OGH 14Os1/91

OGH14Os1/9126.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Feber 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hannes Alfred SCH***** und einen anderen wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Raimund B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 29. Oktober 1990, GZ 35 Vr 710/90-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Raimund B***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt VI des Urteilssatzes) und demzufolge auch in dem den Angeklagten B***** betreffenden Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (gegen die nach dem Suchtgiftgesetz verhängte Freiheitsstrafe) werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der nunmehr 24-jährige Raimund B***** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 (erster Fall) SGG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG sowie des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Innsbruck

den bestehenden Vorschriften zuwider Suchgift in einer großen Menge, nämlich insgesamt 6.000 Gramm Cannabisharz, gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt, indem er von August/September 1989 bis zum 9. März 1990 mehrmals verschieden große Mengen des bezeichneten Suchtgifts an Hannes Alfred SCH***** verkaufte (Punkt I/A des Urteilssatzes);

im März 1990 außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich ca. 145 Gramm Cannabisharz, erworben und besessen; und

durch die oben (zu Punkt I/A) angeführte Tathandlung vorsätzlich und gewerbsmäßig Sachen, hinsichtlich welcher von bislang unbekannten Personen ein Schmuggel begangen wurde, nämlich ca. 6.000 Gramm Cannabisharz ausländischer Herkunft im Wert von 336.000 S und einem Verkürzungsbetrag an Eingangsabgaben in der Höhe von 140.208 S, durch Ankauf von unbekannten Personen an sich gebracht und durch Weiterverkauf an Hannes Alfred SCH***** verhandelt (Punkt VI).

Der Angeklagte wurde hiefür nach § 28 StGB, § 12 Abs. 2 SGG zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und gemäß § 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von 50.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einem Monat Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Außerdem wurde das sichergestellte Suchtgift gemäß §§ 13 Abs. 1, 16 Abs. 3 SGG eingezogen und nach § 13 Abs. 2 SGG anstelle des nicht mehr vorhandenen Suchtgifts auf eine Geldstrafe (Wertersatzstrafe) in der Höhe von 50.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit einen Monat Ersatzfreiheitsstrafe, erkannt.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer (nominell) auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise, nämlich soweit sie sich gegen den Schuldspruch nach dem Finanzstrafgesetz wendet, Berechtigung zukommt.

Unbegründet ist die Beschwerde zunächst, soweit sie sich hinsichtlich der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung beim Verbrechen nach § 12 Abs. 2 erster Fall SGG das Vorliegen widersprüchlicher Feststellungen mit dem Hinweis einwendet, die Urteilsfeststellungen ließen nicht erkennen, ob das Erstgericht "davon ausgeht, der Angeklagte habe über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, auf Grund derer eine Notwendigkeit bestand, Suchtgift zu verkaufen oder ob der Angeklagte mittellos war, weil er keiner geregelten Beschäftigung seit 1987 mehr nachging". Sie übergeht nämlich dabei, daß das Schöffengericht im Rahmen der Feststellung, wonach (auch) der Angeklagte B***** die ihm zur Last liegenden "Suchtgiftverfehlungen" in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen (US 13), unter ausdrücklicher Zitierung der darauf bezughabenden Verfahrensergebnisse (ON 15, 46 und 47) lediglich zum Ausdruck brachte, daß der Angeklagte seit 1987 keiner geregelten "weil nicht gemeldeten" Beschäftigung nachgegangen ist (vgl. insbesondere US 14). Der Verantwortung des Angeklagten aber, er habe beim Verkauf des Suchtgifts pro Kilogramm Cannabisharz lediglich 3.000 S verdient, hat der Schöffensenat unter Hinweis auf die Gerichtsnotorietät und allgemeine Lebenserfahrung den Glauben versagt (vgl. abermals US 14). Das bezügliche Vorbringen erweist sich vielmehr als - im Rahmen des solcherart der Sache nach angezogenen formellen Nichtigkeitsgrundes

(Z 5) - unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung mit dem Ziel, durch Wegfall der (strafsatzerhöhenden) gewerbsmäßigen Tatbegehung die Privilegierung nach § 12 Abs. 2 zweiter Satz SGG zu erreichen, die voraussetzt, daß die bezügliche Tat ausschließlich deshalb begangen worden ist, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtgift oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, wogegen die Tat dann nicht privilegiert ist, wenn sie auch aus anderen Gründen verübt wird. Insoweit übergeht die Beschwerde jedoch, daß das Schöffengericht - ersichtlich dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. PROKOP folgend (S 105, 123 f) - gemäß § 258 Abs. 2 StPO zur Überzeugung gelangte, daß der Beschwerdeführer zwar dem Mißbrauch des Suchtgiftes ergeben war, das wiederholte Inverkehrsetzen von Cannabisharz jedoch keinesfalls ausschließlich deshalb erfolgte, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtgift oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen (vgl. US 15 f).

Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen, soweit der Beschwerdeführer Feststellungsmängel im Zusammenhang mit dem Ausspruch rügt, er habe die ihm angelastete vorsätzliche Abgabenhehlerei gewerbsmäßig begangen. Da die gerichtliche Strafbarkeit des in Rede stehenden Finanzvergehens angesichts des strafbestimmenden Wertbetrages von 140.208 S nur im Fall des Vorliegens der Qualifikation gewerbsmäßiger Begehung nach § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG gegeben ist (§ 53 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 lit. b FinStrG), macht die Beschwerde insoweit zutreffend eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Im gegebenen Zusammenhang hat das Schöffengericht - anders als bei der Konstatierung gewerbsmäßiger Tatbegehung beim Suchtgiftdelikt nach § 12 Abs. 2 SGG (US 13) - in Ansehung der Qualifikation nach § 38 Abs. 1 lit. a SGG lediglich festgestellt, daß der Angeklagte B***** gewußt hat, daß Haschisch in Österreich nicht erworben werden kann bzw. daß dieses Suchtgift daher aus einem Schmuggel stammen müsse, wobei es noch zum Ausdruck brachte, daß dem Beschwerdeführer auch abgesehen davon ein derartiges Wissen unterstellt werden müßte (US 15). Diese Feststellung ist jedenfalls - anders als beim Mitangeklagten SCH*****, der mit dem Beschwerdeführer ca. zehn bis zwölf Haschischgeschäfte in der Größenordnung von je einem Viertelkilogramm bis zu einem Kilogramm abgewickelt hat (vgl. US 10) - für die bei Annahme gewerbsmäßiger Begehung des Finanzdeliktes erforderliche Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung (des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht ausreichend. Da das Ersturteil, wiewohl dem Akteninhalt in diese Richtung weisende Anhaltspunkte zu entnehmen sind, keinen Aufschluß darüber gibt, ob der Angeklagte B***** die in Rede stehenden sechs Kilogramm Cannabisharz überhaupt in mehreren Angriffen (von verschiedenen Personen) erworben hat - seiner im Urteil insoweit als widersprüchlich bezeichneten Verantwortung wurde vom Schöffengericht der Glauben versagt (US 12) - mangelt es an einer ausdrücklichen Feststellung, ob die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet war, (auch) durch die wiederkehrende Begehung des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Wiewohl die wiederkehrende Tatbegehung das Ziel gewerbsmäßiger Handlungsweise ist, ohne daß es nötig wäre, daß eine solche wiederkehrende Begehung auch tatsächlich stattgefunden hat, kommt es bei der Prüfung der Frage, ob eine Abgabenhehlerei gewerbsmäßig begangen wurde, darauf an, ob sich der Täter durch wiederholte Abgabenhehlerei - und nicht etwa nur durch wiederholte Verwertungshandlungen nach einer einmaligen Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens - eine laufende Einnahme verschaffen will (11 Os 47/89; EvBl. 1984/65; 1980/211; RZ 1970, 79).

Schon aus diesen Erwägungen zeigt sich, ohne daß es noch einer Erörterung des weiteren bezüglichen Beschwerdevorbringens bedarf, die Unvermeidbarkeit der Anordnung einer neuen Hauptverhandlung in Ansehung des dem Angeklagten B***** zur Last liegenden Finanzdelikts. Es war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil im Ausspruch wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Finanzstrafgesetz aufzuheben und die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung anzuordnen (§ 285 e StPO).

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 StPO (gleichfalls) schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten, die sich gegen die nach dem Suchtgiftgesetz verhängte Freiheitsstrafe wendet, gemäß § 285 i StPO der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

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