OGH 10ObS55/91

OGH10ObS55/9126.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (Arbeitgeber) und Otto Schmitz (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Herta H*****, vertreten durch Dr. Christian Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (Landesstelle Salzburg), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 1990, GZ 5 Rs 127/90-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 30. Mai 1990, GZ 45 Cgs 54/90-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 16. Jänner 1937 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war bisher immer als Hilfsarbeiterin tätig. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 21. Februar 1990 wurde ihr die ab 1. Mai 1989 wegen vorübergehender Invalidität zuerkannte Invaliditätspension mit Ablauf des Monats März 1990 entzogen, weil die Voraussetzungen des Anspruchs nicht mehr vorhanden seien.

Das Erstgericht wies das auf Weitergewährung der Invaliditätspension ab 1. April 1990 gerichtete Begehren der Klägerin ab. Gegenüber den bei der Leistungsgewährung erhobenen Befunden sei im medizinischen Leistungskalkül der Klägerin eine wesentliche Besserung eingetreten. Die wesentliche Besserung liege darin, daß die Depression nicht mehr bestehe. Sie könne wieder leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen durchführen; zumindest ein Drittel der Tätigkeit sollte in sitzender Haltung möglich sein. Arbeiten, die häufiges Bücken, häufiges Anheben auch nur leichter Lasten aus bückender Stellung, mehrfaches Treppensteigen erfordern, Arbeiten auf Leitern und an exponierten Stellen sowie Arbeiten unter streßerzeugenden Bedingungen und unter Termindruck sollten vermieden werden. Ausgehend von diesem Leistungskalkül könne die Klägerin wieder verschiedene auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehende Tätigkeiten wie etwa als Gardrobierin, Platzanweiserin in Kinos, Theatern und Konzerthäusern oder als Billeteurin ausüben, auf welche Berufe sie gemäß § 255 Abs 3 ASVG verwiesen werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist im Sinne ihres hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Die vorliegenden Feststellungen reichen für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht aus. Nach dem festgestellten Leistungskalkül ist die Klägerin in der Lage, leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten. Es steht jedoch nicht fest, wie lange sie jeweils ununterbrochen im Gehen, Stehen oder Sitzen tätig sein kann, nach welcher Zeit ein Haltungswechsel medizinisch indiziert ist und wie lange dieser andauern muß. Feststellungen in dieser Richtung sind aber für die Beurteilung der Frage der Verweisbarkeit erforderlich, weil ohne diese Grundlage offen bleiben muß, ob die Klägerin zur Verrichtung bestimmter Verweisungstätigkeiten wieder befähigt ist (ebenso 27. März 1990, 10 Ob S 105/90). Die Feststellung, daß die Klägerin zumindest ein Drittel der Arbeitszeit sitzen muß, ist zu wenig aussagekräftig und wird im genannten Sinn zu konkretisieren sein.

Der aufgezeigte Feststellungsmangel führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht, weil es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen (§ 510 Abs 1 ZPO).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG (vgl SVSlg 34.165).

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