Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.293,80 (darin enthalten S 2.382,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen".
Text
Entscheidungsgründe:
In der Wochenendausgabe der "T*****zeitung" vom 7./8.4.1990 erschien - bereits zum 227.Mal - ein sogenanntes "Luftbilderrätsel". Neben dem Luftbild einer zu erratenden Tiroler Gemeinde war folgender Text abgedruckt:
"Die T*****zeitung veröffentlicht in jeder Wochenendausgabe einen Blick aus der Vogelperspektive auf markante Orte in unserem Land. Redakteur Herbert B***** gibt einige Tips, um das Luftbilderrätsel der T*****zeitung zu knacken.
Unter jenen Lesern, die uns jeweils bis Donnerstag der Folgewoche
die richtige Lösung schicken, verlosen wir ein Exemplar des
Buches 'T*****'. Einsendungen sind mit dem Kennwort
'Luftbilderrätsel' an die Redaktion der T*****zeitung....... zu
schicken. Lösung und Gewinner werden jeweils in der folgenden
Wochenendausgabe veröffentlicht. Die Lösung für Folge 226 war
'Forchach'. Der Gewinner des Bildbandes ist...............".
Unterhalb davon befanden sich Informationen geschichtlicher, geographischer und wirtschaftlicher Art über den zu erratenden Ort.
Die Gewinner des jeweiligen Preises wurden gesondert verständigt.
Die Auflage einer Samstagausgabe der "T*****zeitung" beträgt
112.326 Exemplare; die Zeitung wird im Tagesdurchschnitt (nicht nur an Samstagen) von rund 260.000 Personen gelesen. An dem "Luftbilderrätsel" nehmen durchschnittlich 100 bis 250 Personen pro Woche teil.
Mit der Behauptung, daß dieses Gewinnspiel gegen § 1, § 28 UWG oder § 1 ZugG verstoße, beantragt der klagende Verein, dem Beklagten - als Medieninhaber der "T*****zeitung" - zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "T*****zeitung" ein Gewinnspiel anzukündigen und/oder durchzuführen, bei dem ein Exemplar des Buches "T*****" verlost wird, wenn es zur Teilnahme erforderlich ist, ein in der Zeitung abgedrucktes Rätsel zu lösen, und der Gewinner in einer Folgenummer veröffentlicht wird;
in eventu
dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "T*****zeitung" ein Gewinnspiel anzukündigen und/oder durchzuführen, bei dem ein Exemplar des Buches "T*****" verlost wird, wenn es zur Teilnahme erforderlich ist, ein in der Zeitung abgedrucktes Rätsel zu lösen, und wenn dabei die Veröffentlichung des Gewinners und/oder ein weiteres Preisrätsel in der jeweils nächsten Wochenendausgabe oder jener Ausgabe angekündigt werden;
in eventu
dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "T*****zeitung" ein Gewinnspiel anzukündigen und/oder durchzuführen, bei dem ein Exemplar des Buches "T*****" verlost wird, wenn es zur Teilnahme erforderlich ist, ein in der Zeitung abgedrucktes Rätsel zu lösen, und wenn dabei die Veröffentlichung des Gewinners in der jeweils nächsten Wochenendausgabe angekündigt wird;
außerdem erhebt der Kläger ein Veröffentlichungsbegehren. Durch die Ankündigungen, daß das Gewinnspiel in jeder Wochenendausgabe der Tageszeitung veranstaltet wird und die Lösung sowie der Gewinner in der jeweils folgenden Wochenendausgabe veröffentlicht werden, werde auf das Publikum unzulässiger Kaufzwang ausgeübt.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Das Luftbilderrätsel werde bereits jahrelang durchgeführt. Nur ein verschwindend geringer Teil der Leser nehme daran teil. Die angekündigte Gewinnchance werde auch nicht als Lockmittel empfunden. Spiele dieser Art würden - ebenso wie Horoskope, Fernsehbeilagen, Sportseiten udgl - bereits als üblicher Zeitungsbestandteil angesehen. Der Kläger sei im Hinblick auf seine Mitgliederstruktur und seine Tätigkeit im wesentlichen als sogenannter Prozeßführungsverein nicht zur Klage im Sinne des § 14 UWG berechtigt; außerdem übe er das Klagerecht mißbräuchlich aus, weil er keine Organisation für das Abmahnen von Wettbewerbsverstößen habe und nicht über die entsprechenden Geldmittel verfüge, um beim Verlust eines Wettbewerbsprozesses Kostenersatzansprüche der Gegner befriedigen zu können.
Das Erstgericht wies sämtliche Begehren ab. Das Gewinnspiel der Beklagten sei nicht mit dem Warenabsatz verbunden, sei doch weder auf der Titelseite der Zeitung noch sonst in der Werbung darauf hingewiesen worden. Auch bestehe kein Anlaß, zur Verbesserung der Gewinnchancen weitere Exemplare der Zeitung zu kaufen, weil die richtige Lösung mit einer Postkarte einzusenden ist. Der Gewinner könne - trotz der Ankündigung, daß sein Name in der nächsten Wochenendausgabe veröffentlicht werde - mit der Zusendung des Gewinns rechnen. Auch durch den Hinweis, daß das Luftbilderrätsel laufend in jeder Wochenendausgabe erscheine, werde kein wettbewerbswidriger Kaufzwang ausgeübt, weil das Publikum Preisausschreiben mit nur geringfügigen Gewinnchancen bereits als übliche Leistung von Tageszeitungen betrachte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht trat es der - auf seiner Entscheidung im vorangegangenen Provisorialverfahren (ecolex 1990, 625)
beruhenden - Rechtsansicht des Erstgerichtes bei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Hauptbegehrens- oder der Eventualbegehren abzuändern.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger bekämpft die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die Ankündigungen, wonach das Luftbilderrätsel "laufend" (in jeder Wochenendausgabe der "T*****zeitung") veranstaltet und der Name des jeweiligen Gewinners in der jeweiligen Folgenummer veröffentlicht werde, nicht geeignet seien, auf die Zeitungsleser einen Kaufzwang auszuüben; jede dieser Ankündigungen übe vielmehr für sich allein einen unsachlichen Kaufanreiz aus. Im Hinblick auf § 28 UWG könne aber ein Gewinnspiel auch nie typischer Zeitungsbestandteil sein. Dazu war folgendes zu erwägen:
Gemäß § 28 UWG ist es verboten, Waren oder Dienstleistungen in
der Form zu vertreiben, daß die Lieferung der Ware oder die
Verrichtung der Leistung oder eine neben der Ware oder Leistung
zu gewährende Zuwendung (Prämie) vom Ergebnis einer Verlosung
oder einem anderen Zufall abhängig gemacht ist. Nach der
Regierungsvorlage des UWG (464 BlgNR 1.GP, abgedruckt bei
Schönherr-Wiltschek, Wettbewerbsrecht5, 45) habe das Ankündigen
solcher Veranstaltungen wegen der Aussicht, durch einen günstigen
Zufall einen besonderen Vorteil zu erlangen, einen starken Zulauf zur Folge: Andere Mitbewerber sähen sich veranlaßt, um ihren Abnehmerkreis zu erhalten, das gleiche Anlockungsmittel zu verwenden; hiedurch werde in den Warenvertrieb ein unwirtschaftliches und dabei unsolides Moment hineingetragen, indem die Spielsucht, das Bestreben, durch Zufall zu gewinnen, zum Antrieb für die Deckung des Bedarfes gemacht werde.
In der jüngeren Rechtsprechung (ÖBl 1989, 112 = SZ 62/10; MR 1989, 65; MR 1990, 197) wurde mehrfach darauf hingewiesen, daß die Terminologie des § 28 UWG jener des § 1 ZugG entspricht und gemäß § 6 ZugG nicht dieses Gesetz, sondern § 28 UWG anzuwenden ist, wenn die neben einer Ware oder Leistung zu gewährende Zugabe vom Ergebnis einer Verlosung oder von einem anderen Zufall abhängt. Daraus wurde - im Anschluß an Schuhmacher (Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 303; vgl auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 104) abgeleitet, daß die von § 28 UWG erfaßten Formen glücksspielartigen Warenvertriebes als Sonderform der Zugabe anzusehen sind.
So wie aber nach § 1 ZugG zwischen der Haupt- und der unentgeltlichen Zusatzleistung ein - schon zur Zeit des Kaufentschlusses gegebener - "innerer Zweckzusammenhang" bestehen muß, welcher nicht erst nachträglich in Umkehrung der Kausalfolge hergestellt werden kann (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 122;
Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1365 Rz 9 zu § 1 ZugabeV;
ÖBl 1987, 47 und 108; ÖBl 1989, 122; MR 1989, 65; MR 1990, 197), ist auch ein Gewinnspiel nur dann im Sinne des § 28 UWG unzulässig - weil vom Waren- oder Leistungsbezug nicht völlig unabhängig -, wenn bei seiner Durchführung auf das Publikum ein - zumindest psychischer - Kaufzwang ausgeübt wird (ÖBl 1981, 25; ÖBl 1982, 46; ÖBl 1988, 156; MR 1990, 197). Eine solche unsachliche Beeinflussung kann bei der Ankündigung von Gewinnspielen in Zeitungen beispielsweise dann vorliegen, wenn der Erwerb eines weiteren Zeitungsexemplares für die Teilnahme an dem Spiel als notwendig (ÖBl 1975, 65 uva) oder doch förderlich (SZ 45/43 uva) erachtet wird, der Erwerb der Zeitung also die bequemste Art ist, an dem Spiel teilnehmen zu können (ÖBl 1982, 46), oder wenn die Veröffentlichung der Gewinner angekündigt und nicht darauf verwiesen wird, daß diese Personen (auch) direkt verständigt werden (ÖBl 1980, 81; ÖBl 1989, 112; ÖBl 1990, 111).
Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1985, 47 und 108; ÖBl 1989, 112 = SZ 62/10; ÖBl 1990, 261 uva) muß aber eine Zugabe mit der Hauptware oder Hauptleistung auch in einem solchen Zusammenhang stehen, daß sie objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware oder Hauptleistung zu beeinflussen, also ein Werbe- oder Lockmittel ist. Das gliche gilt für die neben einer Ware oder Leistung zu gewährende, vom Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängige Zuwendung (Prämie) im Sinne des § 28 UWG (MR 1990, 197). Fehlt es an dieser Eignung, dann ist auch ein mit dem Warenabsatz verbundenes Gewinnspiel nicht zu beanstanden.
Ein solcher Fall liegt aber auch hier vor: Das beanstandete "Luftbilderrätsel" spricht seiner Art nach nur einen beschränkten Personenkreis - nämlich die an ihrer engeren Heimat besonders interessierten Leser - an. Daß diese gegenüber der Gesamtanzahl der Leser von Wochenendausgaben der "T*****zeitung" überhaupt nicht ins Gewicht fallen, ist schon daraus zu erkennen, daß die "T*****zeitung" im Tagesdurchschnitt von rund 260.00 Personen gelesen wird, während sich bisher nur etwa 100 bis 250 Personen pro Woche an dem "Luftbildrätsel" beteiligt haben. Diese Interessenten kaufen aber die Zeitung nicht etwa wegen der Chance, ein Buch zu gewinnen, sondern schon wegen ihres Interesses an ihrer engeren Heimat, aber auch wegen des Unterhaltungswertes, den die Suche nach der richtigen Lösung bietet. Das in jeder Wochenendausgabe enthaltene Rätsel ist für sie zu einem Bestandteil der Zeitung geworden. Daß dabei jedes Mal ein Buch verlost wird, ist zwar ein zusätzlicher Anreiz, sich an dem Spiel zu beteiligen, keineswegs aber ein Werbe- oder Lockmittel in dem Sinn, daß dadurch eine auch nur irgendwie ins Gewicht fallende Anzahl von Personen, welche die "T*****zeitung" bisher nicht gelesen haben, dadurch zum Kauf dieses Blattes veranlaßt werden könnte. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber das Gewinnspiel wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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