Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 19.4.1967 geborene Kläger maturierte im Sommer 1988 und wurde nach Ablauf der Sommerferien ab 1.10.1988 zwecks Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes zum Bundesheer einberufen.
Parallel zur Ableistung des Präsenzdienstes immatrikulierte der
Kläger an der Universität Salzburg; er inskribierte das Fach
"Computerwissenschaften". Er besuchte einige Vorlesungen, doch
war eine "konkrete Studienausübung" auf Grund des Präsenzdienstes
nicht möglich. Er beendete diesen Präsenzdienst am 31.5.1989. Auf
Grund seines Antrages vom 25.4.1989, worin er vorbrachte, daß er
sein Studium nach Ende des Präsenzdienstes fortsetzen werde, und
nach Vorlage einer Inskriptionsbestätigung für das Sommersemester
1989 wurde dem Kläger mit Bescheid der beklagten
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom
20.6.1989 die Waisenpension ab dem 1.6.1989 weitergewährt. In
diesem Bescheid wurde der Kläger ausdrücklich belehrt, daß die
Beendigung der Kindeseigenschaft innerhalb von zwei Wochen im
Sinne des § 20 GSVG anzuzeigen ist. Wörtlich heißt es in dieser
Belehrung: "Insbesondere ist in jedem Fall zu melden....die
Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen
Erwerbstätigkeit..... der Anfall, die Höhe, jede Änderung der
Höhe und der Wegfall allfälliger neben der Pension erzielter
Erwerbseinkünfte..... außerdem ist zu melden bei Bezug von.....
Waisenpension.... im Fall der Weitergewährung über das
18. Lebensjahr: das Ende bzw die Unterbrechung der Schul- oder Berufsausbildung (zB auf Grund des Präsenzdienstes) und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit." Am 3.7.1989 trat der Kläger in ein zunächst auf drei Monate befristetes Dienstverhältnis zu der Firma E. ***** in Salzburg. Das monatliche Bruttoeinkommen betrug ca S 12.500,--. Nachdem der Kläger bei Ablauf der Befristung seines Dienstverhältnisses noch nicht sicher war, ob er sein Studium fortsetzen werde, inskribierte er vorsorglich im Wintersemester 1989/90 nochmals an der Universität Salzburg. Da ihm von seinem Dienstgeber aber die Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Dienstverhältnis angeboten worden war, entschloß er sich, sein Studium nicht fortzusetzen. In einem Schreiben vom 27.11.1989, das bei der beklagten Partei erst am 5.12.1989 einlangte, teilte der Kläger mit, daß er sein Studium abgebrochen habe und seither erwerbstätig sei.
In der Zeit vom 1.Juli bis 31.Dezember 1989 wurde dem Kläger an Waisenpension insgesamt ein Betrag von S 30.266,60 ausgezahlt.
Mit Bescheid vom 7.5.1990 sprach die beklagte Partei aus, daß dem Kläger die Waisenpension ab 1.7.1989 nicht gebühre; zugleich forderte sie den Überbezug von S 30.266,60 gemäß § 76 GSVG zurück.
Das Erstgericht wies das auf Weitergewährung der Waisenpension über den 30.6.1989 hinaus und auf Abstandnahme von der Rückforderung gerichtete Klagebegehren ab und erkannte den Kläger schuldig, der beklagten Partei den Überbezug von S 30.266,60 in Monatsraten von S 1.500,-- zurückzuzahlen. Nach Darstellung des § 128 Abs 2 Z 1 GSVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der
13. GSVGNov führte das Erstgericht aus, während der Ableistung des Präsenzdienstes bestehe die Kindeseigenschaft nicht. Hingegen werde sie auch für die Zeit zwischen dem Ende des Präsenzdienstes und dem Beginn des Weiterstudiums begründet, sofern das Studium zum frühestmöglichen Zeitpunkt danach aufgenommen oder fortgesetzt werde. Da der Kläger ab 3.7.1989 ein Dienstverhältnis eingegangen sei und in der Folge die Fortsetzung des Studiums nicht mehr betrieben habe, bestehe die Kindeseigenschaft ab dem 1.7.1989 nicht mehr. Infolge zumindest fahrlässiger Verletzung der Meldevorschrift des § 20 GSVG sei das Rückforderungsbegehren nach § 76 Abs 1 GSVG berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Die Kindeseigenschaft nach § 128 Abs 2 Z 1 GSVG werde bei Studenten während der Sommerferien (Juli bis September) nicht unterbrochen, wenn unmittelbar nach Ferienende das Studium fortgesetzt werde. Auch die Aufnahme einer Ferialarbeit während der Sommerferien unterbreche unter dieser Voraussetzung die Kindeseigenschaft nicht. Der bloße Inskriptionsnachweis allein genüge nicht, sondern es müsse ein die Arbeitskraft überwiegend beanspruchendes Studium fortgesetzt werden. Werde das Studium nach den Sommerferien nicht mehr fortgesetzt, so falle die Kindeseigenschaft rückwirkend ab Beginn der Sommerferien weg. Der Kläger habe zwar "vorsorglich" im Wintersemester 1989/90 inskribiert, jedoch das Studium nicht mehr aufgenommen. Mangels ordnungsgemäßer Fortsetzung des Studiums sei die Kindeseigenschaft des Klägers mit Ende des Sommersemesters 1989 weggefallen; die Waisenpension für die zweite Jahreshälfte 1989 sei zu Unrecht geleistet worden. Nach § 76 Abs 1 GSVG habe der Versicherungsträger zu Unrecht erbrachte Leistungen unter anderem dann zurückzufordern, wenn der Leistungs- bzw. Zahlungsempfänger erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Der Kläger habe wissen müssen, daß ihm die Waisenpension über das Ende des Sommersemesters (30.6.1989) hinaus nur dann gebühre, wenn er sein Studium im Herbst ordnungsgemäß fortsetze. Diese Kenntnis habe er schon aus dem Inhalt des Pensionsbescheides haben müssen, wo ausgeführt sei, daß die Kindeseigenschaft nur für die Dauer einer die Arbeitskraft überwiegend beanspruchenden Schul- oder Berufsausbildung bestehe, und auf dessen Rückseite bei Aufzählung der Meldevorschriften die Belehrung enthalten sei, daß binnen zwei Wochen das Ende bzw die Unterbrechung der Schul- oder Berufsausbildung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gemeldet werden müßten. Daß diese Umstände dem Kläger auch bekannt gewesen seien, ergebe sich aus seinen Klagsbehauptungen, wonach er sich (durch seine Schwester) bei der beklagten Partei erkundigt habe, ob er ohne Verlust seiner Waisenpension eine Ferialbeschäftigung aufnehmen könne. Der Kläger habe daher nach § 76 Abs 1 GSVG die zu Unrecht empfangene Waisenpension zurückzuerstatten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil vom Kläger erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für das Fortbestehen
der Kindeseigenschaft nach § 128 Abs 2 Z 1 GSVG (entsprechend dem
§ 252 Abs 2 Z 1 ASVG) und für die Rückforderung zu Unrecht
erbrachter Leistungen nach § 76 Abs 1 GSVG (entsprechend dem
§ 107 Abs 1 ASVG) zutreffend dargelegt. Die Rechtsprechung hat
den herangezogenen Rückforderungstatbestand dann als erfüllt
angesehen, wenn dem Zahlungs- bzw dem Leistungsempfänger - unter
Voraussetzung gewöhnlicher (durchschnittlicher) geistiger
Fähigkeiten - bei einer ihm nach den Umständen des Einzelfalles
zumutbaren Aufmerksamkeit auffallen mußte, daß die Leistung nicht
oder nicht in dieser Höhe gebührte (SSV-NF 2/68 = JBl 1989, 62
mwH). Der Kläger mußte nicht nur erkennen, sondern wußte offenbar
sogar, daß ihm die Waisenpension über das Ende des
Sommersemesters (30.6.1989) hinaus nur unter der Voraussetzung
gebührte, daß er sein Studium im Wintersemester 1989/90
ordnungsgemäß fortführte. Hätte er dieses Studium - überwiegende
Beanspruchung seiner Arbeitskraft vorausgesetzt - im Oktober
ordnungsgemäß aufgenommen, dann wären die zwischen dem Ende des
Sommersemesters 1989 und dem Beginn des Wintersemesters 1989/90
gelegenen Monate Juli bis September 1989 als Ferienmonate zu
beurteilen gewesen, während deren die Kindeseigenschaft
weiterbestanden hätte (ebenso SSV-NF 2/68 = JBl 1989, 62 mwH). Ob die Eingehung eines auf drei Monate befristeten Arbeitsverhältnisses mit einem Monatsverdienst von etwa 12.500 S (vgl. dazu Martinek-Schwarz, AngG6 345) für sich allein einen Einfluß auf die Kindeseigenschaft im Sinne des § 128 Abs 2 Z 1 GSVG gehabt hätte, kann hier dahingestellt bleiben. Von Bedeutung ist nämlich, daß der Kläger - wie sich insbesondere auch aus der im Pensionsakt (Blatt 164) einliegenden Bestätigung des Arbeitgebers ergibt - nach Ende der Befristung lückenlos weiterbeschäftigt und in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen wurde. Von einer ordnungsgemäßen Weiterführung oder Wiederaufnahme des Universitätsstudiums im Wintersemester 1989/90 konnte daher keine Rede sein, war doch der Kläger seit Juli 1989 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden vollbeschäftigt. Der Kläger wußte schon zur Zeit der Auszahlung der Waisenpension für die Monate Juli bis September 1989, daß ihm diese Leistung nur unter der Bedingung gebührte, daß er - wie ursprünglich vorgesehen - im Wintersemester ein seine Arbeitskraft überwiegend beanspruchendes Studium fortsetzen werde. Diese Bedingung konnte frühestens im Oktober 1989 eintreten. Der Kläger wußte weiters, daß ihm die Waisenpension bei Nichteintritt dieser Bedingung nicht gebührte (vgl. neuerlich SSV-NF 2/68 = JBl 1989, 62). Darauf, daß er bis Oktober 1989 die Absicht hatte, sein Studium fortzusetzen und auch noch inskribierte, kommt es nicht an, weil die bloße Tatsache einer Inskription nichts über die tatsächliche Inanspruchnahme der Arbeitskraft aussagt. Nicht entscheidend ist weiters der in der Revision hervorgekehrte Umstand, daß der Kläger von der beklagten Partei die Auskunft erhalten habe, die Aufnahme einer Ferialarbeit sei auf den Pensionsanspruch ohne Einfluß.
Daraus folgt nicht nur, daß der beklagte Versicherungsträger dem Kläger für die Monate Juli bis Dezember 1989 mangels Eintrittes der erwähnten Bedingung die Waisenpension zu Unrecht erbracht hat, sondern auch, daß der Kläger zum Rückersatz dieser zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung verpflichtet ist.
Gemäß § 89 Abs 4 ASGG ist die Leistungsfrist für eine Rückersatzpflicht unter Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nach Billigkeit zu bestimmen; insoweit kann das Gericht die Zahlung auch in Raten anordnen. Dies hat schon das Erstgericht getan, indem es für die Rückzahlung Monatsraten von 1.500 S einräumte. Daß diese Raten unbillig hoch seien, ist nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen kann auch keine Rede davon sein, der Kläger habe die Pensionsleistungen gutgläubig verbraucht. Richtig ist, daß der Versicherungsträger gemäß § 76 Abs 3 Z 1 GSVG bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände auf die Rückforderung zur Gänze oder zum Teil verzichten kann. Während aber die Möglichkeit der Ratengewährung (§ 76 Abs 3 Z 2 GSVG) durch § 89 Abs 4 ASGG ausdrücklich auch den Sozialgerichten eingeräumt (und damit ältere gegenteilige Judikatur überholt) ist, hat es der Gesetzgeber des ASGG unterlassen, den Gerichten die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht zu übertragen; es muß daher davon ausgegangen werden, daß ihnen eine solche Kompetenz nicht zusteht (ebenso Kuderna, ASGG 451 Erl 12 zu § 89).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)