OGH 3Ob515/91

OGH3Ob515/9110.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Willibald M*****, vertreten durch Dr. Helmut Thomich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Gertrud P*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 475.341,55 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. Dezember 1990, GZ 2 R 235/90-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 19. Juli 1990, GZ 23 Cg 116/88-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.387,-- (darin S 3.064,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben einander im Frühjahr 1981 kennengelernt - der Kläger war damals 46 Jahre, die Beklagte 38 Jahre alt - und in der Folge eine Lebensgemeinschaft aufgenommen, wobei sie in der damaligen Wohnung des Klägers gemeinsam wohnten. Noch im gleichen Jahr erhielt die Beklagte von ihrer Mutter eine Liegenschaft geschenkt und die Streitteile kamen überein, auf dieser gemeinsam ein Haus zu errichten, um nach seiner Fertigstellung zu heiraten und gemeinsam darin zu wohnen. Der Kläger hat für den Bau des Hauses ab 1982 finanzielle Aufwendungen in der Höhe des Klagebetrages von S 475.341,55 getätigt. Zum Jahresende 1986 kam es zwischen den Streitteilen zu Spannungen, weil der Kläger verlangte, als Hälfteeigentümer ins Grundbuch eingetragen zu werden, was ihm die Beklagte, unterstützt von ihrer Mutter, verwehrte. Ende April 1987 wurde die Beklagte nach einem Kleinhirninfarkt (Schlaganfall) in ein Krankenhaus eingeliefert und dort bis Ende Mai 1987 stationär behandelt. Während des Krankenhausaufenthaltes der Beklagten ließ der Kläger ihr durch ihre Tochter mitteilen, daß ihm seine Freundin "wichtiger" sei und daß er die Beklagte nicht mehr bei sich aufnehmen werde. Er hatte nämlich inzwischen auch geschlechtliche Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen, die ihm am 13.2.1988 ein Kind geboren und die er inzwischen geehelicht hat. Die Lebensgemeinschaft der Streitteile endete somit im Mai 1987.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 475.341,55 sA gestützt auf § 1435 ABGB und jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund. Seine Zuwendungen seien in Erwartung des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft getätigt worden und wegen Zweckverfehlung rückforderbar.

Die Beklagte stellte den Klagebetrag der Höhe nach außer Streit, beantragte jedoch die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe die Aufwendungen getätigt, weil er der Beklagten die Ehe versprochen habe; er habe den Eintritt des Geschäftszweckes gegen Treu und Glauben dadurch verhindert, daß er sich einer anderen Frau zugewendet habe.

Das Erstgericht gab der Klage statt und traf die bereits wiedergegebenen Feststellungen. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht den Rückforderungsanspruch des Klägers wegen Zweckverfehlung seiner Aufwendungen für Dauerinvestitionen, nämlich den Hausbau, weil er seine Leistungen in der der Beklagten erkennbaren Erwartung des Fortbestandes der Lebensgemeinschaft vorläufig unentgeltlich erbracht habe. Zwar habe der Kläger die Erfüllung der Erwartung, daß er gemeinsam mit der Beklagten das gemeinsam erbaute Haus bewohnen werde, selbstverschuldet vereitelt, doch hindere das nicht die Rückforderung.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, daß die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs.1 ZPO zulässig sei. Mit Rücksicht auf die in erster Instanz erfolgte Außerstreitstellung der Höhe der Klageforderung sei die Bekämpfung der "Feststellung" der Höhe der Investitionen des Klägers unbeachtlich. Der Nutzen (die Bereicherung) der Beklagten erscheine dem Berufungsgericht im vollen Umfang der vom Kläger erbrachten Geldleistungen gegeben, weil er grundsätzlich mit den Beträgen gleichzusetzen sei, die der Beklagten dadurch für den Bau des ihr allein gehörigen Hauses erspart worden seien. Die Beklagte habe in erster Instanz nichts vorgebracht, was dies in Frage zu stellen vermöchte. § 1435 ABGB sei anwendbar, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eintrete. Zuwendungen zwischen Verlobten in Erwartung eines bestimmten Erfolges, insbesondere des gemeinsamen Wohnens, könnten gemäß § 1435 ABGB ohne Rücksicht auf Verschulden zurückgefordert werden. Ein Verschulden des Klägers am Nichtzustandekommen der Ehe bzw. an der Auflösung der Lebensgemeinschaft der Streitteile sei nicht zu prüfen gewesen, weil ein solches Verschulden nicht einer treuwidrigen Zweckvereitlung - die die Kondiktion ausschlösse - gleichzusetzen wäre. Nur ein unredliches Verhindern des Erfolgseintritts wäre als Verhinderung des Eintritts des Geschäftszweckes wider Treu und Glauben aufzufassen, nicht aber ein "Verschulden" eines Lebensgefährten an der Auflösung der Lebensgemeinschaft. Eine über die Auflösung der Lebensgemeinschaft hinausgehende Treuwidrigkeit (Unredlichkeit) des Klägers sei jedoch nicht erwiesen. Da die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den einschlägigen Fragen kein einheitliches Bild biete, sei die Revision zuzulassen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Wurde zwischen Lebensgefährten bei gemeinschaftlicher Bebauung eines Grundstückes zwar keine ausdrückliche Abrede über den Rechtsgrund der Zuwendungen getroffen, aber doch deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Leistungen im Hinblick auf den bestimmten, dem Leistungsempfänger erkennbaren Zweck des zukünftigen gemeinsamen Wohnens erbracht werden, so begründet die Zweckverfehlung der Leistungen im Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft grundsätzlich einen Bereicherungsanspruch nach § 1435 ABGB.

Wurde die zweckverfehlte Leistung über Verlangen des Leistungsempfängers erbracht und trifft den Leistenden kein Verschulden an der Zweckverfehlung, so ist sein Anspruch vom verschafften Nutzen unabhängig (8 Ob 538/89 = ecolex 1990, 747; vgl auch MietSlg.25.186). Hat aber der Leistende selbst den zunächst angestrebten Erfolg durch sein Verhalten vereitelt, trifft ihn an der Zweckverfehlung seiner Leistungen ein Verschulden, so kann er nur Ansprüche im Rahmen der Bereicherung, des Vorteils des Leistungsempfängers, stellen (MietSlg.25.186, MietSlg.27.243; Bydlinski, Lohn- und Kondiktionsansprüche aus zweckverfehlenden Arbeitsleistungen, Wilburg FS (1963) 63 ff und 75 ff). Vereitelt der Leistende den Erfolg gar durch ein Vorgehen wider Treu und Glauben, so hat dies im Fall des behandelten Kondiktionsanspruches (causa data causa non secuta) iSd § 815 dBGB - dessen Rechtsgedanken von der Rechtsprechung auch für das österreichische Recht als anwendbar anerkannt wurden - den Ausschluß der Rückforderung zur Folge (SZ 48/59). Bei der Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben ist jedoch sowohl nach der deutschen Lehre (Münchner Kommentar2 III/2, Rz 4 zu § 815) als auch nach der deutschen Rechtsprechung (vgl. Staudinger, BGB12 II Rz 2 zu § 815) Zurückhaltung geboten. Bydlinski aaO vertritt hiezu die Auffassung, daß der Treuebruch des Partners einer Lebensgemeinschaft wegen der rechtlichen Unverbindlichkeit des Verhältnisses nicht als rechtserheblicher Verstoß gegen Treu und Glauben betrachtet werden könne, und auch Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 42, hebt hervor, daß der Rückforderungsausschluß des § 815 dBGB bei einer Lebensgemeinschaft keine Bedeutung habe, weil es hier keine Treue- und Fortsetzungspflicht gebe. Das Revisionsgericht schließt sich dieser Ansicht an (wie schon in 3 Ob 556/90), daß ein Verschulden des Leistenden an der Auflösung einer Lebensgemeinschaft mit dem Leistungsempfänger noch nicht seinen Ausschluß von Rückforderungsansprüchen zur Folge hat, daß vielmehr besondere Umstände und ein besonderes Verpflichtungsverhältnis vorliegen müßten, um einen derartigen Ausschluß zu rechtfertigen. Das Verschulden des Klägers am Scheitern der Lebensgemeinschaft hindert daher nicht seinen Anspruch auf ein am verschafften Nutzen orientiertes angemessenes Entgelt (vgl. EvBl.1988/149).

Der Klagebetrag wurde von der Beklagten, wie bereits festgehalten, der Höhe nach außer Streit gestellt. Es ist daher nicht mehr zu erheben, ob der der Beklagten verschaffte Nutzen den geltend gemachten Aufwendungen entspricht (die Beklagte hat auch keine Behauptungen in dieser Richtung aufgestellt).

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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