OGH 1Ob549/91

OGH1Ob549/9124.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Schinko als weitere Richter in der Unterbringungssache der Kranken Helene L*****, infolge Revisionsrekurses der Kranken, vertreten durch den Patientenanwalt Mag. Helmut Dietl gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 5. März 1991, GZ 1 b R 43/91-12, womit der Rekurs der Kranken gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 22. Februar 1991, GZ Ub 108/91-7, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht sprach aus, daß die Unterbringung der Kranken Helene L***** im geschlossenen Bereich des Landesnervenkrankenhauses Hall i.T. für die Dauer von einem Monat ab dem Beginn der Unterbringung, also bis zum 5. 3. 1991, zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluß den dagegen erhobenen Rekurs der Kranken, vertreten durch den Patientenanwalt, zurück. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es nicht für zulässig. Die Kranke sei am 26. 2. 1991 in den offenen Bereich verlegt worden. Die Beschwer sei dadurch weggefallen.

Der dagegen vom Patientenanwalt, der gemäß § 14 Abs. 1 UbG kraft Gesetzes Vertreter der Kranken für das im Unterbringungsgesetz vorgesehene gerichtliche Verfahren ist, erhobene außerordentliche Revisionsrekurs, auf den die Vorschriften der §§ 13 ff AußStrG anzuwenden sind (RV 464 BlgNR 17.GP 27), ist zulässig und berechtigt.

Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. In Fällen, in denen mit Gerichtsbeschluß das Grundrecht des Menschen auf persönliche Freiheit (hier Art. 5 Abs.1 lit e MRK bzw. Art. 2 Abs. 2 Z 5 des B-VG vom 29. 11. 1988, BGBl. Nr. 684, über den Schutz der persönlichen Freiheit) berührt wird, hat der davon in seinen Rechten Beeinträchtigte auch noch nach Aufhebung der freiheitseinschränkenden Maßnahme weiterhin ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ob die Anhaltung zu Recht erfolgte (ÖAV 1988, 109; SZ 60/12; SZ 39/83 - Fälle von Anhaltungen in geschlossenen Anstalten; 1 Ob 776/82, 2 Ob 724/86 - Maßnahmen nach dem JWG). Dies folgt schon aus den verfassungsrechtlichen Normen des Art. 5 Abs. 4 MRK und des sich daran orientierenden (RV 134 BlgNR 17.GP 7) Art. 6 Abs.1 des hier schon zur Anwendung gelangenden Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit: Jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, hat das Recht auf ein Verfahren, in dem über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden wird.

Das Rekursgericht wird unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund über den Rekurs der durch den Patientenanwalt vertretenen Kranken zu entscheiden haben.

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