Spruch:
Das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20.Juni 1990, AZ 7 Bs 259/90, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 475 Abs. 1 476, 489 Abs. 1 StPO. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
Der am 17.Dezember 1952 geborene Liftbedienstete Christian B***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3.April 1990, GZ 24 E Vr 410/89-12, des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe verurteilt. Darnach hat er am 26.März 1989 in Faschina als Lenker einer Pistenwalze, indem er eine wegen einer Geländekuppe unübersichtliche Passage der G*****-Südabfahrt befuhr, ohne einen Warnposten aufzustellen und ohne das Hupsignal zu betätigen, fahrlässig den Tod des vierzehnjährigen Skifahrers Patrick van S*****, der "in voller Fahrt" gegen das Pistengerät stieß, herbeigeführt.
Der vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 20.Juni 1990, AZ 7 Bs 259/90 (ON 19 der erstgerichtlichen Akten) Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und Christian B***** von der gegen ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Nach den (vom Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung übernommenen) wesentlichen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen transportierte Christian B***** am 26. März 1989 nachmittags über Auftrag der Betriebsleitung der G*****-Skilifte mit einer Pistenwalze Utensilien für ein für den Folgetag geplantes Skirennen bergwärts, wobei ihn Georg M*****, ein Mitglied des veranstaltenden Skiklubs, begleitete. Während er sich mit der Pistenraupe am bergauf gesehen linken Rand der an dieser Stelle 33 m breiten Piste einer sichtbehindernden Geländekuppe näherte, hatte er am Fahrzeug die Drehleuchte eingeschaltet, die bei dem damals schönen Wetter allerdings keine Reflexwirkung erzielte. Daß derartige Geländekuppen Skifahrern gelegentlich als Sprunghügel dienten, war Christian B***** ebenso bekannt wie der Umstand, daß auf der damals nicht gesperrten Piste mit abfahrenden Skifahrern zu rechnen war. Während er ohne Aufstellung eines Warnpostens und ohne Abgabe von Hupsignalen bergauf auf die Geländekuppe zufuhr, näherten sich aus der entgegengesetzten Richtung die Skifahrer Patrick van S***** und Andreas T***** mit einer 50 km/h jedenfalls übersteigenden Geschwindigkeit mit dem Vorhaben, an der Kuppe abzuspringen. Da das Pistengerät für die beiden direkt auf die Kuppe zufahrenden Skifahrer erst aus einer Entfernung von 6 m wahrnehmbar war, blieb ihnen bei der eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit weder zur Revidierung ihres Sprungvorhabens noch zu einem effizienten Ausweichmanöver hinreichend Zeit. Im Gegensatz zu (dem durch Zufall nahezu unverletzt gebliebenen) Andreas T***** prallte Patrick van S***** gegen die Schaufel des Pistengerätes und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Dazu führte das Erstgericht (wörtlich) aus, "daß ein entsprechendes Hupsignal (ab der Einfahrt des Beschuldigten in die Piste) und ein auf der Kuppe stehender Warnposten, der mit einer roten Fahne winkt, die von oben mit großer Geschwindigkeit heranfahrenden jugendlichen Skifahrer Patrick van S***** und T***** an (gemeint: von) einem Springen über diese Kuppe abgehalten hätten und damit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit der Tod des Patrick van S***** verhindert worden wäre" (Seiten 115, 116). Im Rahmen seiner rechtlichen Schlußfolgerungen zu den Lenkerpflichten bei Befahren einer Piste mit einem Pistengerät während der Liftbetriebszeit vertrat das Erstgericht den Standpunkt, daß es nicht genüge, "die Warnleuchte einzuschalten und die Hupe laufend zu betätigen. Vor allem wenn das Fahrzeug infolge sichtbehindernden Geländes von abfahrenden Skiläufern längere Zeit hindurch nicht wahrgenommen werden kann und die Hupsignale sowie der Motorlärm infolge des von den Skiern ausgehenden Geräusches nicht hörbar sind, ist für den Lenker im Bereiche enger oder unübersichtlicher Stellen der Piste äußerste Vorsicht geboten. An solchen Stellen muß ein Warnposten aufgestellt werden" (Seiten 116, 117).
Bei seiner davon abweichenden rechtlichen Beurteilung des in Rede stehenden Sachverhaltes ging das Berufungsgericht zunächst davon aus, daß dem Angeklagten nach Lage des Falles die Unterlassung von Hupsignalen nicht mit der gebotenen Sicherheit als risikoerhöhendes Fehlverhalten anzulasten sei, weil das erstinstanzliche Urteil (in der letztangeführten Passage) auch die Möglichkeit solcher Fahrgeräusche einräume, die die Wahrnehmbarkeit akustischer Warnsignale ausschlossen. Eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Warnpostens auf der sichtbehindernden Geländekuppe hinwieder verneinte das Berufungsgericht im Gegensatz zum Erstgericht im wesentlichen mit der Begründung, der widmungsgemäß nicht nur der Pistenpräparierung dienende Einsatz von Pistengeräten aktualisiere kein atypisches, vielmehr bloß ein solches Risiko, dem mit dem allgemein anerkannten, bei Ausübung des Skisports grundsätzlich zu beachtenden Gebot des Fahrens auf Sicht ohnedies durchaus wirksam begegnet werde. Lediglich an besonders exponierten Stellen (wie etwa im Bereich enger, steiler und unübersichtlicher Hohlwege) sei schon wegen allfälliger fahrtechnischer Überforderung mit nicht entsprechend dosierter Fahrweise zu rechnen und demgemäß die Veranlassung besonderer Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Die Aufstellung eines Warnpostens bewirke im übrigen sowohl für diesen selbst als auch für abfahrende Skifahrer ein zusätzliches Sicherheitsrisiko und sei dem Angeklagten auch aus der Sicht des § 9 Abs. 2 StGB nicht abzufordern gewesen, weil sie nach von anerkannten Fachleuten erarbeiteten Leitgrundsätzen bei der in Rede stehenden Fallkonstellation obsolet gewesen sei.
Soweit die Generalprokuratur in der schriftlichen Beschwerdeausführung nur in der Verneinung eines in der Vernachlässigung eines Warnpostens gelegenen Sorgfaltsverstoßes durch das Berufungsgericht eine Verletzung der Bestimmung des § 80 StGB erblickt, führt sie hiezu (wörtlich) aus:
"Nach dem sich aus der Rechtsordnung ergebenden Verbot der Verletzung und Gefährdung von Menschen sind die durch den Einsatz von Pistengeräten bei der Pistenpflege entstehenden Gefahren durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu beseitigen bzw. hintanzuhalten (vgl. Pichler, Pisten-Paragraphen-Schiunfälle, S 95; Pichler-Holzer, Handbuch des österreichischen Schirechts, S 66). Als solche dem pistensicherungspflichtigen (Lift-)Unternehmer obliegende und ihm auch zumutbare Maßnahmen kommen insbesondere die Warnung der Schifahrer durch Aufstellen eines Gefahrensignals (Nr. 7 der ÖNorm S 4611, Teil 1) bzw. durch das Aufsichtspersonal und die vorübergehende Teil- oder Totalabsperrung unübersichtlicher oder enger Pistenabschnitte in Betracht (siehe Lamprecht-Schröcksnadel-Wagner, Die Verkehrssicherungspflicht für Skiabfahrten, S 20). Erweist sich der Einsatz eines Pistengerätes während des allgemeinen Schibetriebes als unumgänglich, dann hat der Lenker eines solchen Fahrzeuges dafür Sorge zu tragen, daß an besonders ungünstigen Stellen, wo abfahrende Schiläufer das Pistengerät wegen der bestehenden Geländeverhältnisse nicht bzw. nur auf (gemeint: aus) kurzer Entfernung wahrnehmen können, vor der Einfahrt in den unübersichtlichen Streckenteil ein Warnposten aufgestellt wird (vgl. ZVR 1988/7).
Im vorliegenden Fall wurde das Pistenfahrzeug nicht zur Pistenpräparierung, sondern zu Transportzwecken verwendet. Der somit weder der Pistenpflege dienende, noch im Notfall erfolgte Einsatz des Gerätes während des allgemeinen Schibetriebes stellte für die talwärtsfahrenden Schifahrer eine vermeidbare, als atypisch zu beurteilende und demnach eine besondere Absicherung erfordernde Gefahr dar, die unter den gegebenen Verhältnissen auch von verantwortungsbewußten Schifahrern nicht erwartet werden konnte und auch für solche nur schwer abwendbar gewesen wäre (vgl. Dittrich-Reindl, Probleme der Pistensicherung, ZVR 1982, S 321). Die vom Oberlandesgericht Innsbruck vertretene, auch auf Expertenmeinungen gestützte Auffassung, wonach der Einsatz von Pistenfahrzeugen grundsätzlich keine atypische Gefahr darstelle (AS 154; Dittrich-Reindl aaO S 322; dieselben, Pistengeräte im Einsatz ZVR 1987, S 322) erweist sich bei Beurteilung des gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurfes eines sorgfaltswidrigen Verhaltens als nicht haltbar, weil mit Rücksicht auf den artfremden Einsatz des Raupenfahrzeuges und die überaus ungünstigen Sichtverhältnisse im Unfallszeitpunkt Bedingungen vorlagen, welche nicht als Regelfall angesehen werden können. Dieser außerordentlichen Gefahr durch geeignete Abwehrmaßnahmen (zB durch Einsatz eines Warnpostens) zu begegnen, wäre dem Angeklagten nach Lage des Falles durchaus möglich und auch zumutbar gewesen. Die gefahrenträchtige Fahrweise des - wenn auch mitschuldigen - tödlich verunglückten Schifahrers vermag hingegen den Angeklagten nicht zu exkulpieren."
In diesem Umfang kommt der von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Pistengerät auf einer für den Skibetrieb geöffneten Piste eine atypische Gefahrenquelle darstellt, macht es zunächst, dem Beschwerdestandpunkt zuwider, keinen rechtserheblichen Unterschied, ob der Einsatz Präparierungs- oder anderen herkömmlichen Nutzungszwecken derartiger Arbeitsfahrzeuge (wie hier dem Transport von skirennsportlichen Utensilien) dient. Bleibt doch die schon durch die bloße Anwesenheit des Gerätes im Pistenbereich begründete spezifische Risikoträchtigkeit in Form eines schwer manövrierbaren Hindernisses für abfahrende Skifahrer von dem jeweiligen Einsatzzweck unberührt. Von einer ausschließlichen Beschränkung zulässigen Arbeitseinsatzes auf Präparierungsfahrten kann aber ebensowenig die Rede sein wie davon, daß eine (einmalige) Transportfahrt zur Vorbereitung eines Skirennens gegen das grundsätzliche Gebot der Riskenminimierung im Zusammenhang mit Arbeitsvorgängen auf der Piste verstieße. Soweit die Beschwerde den in Rede stehenden Geräteinsatz als "artfremd" und schon deshalb als - besondere Sicherheitsvorkehrungen (wie die Aufstellung eines Warnpostens) erheischende - atypische Gefahr für den Skibetrieb bezeichnet, beruht sie mithin ohne Konkretisierung einer fallspezifisch außerordentlichen Risikoverschärfung auf einer im angestrebten Sinn nicht tragfähigen rechtlichen Prämisse.
Nichts anderes gilt aber auch für die darüber hinaus sinngemäß zum Ausdruck gebrachte Beschwerdeauffassung, ein Pistengerät, das in nicht einsehbaren Geländepassagen bergwärts fährt, erfordere regelmäßig die Aufstellung eines Warnpostens. Wohl ist nicht zu verkennen, daß (widmungsgemäß primär, wenn auch nicht ausschließlich) zur Pistenpräparierung eingesetzte Arbeitsfahrzeuge der in Rede stehenden Art schon auf Grund ihrer äußeren Abmessungen und ihrer massiven Konstruktion ein bedeutendes Sicherheitsrisiko für den allgemeinen Skibetrieb darstellen. Die Risikoträchtigkeit der von geringer Betriebsgeschwindigkeit und schwerfälliger Manövrierbarkeit gekennzeichneten Geräte liegt allerdings weniger in der eigenen Fortbewegung, als in der qualifizierten (statischen) Sperrwirkung, die von ihnen selbst bei ihrem sofortigen Anhalten im Begegnungsverkehr mit abfahrenden Skifahrern ausgeht. Wie bei anderen statischen Hindernissen auf der Piste beruht damit aber auch die Risikoverwirklichung beim Einsatz von Pistenraupen in erster Linie auf der Dynamik des Skilaufs, weil nicht das Pistengerät an sich, vielmehr erst die Modalitäten der Annäherung des Skiläufers den jeweiligen Gefahrenradius bestimmen. Aus dieser Sicht kommt jedoch der FIS-Regel 2 auch im Begegnungsverkehr mit Pistengeräten dominierende Bedeutung zu. Darnach muß jeder Skifahrer seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände- und Witterungsverhältnissen anpassen, wovon (ua) nur die Rede sein kann, wenn er im Bereich seiner Sichtmöglichkeit anhalten und ausweichen oder Richtungsänderungen vornehmen kann (Pichler-Holzer, Handbuch des österreichischen Skirechts S 287). Daß ein Skifahrer, der (wie hier der Jugendliche Patrick van S***** in extremer Weise) gegen das fundamentale Gebot des Fahrens auf Sicht verstößt und dadurch mit einem (zunächst nicht wahrnehmbaren) Hindernis kollidiert, ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit für die Unfallsfolgen trägt, kann nach dem Gesagten nicht zweifelhaft sein, macht allerdings bei der vorliegenden Fallkonstellation die Prüfung der von der Generalprokuratur relevierten Frage, ob Christian B***** als Lenker des Pistengerätes durch die Nichtbeiziehung eines Warnpostens die objektiv gebotene, ihm subjektiv mögliche und auch zumutbare Sorgfalt außer acht ließ, nicht vorweg obsolet. Der Beschwerdeauffassung zuwider liegt der geltend gemachte objektive Sorgfaltsverstoß aus nachstehenden Erwägungen jedoch nicht vor:
Da spezielle Rechtsvorschriften hiezu ebenso fehlen wie entsprechende, im Rahmen der Rechtsanwendung einhellig anerkannte Verkehrsnormen, hat sich die Beurteilung der Frage, ob bei den verfahrensaktuellen Verhältnissen die Abstandnahme von der Aufstellung eines Warnpostens eine sozialinadäquate, demnach strafbare Risikoverwirklichung darstellte, primär daran zu orientieren, wie sich ein einsichtiger und gewissenhafter Vertreter der hier aktuellen Berufsgruppe in der konkreten Situation verhalten hätte. Dabei sind neben dem Grad der zu erwartenden Risikoerhöhung, dem Stellenwert des gefährdeten Rechtsgutes und dem Ausmaß von dessen handlungsbedingter Beeinträchtigung auch der soziale Wert, die soziale Üblichkeit des riskanten Verhaltens und der Grad des Zwanges, der zur gefährlichen Handlungsweise in der konkreten Form nötigt, mitzuberücksichtigen (Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht S 58). Davon ausgehend kommt aber bei der strafrechtlichen Beurteilung der Nichtbeiziehung eines Warnpostens durch den Lenker einer Pistenraupe einer Reihe von Erwägungen Berechtigung zu, denen bereits das Berufungsgericht als einem Ergebnis einer (langfristigen - ZVR 1982, S 322; ZVR 1987, S 322; ZVR 1990, S 68) Meinungsabstimmung unter anerkannten (technischen und juristischen) Fachleuten beigetreten ist. Darnach trifft es nämlich zu, daß sich der Betrieb von Pistengeräten schon widmungsbedingt nicht auf bestimmte Zeiten außerhalb des Skibetriebs beschränken läßt und mit der Begegnung eines Pistengerätes auf einer Skipiste als einer demgemäß grundsätzlich nicht atypischen Gefahr immer und in jenem Bereich überall zu rechnen ist. Sicherheitsvorkehrungen obliegen dem Lenker eines derartigen Arbeitsgerätes nur in dem Maße, in dem es der Schutz von Skifahrern mit verantwortungsbewußtem Fahrverhalten erfordert. Damit erweist sich aber eine Geländesperre durch Aufstellung eines Warnpostens nur in solchen nicht oder nur schlecht einsehbaren Abschnitten als unverzichtbar, deren geringe Breite einen risikofreien Begegnungsverkehr zwischen Skifahrer und Pistengerät nicht ermöglicht (Schneisen, Wege etc.). Eine nach diesen Kriterien undifferenzierte, generelle Forderung nach Warnposten in allen (auch räumlich nicht beengten) Einsatzbereichen liefe demgegenüber nicht nur auf eine kaum praktikable Erschwerung des (primär auf Riskenminderung im Skibetrieb ausgerichteten) Geräteeinsatzes hinaus, sondern hätte bei detaillierter Betrachtung mehr eine Gefahrenverschiebung als eine wesentliche Risikoentschärfung zur Folge. Ist doch die Gefährdung einer als Warnposten vorgesehenen Person, die einen für einen herannahenden Skifahrer uneinsehbaren Pistenabschnitt (noch dazu - soweit überhaupt möglich - regelmäßig langsamer als ein Raupenfahrzeug) bis zur Sichtgrenze bergwärts durchquert, im Fall der Kollision mit einem (verantwortungslos) in einen von ihm nicht eingesehenen Geländeabschnitt springenden Skifahrer kaum geringer anzusetzen, als jene, die dieser bei der Begegnung mit einem Pistengerät für sich selbst aktualisiert. Von einem (geschweige denn mit den Mitteln des Strafrechts schutzwürdigen) Sicherungseffekt eines Warnpostens kann angesichts der in der Realität schon geländebedingt oft unvermeidbaren Herbeiführung einer derartigen potentiellen Gefahrenlage mithin nicht die Rede sein. Mag es sich beim Skisport auch um eine dynamische Art körperlicher Betätigung handeln, die in hohem Maße erfahrungsgemäß auch leichter zu unbesonnenen Verhaltensweisen neigende Jugendliche anzieht, so unterstreicht das im allgemeinen Skibetrieb qualitativ nahezu unbegrenzte Unfallsrisiko, das von "Schußfahrern" gleichgültig welchen Alters in unübersichtlichen Pistenbereichen regelmäßig ausgeht, in erster Linie doch das Erfordernis einschlägiger Maßnahmen zur Bildung eines entsprechenden Verantwortungsbewußtseins, ohne gleichzeitig die Forderung nach einer generellen Harmonisierung des Arbeitsverkehrs auf Skipisten mit gelegentlich exzessiven Verhaltensweisen einzelner Skifahrer zu rechtfertigen. Wenn auch die Lenkerverpflichtung zur Aufstellung von Warnposten in einzelnen zivilrechtlichen Entscheidungen in einem größeren als dem hier dargelegten Umfang bejaht wurde, so geschah dies mit konkreter Bezugnahme auf einschlägiges Fachschrifttum (Pichler, "Pisten, Paragraphen, Schiunfälle", S 96), dessen Verfasser sich jedoch von einem derartig weitreichenden Verständnis seiner Ausführungen zur Warnpflicht beim Einsatz von Pistengeräten in einer späteren Veröffentlichung selbst distanziert hat (derselbe in ÖJZ 1987, S 737). Abgesehen davon, daß schon der dem strafgerichtlichen Schuldspruch regelmäßig spezifisch inhärente Unwertaspekt die Vermeidung überhöhter Sorgfaltsanforderungen nahelegt, darf bei Fallkonstellationen der in Rede stehenden Art nicht übersehen werden, daß es sich bei Pistengeräten um technische Hilfseinrichtungen handelt, deren Beitrag (auch) zur Sicherheit für den modernen Skibetrieb unverzichtbar ist und deren Risikoträchtigkeit nahezu ausnahmslos nur für solche Skifahrer aktuell wird, die gegen fundamentale Grundsätze der allgemein anerkannten Skiregeln verstoßen. Davon ausgehend erweist es sich aber als nicht einsichtig, dem - noch dazu in der Regel (wie hier) über Auftrag der beim Arbeitseinsatz von Pistengeräten primär warnpflichtigen Leitung des Liftbetriebes tätig werdenden - Lenker eines Pistengerätes unter strafrechtlicher Sanktion die (aus den dargelegten Erwägungen sicherheitstechnisch gar nicht überzeugend effiziente) generelle Verpflichtung aufzuerlegen, an unübersichtlichen Pistenabschnitten die Aufstellung von Warnposten zu veranlassen.
Da im konkreten Fall die bezeichneten Voraussetzungen für die Beiziehung eines Warnpostens nicht vorlagen, war die allein auf diese Verschuldenskomponente ausgerichtete schriftliche Beschwerde zu verwerfen.
Hingegen ist die Beschwerde im Recht, soweit sie im Umfang ihrer mündlichen Ausdehnung im Gerichtstag eine Verletzung der Bestimmungen der §§ 475 Abs. 1, 476 (iVm § 489 Abs. 1) StPO darin erblickt, daß das Berufungsgericht eine (von ihm angenommene) Undeutlichkeit der erstgerichtlichen Feststellungen zur Frage der Unfallskausalität der Unterlassung von Hupsignalen zum Anlaß nahm, deren Erweisbarkeit ohne Wiederholung bzw. -ergänzung des Beweisverfahrens (endgültig) zugunsten des Angeklagten zu verneinen und diesen (auch) deshalb sofort gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen. Eine (hier allerdings aus einer Gegenüberstellung erstgerichtlicher Tatsachenfeststellungen mit grundsätzlichen rechtlichen Urteilserwägungen abgeleitete - S 152) Undeutlichkeit des erstgerichtlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (§§ 281 Abs. 1 Z 5, 468 Abs. 1 Z 3, 489 Abs. 1 StPO) stellt das Rechtsmittelgericht nämlich regelmäßig vor die Wahl, entweder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung an die erste Instanz zurückzuverweisen (§§ 475 Abs. 1, 489 Abs. 1 StPO) oder aber unter Wiederholung oder Ergänzung der in erster Instanz gepflogenen Verhandlung in der Sache selbst zu erkennen (§§ 476, 489 Abs. 1 StPO). Daß die Unfallsursächlichkeit der Unterlassung akustischer Warnsignale beim Durchfahren einer unübersichtlichen Pistenpassage eine entscheidungswesentliche Verschuldenskomponente betraf (zur unbedingten Verpflichtung zur Abgabe von Hupsignalen ua Pichler in ÖJZ 1987, S 737), stand ebenso außer Zweifel wie der Umstand, daß nach Lage des Falles in dem rechtlich primär auf die Problematik der Beiziehung eines Warnpostens ausgerichteten erstinstanzlichen Verfahren zur Frage der im konkreten Fall unfallsverhütenden Eignung von Hupsignalen nicht alle sachdienlichen Beweismöglichkeiten (wie Hörproben etc.) ausgeschöpft worden waren. Davon ausgehend wäre das Berufungsgericht aber verhalten gewesen, im Sinne einer der beiden in den §§ 475 Abs. 1 bzw. 476 (§ 489 Abs. 1) StPO bezeichneten Varianten vorzugehen, ohne seiner Entscheidung unter Abstandnahme von jedweder Verfahrensergänzung einen modifizierten Urteilssachverhalt zugrunde zu legen.
Soweit der vorliegende Fall grundsätzliche Überlegungen zur Problematik der Riskenminderung beim Arbeitseinsatz von Pistengeräten nahelegt, sei abschließend bemerkt, daß eine Montage der an den Pistengeräten angebrachten Rundumleuchten an einer gegebenenfalls ausfahrbaren Stange (also nicht unmittelbar auf dem Dach, ZVR 1987 S 323, rechte Spalte) ebenso eine optisch wirksame Warnung der Skifahrer erwarten ließe wie eine mit (je nach Aktualität einschaltbarem) Blinklicht ausgestattete Hinweistafel bei den Liftausstiegen der Bergstationen.
Da die aus den dargelegten Erwägungen zu Recht gerügte Gesetzesverletzung dem (rechtskräftig freigesprochenen) Angeklagten nicht zum Nachteil gereichte, hatte es mit ihrer Feststellung sein Bewenden.
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