Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der ***** 1940 geborene J***** P***** V***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 25.Juli 1989 in R***** F***** S***** durch drei Schüsse aus einem Kleinkalibergewehr vorsätzlich getötet.
Die Geschwornen bejahten die anklagekonforme Hauptfrage nach Mord (§ 75 StGB) und verneinten die Zusatzfragen (1 und 2) nach Notwehr bzw. Putativnotwehr jeweils stimmeneinhellig. Die weiteren Schuldfragen nach den Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB - Eventualfrage 1) und der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs. 1, 86 StGB - Eventualfrage 2) ließen sie ebenso unbeantwortet wie die Eventualfragen (3 und 4) nach fahrlässiger Tötung (§ 80 StGB) aus Notwehrüberschreitung bzw. Putativnotwehrexzeß.
Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 345 Abs. 1 Z 2, 5 und 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeauffassung zuwider verwirklichte die gerügte Bestellung von zwei selbständig agierenden (nicht nur sich wechselseitig substituierenden) Verfahrenshelfern (ON 80 und 107/III) nicht den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund. Dieser liegt nämlich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur vor, wenn die Hauptverhandlung vor dem Geschwornengericht - ganz oder teilweise - ohne Beiziehung eines Verteidigers durchgeführt wurde. Ein derartiger Verfahrensmangel ist hier aber nach der Aktenlage nicht unterlaufen und wird in der Beschwerde auch nicht behauptet. Die nicht näher begründete Beschwerdebehauptung, die "zumindest formell nicht kontinuierliche" Verteidigung durch zwei einander in der (mehrtägigen) Hauptverhandlung "lediglich ablösende" Verteidiger wäre dem Fall fehlender Verteidigung während der gesamten Hauptverhandlung "gleichzuhalten", findet im Gesetz keine Deckung.
Soweit die Beschwerde die gänzliche Abstandnahme von der Vernehmung der Zeugin D***** V***** und den Abbruch der Vernehmung des Zeugen T***** K*****, bevor der Angeklagte sein Fragerecht ausüben konnte, als Hintansetzung wesentlicher Verteidigungsrechte (Z 5) rügt, scheitert sie nicht nur am Fehlen formeller Voraussetzungen dieser Verfahrensrüge. Abgesehen davon, daß es im relevierten Zusammenhang an einem unerledigt gebliebenen Antrag des Beschwerdeführers bzw. an einem gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefällten Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofes fehlt, entschlug sich die Zeugin D***** V***** als Gattin des Angeklagten gemäß § 152 Abs. 1 Z 1 StPO der Aussage (S 312/III) und beruhte der (in Ausübung pflichtgemäßen richterlichen Ermessens veranlaßte) Abbruch der Vernehmung des Zeugen K***** darauf, daß in der Hauptverhandlung (auch nach Auffassung der beigezogenen gerichtspsychiatrischen Sachverständigen) die Aussageunfähigkeit dieses Zeugen offenbar wurde (S 319, 321, 365 f/III).
Als Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) rügt die Beschwerde das Unterbleiben einer auf das Verbrechen des Totschlages nach § 76 StGB gerichteten (richtig:) Eventualfrage. Eine derartige Fragestellung hätte allerdings gemäß § 314 Abs. 1 StPO vorausgesetzt, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden wären, nach welchen - wären sie als erwiesen angenommen - sich der Angeklagte zu der ihm angelasteten vorsätzlichen Tötung eines Menschen in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung hätte hinreißen lassen.
Derartige Umstände sind jedoch nicht hervorgekommen und werden demgemäß in der Beschwerde auch nicht aufgezeigt. Zwar brachte der Angeklagte in der Hauptverhandlung wie auch im Zuge seiner - in der Hauptverhandlung verlesenen
(S 368/III) - Verantwortung im Vorverfahren Vermutungen in der Richtung zum Ausdruck, daß nicht er sondern F***** S***** der Vater des als Sohn des Angeklagten geltenden A***** V***** sein könnte, ohne aber - von der Beschwerde übergangen - in diesem Zusammenhang auch nur anzudeuten, hiedurch in eine die Tathandlung auslösende heftige Gemütsbewegung geraten zu sein. Vielmehr stellte er die inkriminierten Schüsse im Vorverfahren gleichsam als Notwehrhandlung gegen einen Angriff des F***** S***** dar (S 99 ff, 105; abgeschwächt: 183 verso, 183 a verso, 183 d in ON 6/I), während er seine Täterschaft in der Hauptverhandlung überhaupt leugnete (S 274 ff, 291 ff, 297/III) und ausdrücklich angab, sich mit F***** S***** trotz dessen Annäherungstendenzen zu D***** V***** "gut verstanden" zu haben (S 260/III). Von einem die vermißte Fragestellung nach Totschlag rechtfertigenden Beweissubstrat kann bei dieser Sachlage mithin nicht die Rede sein.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB (gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 17.Oktober 1989, GZ 4 c E Vr 521/89-11) eine lebenslange Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen keinen Umstand wertete.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß (von 10 Jahren) im wesentlichen mit der Begründung an, seine Anfälligkeit für schwere Gewaltdelikte sei insofern begrenzt, als sie sich vom Anlaßfall abgesehen bisher auf einen viele Jahre zurückliegenden Raubüberfall und geringfügige Körperverletzungen beschränkt habe.
Auch die Berufung erweist sich als unberechtigt.
Die in einem Zeitraum von 30 Jahren in regelmäßigen Abständen wiederholten, mit körperlichen Verletzungen anderer verbundenen Gewaltakte des Angeklagten - er wurde in den Jahren 1959 bis 1989 insgesamt 17 mal wegen Gewaltdelikten (davon zweimal zu Zusatzstrafen gemäß §§ 31, 40 StGB) verurteilt - lassen, dem Berufungsstandpunkt zuwider, im Angeklagten eine Täterpersönlichkeit erkennen, deren ausgeprägte Neigung zur gewaltsamen Regelung von (auch nichtigen) Konfliktsituationen einen gravierenden Risikofaktor darstellt. Wie die in Rede stehende Tat zeigt, hat der mit der vieljährigen Aggressionserfahrung des Angeklagten verbundene weitgehende Hemmungsabbau nunmehr ein Stadium erreicht, in dem sich der von dieser nachteiligen Persönlichkeitsentwicklung ausgehende Gefahrenradius nicht mehr eingrenzen läßt. Der kontinuierlich aggressionsgeprägte Lebenslängsschnitt in Verbindung mit den hier aktuellen Tatmodalitäten (Erschießen des im Tatzeitpunkt 66-jährigen, wehrlosen Opfers in dessen Haus aus eigennützigem Motiv, Ankauf der Mordwaffe wenige Stunden vor der Tat - S 221, 231, 475 in ON 6 und S 331, 333/I, umsichtige Beseitigung der Mordleiche, Bezug des Hauses des Ermordeten durch den Täter und seine Familie noch am Tag nach der Tat) erfordert sowohl aus spezial- wie auch aus generalpräventiver Sicht die gesetzliche Höchststrafe.
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