Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 20.976,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.496,02, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Walter W***** war grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft, auf welcher sich das Wohnhaus S***** Nr.17 befindet. Am 28.Jänner 1987 wurde zwischen der Klägerin und Walter W***** ein Bestandvertrag über ein im Nebengebäude des Hauses S***** Nr.17 befindliches Verkaufslokal geschlossen. Das Vertragsverhältnis sollte 5 Jahre dauern, der Klägerin wurde das Recht eingeräumt, das Verkaufslokal jeweils in der Saisonzeit, das ist in der Zeit vom 1.April bis 15.Oktober eines jeden Jahres zu benützen. Nach Ablauf von 5 Jahren sollte das Benützungsverhältnis ohne weitere ausdrückliche Kündigung enden. Als Benützungsentgelt wurde ein Betrag von 80.000 S pro Saison vereinbart. Die Untervermietung oder Verpachtung wurde ausdrücklich genehmigt. Die Klägerin übergab bei Vertragsabschluß den Betrag von S 400.000 als Mietzinsvorauszahlung für die vereinbarte Vertragsdauer von 5 Jahren.
Am 20.Mai 1987 wurde zu ***** des Landesgerichtes Klagenfurt über das Vermögen des Walter W***** das Konkursverfahren eröffnet, Dr. Georg G*****, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wurde zum Masseverwalter bestellt. Mit Kaufvertrag vom 28.Dezember 1987 veräußerte Dr. G***** an die Beklagten unter anderem jene Liegenschaftsteile, auf welchen sich das streitgegenständliche Mietobjekt befindet. Im schriftlichen Kaufvertrag ist unter anderem festgehalten, daß die Käufer die Liegenschaften mit allen damit verbundenen Rechten und Bestandteilen je zur Hälfte in ihr Eigentum übernehmen. Die Übergabe erfolgt jeweils mit allen damit verbundenen Rechten; vom Tag der Übergabe an gehen die Nutzungen und Lasten sowie die Gefahr eines zufälligen Unterganges der Kaufsache auf die Käufer über.
Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß das Bestandverhältnis laut Mietvertrag vom 28.Jänner 1987, abgeschlossen mit Walter W***** als Rechtsvorgänger der Beklagten, mit Wirkung gegenüber den Beklagten nach wie vor aufrecht ist. Weiters sollen die Beklagten für schuldig erklärt werden, der Klägerin den freien Zutritt zu den von ihr gemieteten Bestandräumlichkeiten zu gewähren und für die gesamte Dauer des aufrechten Mietverhältnisses zu gewährleisten und zwar durch Ausfolgung entsprechender Schlüssel zu den Eingangstüren. Außerdem wird die Zahlung von S 140.000 samt Zinsen begehrt. Die Klägerin brachte dazu vor, die Beklagten hätten im Zuge des über das Vermögen des Walter W***** eröffneten Konkursverfahrens jene Liegenschaft erworben, auf der sich das von ihr gemietete Bestandobjekt befinde. Der Vertreter des Gemeinschuldners Dr. S***** sei sowohl von Walter W***** selbst als auch von der Klägerin über den mit ihr abgeschlossenen Mietvertrag informiert worden. Die Beklagten hätten über Dr. S***** Kenntnis von diesem Mietvertrag und von der Zinsvorauszahlung erlangt; da die Beklagten die Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten erworben hätten, seien sie auch verpflichtet, in die Rechte und Pflichten des zum Zeitpunkte des Verkaufes vorliegenden Mietvertrages zwischen der Klägerin und Walter W***** einzutreten. Als die Klägerin eine Untervermietung vornehmen wollte, sei ihr dies nicht möglich gewesen, weil die Beklagten ihr Mietrecht nicht anerkannt und ihrerseits bereits eine Weitervermietung vorgenommen hätten. Der Betrag von S 140.000 wird unter dem Titel der Mietzinsbereicherung für die Jahre 1988 und 1989 mit der Begründung begehrt, daß die Beklagten in diesen Jahren jeweils um S 70.000 mehr an Mietzins vereinnahmt hätten, als die von der Klägerin geleistete Mietzinsvorauszahlung betrug.
Die Beklagten bestritten und wendeten ein, erst kurz vor dem gegenständlichen Prozeß mit dem Bestandrecht der Klägerin konfrontiert worden zu sein. Da die Klägerin das Bestandlokal nie in Benützung genommen habe, hätten sie die Liegenschaftsteile des Walter W***** frei von einem Bestandrecht der Klägerin erworben. Unmöglichkeit der Leistung wurde mit der Begründug eingewendet, daß die Beklagten ihrerseits das von der Klägerin in Anspruch genommene Lokal bereits vermietet hätten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend traf es folgende Feststellungen:
Der Abschluß des Mietvertrages zwischen Walter W***** und der Klägerin sollte als Sicherheit für die Übergabe des Betrages von S 400.000 an Walter W***** dienen; dieser benötigte das Geld infolge finanzieller Schwierigkeiten. Die Klägerin beabsichtigte, das Lokal nicht selbst zu nützen, sie wollte es vielmehr während der Mietdauer gewinnbringend weitervermieten. Im März 1987 besichtigte die Klägerin das Lokal mit zwei Interessenten. Dabei übergab sie Walter W***** die Schlüssel zu dem Lokal, damit dieser es weiteren Interessenten zeigen könne. Die Klägerin ermächtigte W***** auch, für sie Vertragsverhandlungen betreffend die Vermietung des Lokales zu führen, den Abschluß von Mietverträgen behielt sie sich vor.
Verhandlungen mit Interessenten blieben erfolglos.
Der Masseverwalter Dr. G***** wurde weder von Walter W***** noch von dessen Vertreter davon in Kenntnis gesetzt, daß Walter W***** mit der Klägerin einen Bestandvertrag abgeschlossen hatte. Bei einer gemeinsamen Besichtigung mit Walter W***** waren die streitgegenständlichen Räumlichkeiten leer. In Unkenntnis des mit der Klägerin abgeschlossenen Bestandvertrages wurde zwischen dem Masseverwalter und Marian C***** am 11.Juni 1987 ein Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten geschlossen. Die Klägerin wurde durch Walter W***** darüber informiert, daß das von ihr gemietete Lokal durch den Masseverwalter an Marian C***** vermietet worden war; trotzdem nahm sie mit Dr. G***** in dieser Angelegenheit keinen Kontakt auf.
In der Folge zeigten die Beklagten Interesse am Erwerb des Geschäftskomplexes, in welchem sich auch das von der Klägerin gemietete Objekt befand. Dr. G***** stellte dem Vertreter der Beklagten seinen gesamten die Mieter im Verkaufsobjekt betreffenden Akt zur Verfügung. Aus diesem ergab sich nicht, daß die Klägerin ein Objekt gemietet hatte, darüber wurde auch im Zuge mehrerer vorvertraglicher Verhandlungen mit dem Masseverwalter und dem Gemeinschuldner nicht gesprochen. Der Vertreter der Beklagten fand die streitgegenständlichen Räumlichkeiten immer unbenutzt bzw. leer vor.
Als die Klägerin im Februar oder März 1988 das von ihr in Bestand genommene Lokal einem an der Anmietung interessierten Textilgroßhändler zeigen wollte, stellte sie fest, daß dieses bereits anderweitig vermietet worden war. Mit Schreiben ihres Vertreters vom 24.März 1988 begehrte die Klägerin, ihr den ordnungsgemäßen Gebrauch des Lokales zu ermöglichen. Erst durch den Erhalt dieses Schreibens erlangten die Beklagten Kenntnis von dem zwischen der Klägerin und Walter W***** abgeschlossenen Mietvertrag. Die Klägerin hat das Mietobjekt seit Abschluß des Mietvertrages mit Walter W***** weder selbst faktisch in Benützung genommen noch eigenständig jemals untervermietet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Beklagten gemäß § 1120 ABGB an den zwischen Walter W***** und der Klägerin abgeschlossenen Mietvertrag nicht gebunden seien, da die Klägerin das Bestandobjekt nicht in Gebrauch genommen habe und damit für die Beklagten bei Liegenschaftserwerb das Mietverhältnis nach außen hin nicht in Erscheinung getreten sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß mangels gegenteiliger Prozeßausführungen auf die von der Klägerin mit Walter W***** gegründete Geschäftslokalmiete die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes anzuwenden seien (§ 1 Abs.1 MRG). Die für den allfälligen Eintritt der Beklagten in das Mietrechtsverhältnis maßgebende gesetzliche Regelung sei daher § 2 Abs.1 Satz 2und 3 MRG und nicht die Bestimmung des § 1120 ABGB. Sowohl § 2 Abs.1 MRG als auch § 1120 ABGB setzten allerdings für den Eintritt eines neuen Eigentümers in ein Hauptmietverhältnis voraus, daß dem betreffenden Mieter zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels der Mietgegenstand bereits übergeben worden sei; der Mietrechtsbesitz des Mieters müsse auch noch im Zeitpunkt des erfolgten Eigentümerwechsels aufrecht fortbestanden haben. § 2 Abs.1 MRG sei insoweit konform der Bestimmung des § 1120 ABGB auszulegen. Sei daher das Bestandobjekt an den Hauptmieter nicht übergeben worden, bzw. sei seine Besitzausübung im Zeitpunkt der Liegenschaftsveräußerung nach außen hin nicht in Erscheinung getreten, so gelte der Satz "Kauf bricht Miete".
Die Klägerin habe gar nicht vorgebracht, wann ihr das Bestandobjekt übergeben worden sei. Vielmehr habe sie im Klagebegehren unter anderem die Ausfolgung entsprechender Schlüssel gefordert. Die (indirekte) Feststellung des Erstgerichtes, daß die Klägerin ursprünglich doch die Schlüssel zum Lokal bekommen habe, sei "überschießend". Jedenfalls aber sei eine bloße Schlüsselübergabe und ein Besitzkonstitut für eine faktische Besitznahme des Mietobjektes nicht ausreichend. Auch durch den an Walter W***** erteilten Auftrag, nach Untermietern Ausschau zu halten, sei das Bestandverhältnis nach außen hin nicht in Erscheinung getreten. Dazu komme, daß die Klägerin nicht behauptet habe, ob und wann die Beklagten grundbücherlich eingetragen wurden.
Das zwischen der Klägerin und Walter W***** begründete Bestandverhältnis sei sohin gegenüber den Beklagten nicht wirksam geworden, sodaß der Klägerin keine Ansprüche zustünden.
Die ordentliche Revision wurde zugelassen und dazu ausgeführt, daß eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob auch nach § 2 Abs.1 MRG ein erkennbarer äußerer Tatbestand der Mietrechtsinanspruchnahme erforderlich sei, nicht vorliege.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagten Parteien haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, da zur Frage, ob die Regelung des § 2 Abs.1 Satz 2und 3 MRG über den Eintritt des Erwerbers in den Voraussetzungen dem § 1120 ABGB entspricht, eine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliegt.
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs.3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Im Rahmen der Rechtsrüge vertritt die Klägerin die Ansicht, es sei von einer faktischen Übergabe des Bestandobjektes auszugehen, da die Schlüssel Übergeben worden seien und eine Besichtigung mit zwei Mietinteressenten erfolgte. Es sei sohin das Bestandobjekt betreten und dritten Personen gezeigt worden. § 2 MRG stelle lediglich auf die übergabe an den Bestandnehmer ab, es werde nicht verlangt, daß zum Zeitpunkte der Übernahme des Einzelrechtsnachfolgers des Eigentümers das Mietrecht faktisch ausgeübt werde. Daß zum Zeitpunkt des Verkaufes an die Beklagten keine eigenrechtliche Untervermietung durch die Klägerin vorgenommen wurde, ändere am Bestand des abgeschlossenen Mietverhältnisses nichts. Da die Klägerin bemüht war, Untermieter ausfindig zu machen und die Schlüssel an Walter W***** ausfolgte, damit er Mietinteressenten das Objekt zeigen konnte, sei auch zum Zeitpunkt der Übergabe des Kaufgegenstandes an die Beklagten das Mietrecht tatsächlich ausgeübt worden.
Hiezu ist folgendes zu bedenken:
Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Regelung des § 2 Abs.1 Satz 2und 3 MRG über den Eintritt des Erwerbers in den Voraussetzungen dem § 1120 ABGB entspricht; der Schutz des Mieters, dessen Recht nicht verbüchert ist, hängt also vom Erwerb des Rechtsbesitzes ab (Würth in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 2 MRG). Die Bestimmung des § 2 Abs.1 zweiter Satz MRG über den Eintritt des Erwerbers in das vom Rechtsvorgänger begründete Bestandverhältnis schließt an § 1120 ABGB an (MietSlg.40.229); § 2 Abs.1 Satz 2 MRG enthält insoweit keine Neuregelung (Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 292).
§ 1120 ABGB stellt sich als Einschränkung des allgemein geltenden Grundsatzes "Kauf bricht Miete" dar. Doch gilt dieser Grundsatz in Wahrheit nur bei mangels Übergabe der Bestandsache rein obligatorischen Bestandverträgen, während für Bestandverträge mit Rechtsbesitz an der Bestandsache eine Vertragsübernahme auch des Einzelrechtsnachfolgers des Vermieters vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit des § 1120 ABGB setzt daher den Rechtsbesitz des Bestandnehmers voraus (Würth in Rummel2 Rz 1 und 2 zu § 1120). Der Bestandnehmer muß aber die Bestandsache in Gebrauch genommen haben. Zum Vorliegen eines Bestandvertrages muß also ein tatsächlicher, nach außen in Erscheinung tretender Tatbestand hinzugekommen sein (MietSlg. 18.231). Es muß nach außen erkennbar ein durch das Beziehen des Bestandgegenstandes begründetes Mietverhältnis vorliegen (MietSlg.7.100). Der Schutz des § 1120 ABGB soll erst begründet werden, wenn zu dem rechtlichen Element des Mietvertrages noch ein faktisches Element hinzutritt (MietSlg.VII/17; 7 Ob 611/90). Die Übergabe in Form eines Besitzkonstituts oder durch Ausfolgung von Schlüsseln vermag den erforderlichen Akt des Beziehens des gemieteten Bestandobjektes nicht zu ersetzen, es liegt ein nach außen hin in Erscheinung tretender Tatbestand nicht vor (Schwimann/Binder, ABGB, IV/2, Rz 7 zu § 1120). Die Wirkung des § 1120 ABGB bzw. § 2 Abs.1 Satz 2 MRG setzt weiters voraus, daß der Bestandnehmer das Bestandobjekt im Zeitpunkte des Eigentümerwechsels auch noch innehat (MietSlg.18.231).
Im vorliegenden Fall erfolgte keine nach außen hin in Erscheinung tretende Übergabe des Bestandobjektes an die Klägerin. Auch wenn ihr die Schlüssel übergeben wurden und sie einmal mit Interessenten das Objekt besichtigte, so ergibt sich daraus nicht, daß sie nach außen erkennbar das Bestandobjekt bezog; auch die Anweisung an den Eigentümer, allfälligen Interessenten das Objekt zu zeigen, bewirkt keine Sachinnehabung und läßt das Bestandverhältnis nicht sichtbar nach außen in Erscheinung treten. Jedenfalls aber trat zum Zeitpunkt des Eigentümerwechsels das der Klägerin eingeräumte Bestandrecht nach außen hin nicht in Erscheinung.
Daraus folgt, daß die Beklagten an das der Klägerin eingeräumte Bestandrecht nicht gebunden sind.
Auf die Frage der Passivlegitimation der Beklagten im Hinblick auf die fehlende Behauptung der Einverleibung ihres Eigentums braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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