten, die geistig eher einfach und monoton sein sollen, im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen während eines 8-Stunden-Tages, bei vorwiegend monotoneren Arbeiten ohne zusätzliche Arbeitspausen auszuführen. Lange Stoßzeiten mit hohen Anforderungen auf Tempo, Konzentrations- und Auffassungsvermögen sind noch nicht zumutbar bzw würden zusätzliche Pausen nötig machen. Das Heben und Tragen von Lasten ist bis 20 kg zumutbar, soll aber 1/4 der Arbeitszeit nicht übersteigen. Arbeiten in länger gebückter Stellung oder häufiges Bücken ist zu vermeiden. Der Anmarschweg zur Arbeitsstelle unterliegt keiner Einschränkung.

Hieraus zog das Erstgericht den Schluß, daß die Voraussetzungen für die begehrte Leistung nicht erfüllt seien. Der Kläger habe nach Ablegung der Abschlußprüfung als Schlosser nur 9 Versicherungsmonate nach dem ASVG erworben, während die überwiegenden Versicherungszeiten davor gelagert seien. Die Tätigkeit als Maschineneinsteller sei jedoch einem Lehrberuf nicht gleichzuhalten, sodaß der Kläger keinen Berufsschutz genieße. Er sei in der Lage, weiterhin als Verpackungsarbeiter, Geschirrspüler, Adjustierer etc tätig zu sein, auf welche Berufe er gemäß § 255 Abs. 3 ASVG verwiesen werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wobei es im wesentlichen der Begründung des Erstgerichtes beitrat. Da der Kläger in der Lage sei, die vom Erstgericht herangezogenen Verweisungstätigkeiten vollzeitig auszuüben, sei davon auszugehen, daß er den vollen kollektivvertraglichen Lohn erzielen könne. Weitere Erhebungen zur Frage der Lohnhälfte seien daher nicht erforderlich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird auf Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt. Die vorliegenden Feststellungen reichen zur abschließenden Beurteilung nicht hin. Mit der Feststellung, daß der Kläger als Maschineneinsteller gearbeitet habe, wird über den Inhalt der Tätigkeit des Klägers keine Aussage getroffen. Auch wenn eine konkrete Behauptung den Berufsschutz betreffend fehlt, ist die Klärung der Frage, ob ein Versicherter Berufsschutz genießt, in allen Fällen, in denen ausgehend vom Bestehen eines Berufsschutzes die Verweisbarkeit in Frage gestellt ist, unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn wie hier nach dem Inhalt des Prozeßvorbringens hierüber keine Klarheit besteht, hat das Gericht aufgrund der Bestimmungen des § 87 Abs 1 ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Bisher ist ungeklärt, welche Tätigkeit der Kläger als Maschineneinsteller verrichtete und welche Qualifikation dafür erforderlich war. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil auch nicht feststeht, ob der Kläger im Hinblick auf seinen Leidenszustand weiter in der Lage ist, diese Tätigkeit auszuüben oder als Schlosser zu arbeiten, was im Falle der Bejahung des Berufsschutzes Voraussetzung für die Verweisung wäre. Im weiteren Verfahren wird daher zu prüfen sein, welche Aufgaben der Kläger als Maschineneinsteller hatte, welche Ausbildung hiefür erforderlich war, welchen Zeitraum diese in Anspruch nahm und in welcher Zeit er diese Ausbildung absolvierte, sowie ab welchem Zeitpunkt und während welcher Dauer er allenfalls eine qualifizierte Tätigkeit ausübte; dabei wird auch seine Tätigkeit bei Durchführung von Reparaturarbeiten in diese Überprüfung einzubeziehen sein. Erst wenn hierüber ausreichende Feststellungen vorliegen, kann entschieden werden, ob der Kläger allenfalls als Maschineneinsteller eine angelernte Tätigkeit ausübte. Sollte dies zutreffen, so wird, sofern diese Tätigkeit iS des § 255 (2) ASVG überwiegt, die Verweisbarkeit im Rahmen des dann eingeschränkten Verweisungsfeldes zu prüfen sein.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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