OGH 6Ob510/91

OGH6Ob510/9124.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch *****, wider die beklagte Partei Gerda *****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Edwin M*****, wegen S 65.657,67 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. September 1990, GZ 13 R 119/90-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30. Dezember 1989, GZ 40 Cg 120/88-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.600,60 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.760,10 Umsatzsteuer und S 5.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei schloß am 18.Mai 1982 mit der ***** Gesellschaft mbH (im der Folge kurz Gesellschaft), deren Geschäftsführerin die Beklagte war, einen Leasingvertrag, mit dem sie dieser einen RUF-Computer Modell 2000 einschließlich Software gegen ein monatliches Entgelt von S 6.310,64 (einschließlich Umsatzsteuer) für die Dauer von 48 Monaten zur Verwendung überließ. Der Vertrag war für die Leasingnehmerin unkündbar. Nach Punkt 7 des Vertrages konnte der Leasinggeber den Vertrag durch schriftliche Erklärung bei Vorliegen bestimmt angeführter Gründe - darunter bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens - "fristlos jederzeit" auflösen. Der mit "Konventionalstrafe" überschriebene Punkt 8 hat folgenden Wortlaut:

"Bei durch den Leasing-Nehmer verursachter vorzeitiger Beendigung des Vertrages ist der Leasing-Nehmer unbeschadet aller Ansprüche aus diesem Vertrag und weitergehender Schadenersatzansprüche des Leasing-Gebers zur Zahlung einer mit Auflösung fälligen Konventionalstrafe verpflichtet, es sei denn, daß die restlichen Leasing-Entgelte bis Vertragsende im Sinne des Punkt 4. bereits fälliggestellt wurden. Die Konventionalstrafe ist die Summe aller bis zum vereinbarten Vertragsende noch ausständigen Leasing-Entgelte, abgezinst zur jeweils geltenden Bankrate der Österreichischen Nationalbank".

Mit schriftlicher Erklärung vom 14.Juni 1982 garantierte die Beklagte der klagenden Partei die Erfüllung aller Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aus diesem Leasingvertrag.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 17.Mai 1983 zu Sa 42/83 des Handelsgerichtes Wien das Ausgleichsverfahren und am 11. Juni 1985 zu 4 S 69/85 desselben Gerichtes der Anschlußkonkurs, über das Vermögen der Beklagten 1983 zu Sa 49/83 des Landesgerichtes für ZRS Wien das Ausgleichsverfahren eröffnet.

Der RUF-Computer wurde am 12.Juli 1982 geliefert, sodaß das erste monatliche Entgelt an diesem Tag fällig wurde. Die klagende Partei holte im Hinblick auf die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft das Gerät am 12.Juni 1985 ab und kündigte den Leasingvertrag am 13.Juni 1985 auf. Die Berechnung der Konventionalstrafe gemäß Punkt 8 des Leasingvertrages ergibt den Klagsbetrag. Die klagende Partei meldete die aushaftenden Leasingentgelte sowie die Konventionalstrafe am 24.Juni 1985 im Konkurs der Gesellschaft an; diese Forderung wurde vom Masseverwalter anerkannt.

Mit der am 22.April 1988 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 65.657,67 sA und führte als Klagegrund lediglich "Rückstand aus Leasingmietvertrag laut Punkt 8 des Leasingmietvertrages" an.

Die Beklagte bestritt zunächst überhaupt, mit der klagenden Partei einen Leasingvertrag abgeschlossen zu haben, und wendete Verjährung ein, weil der Eintritt der Fälligkeit bereits mehr als drei Jahre zurückliege.

Mit am 20.Juni 1988 beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz ergänzte die klagende Partei ihr Vorbringen u.a. dahin, die Beklagte habe am 14.Juni 1982 "hinsichtlich dieses Leasingmietvertrages eine sogenannte schriftliche Garantieerklärung abgegeben" und hafte daher solidarisch mit dem Leasingnehmer für die geltend gemachten Forderungen.

Dem neuen Vorbringen hielt die Beklagte u.a. entgegen, dieses stelle eine Klagsänderung dar, sodaß die Verjährung erst mit dem Vortrag dieses Schriftsatzes bei der Verhandlungstagsatzung vom 3. November 1988 hätte unterbrochen werden können; zu diesem Zeitpunkt sei aber die Forderung bereits verjährt gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es stellte fest:

Die Gesellschaft geriet mit der Zahlung der Leasingentgelte immer wieder in Verzug. Am 12.Juni 1985 hafteten die Leasingentgelte vom Februar 1985 an aus. Das Leasinggerät ist ein Computermodell, das vom Erzeuger zwischen 1979 und 1983 vertrieben, danach aber weder neu noch gebraucht verkauft wurde, weil es

technisch überholt war. Bei der Übernahme durch die Gesellschaft war dem Computer ein Wert von S 166.000 (ausschließlich Umsatzsteuer) beizumessen. Zum 12.Juni 1985 betrug der theoretische Verkehrswert des Geräts noch S 20.750; wegen seiner technichen Veralterung und weil es den zeitgemäßen Erfordernissen nicht mehr genügte, konnte es aber praktisch nicht mehr vermarktet werden.

In rechtlicher Hinsicht hielt das Erstgericht die eingeklagte Forderung für verjährt, weil der Klagegrund mit dem am 20. Juni 1988 eingelangten Schriftsatz vom Rückstand der Leasingentgelte auf die Konventionalstrafe geändert worden sei, eine Klagsänderung aber erst mit dem Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung wirksam werde. Da die Forderung mit der Kündigung des Leasingvertrages am 13.Juni 1985 fällig geworden sei, habe damit die Verjährung zu laufen begonnen, sodaß sie bei der Verhandlungstagsatzung vom 3.November 1988 bereits abgelaufen gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Bei Klagsänderung werde die Verjährung schon mit dem Einlangen des Schriftsatzes bei Gericht unterbrochen, sofern der Schriftsatz in der Folge vorgetragen und das Verfahren gehörig fortgesetzt werde. Die klagende Partei habe den Klagegrund im Sinne des § 235 ZPO nicht geändert, sondern das unklare Vorbringen in ihrer Klageschrift mit dem am 20.Juni 1988 eingelangten Schriftsatz bloß im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO ergänzt und erläutert. In der Klage sei nicht behauptet worden, daß die Beklagte den "Leasing-Mietvertrag" selbst abgeschlossen oder aus welchem anderen Grund sie für den geltend gemachten Betrag einzustehen habe. Bei der Behauptung eines Rückstandes sei schon auf Punkt 8 des Vertrages Bezug genommen worden. Es sei daher nicht etwa der ursprünglich geltend gemachte Klagegrund geändert, sondern bloß das "unvollständige und nicht klare Vorbringen" in der Klage erläutert und ergänzt worden. Da somit keine Klagsänderung vorgelegen sei, habe nicht erst der am 20.Juni 1988 eingelangte Schriftsatz, sondern schon die am 22.April 1988 erhobene Klage die Wirkungen im Sinne des § 1497 ABGB entfaltet. Damals sei aber die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen, weil die Fälligkeit der Klagsforderung keineswegs vor dem 13.Juni 1985 eingetreten sei.

Die Konventionalstrafe nach Punkt 8 des Leasingvertrages verstoße weder gegen das Konsumentenschutzgesetz, noch sei sie sittenwidrig, weil sie den Leasingnehmer nicht gröblich benachteilige. Sie berücksichtige die Abzinsung der aushaftenden Leasingentgelte und schließe weder die richterliche Mäßigung noch die Bedachtnahme auf den wiederverwerteten Leasinggegenstand aus. Die Konventionalstrafe bewege sich in Höhe des Schadens der klagenden Partei, so daß eine Mäßigung nicht in Betracht komme. Die Schuld der Beklagten beruhe auf ihrer Garantieerklärung vom 14. Juni 1982. Die Verbindlichkeit sei nicht erst nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens im Jahre 1983 entstanden, sondern sei damals schon von einer weiteren Rechtshandlung der Beklagten unabhängig, allerdings durch die Nichterfüllung der Vertragspflicht durch die Gesellschaft bedingt gewesen. Die Klagsforderung sei eine noch bedingte Forderung im Sinne des § 16 AO gewesen, deren Erfüllung der Gläubiger nach Eintritt der Bedingung nur nach Maßgabe des Ausgleichs fordern könne, dessen Wirkungen gemäß § 53 AO auch für solche Forderungen zu gelten hätten. Der in der Ausgleichstagsatzung vom 17.August 1983 abgeschlossene Ausgleich, mit dem sich die Beklagte verpflichtet habe, den nicht bevorrechteten Gläubigern eine Quote von 50 %, zahlbar in 15 gleichen, aufeinanderfolgenden Raten, beginnend drei Monate nach Annahme des Ausgleiches zu bezahlen, sei mit Beschluß vom 25.Oktober 1983 rechtskräftig bestätigt und das Ausgleichsverfahren mit Beschluß vom 7.Dezember 1983 gemäß § 57 Abs 1 AO aufgehoben worden. Aus der Neufassung der §§ 53 und 54 AO sei abzuleiten, daß ein Exekutionstitel für die gesamte Forderung ohne Kürzung durch den Ausgleich geschaffen werden könne und auch für den Fall des Wiederauflebens nach § 53 Abs 4 AO wirke; das Fehlen der Voraussetzungen des Wiederauflebens sei erst im Exekutionsverfahren zufolge Einwendungen des dann Verpflichteten zu prüfen. Da die Beklagte die Garantie für die Erfüllung aller Forderungen aus dem Leasingvertrag übernommen habe, müsse sie die offene Konventionalstrafe zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist berechtigt.

Die Beklagte beharrt auch darin auf ihrem vom Beginn an vertretenen Standpunkt, die klagende Partei habe in der Klageschrift bloß einen Rückstand aus dem Leasingvertrag angeführt und erst mit dem am 20.Juni 1988 beim Erstgericht eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht, daß zwar die Gesellschaft den Leasingvertrag abgeschlossen, die Beklagte jedoch mit gesonderter Erklärung die Erfüllung der vertraglichen Verbindlichkeiten durch die Gesellschaft garantiert habe. Damit habe die klagende Partei den ursprünglich geltend gemachten Klagegrund ausgetauscht; im Zeitpunkt dieser Klagsänderung sei der eingeklagte Anspruch aber bereits verjährt gewesen. Diese Darlegungen erweisen sich letztlich als berechtigt.

Die Klagsforderung ist der der klagenden Partei im Punkt 8 des Leasingvertrages für den Fall der vorzeitigen Auflösung des Leasingverhältnisses zugesicherte Anspruch auf Zahlung einer Konventionalstrafe. Diesen Anspruch hat die klagende Partei - wenn auch nicht mit wünschenswerter Deutlichkeit, so doch erkennbar - schon in der am 22.April 1988 überreichten Klageschrift geltend gemacht. Nach der erwähnten Vertragsbestimmung sollte dieser Anspruch mit der Auflösung des Vertragsverhältnisses fällig werden. Da die klagende Partei das Leasingverhältnis wegen Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft am 13.Juni 1985 aufkündigte, trat demnach auch die Fälligkeit des eingeklagten Anspruches bereits an diesem Tag ein; soweit ist der Sachverhalt auch nicht weiter strittig.

Für die Verjährung von Ansprüchen auf Zahlung von Vertragsstrafen gilt § 1489 ABGB (SZ 48/88 uva; Reischauer und Schubert in Rummel, ABGB, § 1336 Rz 10 bzw § 1489 Rz 2). Die dort für Schadenersatzansprüche vorgesehene dreijährige Verjährungsfrist, die von der Kenntnis des den Anspruch begründenden Ereignisses an zu berechnen ist, wurde demnach spätestens mit der Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die klagende Partei, somit am 13.Juni 1985, in Gang gesetzt und lief - sofern eine Hemmung oder Unterbrechung nicht eintrat - daher am 13.Juni 1988 ab. Wäre die im § 1497 ABGB angeordnete Unterbrechung mit der Klage verknüpft, so käme der Verjährungseinrede der Beklagten keine Berechtigung zu; im Zeitpunkt des Einlangens des vorbereitenden Schriftsatzes am 20.Juni 1988 war hingegen die Verjährungsfrist bereits abgelaufen.

Die Klageschrift war zur Dartuung der Klagsforderung ausschließlich auf den Leasingvertrag gestützt, der jedoch von der klagenden Partei mit der Gesellschaft abgeschlossen worden war und Verpflichtungen der Beklagten - insbesondere auch die Pflicht zur Zahlung der Konventionalstrafe - nicht enthielt, sodaß die klagende Partei den geltend gemachten Anspruch gegen die Beklagte aus dem Leasingvertrag nicht ableiten konnte. Erst mit dem - allerdings nach Ablauf der Verjährungsfrist - eingebrachten vorbereitenden Schriftsatz hat die klagende Partei zur Widerlegung der Behauptungen der Beklagten in deren Klagebeantwortung vorgebracht, daß die Beklagte mit Erklärung vom 14.Juni 1982 die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen durch die Gesellschaft garantiert und deshalb für die Zahlung der Vertragsstrafe einzustehen habe. Damit hat die klagende Partei jedoch den Klagegrund geändert. Der Oberste Gerichtshof hat die Ersetzung der ursprünglichen anspruchserzeugenden Tatsachenbehauptung, die Forderung stehe der klagenden Partei aus eigenem Recht zu, durch die Behauptung, der Klagsanspruch gründe sich auf ein durch Zession in ihre Rechtszuständigkeit gelangtes Recht eines Dritten als Änderung des Streitgegenstandes durch Austausch des Klagegrundes und damit als Klagsänderung angesehen (JBl 1975, 549). Nichts anderes kann aber gelten, wenn die ursprünglich allein aufgestellte Behauptung, die Beklagte schulde die begehrte Zahlung aus einem Leasingvertrag, im Laufe des Verfahrens durch das Vorbringen "ergänzt" wird, daß die Beklagte zwar nicht auf Grund des Leasingvertrages, wohl aber aus einer schriftlichen Garantieerklärung zur Zahlung verpflichtet sei.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß das neue Vorbringen bloß als "Ergänzung und Erläuterung" des Klagsvorbringens im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO beurteilt hat, ist deshalb davon auszugehen, daß die klagende Partei mit ihrem vorbereiteten Schriftsatz den Klagegrund ausgetauscht und damit eine Klagsänderung vorgenommen hat, selbst wenn sie nicht auch gleichzeitig das Zahlungsbegehren änderte (6 Ob 520/88). Wird der Klagegrund durch einen anderen ersetzt, ist die nach § 1497 ABGB mit dem "Belangen" verbundene Unterbrechungswirkung nicht schon an die Erhebung der Klage, sondern erst an das Wirksamwerden der Klagsänderung geknüpft (SZ 43/232 ua; Schubert aaO § 1497 Rz 6).

Wenn auch die Klagsänderung die im Laufe befindliche Verjährung schon in dem Zeitpunkt unterbricht, in dem der sie mitteilende Schriftsatz beim Prozeßgericht eingelangt ist, sofern dieser nur - wie im vorliegenden Fall - in der Folge in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragen wird (JBl 1989, 516 uva), so war die Verjährung - wie schon dargelegt - im Zeitpunkt des Einlangens des die Klagsänderung ankündigenden Schriftsatzes bereits vollendet, so daß das Erstgericht das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht wegen Verjährung abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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