OGH 5Ob17/91

OGH5Ob17/9128.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige A*****genossenschaft reg. GenmbH, ***** vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dieter M*****, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 15. November 1990, GZ 21 R 335/90-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 2. Juli 1990, GZ 17 C 1918/89-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen die mit S 3.264 (darin enthalten S 544 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Postbediensteter und hat als solcher mit der Klägerin am 22.7./5.8.1981 einen Nutzungsvertrag über die Wohnung Nr. 8 im Haus B*****straße 37 in Salzburg abgeschlossen. § 5 Abs 4 dieses Vertrages schließt zufolge der Zweckwidmung der Wohnung für Post- und Telegraphen-Verwaltungsbedienstete im Falle der Ehescheidung des Nutzungsberechtigten die Übertragung der Nutzungsrechte an die geschiedene Gattin aus. Das Ausscheiden des Nutzungsberechtigten aus dem Dienst wurde ausdrücklich als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart.

Bereits im Jahr 1984 beabsichtigte der Beklagte, sich scheiden zu lassen, und betrieb in der Folge seine Versetzung nach Kärnten. Mit Wirksamkeit vom 1.1.1985 wurde er zum Postamt ***** Klagenfurt versetzt und zog zu diesem Zeitpunkt aus der Wohnung in Salzburg aus. Die Post- und Telegraphendirektion teilte ihm daraufhin am 31.5.1985 mit, daß er nicht mehr berechtigt sei, die zugewiesene Wohnung weiter zu benützen. Bemühungen des Beklagten um eine Zusage, daß seine Ehefrau und seine Tochter auch nach der Scheidung in der Wohnung bleiben können, hatten keinen Erfolg.

Am 19.6.1985 wurde die Ehe des Beklagten geschieden. Im Scheidungsvergleich übertrug er seiner geschiedenen Frau mit 1.7.1985 sämtliche Rechte an der streitgegenständlichen Wohnung und erklärte sich bereit, alle dazu erforderlichen Erklärungen gegenüber der Klägerin abzugeben. Er übernahm jedoch keine Haftung für das Einverständnis der Klägerin, sondern legte mit seiner geschiedenen Frau folgendes fest:

"Sollte es nicht möglich sein, das Nutzungs- bzw. Mietrecht an die Zweitantragstellerin zu übertragen, so erklärt der Erstantragsteller unwiderruflich, daß er selbst nicht sein Nutzungs- bzw. Mietrecht kündigen werde, sondern der Zweitantragstellerin die Nutzung der Wohnung gegen Bezahlung der auflaufenden Kosten und Gebühren zu gestatten, solange dies die Zweitantragstellerin wünscht".

Über Betreiben der Post- und Telegraphendirektion forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 13.2.1987 letztmalig auf, die Wohnung bis zum 31.12.1987 geräumt zu übergeben. Daraufhin teilte ihr der damalige Anwalt des Beklagten am 2.3.1987 mit, daß dieser "die Rechte an der ehelichen Wohnung gemäß § 87 EheG rechtsverbindlich seiner geschiedenen Gattin übertragen habe". Diese benützt nach wie vor die Wohnung, und zwar zusammen mit der am 28.2.1972 geborenen ehelichen Tochter, Andrea M*****.

Bis zum 20.5.1988 erfolgten sämtliche Zahlungen bezüglich der Wohnung vom Konto des Beklagten, er erhielt diese Zahlungen von seiner geschiedenen Gattin rückerstattet. Dann haben sich die beiden Eheleute auf Direktzahlungen durch die Frau geeinigt. Der Beklagte stornierte seinen Abbuchungsauftrag, seine geschiedene Gattin erteilte einen eigenen, wobei sie die Spalte "Name und Anschrift des Auftraggebers" sowie ihre Kontonummer selbst ausfüllte, die Daten bezüglich der klagenden Partei setzte der Beklagte ein. Ab diesem Zeitpunkt erfolgten dann die Abbuchungen direkt von dem Konto der geschiedenen Gattin des Beklagten.

Die nächste Reaktion der Klägerin war die streitgegenständliche Kündigung vom 24.8.1989. Sie wurde darauf gestützt, daß die Klägerin ihre Tätigkeit als gemeinnützige Bauvereinigung auf einen bestimmten Personenkreis iS des § 8 Abs 2 Z 1 und 2 WGG, nämlich auf die von der Post- und Telegraphendirektion nominierten Postbediensteten eingeschränkt habe. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Wohnung seiner geschiedenen Gattin, also einer nicht eintrittsberechtigten Person, zur Gänze weitergegeben und dadurch den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG verwirklicht; seine Absicht, ihr die Mietrechte abzutreten, verstoße gegen § 12 Abs 4 MRG (gemeint ist offensichtlich § 12 Abs 5 MRG idF der Novelle 1985) iVm § 20 Abs 3 WGG. Seit die Wohnung vom Beklagten verlassen wurde, werde sie außerdem nicht zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des Gekündigten oder eintrittsberechtigter Personen regelmäßig verwendet (§ 30 Abs 2 Z 6 MRG).

Gegen die vom Erstgericht bewilligte Aufkündigung erhob der Beklagte fristgerecht Einwendungen mit der Begründung, daß er die Wohnung seiner geschiedenen Gattin abgetreten und die Klägerin hievon auch in Kenntnis gesetzt habe. Unabhängig davon sei durch die Annahme der Mietzinszahlungen seiner geschiedenen Gattin seit dem Jahr 1987 ein faktisches Mietverhältnis zwischen ihr und der Klägerin zustandegekommen. Schließlich werde die Wohnung von einer nach dem MRG eintrittsberechtigten Person, nämlich der Tochter des Beklagten, zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses verwendet.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung auf grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts für rechtswirksam und trug dem Beklagten die Räumung der Wohnung binnen 14 Tagen auf. Ein Eintritt der Tochter des Beklagten in den Nutzungsvertrag sei nämlich durch § 12 Abs 5 MRG iVm § 8 Abs 2 Z 1 und 2 WGG sowie § 20 Abs 3 und 4 WGG ausgeschlossen; ein Mietvertrag zwischen der Klägerin und der geschiedenen Gattin des Beklagten sei nicht zustandegekommen, weil der Klägerin die Änderung der Überweisungsbelege nicht habe auffallen müssen.

Infolge Berufung des Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil dahin ab, daß es die Aufkündigung aufhob; allerdings wurde die ordentliche Revision zugelassen.

Gleich dem Erstgericht schloß auch das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Übertragung der Nutzungsrechte auf die geschiedene Gattin des Beklagten aus. Im Zuge der Scheidungsfolgenregelung hätte dies nur durch Richterspruch erfolgen können, der nicht vorliege; die in § 12 Abs 1 MRG vorgesehene Abtretung des Mietrechts komme im Hinblick auf Abs 5 leg.cit. (der gemäß § 43 Abs 1 MRG auch für Nutzungsverträge gelte, die vor Inkrafttreten des MRG abgeschlossen wurden) nicht in Frage, weil es sich bei der Klägerin um eine gemeinnützige Bauvereinigung handle, auf die die Voraussetzungen einer zulässigen Beschränkung des Kreises der Nutzungsberechtigten iS des § 8 Abs 2 Z 1 und 2 WGG zuträfen. Damit stimme die in § 5 Abs 4 des Nutzungsvertrages enthaltene Bestimmung überein, wonach die Übertragung der Nutzungsrechte an die geschiedene Gattin des Beklagten wegen der Zweckwidmung der Wohnung ausgeschlossen sei.

Folgerichtig sei der Beklagte, der selbst nie eine Aufkündigung oder Auflösung des Nutzungsvertrages erklärt habe (auch nicht durch das Schreiben seines Rechtsanwalts vom 2.3.1987), nach wie vor als Vertragspartner der Klägerin anzusehen. Die gegenständliche Aufkündigung sei auch völlig korrekt gegen ihn und nicht gegen seine geschiedene Gattin gerichtet worden. Sie bedürfe gemäß § 1 Abs 1 MRG iVm §§ 29 ff MRG eines wichtigen Kündigungsgrundes, der im konkreten Fall unter Berufung auf die Tatbestände des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG geltend gemacht worden sei und insoweit vorliege, als der Beklagte die Wohnung weitergegeben habe und nicht mehr zur Befriedigung eines eigenen dringenden Wohnbedürfnisses verwende; die beiden Kündigungstatbestände wären aber dann nicht verwirklicht, wenn die geschiedene Gattin des Beklagten und seine Tochter als eintrittsberechtigte Personen anzusehen wären. Darunter seien gemäß § 14 Abs 3 MRG u.a. der Ehegatte und Verwandte in gerader Linie zu verstehen, sofern diese Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt haben. Nach § 20 Abs 3 WGG iVm § 14 Abs 4 MRG könnte die Klägerin in einem solchen Fall allerdings darauf bestehen, daß nur eine Person eintritt (Würth in Rummel II, Rz 4 zu § 14 MRG).

Hier könne sich die Überprüfung des geltend gemachten Kündigungsgrundes auf den Tatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG beschränken, da dieser als lex specialis bei jeglicher Wohnungsweitergabe der Ziffer 6 vorgehe (SZ 41/130 ua). Die Eintrittsberechtigung einer Person, die diesen Kündigungsgrund ausschließe, richte sich danach, ob sie vorgelegen wäre, wenn der Mieter im maßgeblichen Zeitpunkt verstorben wäre. Sie müsse also nicht nur dem Personenkreis des § 14 Abs 3 MRG angehören, sondern im maßgeblichen Zeitpunkt auch mit dem Mieter im gemeinsamen Haushalt gelebt haben (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 35 zu § 30 MRG). Konkret komme es auf den Zeitpunkt der Weitergabe des Mietgegenstandes an. Lägen diese Voraussetzungen vor, dann stelle die Weitergabe des Mietgegenstandes - wie ein Größenschluß aus der Berücksichtigung des künftigen Bedarfs eintrittsberechtigter Personen ergebe - keinen Kündigungsgrund dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Mindestzeiten des gemeinsamen Haushalts für eine Abtretung der Mietrechte nach § 12 MRG nicht erfüllt wären (Würth-Zingher aaO, Rz 32 zu § 30 MRG).

Ein gemeinsamer Haushalt werde zwar nicht durch Unterbrechungen des Zusammenlebens aufgehoben, solange die Rückkehrabsicht besteht und auch ehestmöglich wahrgenommen wird, wohl aber durch eine dauernde Trennung, etwa dadurch, daß die betreffenden Personen ihre Lebensschwerpunkte in getrennte Wohnungen verlegen (Würth-Zingher aaO, Rz 17 zu § 14 MRG mwN). Wenn daher Weitergabe iSd § 30 Abs 2 Z 4 MRG Gebrauchsüberlassung bedeute (MietSlg. 30.389), habe der Beklagte mit seinem Auszug aus der Wohnung am 1.1.1985 den gemeinsamen Haushalt mit Ehegattin und Tochter beendet. Zu diesem für die Weitergabe der Wohnung maßgeblichen Zeitpunkt seien die beiden Eintrittsberechtigte iSd § 14 Abs 3 MRG gewesen; auf den Tag des Scheidungsvergleiches (19.6.1985) oder die beabsichtigte Übertragung der Nutzungsrechte zum 1.7.1985 komme es nicht an.

Mit dem Vorhandensein eintrittsberechtigter Personen bei der Weitergabe der Wohnung kämen die Kündigungstatbestände des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG nicht in Betracht, sodaß die vom Erstgericht bewilligte und auch für rechtswirksam erklärte Kündigung aufzuheben sei. Auf die Frage eines konkludent zustandegekommenen Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und der geschiedenen Ehegattin des Beklagten sei mangels Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen gar nicht einzugehen.

Die Zulassung der Revision wurde damit begründet, daß die Rechtsfrage, ob bereits der Auszug des Mieters aus der Wohnung oder erst seine Verfügung über den Mietgegenstand als Weitergabe iSd § 30 Abs 2 Z 4 MRG zu qualifizieren sei, grundsätzliche Bedeutung habe.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Revision mit der Begründung erhoben, daß der im gegenständlichen Fall anzuwendende § 12 Abs 5 MRG über den Ausschluß einer Abtretung der Hauptmietrechte hinfällig wäre, würde man § 30 Abs 2 Z 4 MRG so auslegen wie das Berufungsgericht. Unter den Voraussetzungen des § 12 Abs 5 MRG sei daher die Weitergabe der Wohnung jedenfalls ein Kündigungsgrund, weil eintrittsberechtigte Personen außerhalb jenes Personenkreises, auf den eine gemeinnützige Bauvereinigung ihren Geschäftsbetrieb zulässigerweise eingeschränkt habe (§ 8 Abs 2 Z 1 und 2 WGG), gar nicht in Frage kämen. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder iS einer Aufrechterhaltung der Aufkündigung abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Vom Beklagten liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung des Berufungsurteils vor.

Die Revision ist wegen der in ihr angesprochenen erheblichen Rechtsfrage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin stellt die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes nur insofern in Frage, als sie meint, die Verwendung der vom Miet- oder Nutzungsberechtigten weitergegebenen Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses einer (nur) iS des § 14 Abs 3 MRG eintrittsberechtigten Person schließe die Kündigung gemäß § 30 Abs 2 Z 4 MRG dann nicht aus, wenn ein Fall des § 12 Abs 5 MRG vorliege. Alle davon nicht betroffenen Entscheidungsgründe des Berufungsgerichtes können daher mit dem Hinweis übernommen werden, daß sie zutreffend sind (§ 510 Abs 3 ZPO). Das gilt für die Außerachtlassung des in § 30 Abs 2 Z 6 MRG normierten Kündigungstatbestandes (vgl. dazu noch JBl 1987, 447; 5 Ob 598/89; 7 Ob 710/89; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 27 zu § 30 MRG) ebenso wie für die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Überlassung des Mietgegenstandes an Eintrittsberechtigte keinen Kündigungsgrund darstellt (5 Ob 598/89) und daß die Eintrittsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts nach dem Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung durch den Hauptmieter zu beurteilen ist (NZ 1990, 259). Auch die Aussagen zu den Voraussetzungen eines gemeinsamen Haushalts iS des § 14 Abs 3 MRG sind richtig, sodaß zumindest die Eintrittsberechtigung der Tochter des Beklagten außer Zweifel steht, sieht man von dem noch zu erörternden Problem des § 12 Abs 5 MRG ab.

Was diese Frage betrifft, hat Würth (Erstes Wohnrechtsänderungsgesetz und Fragen des WGG, WoBl 1988, 63 f) Zweifel geäußert, ob der hier zur Diskussion stehende erste Halbsatz des § 12 Abs 5 MRG überhaupt dem (im Zeitpunkt der gegenständlichen Kündigung) geltenden Rechtsbestand angehört(e). Diese Zweifel sind jedoch durch das 2. Wohnrechtsänderungsgesetz, BGBl 1991/68, ausgeräumt, das dem neu gefaßten § 20 WGG in Abs 4 Z 1 eine Bestimmung anfügte, die dem gleichzeitig aufgehobenen § 12 Abs 5 MRG (und dem früheren § 20 Abs 3 WGG idF vor dem 1. WÄG, BGBl 1987/340) entspricht. Die Gesetzesmaterialien sprechen in diesem Zusammenhang von einer "Übernahme" mietrechtlicher Endigungsregeln (AB in 52 der BlgNR XVIII. GP, 3), unterstellen also eindeutig die Weitergeltung des § 12 Abs 5 MRG auch nach Aufhebung der inhaltsgleichen Regelung in § 20 Abs 3 WGG durch das 1. WÄG (vgl. Würth-Zingher, WohnR '91, Anm 19 zu § 20 WGG, wonach die gegenwärtige Auslegung nicht mehr aufrechterhalten werden kann). Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt daher tatsächlich davon ab, ob der im gegenständlichen Fall wirksame Ausschluß einer rechtsgeschäftlichen Übertragung der Nutzungsrechte auf den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG einwirkt.

Nach Meinung des erkennenden Senates hat § 12 Abs 5 MRG die Kündigungsmöglichkeiten der Klägerin nicht erweitert. Deren Revisionsargumenten ist entgegenzuhalten, daß sich der Regelungsbereich des § 12 MRG - Abtretung des Mietrechts - eindeutig von dem des § 30

MRG - Kündigungsbeschränkungen - unterscheidet. Die von der Klägerin angestrebte Analogie scheitert daher schon an der in § 7 ABGB geforderten Rechtsähnlichkeit der zu entscheidenden Fälle (vgl. MietSlg. 38.353). Es kann keine Rede davon sein, daß § 12 Abs 5 MRG durch den Ausschluß der Kündigungsmöglichkeit nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG bei Weitergabe des Mietgegenstandes an eine eintrittsberechtigte Person praktisch jede Anwendungsmöglichkeit verloren hätte. Die Rechtsfolgen einer Abtretung der Hauptmietrechte, die § 12 Abs 5 MRG (in Zukunft § 20 Abs 4 Z 1 WGG) unter bestimmten Voraussetzungen verhindert, sind nämlich andere als die des Kündigungsausschlusses. Könnten im Falle der Mietrechtsnachfolge nur mehr Kündigungsgründe gegen den neuen Mieter geltend gemacht werden, so ist hier - mit allen Konsequenzen für allfällige Kündigungsmöglichkeiten - der Beklagte Vertragspartner der Klägerin geblieben. Der Wegfall des dringenden Wohnbedürfnisses der jetzt (noch) eintrittsberechtigten Person hätte beispielsweise zur Folge, daß der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG verwirklicht wäre.

Es ist aber auch keine planwidrige, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gesetzeslücke zu erkennen, die durch ergänzende Rechtsfindung zu schließen wäre (vgl. SZ 55/51 uva; Bydlinski in Rummel I2, Rz 2 zu § 7 ABGB). Um eine unbeabsichtigte Unvollständigkeit des Gesetzes annehmen zu können, müßten nämlich Hinweise dafür vorhanden sein, daß der historische Gesetzgeber die Notwendigkeit einer Regelung verkannt, sie nicht vorhergesehen oder die daraus resultierenden Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht bedacht hat. Dabei ist, weil es ja um die Feststellung des geltenden Rechts geht, immer auch der "letzte" Wille des Gesetzgebers, also seine aktuelle Stellungnahme zum anstehenden sozialen Problem, zu beachten. Er kommt im konkreten Fall darin zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber in keiner der letzten Novellen zum MRG und WGG - auch nicht im

2. WÄG - den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 MRG zugunsten der gemeinnützigen Bauvereinigungen veränderte, obwohl er wiederholt mit den naheliegenden Problemen der Mietrechtsabtretung (§ 12 MRG) und der Sonderrechtsnachfolge durch eintrittsberechtigte Personen (§ 14 MRG) befaßt war. Er hat sich vielmehr damit begnügt, die rechtsgeschäftliche Übertragung des Nutzungsrechtes unter den Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Z 1 und 2 WGG zu unterbinden und der Genossenschaft bei Tod des Nutzungsberechtigten die Auswahl des eintrittsberechtigten Angehörigen vorzubehalten (s. die aktuelle Fassung des § 20 Abs 4 Z 2 und 3 WGG). Damit liegt in Ansehung des strittigen Auslegungsproblems - wenn überhaupt - eine "rechtspolitische Lücke" vor, in der sich eine gewollte Regelungsabstinenz des Gesetzgebers manifestiert; eine solche steht nicht zur Disposition des Rechtsanwenders (vgl. Posch in Schwimann I, Rz 2 zu § 7 ABGB mwN).

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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