Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 42.757,30 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten 6.239,55 S USt und 5.320 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der Klägerin die mit 22.247,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 10.000 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war vom 2.1.1961 bis 21.9.1989 bei der beklagten Partei als Sekretärin mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 45.000 S vierzehnmal jährlich beschäftigt. Die Tätigkeit der Klägerin bestand unter anderem in der Postverteilung, Aufteilung der Arbeit auf die einzelnen Abteilungen, Erledigung der Korrespondenz, Personalwesen und Anbotswesen. Die Klägerin arbeitete selbständig, teilweise jedoch nur nach Absprache zuerst mit ihrem Ehemann, der gemeinsam mit ihr die Firma aufgebaut hatte, und dann mit ihrem Sohn, der bis zum 31.3.1989, dem Tag seiner Entlassung, Geschäftsführer der beklagten Partei war. Im April 1989 wurde unter anderem auch vom Sohn der Klägerin ein Konkurrenzunternehmen in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, die im Mai 1989 ins Handelsregister eingetragen wurde. Die beklagte Partei kündigte die Klägerin am 31.3.1989 zum 30.9.1989, weil die Zusammenarbeit mit der Klägerin für den neuen Geschäftsführer der beklagten Partei aus persönlichen Gründen nicht möglich war und auch befürchtet wurde, daß die Klägerin ihrem Sohn bzw dem von diesem gegründeten Unternehmen Informationen über die beklagte Partei weitergeben könne. Die Klägerin wurde anläßlich der Kündigung mit sofortiger Wirkung dienstfrei gestellt. Sie wurde in der Folge von ihrem Sohn gebeten, bei den zu Beginn des Aufbaus des neuen Unternehmens anfallenden Arbeiten zu helfen und war in der Folge ab Mai 1989 auch tatsächlich bei diesem Unternehmen tätig. Die beklagte Partei erhielt von dieser Tätigkeit der Klägerin im September 1989 Kenntnis und sprach mit Schreiben vom 20.9.1989 die Entlassung aus. Es steht nicht fest, daß die Klägerin Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der beklagten Partei an ihren Sohn oder das neue Unternehmen weitergegeben hat.
Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Betrages von 290.481 S. Die Entlassung sei zu Unrecht erfolgt; an Kündigungsentschädigung, aliquoter Weihnachtsremuneration und Abfertigung hafte ein Betrag in der geltend gemachten Höhe aus.
Die beklagte Partei stellte die Höhe des begehrten Betrages außer Streit, beantragte jedoch die Abweisung der Klage. Die Klägerin habe sich untreu verhalten und sich des Vertrauens der beklagten Partei für unwürdig erwiesen, weil sie während der Kündigungsfrist für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen sei. Der Entlassungstatbestand des § 27 Z 1 AngG sei daher erfüllt.
Das Erstgericht gab dem Begehren der Klägerin statt. Es legte seiner Entscheidung zugrunde, daß die Klägerin bis Ende Juni 1989 zwei- bis dreimal wöchentlich (offenbar jeweils) drei bis vier Stunden über Ersuchen ihres Sohnes bei dem neu gegründeten Unternehmen tätig gewesen sei und hiefür kein Entgelt bezogen habe. Wohl sei die Klägerin für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen, dies reiche aber zur Entlassung nur dann aus, wenn das andere Unternehmen durch Verwendung des Wissens des Angestellten etc Vorteile aus deren Tätigkeit habe ziehen können. Dies sei aber hier zu verneinen. Der Sohn der Klägerin und Geschäftsführer des neuen Unternehmens habe als früherer Geschäftsführer der beklagten Partei über die wesentlichen betrieblichen Kenntnisse verfügt. Diese wären daher dem Konkurrenzunternehmen schon auf diese Weise zur Verfügung gestanden. Daß aber die Klägerin dem neuen Unternehmen Geschäftsgeheimnisse der beklagten Partei verraten habe und dieser dadurch ein Schaden entstanden sei, sei nicht behauptet worden. Zu berücksichtigen sei auch die lange Beschäftigungsdauer der Klägerin bei der beklagten Partei und die Tatsache, daß die beklagte Partei auf eine weitere Tätigkeit der Klägerin keinen Wert gelegt habe. Das Begehren der Klägerin sei daher berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Begehren der Klägerin ab. Die Treuepflicht eines Dienstnehmers werde durch die Dienstfreistellung nicht berührt. Die Klägerin sei ungeachtet der Dienstfreistellung zur Erfüllung sämtlicher Vertragspflichten verbunden gewesen. Im allgemeinen sei zwar eine gesetz- und vertragswidrige Nebenbeschäftigung ohne Einschränkungen zulässig, doch sei hier zu beachten, daß die Klägerin bei der beklagten Partei wichtige Aufgaben zu erfüllen und Einblick in weite Bereiche des Betriebes gehabt habe. Die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft an das im Wettbewerb mit der beklagten Partei stehende neue Unternehmen habe gegen ihre Verpflichtungen als Dienstnehmerin grob verstoßen und sie des Vertrauens ihres Dienstgebers unwürdig gemacht. Es sei bedeutungslos, daß der Klägerin die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nicht habe nachgewiesen werden können. Die beklagte Partei habe mangels jeglicher Kontrollmöglichkeit nach objektiven Gesichtspunkten jedoch befürchten müssen, daß die Klägerin bei ihrer Mithilfe im neuen Unternehmen diesem ihre Kenntnisse von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zur Verfügung stellen werde. Dies sei insbesonders für den Aufbau des neuen Unternehmens von wesentlicher Bedeutung gewesen, weil die Klägerin über eine umfassende Kenntnis des Kundenstockes der beklagte Partei verfügt habe. Der Entlassungstatbestand des § 27 Z 1 AngG sei daher erfüllt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 7 Abs.1 AngG dürfen die im § 1 bezeichneten Angestellten ohne Bewilligung des Dienstgebers weder ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen betreiben noch in dem Geschäftszweige des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte machen. Ein Verstoß gegen dieses Gebot bildet gemäß § 27 Z 3 AngG einen Entlassungsgrund. Eine über die Bestimmung des § 7 AngG hinausgehende Beschränkung der privaten Betätigungsfreiheit (insbesondere auch eine Verpflichtung zur Unterlassung von Nebenbeschäftigungen) vermag, selbst wenn sie vertraglich vereinbart ist, keine Erweiterung des Entlassungstatbestandes des § 27 Z 3 AngG zu bewirken. Nur bei Vorliegen der dafür notwendigen besonders erschwerenden Voraussetzungen kann in einer Nebenbeschäftigung, die entgegen einer wirksamen vertraglichen Verpflichtung ausgeübt wird, - eine solche lag hier gar nicht vor - ein Vertrauensmißbrauch im Sinn des § 27 Z 1 AngG erblickt werden (Martinek-Schwarz, AngG6 616 f mwN). Solche Umstände liegen hier nicht vor.
Es mag zutreffen, daß für die beklagte Partei der Beweis dafür, daß die Klägerin geschäftliches Wissen, über das sie aus dem Betrieb der beklagten Partei verfügt, im neuen Unternehmen verwertete, schwer zu führen ist. Ein absoluter Entlassungsgrund für Konkurrenztätigkeit wird jedoch im Gesetz nur im Fall eines Verstoßes gegen § 7 AngG normiert. Der Entlassungsgrund gemäß § 27 Z 1 AngG ist im Fall einer dem § 7 AngG nicht zu unterstellenden Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen nur dann erfüllt, wenn dem Angestellten konkrete Verstöße gegen seine Treuepflicht zur Last fallen oder er ein bestimmtes Verhalten einnimmt, das ihn des Vertrauens seines Dienstgebers unwürdig macht, wie etwa Verrat von Geschäfts-, Betriebsgeheimnissen etc. Konkrete Verstöße der Klägerin in dieser Richtung hat die beklagte Partei aber nicht behauptet. Das Vorbringen erschöpft sich in der Vermutung, daß die Klägerin ihr Wissen aus dem Bereich der beklagten Partei für Zwecke des neuen Unternehmens verwertet haben könnte. Im übrigen war der Sohn der Klägerin Geschäftsführer des neuen Unternehmens, so daß diesem bereits alle die geschäftliche Tätigkeit der beklagten Partei betreffenden Informationen zur Verfügung standen und es des Wissens der Klägerin hierüber nicht bedurfte. Durch die bloße Tätigkeit der Klägerin für das Konkurrenzunternehmen wurde aber der Entlassungsgrund des § 27 Z 1 AngG selbst dann nicht hergestellt, wenn sie dabei in einem größeren Ausmaß als vom Erstgericht festgestellt beschäftigt gewesen sein sollte. Der Aufnahme von Beweisen für die Behauptung der beklagten Partei, daß die Klägerin im neuen Unternehmen vollzeitig beschäftigt gewesen sei, bedurfte es daher nicht, weil auch aus diesem Nachweis für den Standpunkt der beklagten Partei nichts gewonnen wäre.
Das der Höhe nach nicht bestrittene Begehren der Klägerin ist daher berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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