Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird in Ansehung der verpflichteten Partei "D*****gesellschaft mbH in der Hauptsache bestätigt (Geldstrafe insgesamt S 420.000,-) und im übrigen dahin abgeändet, daß in Ansehung der "D*****gesellschaft mbH & Co KG die Strafanträge ON 6 bis 11 abgewiesen werden.
Die Kosten der betreibenden Partei gegen die GmbH werden mit S 43.972,68 (darin S 7.328,88 an Umsatzsteuer) neu bestimmt. Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten GmbH die mit S 17.704,80 (darin S 2.950,80 an Umsatzsteuer) bestimmten Revisionsrekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 20. 2. 1990, 37 Cg 306/89-7, wurde den Gegnern der gefährdeten Partei
1.) D*****gesellschaft mbH & Co KG und
2.) D*****gesellschaft mbH verboten, in der periodischen Druckschrift "D*****" entgeltliche Einschaltungen, insbesondere über Gelierzucker, zu veröffentlichen, wenn diese Ankündigungen nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sind, es sei denn, daß Zweifel über die Entgeltlichkeit durch die Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können. Mit Beschluß vom 7. 3. 1990 bewilligte das Handelsgericht Wien der betreibenden Partei auf Grund dieser einstweiligen Verfügung die Exekution gegen beide nach dem Exekutionstitel verpflichteten Parteien, weil diese in der Ausgabe der genannten Druckschrift Nr. 9/1990 vom 1. 3. 1990 zumindest zwei bezahlte Einschaltungen veröffentlichten, die nicht entsprechend gekennzeichnet seien. Das Erstgericht, dem als Exekutionsgericht die Verhängung der Beugestrafe gemäß § 355 Abs 1 EO vorbehalten worden war, verhängte mit Beschluß vom 13. 3. 1990 über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von je S 80.000,-. Die zweite Instanz gab einem von den verpflichteten Parteien gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs nicht Folge (Beschluß vom 21. 5. 1990, ON 14).
In der Folge langten weitere Vollzugsanträge der betreibenden Partei ein, weil der einstweiligen Verfügung am 29. 3. 1990 (ON 6), 30. 3. 1990 (ON 8), 31. 3. 1990 (ON 7), 2. 4. 1990 (ON 9), 3. 4. 1990 (ON 10), 4. 4. 1990 (ON 11) - jeweils durch den Vertrieb der Ausgabe der "D*****" Nr. 13 -, sowie am 10. 4. 1990 (ON 12) und am 11. 4. 1990 (ON 13) - Vertrieb der Ausgabe Nr. 14 - zuwidergehandelt worden sei; als verpflichtete Parteien wurden bis einschließlich des Zuwiderhandelns am 4. 4. 1990 (ON 11) beide verpflichtete Parteien angeführt, in der Folge - ohne Angabe von Gründen - nur die vormals zweitverpflichtete Partei.
Das Erstgericht entschied über alle diese Anträge mit Beschluß vom 25. 9. 1990 (ON 15). Es verhängte gegen die verpflichteten Parteien "neuerlich eine Geldstrafe von je S 80.000,-" und bestimmte die Kosten der betreibenden Partei mit insgesamt S 46.687,68.
Die zweite Instanz gab dem Rekurs der betreibenden Partei Folge, nicht aber jenem der verpflichteten Partei - als die allein die vormals zweitverpflichtete Partei auftrat -, und änderte den Beschluß dahin ab, daß auf Grund der Anträge ON 6 bis 11 über jede der verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von S 50.000,-
je Antrag (insgesamt S 600.000,-) und auf Grund der Anträge ON 12 und 13 über die verpflichtete Partei (vormals zweitverpflichtete Partei) eine Geldstrafe von S 60.000,- je Antrag (insgesamt S 120.000,-) verhängt wurde; sie sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteige und daß der Rekurs gegen ihre Entscheidung nicht zulässig sei. Zwar habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 3 Ob 109/81 ausgesprochen, daß entsprechend der "Stufenabgrenzung" über alle unerledigten Anträge gemeinsam zu entscheiden sei und hiebei für alle Zuwiderhandlungen, die Gegenstand der unerledigten Anträge seien, nur eine gemeinsame Strafe verhängt werden könne. Diese Rechtsprechung sei jedoch seit der Änderung des § 359 EO durch die WGN 1989 nicht mehr anwendbar. Nach § 359 Abs 1 EO nF dürfe die Geldstrafe je Antrag S 80.000,- nicht übersteigen. Werde über mehrere Anträge gemeinsam in einem Beschluß entschieden, könne in diesem Beschluß (höchstens) ein Strafbetrag festgesetzt werden, der sich aus der Vervielfachung von S 80.000,- mit der Anzahl der Anträge ergebe. Dies bedeute aber, daß über mehrere unerledigte Anträge sowohl in Einzelbeschlüssen als auch in einem Gesamtbeschluß entschieden werden könne, ohne daß dies in der Ausmessung der Geldstrafe und im Kostenpunkt für den Verpflichteten einen Unterschied bedeute. Es sei daher auf Grund eines jeden der gegen die Verpflichteten gerichteten Anträge je eine Geldstrafe zu verhängen. Bei der Ausmessung der Strafe sei das Rekursgericht an den Rekursantrag der betreibenden Partei gebunden.
Das Vorbringen der vormals zweitverpflichteten Partei in ihrem Rekurs, sie sei seit 30. 3. 1990 Gesamtrechtsnachfolgerin der vormals erstverpflichteten Partei nach § 142 HGB, sodaß im Zeitpunkt der Erlassung des Strafbeschlusses nur noch die vormals zweitverpflichtete Partei bestanden habe und die Geldstrafe daher nur über sie hätte verhängt werden dürfen, verstoße gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot. Die Strafanträge seien entgegen der Ansicht der verpflichteten Partei berechtigt; denn die verpflichtete Partei verstoße nicht nur durch die erstmalige Veröffentlichung von entgeltlichen Einschaltungen, wenn diese nicht als solche gekennzeichnet seien, gegen die Exekutionsbewilligung, sondern auch durch den nach der Rechtsprechung jeweils auf einen Tag abzustellenden Vertrieb. Den Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes begründete das Rekursgericht unter Hinweis auf die §§ 78 EO und 500 ZPO, jenen über die Unzulässigkeit "des Rekurses" auf die §§ 78 EO und 528 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Die vormals zweitverpflichtete Partei macht mit außerordentlichem Revisionsrekurs geltend, die zweite Instanz sei in im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, und zwar in den Fragen, ob
1) über eine nicht existierende Gesellschaft Geldstrafen verhängt werden dürfen, 2) der stufenweise zu steigernde Zwang seit der WGN 1989 nicht mehr beachtet zu werden brauche, 3) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu beachten sei und 4) die Entscheidung WBl 1989, 343 auf Fälle ausgedehnt werden dürfe, in denen nicht eine bestimmte Ankündigung, sondern eine bestimmte Veröffentlichung verboten ist.
Die vormals zweitverpflichtete Partei hatte ihrem Rekurs an die zweite Instanz die beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister beim Handelsgericht Wien, Abteilung A Nr. 23.313 betreffend die vormals erstverpflichtete Partei angeschlossen. Nach einer Eintragung in dieses Register vom 30. 3. 1990 ist die einzige Kommanditistin dieser Partei ausgeschieden; die Gesellschaft aufgelöst; das Unternehmen gemäß § 142 HGB auf die vormals zweitverpflichtete Partei übergegangen und die Firma (der vormals erstverpflichteten Partei) erloschen. Die Geschäftsübernahme nach § 142 HGB führt zur Gesamtrechtsnachfolge (EvBl 1979/158; Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 10 zu § 142 mwN). Bei Gesamtnachfolge auf Seite des betreibenden Gläubigers oder des Schuldners nach Bewilligung der Exekution tritt eine Änderung der betreffenden Partei von selbst ein; wird also etwa eine Verlassenschaft nach Exekutionsbewilligung eingeantwortet, so ist nichts anderes zu tun, als die Parteibezeichnung mit Beschluß richtigzustellen; es bedarf hiezu keiner Prozeßhandlung; der Beschluß hat nur deklarative Bedeutung; dasselbe gilt von den sonstigen Fällen der Gesamtnachfolge (Heller-Berger-Stix 362). Wird eine als verpflichtete Partei in Anspruch genommene, aus zwei Gesellschaftern bestehende OHG nach Exekutionsbewilligung von einem der Gesellschafter übernommen, so ist dies einer Gesamtrechtsnachfolge gleichzustellen; die Exekution kann gegen diesen Gesellschafter fortgeführt werden (JBl 1978, 97; für die KG vgl auch SZ 37/171 und Heller-Berger-Stix 229 f). Die vormals zweitverpflichtete Partei hat deshalb mit ihrem Rekursvorbringen, sie sei Gesamtrechtsnachfolgerin der vormals erstverpflichteten Partei, nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßen - die Parteifähigkeit eines exekutionsrechtlichen Subjekts ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Heller-Berger-Stix 184 f) -, sondern nur Anlaß zu einer von Amts wegen vorzunehmenden Richtigstellung gegeben.
Ist aber die Gesellschaft der vormals erstverpflichteten Partei nach der Eintragung im Handelsregister vom 30. 3. 1990 aufgelöst, so konnten über sie ab diesem Zeitpunkt Geldstrafen wegen Zuwiderhandelns gegen ein Unterlassungsgebot nicht mehr verhängt werden. Der Revisionsrekurs der vormals zweitverpflichteten Partei erweist sich damit als zulässig und insoweit als berechtigt, als über die vormals erstverpflichtete Partei Geldstrafen verhängt wurden. Die sie betreffenden Anträge der betreibenden Partei waren in Abänderung des angefochtenen Beschlusses zur Gänze abzuweisen.
Im übrigen kommt dem Revisionsrekurs jedoch keine Berechtigung zu.
Die zweite Instanz hat mit dem angefochtenen Beschluß (ungeachtet der oben wiedergegebenen Begründung) für das weitere Zuwiderhandeln der verpflichteten Parteien - wiewohl über sie mit dem (ersten) Vollzugsbeschluß vom 13. 3. 1990 bereits eine Geldstrafe von je S 80.000,- verhängt worden war - mehrere Beugestrafen von S 50.000,- bzw. S 60.000,- verhängt. Wurden aber die Folgestrafen niedriger als die erste Strafe bemessen, vermag sich die verpflichtete Partei darüber nicht zu beschweren.
Zufolge des geänderten Wortlautes des § 359 Abs 1 EO ist in einem über mehrere Anträge ergehenden Beschluß für alle Zuwiderhandlungen, die Gegenstand der unerledigten Anträge sind, nicht mehr nur eine einzige gemeinsame Strafe mit einer bestimmten Höchstgrenze zu verhängen (§ 359 Abs 1 EO idF vor der WGN 1983), sondern eine Strafe mit einer bestimmten Höchstgrenze je Antrag zu verhängen. Daß es hiedurch bereits im ersten auf die Exekutionsbewilligung folgenden Vollzugsbeschluß zu hohen Strafen kommen kann, wenn über mehrere Vollzugsanträge gemeinsam entschieden wird, entspricht dem Wortlaut des Gesetzes und dem im außerordentlichen Revisionsrekurs zitierten Justizausschußbericht zur WGN 1989, 991 BlgNr 17.GP (" .... Strafbetrag ....., der sich aus der Vervielfachung von S 80.000,- mit der Anzahl der Anträge ergibt").
Die Ausführungen der verpflichteten Partei in ihrem Rechtsmittel, die zweite Instanz habe über ihren Rekurs gegen den ersten Beschluß des Erstgerichtes vom 13. 3. 1990 (mit dem über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von je S 80.000,-
verhängt worden war) bisher nicht entschieden, sind verfehlt. Die bestätigende Entscheidung erging vielmehr, wie bereits dargelegt wurde, am 21. 5. 1990 (ON 14). Richtig ist allerdings, daß ein Zustellnachweis an den Vertreter der verpflichteten Partei fehlt (vgl. AS 50). Das ändert aber nichts an der Rechtswirksamkeit des ersten Strafbeschlusses, zumal einem Rekurs aufschiebende Wirkung nicht zugekommen wäre.
Nicht zu folgen vermag der Oberste Gerichtshof auch den Ausführungen der verpflichteten Partei, der vorliegende Fall unterscheide sich wesentlich von jenem der Entscheidung WBl 1989, 343, auf deren Grundlage das Rekursgericht über die verpflichtete Partei wegen eines jeden Tages, an dem die Zeitschrift "D*****", in der durch nicht gekennzeichnete Anzeigen gegen das Unterlassungsgebot verstoßen worden war, vertrieben wurde, antragsgemäß eine Geldstrafe verhängte. Nach der genannten Entscheidung trifft das Verbot, in einer Zeitschrift eine Zugabe anzubieten, nicht nur die eigentliche Herausgabe der Zeitschrift, sondern auch deren Vertrieb. Setzt der Verpflichtete den Vertrieb fort, so liegt ein Verstoß gegen das Verbot in der Unterlassung geeigneter Maßnahmen, den Vertrieb einzustellen. Es ist jeweils für jeden Tag ein Verstoß darin zu suchen, daß auch dieser Tag wieder nicht zur Vornahme geeigneter Abstellungsmaßnahmen genutzt wurde. Begründet wurde diese Ansicht vor allem mit dem Hinweis auf § 15 UWG, wonach der Anspruch auf Unterlassung auch das Recht umfaßt, die Beseitigung des den Vorschriften des UWG widerstreitenden Zustandes vom Verpflichteten zu verlangen, soweit ihm die Verfügung hierüber zusteht. Das Verbot, nicht gekennzeichnete entgeltliche Einschaltungen zu veröffentlichen, unterscheidet sich entgegen der Ansicht der verpflichteten Partei nicht wesentlich vom Verbot der Ankündigung unentgeltlicher Zugaben. Auch hier wird an jedem Tag, an dem die verpflichtete Partei den Vertrieb jener Zeitschrift fortsetzt, in der nicht gekennzeichnete entgeltliche Einschaltungen veröffentlicht werden, dem Verbot zuwider gehandelt, da die verpflichtete Partei gehalten wäre, den Vertrieb der Zeitschrift, solange diese die genannte Veröffentlichung enthält, einzustellen.
Die vom Rekursgericht verhängten Geldstrafen entsprechen der Hartnäckigkeit des Zuwiderhandelns der verpflichteten Partei und sind ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angemessen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 78 EO, 41, 43 Abs 1 und § 50 ZPO.
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