Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.658,20 (darin enthalten S 4.349,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Zentralbetriebsratsobmann der Kärnter Landeskrankenanstalten. Die Beklagte ist die Medieninhaberin der Tageszeitung "N*****-Zeitung". In der Mutationsausgabe dieser Tageszeitung für Kärnten vom 25.3.1990 erschien nachstehender mit je einem Lichtbild des Klägers und des Landeshauptmannes Dr.Jörg Haider illustrierter Artikel:
Abbildung nicht darstellbar!
Der Kläger hat dieser Veröffentlichung seines Bildes nicht zugestimmt. Das veröffentlichte Lichtbild ist ein Ausschnitt eines Foto, das den Kläger im Gespräch mit dem ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten zeigt; es wurde aus Anlaß einer Sitzung des Kärntner Landtages oder einer Wahlveranstaltung hergestellt.
Der Kläger beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen,
1. jede Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers, das in der Ausgabe der periodischen Druckschrift "K*****" vom 25.3.1990 auf Seite 12 im Rahmen des Artikels "Haider gegen 'Betriebsratskaiser'" veröffentlicht wurde, zu unterlassen, wenn diese Veröffentlichung geeignet ist, seine berechtigten Interessen zu verletzen, insbesondere wenn im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Bildes behauptet wird, es sei erforderlich, mit "Unsitten" aufzuräumen, die sich der Zentralbetriebsrat angewöhnt habe, der Kläger als Mitglied der LKH-Personalvertretung schmücke sich mit fremden Federn und habe trotz der ungeheuren Personalnot im Landeskrankenhaus die Beistellung einer weiteren Sekretärin für den Zentralbetriebsrat beantragt;
2. die für die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers in der Ausgabe der "K*****" vom 25.3.1990 benützten Druckunterlagen sowie die Seite 12 der zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke dieser Zeitungsausgabe, soweit darin des Lichtbild des Klägers enthalten ist, zu vernichten;
3. dem Kläger S 20.000 samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Zustellung der Klage binnen 14 Tagen zu zahlen.
Weiters erhebt der Kläger ein Urteilsveröffentlichungsbegehren.
Die Veröffentlichung seines Lichtbildes verletze schon deshalb berechtigte Interessen, weil der Kläger gerade in einem Augenblick aufgenommen wurde, in dem er die Zunge herausstreckte; die Anordnung der beiden Bilder erwecke den Eindruck, daß der Kläger dem Landeshauptmann die Zunge zeige. Im Zusammenhang mit den massiven Anschuldigungen, die in dem danebenstehenden Artikel wiedergegeben würden, verletze diese Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers. Werde im Zusammenhang mit einem "Betriebsratskaiser" von "Unsitten" berichtet, mit denen "aufgeräumt" werden müsse, dann bestehe die Möglichkeit von Mißdeutungen; damit werde der Kläger ins Zwielicht gerückt und Mißtrauen gegen ihn erweckt. Darüber hinaus seien aber die in dem Artikel wiedergegebenen Vorwürfe sachlich unrichtig. Auch werde bestritten, daß der Landeshauptmann die in dem Artikel wiedergegebenen Vorwürfe tatsächlich in dieser Form erhoben habe. Selbst wenn aber die Vorwürfe zutreffen sollten, habe kein Anlaß bestanden, im Zusammenhang damit ein Lichbild des Klägers zu veröffentlichen. Die gegen den Kläger als Dienstnehmervertreter im Zusammenhang damit erhobenen Vorwürfe seien so schwerwiegend, daß zur Abgeltung des dadurch erlittenen immateriellen Schadens ein Betrag von S 20.000 angemessen sei.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die neben dem Bildnis des Klägers wiedergegebene Kritik habe der Landeshauptmann von Kärnten Dr.Jörg Haider erhoben. Der Artikelverfasser habe bei der Erstellung dieses Textes jede nur erdenkliche Sorgfalt angewendet. Die Kritik werde in dem Artikel sachlich wiedergegeben; berechtigte Interessen des Klägers würden dadurch nicht verletzt. Die Allgemeinheit habe im Zusammenhang mit diesem Artikel das Recht, über die Person des Klägers durch ein Lichtbild informiert zu werden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Lichtbild des Klägers sei weder herabsetzend, noch würden durch die Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem daneben stehenden Text berechtigte Interessen des Klägers verletzt. In dem Artikel werde über den zwischen dem Landeshauptmann von Kärnten und dem Kläger bestehenden Streit berichtet. Das Lichtbild, das den Kläger in einer kämpferischen Haltung zeige, sei für die Illustration seiner Bereitschaft, sich dem Kampf zu stellen, gut geeignet; für sich allein sei es daher nicht herabsetzend. Auch mit dem Ausdruck "Betriebsratskaiser" sei keine Herabsetzung verbunden. Die "Unsitten", mit denen der Landeshauptmann aufräumen wolle, seien in dem Artikel näher beschrieben; ihre Darstellung sei nicht so gravierend, daß damit berechtigte Interessen des Klägers in einem relevanten Ausmaß verletzt würden. Hingegen habe an der Veröffentlichung des Lichtbildes des Klägers als Gegenstück zum Lichtbild des Landeshauptmannes von Kärnten ein berechtigtes Interesse bestanden, welches das Interesse des Klägers am Unterbleiben einer solchen Veröffentlichung überwogen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Veröffentlichung von Personenbildern sei grundsätzlich zulässig, wenn dadurch nicht berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Die Veröffentlichung einer bildlichen Darstellung, die nach objektiven Maßstäben für den Betroffenen nicht wünschenswert erscheinen mag, aber keine erkennbaren Nachteile mit sich bringen kann, sei jedoch zulässig, wenn ein Nachrichtenwert begründet sei. Das für die Veröffentlichung verwendete Lichtbild sei bei einem öffentlichen Auftreten des Klägers, welcher als Obmann des Zentralbetriebsrates der Kärnten Landeskrankenanstalten am öffentlichen Leben teilnehme, aufgenommen worden; es sei, für sich gesehen, nicht herabwürdigend. Der Veröffentlichung des Lichtbildes komme im Zusammenhang mit der in wörtlichen Zitaten vorgetragenen Kritik des Landeshauptmannes von Kärnten an der Amtsführung des Klägers ein erheblicher Nachrichtenwert zu, welcher das Interesse des Klägers am Unterbleiben der Veröffentlichung jedenfalls übersteige. Da dieses Lichtbild in keinem Zusammenhang mit der geschützten Privatsphäre des Klägers stehe und mit seiner Veröffentlichung auch sonst keine rechtlich geschützten Interessen verletzt würden, könne sich der Kläger durch die Veröffentlichung nicht beschwert erachten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Kläges mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der gänzlichen Stattgebung der Klage abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach Auffassung des Revisionswerbers würden durch die beanstandeten Lichtbildveröffentlichung seine berechtigten Interessen schon deshalb verletzt, weil er im Begleittext mit "Unsitten" in Zusammenhang gebracht werde, mit denen "aufgeräumt" werden müsse. Dem Kläger werde ua vorgeworfen, daß er als Dienstnehmervertreter Eigeninteressen vor die Interessen der von ihm zu vertretenden Dienstnehmer stelle. Auch die Auswahl und Anordnung der Bilder würden berechtigte Interessen des Klägers verletzen, werde doch der Eindruck erweckt, daß er dem Landeshauptmann die Zunge zeige. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Lichtbildveröffentlichung liege hingegen nicht vor. Das aus einem Archiv stammende, mit dem aktuellen Artikel in keinem Zusammenhang stehende Lichtbild des Klägers habe für sich keinerlei Nachrichtenwert mehr gehabt. In jedem Fall müsse die Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen, weil der Artikel einseitig und in seiner Tendenz gegen den Kläger gerichtet sei. Ein Nachrichtenwert des Bildes im Zusammenhang mit dieser Berichterstattung sei deshalb zu verneinen. Das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten könnte nur dann als überwiegend beurteilt werden, wenn die Beklagte die Kritik richtig wiedergegeben hätte und wenn diese auch berechtigt gewesen wäre. Dazu ist folgendes auszuführen:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt werden. Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannt haben, soll durch § 78 UrhG jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eie Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB zum UrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen Spielraum offenlassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalls gerecht werden zu können (SZ 28/205; ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 22; SZ 50/22; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188). Die Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schützwürdig anzusehen sind (SZ 60/188 uva); dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (SZ 60/188 uva).
Wird das Interesse des Abgebildeten an der Verhinderung einer Verbreitung seines Bildnisses als schützwürdig erkannt, dann ist die Verbreitung grundsätzlich unzulässig; behauptet aber auch derjenige, der das Bildnis verbreitet, ein Interesse an dieser Verbreitung, dann müssen die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden (ÖBl 1974, 77; SZ 60/188; MR 1990, 58; MR 1990, 224; ÖBl 1990, 226; Rehm, Das Recht am eigenen Bild, JBl 1962, 1 ff; Dittrich, Der Schutz der Persönlichkeit nach österreichischem Urheberrecht, ÖJZ 1970, 533 f; Buchner, Das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, FS 50 Jahre Urheberrechtsgesetz 21 ff (26 f)).
Das Interesse an der Veröffentlichung des Lichtbildes einer im öffentlichen Leben stehenden Person kann gegeben sein, wenn das Lichtbild im Zusammenhang mit der öffentlichen Tätigkeit des Abgebildeten steht und damit selbst einen Nachrichtenwert hat (Buchner aaO 32 f). Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über aktuelles Geschehen kann aber auch ein erhebliches Interesse an der Veröffentlichung eines mit dem aktuellen Geschehen nicht unmittelbar im Zusammenhang stehendes Lichtbildes einer am öffentlichen Leben teilnehmenden Person bestehen. Ein solches Interesse fehlt jedoch, wenn dazu bloßstellende Bilder aus der Privatsphäre verwendet werden (Buchner aaO 35) oder wenn die Veröffentlichung bloß der Befriedigung von Neugierede und Sensationslust dient (Buchner aaO; SZ 48/73; SZ 50/22), was aber bei der Veröffentlichung des Lichtbildes einer bekannten Persönlichkeit nicht ohne weiteres anzunehmen ist; das Interesse an der Veröffentlichung eines Lichtbildes ist aber umso eher zu bejahen, je enger der Zusammenhang zu Tatsachen des öffentlichen Lebens ist (Buchner aaO; vgl zum ähnlichen Begriff des überwiegenden Interesses der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung einer Medienberichterstattung in § 29 MedienG Hartmann-Rieder, Kommentar zum MedienG 180). Grundsätzlich ist daher auch die Veröffentlichung von Archivbildern einer im öffentlichen Leben stehenden Person zu einer sachlichen Information über die Person des Betroffenen aus Anlaß einer aktuellen Berichterstattung zulässig; auch eine solche Bildnisveröffentlichung kann, für sich gesehen, einen Nachrichtenwert haben.
Das vorliegende Lichtbild ist aus Anlaß eines öffentlichen Auftretens des Klägers im Kärntner Landtag oder bei einer Wahlveranstaltung aufgenommen worden; eine Herabsetzung des Klägers ist damit nicht verbunden. Der Umstand, daß der Kläger in einem Moment aufgenommen wurde, als er - offenbar bloß zum Zweck des Anfeuchtens der Lippen - die Zunge kurz herausstreckte, gibt weder den Kläger der Lächerlichkeit preis, noch sonst zu der Mißdeutung Anlaß, er zeige dem daneben abgebildeten Landeshauptmann von Kärnten die Zunge. Im Zusammenhang mit dem danebenstehenden Text verletzt die Bildnisveröffentlichung allerdings - wenn auch nicht in einem hohen Ausmaß - berechtigte Interessen des Klägers. Immerhin wird er mit "Unsitten", mit denen "aufgeräumt" werden müsse, in Zusammenhang gebracht; ihre Darstellung im weiteren Text wirkt dann allerdings nicht besonders gravierend. Daß der Betriebsrat Ehrengeschenke an verdiente Mitarbeiter überreicht hat, die vom Land Kärnten finanziert wurden, wird als "Sich-Schmücken mit fremden Federn" bezeichnet; der Vorwurf der mißbräuchlichen Verwendung öffentlicher Gelder ist damit nicht verbunden. Auch die Anschuldigung, daß der Kläger für den Zentralbetriebsrat trotz der bestehenden Personalnot eine vierte Sekretärin beantragt habe, ist zwar geeignet, den Ruf des Klägers als Vertreter von Dienstnehmerinteressen zu schmälern; ein unehrenhaftes oder gesetzwidriges Verhalten wird damit aber nicht aufgezeigt. Demgegenüber besteht ein erhebliches Interesse, aus Anlaß der aktuellen Berichterstattung über die öffentliche Kritik des Landeshauptmannes von Kärnten an der Amtsführung des Klägers die Öffentlichkeit über die Person des Klägers, der als politischer Interessenvertreter im Blickpunkt des lokalen öffentlichen Lebens in Kärnten steht, auch durch ein - mit seiner öffentlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehendes - Lichtbild zu informieren. Angesichts dieses Nachrichtenwertes überwiegt das Informationsinteresse der Beklagten das Interesse des Klägers am Unterbleiben der Veröffentlichung seines Lichtbildes. Daß der Kläger in dem Artikel nicht zu Wort kommt, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, wie weit die Kritik an ihm sachlich unrichtig bzw nicht "in dieser Form" erhoben worden sein soll.
Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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