Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 23.207,04 (darin enthalten S 3.867,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 15.11.1989, 17 Cg 128/84-4, wurde den Klägerinnen verboten, Veröffentlichungen in der N*****-Zeitung, insbesondere eine Artikelserie "Die Wahrheit über unsere Müllberge", anzukündigen oder vorzunehmen, wenn diese Veröffentlichungen nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" angekündigt bzw gekennzeichnet sind und für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, insbesondere es sich um eine bezahlte Informationskampagne der Verpackungsindustrie handelt, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.
In der Ausgabe der N*****-Zeitung vom 25.11.1989 erschienen unter der Überschrift "Gesund 2000, eine Initiative des Gesundheitsministers und der K*****" ein Artikel mit dem Titel "Der 'neue' Arzt" und ein Interview mit dem Gesundheitsminister:
Abbildung nicht darstellbar!
Diese Einschaltung war Teil einer vom 16.11.1989 bis 16.12.1989 laufenden Aktion, für welche die Klägerinnen von der Republik Österreich als Entgelt einen Druckkostenbeitrag von S 2,402.000 erhalten hatten.
Wegen dieser Einschaltung bewilligte das Erstgericht am 6.12.1989 zu 13 E 16.487/89 der Beklagten auf Grund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte über die Klägerinnen eine Geldstrafe von S 40.000.
Mit ihrer auf § 36 EO gestützten Klage beantragen die Klägerinnen die Unzulässigerklärung dieser Exekution. Der zum Anlaß der Exekutionsführung genommene Artikel vom 25.11.1989 habe nicht gegen den Exekutionstitel verstoßen; die Initiative dazu sei von der Hoheitsverwaltung im öffentlichen Interesse im Rahmen der Gesundheitsvorsorge ausgegangen. Derartige, wenngleich entgeltlich vorgenommene Veröffentlichungen verstießen nicht gegen den Schutzzweck des § 26 MedienG. Durch diese Bestimmung sollten nur die als redaktionelle Mitteilungen gestalteten Werbeeinschaltungen erfaßt werden.
Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die Einschaltung in der N*****-Zeitung vom 25.11.1989 habe schon deshalb gegen § 26 MedienG verstoßen, weil dafür ein Entgelt geleistet wurde.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Da für die Einschaltung vom 25.11.1989 ein Entgelt geleistet wurde, hätte sie im Sinne des § 26 MedienG auch als Anzeige gekennzeichnet werden müssen. Die Klägerinnen hätten somit gegen den Exekutionstitel verstoßen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die Revision nicht zulässig sei. Es trat der Rechtsansicht des Erstgerichtes bei, wonach die Entgeltlichkeit einer Einschaltung allein maßgebend für die Kennzeichnungspflicht im Sinne des § 26 MedienG sei. Daß die Pflicht zur Kennzeichnung entfalle, wenn eine öffentliche Stelle den Auftrag für eine entgeltliche Einschaltung erteilt hat, könne dem Gesetz, welches nur auf die Entgeltlichkeit abstelle, nicht entnommen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Parteien mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil die Frage, ob eine in ein periodisches Medium entgeltlich eingeschaltete, der Verbreitung des Gedanken der Vorsorgemedizin dienende Information der Obersten Gesundheitsbehörde über Maßnahmen und Ziele der Gesundheitspolitik der Kennzeichnungspflicht gemäß § 26 MedienG unterliegt, bisher nicht Gegenstand oberstgerichtlicher Entscheidungen war; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 26 MedienG müssen Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, in periodischen Medien als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sein, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können. Diese Bestimmung ist aus der Erwägung eingeführt worden, daß redaktionellen Beiträgen vom Leserpublik größeres Vertrauen als Anzeigen entgegengebracht wird, weil letztere offensichtlich den Interessen derer dienten, die dafür zahlen; das führe dazu, daß die Werbung mitunter bestrebt sei, Anzeigen den äußeren Schein redaktioneller Mitteilungen zu geben, um sich damit deren publizistisches Gewicht zu verschaffen. Damit sollte der gegen solche Täuschungen vorher durch § 26 PresseG gewährte Schutz stärker herausgearbeitet und dahin verdeutlicht werden, daß sämtliche entgeltliche Veröffentlichungen der Kennzeichnungspflicht unterliegen, auch wenn sie nicht geradezu den Charakter einer Anpreisung oder Ankündigung haben (RV 2 BlgNR 15. GP 39). Auch der Justizausschuß, der die zum Gesetz gewordene Neufassung vorschlug, hat diesem Gedanken Rechnung getragen (743 BlgNR 15.GP 11). Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrmals ausgesprochen hat (4 Ob 124/90; MR 1990, 237; MR 1991, 75), bedarf § 26 MedienG jedoch im Hinblick auf den offenkundigen Gesetzeszweck, Täuschungen über den publizistischen Charakter entgeltlicher Veröffentlichungen zu verhindern, einer teleologischen Reduktion in der Richtung, daß unter "Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten" nur solche zu verstehen sind, die ihrem Inhalt nach (auch) als redaktionelle Beiträge verstanden werden können. In der Entscheidung MR 1991, 75 hat der Oberste Gerichtshof überdies zum Ausdruck gebracht, daß die Bestimmung auf solche Veröffentlichungen der im Gesetz genannten Art zu beschränken ist, die in irgendeiner Weise geeignet sind, (auch) als Werbung im weitesten Sinn aufgefaßt zu werden: das wurde damit begründet, daß bei - wenngleich entgeltlich eingeschalteten - allgemeinen Angaben, die weder einer bestimmten Ware, Dienstleistung oder Idee noch bestimmten - physischen oder juristischen - Personen als Werbenden zugeordnet werden können, keinerlei Notwendigkeit besteht, das angesprochene Publikum durch eine Kennzeichnung im Sinne des § 26 MedienG darüber aufzuklären, daß für die Einschaltung ein Entgelt geleistet wurde. An dieser Auffassung wird auch weiterhin festgehalten.
Auch eine Veröffentlichung im Interesse oder im Auftrag einer staatlichen Stelle, mit der die Ausweitung und die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Vorsorgemedizin propagiert wird, enthält eine Werbebotschaft im weitesten Sinn. Auch im "nichtkommerziellen" Bereich besteht ein Interesse des Publikums, davon Kenntnis zu erhalten, daß eine Veröffentlichung nicht von dem Zeitungsunternehmen ausgeht, dessen "Linie" dem Leser häufig vertraut ist, sondern einer außenstehenden Interessengruppe dient, die dafür zahlt, daß der Inhalt des Beitrages in Verfolgung ihrer Zielsetzungen - die durchaus positiv sein und sich mit der allgemeinen Meinung weitgehend decken
können - veröffentlicht wird. Angesichts des Wortlautes und der Ausführungen in der RV zum MedienG - wonach die Kennzeichnungspflicht sämtliche entgeltliche Veröffentlichungen treffen soll, auch wenn sie nicht geradezu den Charakter einer Anpreisung oder Ankündigung haben - ist nicht zu sehen, warum § 26 MedienG nicht nur auf Werbungen für bestimmte Personen und Institutionen, sondern auch auf die Propagierung von Ideen und Zielen angewendet werden sollte. Nur mit dieser Auslegung ist im übrigen auch - worauf die Revisionsbeantwortung verweist - § 46 Abs 3 Satz 3 MedienG vereinbar; wollte man nämlich Aufrufe und Anordnungen von Bundes- und Landesbehörden in Krisen und Katastrophenfällen (§ 46 Abs 1 Z 1 MedienG) nicht unter die in § 26 MedienG aufgezählten Beiträge subsumieren, dann hätte es dieser Ausnahmeregelung nicht bedurft.
Schließlich besteht im vorliegenden Fall auch kein Zweifel darüber, daß die beanstandete Information - obwohl entgeltlich eingeschaltet - dem Leserpublikum gegenüber wie ein redaktioneller Artikel erscheinen mußte. Treffen aber alle diese Voraussetzungen zu, dann müssen entgeltliche Einschaltungen auch als solche gekennzeichnet werden. Ob sie im Einzelfall im Auftrag einer öffentlichen Stelle erschienen sind, ist unter diesen Umständen ohne Bedeutung. Dem in der zweiten Überschrift der Einschaltung enthaltene Hinweis darauf, daß die Artikelserie "Gesund 2000" auf eine Initiative des Gesundheitsministers und der N*****-Zeitung zurückgehe, ist die vom Gesetz geforderte Aufklärung nicht zu entnehmen; er wäre auch nicht geeignet, beim Durchschnittsleser den Eindruck zu erwecken, daß diese Artikelserie nicht unter der alleinigen Verantwortung der Zeitungsredaktion zustande gekommen ist.
Die Klägerinnen haben somit gegen den eingangs erwähnten, jede Verletzung des § 26 MedienG umfassenden Exekutionstitel verstoßen; mit Recht haben die Vorinstanzen daher ihre Impugnationsklage abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)