OGH 6Ob530/91

OGH6Ob530/9111.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der 1) mj. Georg Martin E*****, geboren am 4.2.1989 und 2) mj. Paul E*****, geboren am 24.9.1990, infolge Revisionsrekurses der mütterlichen Großmutter Erika H*****, Geschäftsfrau, ***** vertreten durch Dr.***** und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 6.Februar 1991, GZ R 37/91-30, womit der Rekurs der Großmutter gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 19.Dezember 1990, GZ 1 P 116/90-19, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die beiden Söhne Georg und Paul E***** entstammen der Ehe des Dr.Harald E***** und der Ulrike E*****. Zwischen den Eltern ist beim Kreisgericht Wels ein Ehescheidungsverfahren anhängig. Die Kinder befinden sich in der faktischen Obsorge der Mutter und leben mit dieser in der Ehewohnung im Hause *****, welche der Vater nach der Aktenlage zumindest seit Juli 1990 nicht mehr bewohnt.

Nachdem die Mutter Anträgen des Vaters auf eine Besuchsrechtsregelung zunächst entgegengetreten war, erklärte sie sich bei ihrer Einvernahme am 18.12.1990 (ON 17) und am 19.12.1990 (ON 18) mit dem vom Vater modifizierten Antrag als einverstanden. Das Erstgericht sprach daher mit Beschluß vom 19.12.1990, ON 19, aus, daß der Vater berechtigt sei, die beiden Minderjährigen an jedem zweiten und vierten Samstag im Monat in der Zeit von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr in der bisherigen Ehewohnung in *****, in Anwesenheit der Mutter zu besuchen. Als erster Besuchstag wurde der 12.1.1991 festgesetzt.

Innerhalb der den Eltern offenstehenden Rekursfrist erhob nur die mütterliche Großmutter dagegen Rekurs, den das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen und ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Auch als Eigentümerin des Hauses, in dem sich die Ehewohnung befinde, fehle der Rekursweberin die Rechtsmittellegitimation. Die Besuchsrechtsregelung greife nicht in ihre Eigentumsrechte ein, zumal diese bereits durch die Überlassung der Ehewohnung an die Eltern ihrer Enkel beschränkt seien. Allfällige Nachteile der im Rekurs genannten beiden Firmen, in deren Namen das Rechtsmittel aber gar nicht erhoben worden sei, bedeuteten keine eigenen Nachteile der Rechtsmittelwerberin. Eine Verletzung des Kindeswohles sei von ihr nicht einmal behauptet worden.

Der von der mütterlichen Großmutter dagegen erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin wendet sich nicht gegen die zutreffende Ansicht des Rekursgerichtes, daß sie ihre Rechtsmittellegitimation in keiner Weise aus ihrer Eigenschaft als Großmutter der beiden Pflegebefohlenen ableitet. Da sich die Enkel weder faktisch noch rechtlich in ihrer Obsorge, sondern bei der Mutter (ihrer Tochter) befinden, kommt der Großmutter als solchen im Verfahren zur Entscheidung über die Ausübung eines Besuchsrechtes durch den Vater weder eine Parteistellung noch eine Rechtsmittellegitimation zu (5 Ob 606/77, insoweit von der Veröffentlichung in EFSlg 30.434 nicht umfaßt; ebenso 1 Ob 639/84 betreffend den Großvater). Die Rechtsmittelwerberin beharrt aber darauf, daß die erstgerichtliche Besuchsrechtsregelung sie in ihren Eigentumsrechten ("Hausrecht") am Hause in *****, und als Alleininhaberin der protokollierten Firma G.H*****, deren Betriebsräumlichkeiten sich im selben Haus befinden, beeinträchtige und gefährde. Sie habe nämlich ihrem Schwiegersohn wegen dessen gegen sie und das Unternehmen gerichteten Verhalten (persönliche Angriffe wie Beschimpfungen etc und Einmischung in Geschäftsangelegenheiten) "Hausverbot" erteilt. Mit diesem Vorbringen vermag die Rechtsmittelwerberin aber die Zulässigkeit ihres Rekurses nicht aufzuzeigen:

Nach § 9 Abs 1 AußStrG kann einen Rekurs erheben, wer sich durch die Verfügung über einen Gegenstand der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen beschwert erachtet. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen der Beschwer, die auch im außerstreitigen Verfahren Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist, und der Beteiligtenstellung. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Voraussetzung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ein Eingriff in die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers. Der in seinen Rechten Verletzte ist zugleich Beteiligter des Verfahrens. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist daher dort abzulehnen, wo die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers nicht gefährdet ist (SZ 50/41 mwN; zuletzt etwa Okt 14/90; 7 Ob 623/90). Durch den angefochtenen erstgerichtlichen Beschluß wird aber die Rechtsstellung der Rechtsmittelwerberin als Hauseigentümerin und Alleininhaberin einer protokollierten Einzelfirma nicht verändert. Soweit sie in dieser Eigenschaft gegen den Vater ein "Hausverbot" ausgesprochen hat, kann sie dieses ungeachtet der Besuchsrechtsregelung weiterhin gegen ihn auf dem Rechtsweg durchsetzen. Sie hat den erstgerichtlichen Beschluß nicht zu befolgen, weil er sich ausschließlich an die Mutter wendet, in deren faktischen Obsorge sich die Kinder befinden. Nur gegen die Mutter kann daher die Befolgung des Beschlusses auch gemäß § 19 AußStrG unter Anwendung von angemessenen Zwangsmitteln in Vollzug gesetzt werden. Sollte aber der Vollzug der Besuchsrechtsregelung tatsächlich am Verhalten der mütterlichen Großmutter scheitern, so könnte dies nur der Anlaß dafür sein, daß das Erstgericht eben eine andere Regelung trifft, die jedenfalls dem unter dem Schutz des Art 8 MRK stehenden Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung (hier:

Vater-Kind-Beziehung; vgl Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 148) zum Durchbruch verhilft.

Das Rekursgericht hat somit den Rekurs der mütterlichen Großmutter infolge mangelnder Rechtsmittelbefugnis zu Recht zurückgewiesen, sodaß deren Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben mußte.

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