OGH 6Ob504/91 (6Ob1518/91)

OGH6Ob504/91 (6Ob1518/91)24.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien

1.) Dr. Reinhard *****, AssProf., ***** 2.) Brigitte *****, Hausfrau, ***** und 3.) Mag. Thomas *****, Kaufmann, ***** alle vertreten durch Dipl.Vw. ***** und *****, wider die beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien 1.) Hermann *****, Kaufmann, ***** 2.) Helma *****, Hausfrau, ***** 3.) Heidrun *****, kfm. Angestellte, ***** 4.) Rudolf *****, Kaufmann, *****

5.) Horst *****, Kaufmann, ***** 6.) Ulrike *****, Hausfrau, ***** 7.) Rudolf *****, Kaufmann, *****

  1. 8.) Dipl.Ing. Georg *****, Angestellter, ***** und
  2. 9.) Mag. Florian *****, Mittelschullehrer, ***** alle vertreten durch Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses (Streitwert S 1,000.000,-) und einstweiliger Verfügung (Streitwert S 300.000,-) infolge der Revisionsrekurse der gefährdeten Parteien gegen die beiden Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 19. November 1990, GZ 3 R 304,305/90-19, womit die Beschlüsse des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. Juli 1990, GZ 41 Cg 167/90-8, und vom 27. September 1990, GZ 41 Cg 167/90-15, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs und der ordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien werden zurückgewiesen.

Ein Zuspruch von Kosten des Verfahrens über diese Rechtsmittel findet nicht statt.

Text

Begründung

Die Kläger und die Beklagten sind die Gesellschafter der Firma "Johann *****", einer Kommanditgesellschaft.

Mit Klage vom 30. 5. 1990 begehrten die Kläger

1.) die Feststellung, daß der bei der Versammlung der Gesellschafter der "Johann *****" am 20. 4. 1990 gefaßte Beschluß des Inhaltes,

"a) Beauftragung und Bevollmächtigung des Geschäftsführers, bis längstens 31. 12. 1990 die Parzellen 543/1 und 381 in EZ 320 der KG ***** um mindestens S 25 Mill. an den Bestbieter zu verkaufen,

b) die Grundstücke 131 (Hausgarten) und 122/2 (Wohnhaus) mit noch zu vermessenden Wieregerinnes werden an die Familie ***** verkauft, und zwar zum Verkehrswert, welcher durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen noch festzusetzen ist unter Berücksichtigung der darauf haftenden Rechte,

c) mit der Abwicklung der beiden Veräußerungen wird Dkfm. ***** beauftragt"

nichtig sei;

2.) den Beklagten zu verbieten, Handlungen zum Verkauf des Grundbuchskörpers EZ 310 der KG ***** oder von Teilen hievon vorzunehmen, solange nicht ein rechtswirksamer Beschluß der Gesellschafter der "Johann *****", auf Durchführung des Verkaufes vorliege,

3.) dem Erstbeklagten als dem einzigen zur Geschäftsführung und Vertretung der "Johann *****", kompetenten Komplementär bei Exekution zu gebieten, unverzüglich den an Dkfm. Peter ***** erteilten Auftrag zur Abwicklung der Veräußerung des Grundbuchskörpers EZ 310 der KG ***** bzw. von Teilen hievon zu widerrufen.

Die Kläger brachten dazu vor, der in der Gesellschafterversammlung vom 20. 4. 1990 gefaßte Beschluß zum Liegenschaftsverkauf sei wegen einer Reihe von Form- und Verfahrensmängeln, welche gegen das Gesetz und den Gesellschaftsvertrag verstießen, nichtig. Mit der Klage verbanden sie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt der Punkte 2 und 3 des Klagebegehrens und der Anmerkung eines Veräußerungsverbotes in EZ 310 der KG *****.

Das Erstgericht erließ am 31. 5. 1990 die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Gegner. Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens wies es mit Beschluß vom 31. 7. 1990 (ON 8) den gegen die einstweilige Verfügung erhobenen Widerspruch ab, weil es Anspruch und Gefährdung als bescheinigt erachtete.

Gegen diesen Beschluß erhoben die Gegner der gefährdeten Parteien Rekurs.

Mit einem am 31. 8. 1990 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 12) beantragten die Gegner der gefährdeten Parteien die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit dem Vorbringen, durch diese sei ein Verkauf der Liegenschaft EZ 310 KG ***** oder von Teilen hievon nur verboten worden "solange nicht ein rechtswirksamer Beschluß der Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Durchführung des Verkaufes vorliegt". Dieser sei in der Gesellschafterversammlung vom 23. 7. 1990 unter Vermeidung aller von den gefährdeten Parteien behaupteten Formmängel zustandegekommen. Die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung sei nach deren Inhalt und wegen geänderter Verhältnisse nicht mehr erforderlich.

Die gefährdeten Parteien wandten sich dagegen nur mit der Äußerung, daß bei Vorliegen eines rechtsgültigen Gesellschafterbeschlusses der Verkauf nicht gehindert wäre; einer Exekution könne durch Klage auf Unzulässigerklärung der Exekution begegnet werden.

Das Erstgericht schloß sich dieser Rechtsansicht an und wies den Antrag der Gegner der gefährdeten Parteien auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit Beschluß vom 27. 9. 1990 (ON 15) ab.

Auch gegen diesen Beschluß erhoben die Gegner der gefährdeten Parteien Rekurs.

Mit den beiden Beschlüssen vom 19. November 1990 gab das Rekursgericht beiden Rekursen der Gegner der gefährdeten Parteien Folge.

Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes vom 31. 7. 1990 dahin ab, daß es dem Widerspruch Folge gab und den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abwies, weil es das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen anläßlich der Beschlußfassung bei der ersten Gesellschafterversammlung vom 20. 4. 1990 verneinte und damit den Anspruch für nicht bescheinigt erachtete. Wegen der Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen und Fehlens oberstgerichtlicher Rechtsprechung hiezu sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen diesen Beschluß zulässig sei.

Den Beschluß des Erstgerichtes vom 27. 9. 1990 änderte das Rekursgericht im Sinne der Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 31. 5. 1990 im wesentlichen mit der Begründung ab, der von den gefährdeten Parteien geltend gemachte Anspruch sei ausdrücklich auf die Zeit eingeschränkt, "solange nicht ein rechtswirksamer Gesellschafterbeschluß auf Durchführung des Verkaufes vorliege". Da nunmehr ein solcher Beschluß gefaßt sei, welcher die geltend gemachten Mängel nicht aufweise - solche seien im Zuge des nach § 399 Abs 2 EO abgeführten Verfahrens von den gefährdeten Parteien auch nicht behauptet worden - sei dem Anspruch der Boden entzogen. Wegen maßgeblicher Änderung der Verhältnisse sei nach Erlassung der einstweiligen Verfügung, welche nicht von selbst erlösche, diese jedenfalls wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 399 Abs 1 Z 2 EO aufzuheben. Ein darauf abzielender Antrag könne nicht mit der Begründung abgewiesen werden, die Gegner der gefährdeten Parteien, die ein berechtigtes Interesse an der sofortigen Aufhebung einer obsolet gewordenen einstweiligen Verfügung hätten, könnten sich ohnehin gegen eine Exekutionsführung im Prozeßweg zur Wehr setzen. Das Rekursgericht sprach zu dieser Entscheidung aus, daß mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO der ordentliche Revisionsrekurs gegen sie nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien gegen letzteren Beschluß in welchem eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt wird, ist aus den vom Rekursgericht zutreffend angeführten Gründen (vgl hiezu auch Heller-Berger-Stix 2884 f) unzulässig und war daher zurückzuweisen.

Damit ist aber die beantragte einstweilige Verfügung unabhängig davon, ob sie ursprünglich zu Recht bewilligt oder abgewiesen wurde, jedenfalls rechtskräftig beseitigt. Dies hat zur Folge, daß auch der ordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien gegen die Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung durch das Rekursgericht unzulässig geworden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus, welches auch noch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung gegeben sein muß. Da die strittige einstweilige Verfügung rechtskräftig aufgehoben ist, könnte eine Entscheidung über den Revisionsrekurs keine praktischen Auswirkungen mehr haben, sondern nur mehr der Klärung einer theoretischen Frage dienen. Es ist aber nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, Fragen von nur mehr abstrakt-theoretischer Bedeutung einer meritorischen Behandlung zuzuführen. Das in der Hauptsache fehlende Anfechtungsinteresse kann auch nicht durch das Interesse an der Beseitigung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz ersetzt werden (EvBl 1988/100 mwN ua).

Wegen Wegfalles des Rechtsschutzinteresses war daher auch der ordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien zurückzuweisen.

Die gefährdeten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekurse jedenfalls selbst zu tragen. Aber auch ihren Gegnern gebührt für die erstattete Revisionsrekursbeantwortung kein Kostenersatz. Soweit sie sich auf den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien bezieht, ist dies in den Vorschriften der §§ 402, 78 EO, 528 Abs 3 und 508 a Abs 2 letzter Satz ZPO begründet. Soweit sie sich auf den ordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien bezieht, ist sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, weil der vorliegende Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht wurde (§§ 402, 78 EO, 41, 50 ZPO).

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